Titel: | Leistungsversuche mit überhitztem Dampfe nebst einer Einleitung über die Verwendung des überhitzten Dampfes zum Maschinenbetriebe. |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 267 |
Download: | XML |
Leistungsversuche mit überhitztem Dampfe nebst
einer Einleitung über die Verwendung des überhitzten Dampfes zum Maschinenbetriebe.Auszüglich nach dem Berichte des Oberingenieurs Reischle aus dem 24. Jahresberichte des bayerischen
Dampfkesselrevisionsvereins, mit Einverständniss des Directors Gyssling entnommen.
Mit Abbildungen.
Leistungsversuche mit überhitztem Dampfe.
Die Eigenschaft des gesättigten Wasserdampfes, sich bei jeder Wärmeentziehung, also
insbesondere bei der Berührung kälterer Wandungen theilweise oder ganz zu
verflüssigen, bringt für den Dampfbetrieb im Allgemeinen zweierlei Nachtheile mit
sich: durch die Bildung von Dampfwasser in der Dampfzuleitung den Verlust an
nutzbarem Dampfgewichte (bei ungenügender Entwässerung auch Beschädigungen der
Maschinen) und durch den beim Eintritt in den Maschinencylinder und während eines
Theiles der Expansion erfolgenden Niederschlag an den Cylinderwandungen bezieh.
durch die damit im Zusammenhange stehende Nachverdampfung beim Austritte eine
beträchtliche Erhöhung des Dampf Verbrauches der Maschine.
In letzterer Hinsicht mag darauf hingewiesen werden, dass die am Ende des
Dampfeintrittes im Cylinder nachgewiesene Dampfnässe betrug: nach Hirn's Versuchen an seiner ungemantelten Logelbacher
Maschine 36 Proc., nach Schröter's Versuchen an der mit
Mantelheizung versehenen Zweicylindermaschine der Augsburger Kammgarnspinnerei
(1880) 19½ Proc., an der ebenfalls mit Mantel-, Receiver- und Deckelheizung
versehenen Dreicylindermaschine der Zwirnerei und Nähfadenfabrik Göggingen (1890)
13½ Proc.; von letzterer Ziffer waren am Ende der Expansion noch 10 Proc.
vorhanden.
Diese Zahlen beweisen, dass man trotz aller im Laufe der Zeit zur Verminderung der
Eintrittscondensation in Anwendung gebrachten Mittel (Umhüllung der Cylinder mit
schlechten Wärmeleitern, Verkleinerung des schädlichen Raumes, Vergrösserung der
Kolbengeschwindigkeit und der Compression, Trennung des Dampf-Ein- und -Austrittes,
Heizung des Mantels, der Deckel und bei sehr grossen Ausführungen auch des Kolbens
mit Dampf, mehrstufige Expansion u.s.w.) noch weit davon entfernt ist, die
ungünstige Einwirkung der Cylinderwandungen auf den Eintrittsdampf zu verhindern
oder wenigstens auf ein zu vernachlässigendes Maass zu beschränken.
Diese Thatsache kann nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass für Entstehung der
Eintrittscondensation hauptsächlich die Temperaturverhältnisse der schädlichen
Eintrittsräume, des Kolbens und der Cylinderdeckel maassgebend sind, von denen die
beiden ersteren selten, die letzteren auch nur bei den besseren Ausführungen von
Dampfmaschinen geheizt zu werden pflegen, und dass sämmtliche genannte Flächen oder
wenigstens die Kolben und Cylinderdeckel unmittelbar vor dem Eintritt neuen Dampfes
mit kälteren Räumen – der Atmosphäre, dem Condensator oder dem Receiver – in
Verbindung gestanden waren.
Diesem zuerst von Hirn experimentell ermittelten, der
Wirthschaftlichkeit des Dampfmaschinenbetriebes so abträglichen Misstande sowie der
Bildung von Dampfwasser in der Leitung kann nun, wie ebenfalls Hirn nachgewiesen hat, durch die Anwendung überhitzten
Dampfes in ausgiebiger Weise begegnet werden; denn indem wir dem gesättigten Dampfe
bei gleichbleibender Spannung Wärme zuführen, erhöhen wir seine Temperatur unter
gleichzeitiger Vergrösserung seines Volumens für jede zugeführte Wärmeeinheit um
ungefähr 2° (genauer 2,08°), nähern ihn in seinem Verhalten mehr den Gasen und
befähigen ihn, bis zu einem gewissen von dem Maasse seiner Ueberhitzung abhängigen
Grade Wärmeentziehung bei constanter Pressung ohne Condensation, nur mit
Temperaturerniedrigung, zu ertragen.
Durch Anwendung der Ueberhitzung werden wir mithin sowohl den Verlust an Dampfgewicht
(nicht aber, wie wir später sehen werden, an Wärme) durch die Leitung, als
insbesondere denjenigen durch die Cylindercondensation wirksam zu bekämpfen im
Stande sein.
Letztere wird jedenfalls dann eintreten, wenn die mit dem Dampfe in Berührung
stehenden Innenwandungen kälter sind, als der Sättigungstemperatur des Dampfes
entsprechen würdeDie Lösung der Frage,
ob nicht – wie manche Erscheinungen vermuthen lassen – unter Umständen
überhitzter Dampf sich an kühleren Wandungen auch dann niederschlägt, wenn
die Temperatur letzterer über seiner Sättigungstemperatur liegt, wäre auf
dem Wege des physikalischen Experimentes zu entscheiden.; es wäre
also vom theoretischen Standpunkte aus dafür zu sorgen, dass diese Wandungen über die
Sättigungstemperatur des Eintrittsdampfes erwärmt werden. Da jedoch die als constant
gedachte mittlere Temperatur der Cylinderwandungen immer zwischen derjenigen des
eintretenden und der des austretenden Dampfes liegt, so müssten zur Verwirklichung
der theoretischen Forderung so hohe Ueberhitzungsgrade in Anwendung kommen, dass
nicht nur das Material der Rohrleitungen und ihrer Packungen, sowie der Cylinder mit
ihren Steuerungen und Abschlussorganen an und für sich darunter leiden müsste,
sondern dass auch mit den bis heute erhältlichen Schmiermaterialien nicht genügend
geschmiert werden könnte; letzteres wäre in dem theoretisch günstigsten Falle um so
weniger möglich, als in demselben von einer Unterstützung der Schmierwirkung durch
Benetzung der Cylinderwandungen mit Wasser keine Rede wäre, und auch die Erzeugung
und Fortleitung sehr hoch überhitzten Dampfes heute noch auf Schwierigkeiten
stösst.
Als Schmiermaterialien kommen hier für die Hochdruckcylinder nur die besten
hochsiedenden Cylindermineralöle, als Stopfbüchsenpackungen nur solche von Metall in
Betracht; auch ist zu beachten, dass diese Cylinder für überhitzten Dampf mit
unverbrennbarem Isolirungsmateriale umhüllt werden müssen.
Aus praktischen Gründen werden wir daher im einzelnen Falle den Ueberhitzungsgrad des
in Cylinder und Dampfmantel eintretenden Dampfes so zu wählen haben, dass zwar die
mittlere Temperatur der inneren Cylinderwandungen unterhalb des Sättigungspunktes
des Eintrittsdampfes liegt, also die Anfangscondensation nicht gänzlich vermieden
wird, dass aber letztere keinen grösseren Umfang annehmen kann, als dass das
sämmtliche niedergeschlagene Wasser noch während der Expansionsperiode wieder
verdampft zu werden vermag; in diesem nach Thunlichkeit anzustrebenden Falle wird
die Eintrittscondensation schlimmsten Falles nur durch Erhöhung der
Expansionsendspannung, also durch Vergrösserung des Verlustes in Folge
unvollständiger Expansion, eine geringe nachtheilige Wirkung ausüben.
Näheres über die Erreichbarkeit dieses Zieles könnte erst dann angegeben werden, wenn
für jeden vorkommenden Fall der Verlauf der Expansionscurve des überhitzten Dampfes
bekannt wäre, was jedoch bis jetzt bei der Verwickeltheit des Gegenstandes auch für
die gesättigten Dämpfe noch nicht der Fall ist. Dass hierbei in der Regel während
der Expansion ein Uebergang des überhitzten in den gesättigten Zustand stattfindet,
ist wahrscheinlich.
Wie weit durch die Wahl zweckmässiger Verhältnisse die Eintrittscondensation
herabgemindert werden kann, ist aus neueren Versuchen noch nicht bestimmbar. Hirn kam bei 231° C. Anfangstemperatur und 5 at
Anfangsspannung (also etwa 231 – 145 = 86° Ueberhitzung) bis auf eine Dampfnässe von
6½ Proc. am Ende der Einströmung herab.
Zu dem durch die Verminderung der Leitungs- und Cylindercondensation erreichbaren
Gewinne kommt noch ein theoretischer durch die mit der Ueberhitzung verbundene
Erhöhung der Dampfenergie; indess beweisen einschlägige von Grashof, Schröter, Zeuner u.a. angestellte Betrachtungen, dass dieser
letztere Gewinn ziemlich geringfügig ist. Wir stehen also hier vor dem seltenen
Falle, dass die Praxis beträchtlich mehr hält, als die Theorie verspricht; der
Grund liegt, wie nach Obigem klar ist, darin, dass die letztere das wichtige Gesetz
des Wärmeaustausches zwischen Dampf und Cylinderwandungen noch nicht mit der für die
Zwecke rechnerischer Behandlung genügenden Klarheit und Einfachheit dargestellt
hat.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Verwendung überhitzten Dampfes bei
denjenigen Dampfmaschinen die grösste Ersparniss erwarten lässt, welche hinsichtlich
der übrigen zur Verminderung der Cylindercondensation zweckdienlichen Vorkehrungen
am mangelhaftesten eingerichtet sind; eine gering belastete, langhubige, ungeheizte,
schlecht umhüllte Eincylindercondensationsdampfmaschine wird daher mit besonders
grossem Vortheile überhitzten Dampf zugewiesen erhalten, während in der
Dreicylindermaschine – wie nicht nur die einfache Ueberlegung, sondern auch die
neuesten vom Elsässer Verein von Dampfkesselbesitzern ausgeführten Versuche ergaben
– bei den gebräuchlichen Dampfspannungen und zulässigen Ueberhitzungsgraden kaum so
viel eingespart werden kann, dass sich die Anlegung von Ueberhitzern lohnt. Hierüber
wird später noch Näheres anzugeben sein.
Dagegen wurden bei neunzehn Versuchen, welche der Elsässische Verein in den Jahren
1890 bis 1892 an den verschiedenartigsten mit Condensation versehenen ein- und
zweicylindrigen Dampfmaschinen vorgenommen hat, eine mittlere Dampfersparniss von
etwa 19 Proc. (Ueberhitzungsgrad ungefähr 50 bis 60° C.) festgestellt. Prof. Umwin fand an der 400pferdigen Logelbacher
Verbundmaschine bei 66° Ueberhitzung 20,8 Proc. Dampfersparniss, Prof. Kennedy an einer kleinen schnellgehenden
Auspuffmaschine von 130/130 × 285 und 4 at Kesselspannung nur 12¾ k Dampfverbrauch
auf 1 Stunde und Pferdekraft, Prof. Ewing an einer
neuen mit Condensation versehenen Dampfturbine von Parson bei 55° C. Ueberhitzung,
einer Anfangsspannung von 7½ at und 4500 minutlichen Umdrehungen eine
Dampfersparniss bis zu 27 Proc.; Bryan Donkin in London
gibt für seine eincylindrige Condensationsversuchsmaschine bei 28° Ueberhitzung eine
Dampfersparniss von 15 bis 27 Proc., je nach dem Expansionsgrade, an.
Die Anwendung der Dampfüberhitzung für den Maschinenbetrieb, welcher in der Mitte der
sechziger Jahre besonders bei der Marine ein grosses Gebiet zugefallen war, wurde
mit der inzwischen erfolgten Steigerung der Dampfspannungen trotz der überzeugenden
in den Jahren 1873 und 1875 vorgenommenen zweiten Versuche Hirn's immer seltener und hörte nach wenigen Jahren ganz auf.
Erst Ende der achtziger Jahre begann man in den deutschen Reichslanden, deren
Industriellen der Werth der Forschungsergebnisse ihres Landsmannes Hirn und seiner Schule begreiflicher Weise am
eindringlichsten zum Bewusstsein kam, alte, nicht mehr genügend leistungsfähige
Dampfmaschinen mit Ueberhitzern auszustatten, welchem Beispiele einzelne deutsche,
englische und ostfranzösische Werke bald nachfolgten. Die bezeichneten Gebiete
bilden auch heute noch den fast ausschliesslichen Anwendungsbereich der
Dampfüberhitzer; dabei wurden in den Reichslanden anfänglich hauptsächlich Uhler'sche Ueberhitzer (vgl. 1892 283 229), meistens mit directer Feuerung, in der letzten Zeit jedoch wegen
mangelhafter Bewährung derselben mehr und mehr Schwörer'sche, in England dagegen hauptsächlich Gehre'sche Ueberhitzer aufgestellt.
Der Uhler'sche Apparat gleicht in seiner Construction
dem bekannten
Fieldrohrkessel; der Schwörer'sche Ueberhitzer wird im
nachstehenden Versuchsberichte näher beschrieben werden, während die zum
Verständnisse des Gehre'schen Ueberhitzers nöthigen
Angaben bereits 1892 286 * 232. * 285 enthalten sind.
Neben diesen gegenwärtig am meisten verbreiteten Apparaten werden in neuester Zeit
auch solche von Jacobi in Aschersleben (Schmid's Heissdampfmotor), Hering in Nürnberg und einigen anderen nach eigenen Patenten
ausgeführt.
Hierbei mag auch erwähnt werden, dass die Düsseldorf-Ratinger
Röhrendampfkesselfabrik vormals Dürr und Co. ihren zum Einbau in
Dampfschiffe bestimmten engröhrigen Siederohrkesseln neuerdings Ueberhitzungs-
bezieh. Dampftrocknungsröhren beigibt, um so das genannte Kesselsystem leichter in
der Marine einzubürgern, für welche es gegenüber dem bisher fast allgemein benutzten
bekannten Schiffskesseltypus verschiedene unleugbare Vorzüge (geringeres Gewicht,
bequeme Auswechselung beschädigter Röhren, leichtere Unterbringung grosser
Rostflächen) besitzt.
Hinsichtlich der zur Ueberhitzung des Dampfes verwendeten Wärmequellen lassen sich
dreierlei Anordnungen unterscheiden, je nachdem man den Ueberhitzer mit eigener
Feuerung versieht, oder in die ersten Feuerzüge oder endlich in die letzten
Feuerzüge von Dampfkesseln bezieh. in deren Fuchs einbaut.
In fast allen Fällen wird heute die gesammte in den Dampfkesseln erzeugte Dampfmenge
durch die Ueberhitzer geleitet, während die in den fünfziger Jahren durch Wethered, besonders in Amerika, eingebürgerte Methode
der Dampfmischung (Ueberhitzung nur eines Theiles des erzeugten Dampfes und
nachträgliche Mischung desselben mit dem übrigen gesättigt gebliebenen Theile) trotz
ihres unleugbaren Vorzuges leichterer Regulirbarkeit des Ueberhitzungsgrades ganz
ausser Gebrauch gekommen ist; als Grund hierfür ist wohl die Notwendigkeit einer
eigenen Feuerung für den Ueberhitzer anzunehmen.
Fast alle im Vorstehenden benannten Ueberhitzerconstructionen eignen sich ebenso gut
für die eine wie für die andere Art der Heizung; welche derselben im einzelnen Falle
vorzuziehen ist, kann nur auf Grund genauer Kenntniss der einschlägigen Verhältnisse
entschieden werden.
Der directen Feuerung sind eigen: die Möglichkeit, für beliebig viele und in
beliebigen Räumen befindliche Kessel einen einzigen Ueberhitzer, noch dazu in der
Nähe der Dampfmaschine, aufzustellen, sowie – eine passende Feuerung vorausgesetzt –
die leichte Regulirbarkeit der Ueberhitzung; dagegen fallen als Nachtheile ins
Gewicht: das Erforderniss der Bedienung der Ueberhitzerfeuerung und grösseren
Wärmeaufwandes zur Deckung der mit derselben unvermeidlich verbundenen
Wärmeverluste, sowie voraussichtlich etwas verringerte Dauerhaftigkeit der Apparate.
Diese Gattung von Ueberhitzern wird demnach hauptsächlich dort am Platze sein, wo
von den Kesseln zu den Maschinen sehr lange Rohrleitungen führen.
Die dritte, anscheinend wirthschaftlichste Methode, bei welcher die sonst ganz
verlorene Wärme der Kamingase noch theilweise zur Ueberhitzung ausgenützt wird, kann
im Allgemeinen nur für solche Dampfkessel in Frage kommen, bei welchen die
abziehenden Gase nicht oder nicht ausreichend zur Vorwärmung von Wasser herangezogen
werden können; auch bei ihr können beliebig viele Kessel, so weit dieselben in
einen Fuchs münden, mit einem einzigen gemeinsamen Ueberhitzer ausgestattet
werden.
In der Mitte dieser beiden steht diejenige Anordnung, bei welcher die Ueberhitzer in
die ersten Feuerzüge der Dampfkessel gelagert werden, wie dies Hirn schon 1865 versuchte und in jüngster Zeit
Ingenieur Schwörer in Colmar in zahlreichen Fällen zur
Ausführung brachte. Die auf solche Weise entstehende innige Verbindung von
Dampferzeugung und Ueberhitzung, bei welcher die erste Hitze der Feuerung
gleichzeitig zur Erzeugung und zur Trocknung und Ueberhitzung des Dampfes verwendet
wird, scheint sich gut zu bewähren. Allerdings bedarf bei derselben jeder
Dampfkessel einen eigenen Ueberhitzer, dagegen lässt sich die Höhe der Ueberhitzung,
welche im Allgemeinen von der Grösse der dem Feuer ausgesetzten Fläche des
Ueberhitzers, von seiner Lage zum Roste, vom jeweiligen Russbelage und endlich vom
Gange der Feuerung abhängt, erfahrungsgemäss leicht innerhalb zulässiger Grenzen
halten. Dem Gange der Feuerung allein kommt hierbei kein allzu grosser Einfluss zu,
weil ja die mit Verstärkung oder Verminderung der Heizung verbundene grössere oder
geringere Dampfentwickelung einen theilweisen Schutz gegen übermässige wie gegen zu
geringe Ueberhitzung bildet. Dagegen sind der Russbelag und die Abdeckung des
Ueberhitzers von wesentlicher Bedeutung, weshalb die rechtzeitige Entfernung des
ersteren nicht versäumt werden darf. Unempfindlichkeit des Apparates gegen massige
Kesselsteinablagerungen, zuverlässige und dauernde Dichtheit der innerhalb der
Kesseleinmauerung liegenden Verbindungsstellen und Feuerbeständigkeit sind
unentbehrliche Voraussetzungen für die ungestörte Verwendbarkeit derartiger
Ueberhitzer; die Schaffung einer Reservedampfleitung, aus welcher im Bedürfnissfalle
unter Absperrung der Ueberhitzer aus den Kesseln gesättigter Dampf entnommen werden
kann, dürfte sich für dieses System in allen Fällen empfehlen. In welche Entfernung
vom Roste der Ueberhitzer zu legen ist, hängt, ausser von der Feuerbeständigkeit des
letzteren, hauptsächlich von der Kesselconstruction und dem zur Verheizung
gelangenden Brennmateriale ab.
Bei der Fortleitung des überhitzten Dampfes ist auf seine hohe Temperatur und auf
seine Neigung, diese Temperatur ausserordentlich rasch abzugeben, besondere
Rücksicht zu nehmen. Die erstere Eigenschaft verlangt gediegene Compensation der
Rohrleitungen, während die letztere dazu nöthigt, für allerbeste Umhüllung der
Leitung und zwar einschliesslich der Verbindungsstellen (Flanschen) Sorge zu tragen;
in dieser Beziehung kann nicht sorgsam genug verfahren werden. Hierbei ist noch
darauf aufmerksam zu machen, dass auch Leitungen für überhitzten Dampf eine gute
Entwässerungseinrichtung besitzen müssen; denn es schlägt sich trotz bedeutender
Ueberhitzung und guter Umhüllung in den Leitungen beständig Wasser nieder; man hat
sich einen Schnitt durch ein solches dampf gefülltes Rohr wie auch durch den
Admissionsraum eines mit überhitztem Dampfe gespeisten Dampfcylinders so
vorzustellen, dass die Innenwandungen mit Wasser bedeckt sind, während sich von da
bis zu dem eigentlichen überhitzten Kerne alle zwischen Wasser und überhitztem
Dampfe denkbaren Uebergangsformen des dampfförmigen Aggregatzustandes befinden.
Nunmehr soll die in der Regel ziemlich verwickelte Frage nach der
Wirtschaftlichkeit der Dampfüberhitzung, das ist nach dem aus der Anwendung
derselben zu erwartenden Geldnutzen, klar zu legen gesucht werden.
Es bezeichne
A die Gesammtanlagekosten der
Ueberhitzungseinrichtung in Mark,
α einen angemessenen Bruchtheil
derselben für jährliche Verzinsung, Abschreibung, Bedienung und Instandhaltung
der Ueberhitzer, etwaige durch den Betrieb der letzteren entstehende Mehrauslage
für Instandhaltung der Dampfleitungen und der Dampfmaschinen,
β die relative jährliche
Ersparniss an Kosten für Bedienung und Reinigung solcher Kessel, welche in Folge
Einführung der Ueberhitzung kalt gelegt wurden, sowie für Abfuhr der
Brennmaterialrückstände, ebenfalls bezogen auf die Gesammtanlagekosten,
K den jährlichen Kohlenverbrauch
der Anlage bei Verwendung gesättigten Dampfes in Tonnen,
p Preis der Tonne Kohle im
Kesselhaus in Mark,
x relative Ersparniss an
Kohlengewicht durch Ueberhitzung mit Berücksichtigung des Anheizens,
E = K.xp = jährliche Geldersparniss an Kohlenkosten.
Dann muss sein
A(α – β)
≦
x.K.p
≦
E.
Je grösser β, desto kleiner braucht α gewählt zu werden.
Durch Umkehrung erhalten wir zunächst die Gleichung
\varkappa\,\geq\,\frac{A\,(\alpha-\beta)}{K\,.\,p}
welche angibt, wie gross die relative Kohlenersparniss sein
muss, um die Anlage von Ueberhitzern noch rentierlich zu gestalten; und
A=\frac{\varkappa\,.\,K\,.\,p}{\alpha-\beta}\,\leq\,\frac{E}{\alpha-\beta},
welche die zulässigen Anlagekosten unter der auch für die
vorstehende Gleichung selbstverständlichen Voraussetzung berechnet, dass die
sämmtlichen Werthe der rechten Seite der Gleichung bekannt sind. Von diesen sind
aber für die Vorauscalculation von Ueberhitzungsanlagen heute noch zwei sehr
unsicher, nämlich x und α;
beide müssen erst durch die Erfahrung für einzelne Fälle festgelegt werden.
Die relative Kohlenersparniss x ist eine Function der
Gesammtdampfersparniss, des Dampfleitungsverlustes, des Ueberhitzersystemes
(hinsichtlich Wärmequelle) und der besonderen Verhältnisse der Dampferzeugung. Diese
Abhängigkeit lässt es begreiflich erscheinen, dass für eine allgemeine Beurtheilung
der Wirksamkeit der Ueberhitzung im Vorstehenden immer nur die Dampfersparniss
herangezogen wurde, denn bei gleicher Höhe derselben kann je nach den Besonderheiten
der Anlage die Kohlenersparniss sehr verschieden ausfallen. Bei gleicher
Verdampfungsziffer wird die Kohlenersparniss um so weiter unter der Dampfersparniss
bleiben, je grösser der Wärmeaufwand für ein bestimmtes Maass der Ueberhitzung und
je grösser der Leitungsverlust ist.
Ersterer ist am grössten bei den Ueberhitzern mit eigener Feuerung (der Uhler'sche soll durchschnittlich 8 bis 9 Proc. des
gesammten bei gesättigtem Dampfe benöthigten Brennmaterialaufwandes
beanspruchen); günstiger wirken in dieser Beziehung die in die ersten Feuerzüge der
Kessel gelegten Ueberhitzer, bei welchen nur die für die Ueberhitzung nutzbar
gemachte Wärme der Wasserverdampfung entzogen wird, am günstigsten aber die
Fuchsüberhitzer, bei welchen die zur Ueberhitzung aufgewendete Wärme als sonst
verloren überhaupt nicht in Rechnung zu stellen ist. Fällt die Verdampfung bei
Anwendung von Ueberhitzern günstiger (also die für die Gewichtseinheit Dampf im
Ganzen aufgewendete Brennmaterialmenge kleiner) aus als ohne dieselbe, so wird
dadurch – vom Dampfleitungsverluste abgesehen – die Kohlenersparniss grösser werden
als die Dampfersparniss; umgekehrt dagegen kann, besonders bei direct gefeuerten und
bei in den ersten Feuerzug gelegten Apparaten, der Dampfgewinn ganz oder theilweise
durch schlechtere Verdampfung bezieh, zu grossen Brennmaterialaufwand (also auch
ohne Berücksichtigung der Anlagekosten) wieder aufgehoben werden.
Wie hoch α im Hinblicke auf die Lebensdauer und die
Unterhaltungskosten der Ueberhitzer nebst Zubehör zu bemessen ist, kann nur die
Erfahrung lehren; bis diese in genügendem Maasse vorliegt, empfiehlt es sich, diesen
Werth für die Calculation reichlich gross zu nehmen.
Bei den bereits angeführten 19 Elsässer Versuchen von 1890 bis 1892 steht der
mittleren Ersparniss in Dampf von 19 Proc. eine solche in Kohlen von 14,3 Proc.
gegenüber; Prof. Umwin fand in Logelbach etwa 19 Proc.
Minderverbrauch an Kohlen bei 20,8 Proc. Dampfgewinn, Bryan
Donkin gibt in seinem einschlägigen Prospecte vom September vorigen Jahres
als durchschnittliche in 12 Anlagen ermittelte Kohlenersparniss etwa 16 Proc.
an.
Sind in einer Anlage anlässlich des Einbaues von Ueberhitzern vergleichende Versuche
zur Ermittelung des geschaffenen Nutzens vorzunehmen, so müssen denselben die
gleiche normale Leistung der Anlage und ausserdem hinsichtlich der
Kesselbeanspruchung bei gesättigtem Dampfe thunlichst genau diejenigen Verhältnisse
zu Grunde gelegt werden, welche vor dem Einbau der Ueberhitzer vorhanden waren;
ausserdem ist dafür zu sorgen, dass während der vergleichenden Versuche sich kein
wesentlicher Unterschied hinsichtlich des Zustandes der Dampfmaschine und der
Wärmeübertragungsfähigkeit der Kesselwandungen einstellt, endlich müssen in vielen
Fällen die für einen Betrieb mit Ueberhitzung günstigsten Verhältnisse hinsichtlich
Zahl der zu betreibenden Kessel, Höhe der Ueberhitzung, Mantelheizung und
dergleichen erst ausgemittelt werden.
Verstösse gegen diese fundamentalen, nicht immer leicht erfüllbaren Voraussetzungen
sind aus manchen einschlägigen Versuchsberichten, besonders aus solchen, welche der
Reklame zu dienen haben, unschwer nachzuweisen.
Der mitunter geltend gemachte Einwand, dass auf diese Weise nur die einer gewissen
mittleren Maschinenleistung oder – falls die Versuche bei festgestelltem Regulator
der Dampfmaschinen vorgenommen wurden – gar nur die einer bestimmten Füllung
entsprechenden Ziffern festgestellt werden können, ist nur für extreme Verhältnisse
stichhaltig, da im Allgemeinen anzunehmen ist, dass auch bei schwankenden
Füllungsgraden (Leistungen) der Maschine das durch die Versuche ermittelte
Verhältniss zwischen dem Verbrauche an gesättigtem und demjenigen an überhitztem
Dampfe annähernd bestehen bleiben wird.
Unter den zahlreichen Anhängern des bezeichneten Einwandes finden sich indess
besonders solche, welche den von einer Neueinrichtung bewirkten Nutzen lediglich
durch in längerem Betriebe erhaltene Ziffern feststellen wollen. Dass dies in
manchen Fällen möglich ist und dann den sichersten Maasstab für den Werth einer
Neueinrichtung bildet, wird Niemand bestreiten. Aber so einfach, wie es von manchen
kaufmännischen Fabrikleitern gemacht wird, ist diese Sache doch nicht; es kann
vielmehr zu grossen Trugschlüssen führen, wenn man – wie mitunter geschieht – am
Abschlüsse einer längeren Betriebszeit, etwa eines Jahres, einfach aus dem
Kohlenbuche aufschreibt, wie viele Kohlen während dieser Zeit mehr oder weniger
verbraucht wurden als in einem früheren gleichlangen Zeitabschnitte, ohne sich
darüber Rechenschaft zu geben, wie viel Wasser jeweils mit diesen Kohlen verdampft
wurde und in wie weit andere Betriebsverhältnisse Veränderungen am Zustande der
Dampfmaschine und ihres Condensators, in der Ausnützung von verfügbarer Wärme der
Kesselabgase und von Auspuffdampf, sowie in der Beanspruchung der Kessel u.s.w.,
einen Einfluss auf den Verbrauch an Kohlen und Dampf ausgeübt haben.
In vielen Fällen werden durch derartige Umstände die Verhältnisse so verwickelt und
unübersichtlich, dass zur Klarlegung des Nutzens einer bestimmten Verbesserung des
Dampfbetriebes überhaupt nur der Weg des Versuches offen bleibt, welcher ausserdem
noch den Vortheil mit sich bringt, dass durch ihn die jeweils geeignetsten
Verhältnisse ermittelt und etwa in der Anlage vorhandene Fehler aufgedeckt
werden.
Die Anschaffungskosten eines Quadratmeters Ueberhitzerfläche schwanken je nach
System, Bezugsquelle und Grösse des Kaufobjectes für normale Ausführungen etwa
zwischen 40 und 120 M.
Versuche in der Baumwollfeinspinnerei
Augsburg.
Nach diesen allgemeinen Erörterungen dürfte die Besprechung derjenigen hinsichtlich
ihres Endergebnisses einigermaassen bemerkenswerthen Versuche von Interesse sein,
welche im Jahre 1893 durch den Verein unter Mitwirkung der Maschinenfabrik Augsburg
in der Baumwollfeinspinnerei Augsburg vorgenommen wurden; im Laufe dieser
Besprechung wird sich Gelegenheit geben, auch anderer einschlägiger Erfahrungen zu
gedenken und die festgestellten Thatsachen zu Schlüssen allgemeinerer Art zu
verwenden.
Um unter Beibehaltung des für die genannte Anlage als „ortsbilligst“
ermittelten Brennmaterials (oberbayer. Mischkohle) den gesteigerten Dampfbedarf der
Spinnerei mit den vorhandenen Dampfkesseln bewältigen zu können, hatte sich die
Fabrikleitung entschlossen, sämmtliche Kessel mit Schwörer'schen Ueberhitzern auszurüsten. Nachdem diese einige Monate im
Betriebe gestanden waren, wurde im Auftrage der Spinnerei zu ermitteln gesucht,
welchen Einfluss auf Dampf- und Kohlenverbrauch der überhitzte Dampf gegenüber dem
gesättigten ausübe.
Das Kesselhaus enthält fünf sogen. Bouilleurkessel von gleicher Bauart, deren jeder
aus einem Oberkessel mit zwei Siedern, zwei seitlichen Vorwärmern (in deren unteren
das während des gewöhnlichen Betriebes aus einem für die Versuche ausgeschalteten
Humbold'schen Wasserreinigungsapparate kommende
vorgewärmte Wasser gespeist wird) und Unterfeuerung mit Jordanrost (einer mit
Vorplatte versehenen Specialconstruction eines Etagenrostes) besteht.
Textabbildung Bd. 293, S. 271Kessel mit Schwörer'schem Ueberhitzer.Fig. 1 bis 4 stellen einen dieser
Kessel nebst Ueberhitzer (aber ohne die beiden Vorwärmer) dar: die Heizgase ziehen
über die Feuerbrücke hinweg im ersten Zuge zwischen den hier eingebauten
Ueberhitzern und den Siedern nach hinten, wenden sich aufwärts, um unter dem
Oberkessel gegen den Heizerstand zurückzukehren, bestreichen hierauf den oberen,
alsdann den unteren Vorwärmer und gelangen schliesslich durch die beim Heizerstande
befindliche Kaminklappenöffnung und einen fünften „blinden“ Zug in den hinter
sämmtlichen Kesseln unter Flur liegenden gemeinsamen Rauchkanal, der sie in den
Schornstein abführt. Das Speisewasser durchströmt, der Richtung der Heizgase
entgegen, zuerst den unteren, dann den oberen Vorwärmer, um von diesem aus in den
Oberkessel einzutreten. Sämmtliche fünf Kessel stehen an einander gebaut in einer
Reihe. Das Mauerwerk ist sorgfältig verankert und gut in Stand erhalten;
insbesondere war auf das Verfugen von Rissen jede Sorgfalt verwendet.
Der unterhalb eines jeden Kessels hinter der Feuerbrücke eingebaute Schwörer'sche Ueberhitzer besteht aus sechs je 3 m
langen, unter sich durch Kniestücke zu einer fortlaufenden Schlange verbundenen
Rippenheizkörpern von kräftigen Abmessungen und besonders feuerbeständigem
Gusseisen. Diese Heizkörper sind mit äusseren Quer- und inneren Längsrippen versehen
und in zwei Reihen über einander zu je drei Stück angeordnet; die Verbindung der
einzelnen Elemente geschieht mittels Flanschenverschraubung unter Einfügung eines
rautenförmigen Stahlringes und guten Eisenkittes zwischen die Flanschen. Jeder
Ueberhitzer ist am Vorderende eines der unteren Elemente mit einem Ablasshahne
versehen. Aus dem Dome strömt der Dampf durch ein senkrechtes Rohr hinter der
Kesselrückwand zum rechtsseitigen unteren Heizkörper jedes Ueberhitzers und verlässt
den letzten rechtsseitigen oberen ebenfalls hinter der Kesselrückwand durch ein
zweites, 10 cm im Lichten weites senkrechtes Rohr, welches ihn mittels eines Bogens
in das Dampfsammelrohr von 21 cm lichter Weite leitet. Die Portsetzung des letzteren
bildet die ungefähr 50 m lange, ebenfalls 21 cm weite gemeinsame Hauptdampfleitung
zur Maschine. Die äussere Heizfläche eines Ueberhitzers nebst zugehörigen Röhren –
soweit dieselben innerhalb des Kesselmauerwerkes liegen, also der Einwirkung der
Heizgase ausgesetzt sind – ist etwa 52 qm; jedoch war bei den Versuchen jeder
Ueberhitzer durch ein an die Feuerbrücke nach hinten angeschlossenes, etwa 75 cm
langes Mauergewölbe theilweise abgedeckt. Die Einwirkung des Feuers auf die
Ueberhitzer soll hauptsächlich durch Strahlung erfolgen.
Eine Reservedampfleitung für gesättigten Dampf, welche es ermöglichen würde, bei dem
Schadhaftwerden eines Ueberhitzers den Dampf des betreffenden Kessels direct aus dem
Dome in gesättigtem Zustande der Dampfleitung zuzuführen, ist nicht vorhanden.
Indessen trat der erwähnte Fall einer Störung in der hier beschriebenen Anlage
bisher nur einmal kurz nach dem Einbau der Ueberhitzer ein und hatte seine Ursache
in mangelhafter Verbindung eines Flanschenpaares.
Am meisten wäre anscheinend die Schädigung der Ueberhitzer in Folge ungenügender
innerer Abkühlung bei dem täglichen Anheizen in solchen Betrieben zu befürchten,
welche – wie der hier beschriebene – mit Unterbrechungen arbeiten. Denn während des
Anheizens findet eine eigentliche Strömung von Dampf durch den Ueberhitzer nicht
statt. Auch könnte bei starker Erhitzung des Kesselmauerwerkes, starkem Feuer und
plötzlich eintretender beträchtlicher Verminderung des Dampf Verbrauches für kurze
Zeit eine für die Maschinen oder ihre Abdichtungsorgane schädlich hohe Ueberhitzung
eintreten. Indessen hat sich meines Wissens in der Praxis aus den genannten Ursachen
noch keine unangenehme Folge ergeben.
Die Hauptabmessungen der Kesselanlage sind folgende:
Länge eines Oberkessels
8,820
m
Durchmesser eines Oberkessels
1,000
„
Länge eines Sieders
9,200
„
Durchmesser eines Sieders
0,615
„
Länge eines Vorwärmers
9,050
„
Durchmesser eines Vorwärmers
0,550
„
Ferner beträgt:
Der Wasserraum eines Kessels einschliesslich beider
Vorwärmer
14,555
cbm
Der Dampfraum eines Kessels
2,500
„
Die Verdampfungsoberfläche
8,380
qm
Die Heizfläche eines Kessels mit Vorwärmern
80
„
„ „ „ „ ohne
Vorwärmer
49
„
Die Rostfläche eines Kessels ohne Schweel- und
Vorrost
1,8
„
Das Verhältniss der Rostfläche zur
Gesammt- heizfläche
1 : 44,4
Die gesammte äussere Heizfläche eines
Ueber- hitzers
52
qm
Das Verhältniss zwischen letzterer und der gesammten
Kesselheizfläche
1 : 1,54
Die festgesetzte höchste Dampfspannung
der Kessel
7
at.
Sämmtliche Leitungsrohre waren nebst ihren Flanschen mit einer 5 cm dicken
Kieselguhrumhüllung versehen, auf welch letztere ein mit Oelfarbe angestrichener
Leinwandstreifen aufgewickelt war. Die Güte dieses Wärmeschutzes geht aus der
Thatsache hervor, dass nach den während der Versuche ungefähr in der Mitte der
Hauptdampfleitung vorgenommenen Messungen der Temperaturüberschuss der
Umhüllungsoberfläche über die umgebende Luft bei gesättigtem Dampf von etwa 167° nur
16,4°, bei überhitztem Dampfe von ungefähr 260° nur 25,4° betrug.
Die von der Maschinenfabrik Augsburg nach dem Zweicylindersysteme in bekannter
Anordnung gebaute Condensationsdampfmaschine mit Sulzer-Ventilsteuerungen – wovon
diejenige des Hochdruckcylinders vom Regulator beherrscht, diejenige des
Niederdruckcylinders von Hand verstellbar ist – besitzt mit directem Kesseldampf
geheizte Cylindermäntel und -deckel; der Hochdruckcylindermantel wird vom
Arbeitsdampfe vor dessen Eintritt in den Cylinder durchströmt. Die Stopfbüchsen des
Hochdruckcylinders waren mit Gminder's (1891 282 * 78) Metallstopfbüchsenringpackung versehen, welche
sich – abgesehen von dem etwas zu niedrigen Schmelzpunkte ihrer Legirung – gut bewährte. An Stelle der zur Umhüllung desselben
Cylinders ursprünglich benutzten Holzverschalung, welche alsbald nach Inbetriebnahme
der Ueberhitzer zu verkohlen begann, wurde der zwischen Cylindermäntel und
Verschalungsblech befindliche 13 cm weite Zwischenraum mit Kieselguhr ausgefüllt und
damit erreicht, dass das Verschalungsblech aussen während des
Wärmebeharrungszustandes der Maschine nicht mehr, als „handwarm“ wurde.
Die nach den Versuchen an der warmen Maschine aufgenommenen Hauptabmessungen sind
folgende:
Hochdruckcylinder
Niederdruckcylinder
Durchmesser
676,4
1050,75
mm
Hub
1350,25
1350,25
„
Dicke der Kolben-stangen
K. S.A. S.
115,0115,0
114,9115,0
„„
woraus sich berechnet:
Mittlere wirksame Kolben- fläche
3489,409
8567,56 qcm
Constante
\frac{F\,.\,2\,H}{60\,\times\,75}
2,09407
5,1419
Cylinderverhältniss etwa 1 :
2,455.
Der durchschnittlichen Umdrehungszahl von rund 66 in der Minute entspricht eine
Kolbengeschwindigkeit von 2,97 m/Sec.
Zur Lösung der gestellten Aufgabe wurden zwei getrennte Gruppen von Versuchen
durchgeführt:
Die erste Gruppe mit überhitztem Dampfe umfasste die beiden ungefähr zehnstündigen
Hauptversuche vom 25. und 26. Mai, welche sich nur dadurch von einander
unterscheiden, dass am erstgenannten Tag die sämmtlichen Cylindermäntel und -deckel,
sowie der Receivermantel der Maschine geheizt wurde, während am 26. Mai der Receiver
und der Niederdruckcylinder ungeheizt blieb; der Hochdruckcylinder dagegen musste in
Folge seiner oben beschriebenen Construction auch an diesem Tage geheizt werden.
Die zweite Gruppe mit ausgeschalteten Ueberhitzern konnte in einem zehnstündigen
Hauptversuche am 30. Mai erledigt werden. Dieselbe erforderte die Beistellung des
bei Benutzung der Ueberhitzer entbehrlichen fünften Dampfkessels und besondere
Vorsichtsmaassregeln zum Schütze der Ueberhitzer, welch letztere natürlich dieses
Versuches wegen
nicht herausgenommen werden konnten. Man bedeckte sie mit Schwarzblech und flanschte
die vom Dom herab zu den unteren Ueberhitzerreihen führenden Rohre an ihren unteren
Krümmern, die von den oberen Ueberhitzerreihen zur Hauptdampfleitung hinaufführenden
Rohre dagegen an ihren oberen Krümmern ab, so dass nunmehr die sämmtlichen
Ueberhitzer von einem Luftstrom in derselben Richtung durchzogen wurden, in welcher
sonst in ihnen der Dampf strömt, und auf diese Weise die zu ihrer Erhaltung nöthige
innere Abkühlung erhielten. Einige vorgenommene Messungen ergaben an der
Eintrittsstelle der Küblluft eine Druckdifferenz von 1½ mm Wassersäule und eine
Temperatur von ungefähr 30°, an der oben befindlichen Austrittsstelle eine
Temperatur von ungefähr 220°. Der diesem Temperaturunterschiede und der unbekannten
Menge der erwärmten Luft entsprechende Wärmebetrag ging naturgemäss bei diesem
Versuche für die Verdampfungskraft der verheizten Kohle verloren.
Als Hauptgrundlage für die in Aussicht genommenen Ermittelungen war constante
Leistung der Dampfmaschine vereinbart worden und zwar sollte dieselbe bei allen
Versuchen ungefähr 500 effective (die von der Erbauerin im
Lieferungsvertrage benannte Normalleistung) betragen. Die entsprechende indicirte
Leistung würde sich bei Annahme eines mechanischen Güteverhältnisses von 83 Proc. zu
rund 600 berechnen. Da der mittlere Arbeitsbedarf der Spinnerei diese
Leistung beträchtlich überstieg und die Dampfmaschine mit einer Turbine gekuppelt
war, so konnte der Regulator der ersteren für jeden Versuch festgestellt und der
Ausgleich des Wechsels im Gesammtarbeitsverbrauche unter Erhaltung ziemlich
gleichmässiger Umdrehungsgeschwindigkeit im Allgemeinen durch Regulirung der
Aufschlagswassermenge der Turbine nach einem mit letzterer verbundenen
Umdrehungszähler bewirkt werden. Reichte dieses Mittel für sich allein zur Erhaltung
des Gleichmässigkeitsgrades nicht aus, so konnte immer durch Ein- und Ausrücken von
Spinnereimaschinen genügend und rechtzeitig nachgeholfen werden.
Bei der Durchführung der Versuche waren fünf Beamte unseres Vereins, zwei Ingenieure
der Maschinenfabrik Augsburg und Hilfspersonal der Baumwollfeinspinnerei
betheiligt.
Die verheizten Kohlen, die verbliebenen Herdrückstände, das Speisewasser und das im
Wasserabscheider vor der Dampfmaschine abgefangene Leitungswasser wurden auf guten
Decimalwagen gewogen.
Bedauerlicher Weise war, während alle anderen Versuchsvorbereitungen mit grösster
Sorgfalt getroffen waren, die Schaffung besonderer Einrichtungen unterlassen worden,
mittels welcher die in den drei Dampfmänteln und die im Innern des Receivers sich
bildenden Dampfwässer nach ihrem Ursprünge getrennt während der ganzen Versuchsdauer
hätten aufgefangen werden können. Man musste sich daher in dieser Beziehung darauf
beschränken, das aus dem Mantel des Receivers und des Niederdruckcylinders kommende,
aus einem gemeinsamen offenen Rohre ausfliessende Wasser am 25. und 30. Mai jeweils
während einer Stunde aufzufangen und zu wiegen, um einen Anhaltspunkt zur
Beurtheilung der Menge desselben zu gewinnen; hierbei kann wegen der stattgefundenen
theilweisen Verdampfung des heiss austretenden Wassers von grosser Genauigkeit keine
Rede sein.
Die Dampfspannungen wurden alle 10 Minuten an drei Stellen abgelesen, nämlich:
1) an einem Kesselmanometer, 2) an einem im ersten Stücke der gemeinsamen
Dampfleitung angesetzten Manometer, 3) an einem weiteren auf dem Ventilkasten des
Hochdruckcylinders der Dampfmaschine befindlichen Manometer. Die Angaben dieser drei
Instrumente wurden nach denjenigen eines Controlmanometers corrigirt.
Zur Messung der Dampftemperaturen waren kurze Quecksilberthermometer mit
Stickstofffüllung und bis zu 360° reichender Theilung in Verwendung. Diese
Thermometer tauchten in kleine bis in die Achse der betreffenden Dampfleitungen
reichende Quecksilberbäder.
Solche befanden sich: 1) je eines in dem von jedem Ueberhitzer nach der Dampfleitung
aufsteigenden Rohre, da wo dieses das Kesselmauerwerk verlässt, 2) eines in der
gemeinsamen Dampfleitung neben dem unter obenstehender Ziffer 2 erwähnten Manometer,
3) eines am Ventilkasten des Hochdruckcylinders in unmittelbarer Nähe des dortselbst
angebrachten Manometers Nr. 3.
Die ersten vier Beobachtungsstellen dienten zur Messung der Temperaturen des die
Ueberhitzer verlassenden Dampfes, welche durch den eigens hierzu aufgestellten
Beobachter alle 5 Minuten stattfand, während die übrigen Dampftemperaturmessungen in
Zeitabschnitten von je 10 Minuten im Anschluss an die Ablesungen der Dampfspannungen
vorgenommen wurden.
Auch die Temperaturen des Condensator-Einspritz- und -Ausgusswassers wurden
regelmässig notirt, desgleichen der Barometerstand.
Zur Indicirung der Dampfmaschine fanden je zwei Rosenkranz'sche und Elliot'sche Indicatoren,
sämmtlich grösseren Modelles, Verwendung.
Die Prüfung der Indicatoren mit ihren Federn zum Zwecke der Feststellung der
Federmaasstäbe fand unter Dampfdruck mittelst offenen Quecksilbermanometers statt;
hierbei ergaben sich im Durchschnitte aus zahlreichen Beobachtungen bei
verschiedenen Drücken die in Tabelle 5 angeführten Zeichenstifthübe für 1 k/qc. Für den
Niederdruckcylinder weichen diese Grossen an den drei Versuchstagen etwas von
einander ab, was von den Unterschieden des Verhältnisses der über bezieh, unter der
atmosphärischen Linie liegenden Diagrammflächen im Zusammenhang mit einer kleinen
Verschiedenheit der Federmaasstäbe für Druck und Vacuum herrührt. Die Abnahme der
Diagrammsätze erfolgte an den vier Cylinderenden alle 10 Minuten gleichzeitig durch
zwei Ingenieure.
Mit den Dampfverbrauchsbestimmungen waren Feuerungsuntersuchungen an den Kesseln
verbunden, welche die Aufstellung vollständiger Wärmebilanzen ermöglichten. Hierzu
diente die Bunte'sche Burette und ein Orsat'scher Apparat, mittels welcher zahlreiche
Heizgasproben auf ihren Gehalt an Kohlensäure, Sauerstoff und unverbrannte Gase
untersucht wurden; ferner lange Quecksilberthermometer mit Stickstofffüllung zur
Messung der Temperaturen der abziehenden Heizgase und ein Siegert-Dürr'scher Zugmesser nebst offenem Wassermanometer zur Ermittelung
des Unterdruckes in den Feuerzügen und im Fuchs.
Als Brennmaterial fand ausschliesslich oberbayerische Mischkohle aus der kgl. Grube
Peissenberg Verwendung, deren Zusammensetzung und Heizwerth an geeigneten Kisten-
und Feuchtigkeitspröben, welche an jedem einzelnen Hauptversuchstage in der
üblichen Weise hergestellt wurden, die Grossh. badische chemisch-technische
Prüfungs- und Versuchsanstalt zu Karlsruhe ermittelte.
Aus dem Berichte der genannten Anstalt geht hervor, dass die lufttrocken gewordene
Kohle im Durchschnitt nachverzeichnete Zusammensetzung besass:
Kohlenstoff
49,61
Proc.
Wasserstoff
3,63
„
Sauerstoff und Stickstoff
9,29
„
Schwefel
5,46
„
Wasser
9,83
„
Asche
28,18
„
Hieraus berechnet sich nach der deutschen Formel ein Heizwerth von 4812 W.-E.,
während die von der gleichen Karlsruher Anstalt ausgeführte calorimetrische
Untersuchung mittels der Berthelot-Mahler'schen Bombe
einen solchen von 4658 W.-E., mithin um 154 W.-E. oder 3,2 Proc. weniger ergab.
Berücksichtigt man die an den einzelnen Proben für jeden Versuch getrennt ermittelten
Aschen- und Wassergehalte, so ergibt sich, dass die Zusammensetzungen bezieh.
Heizwerthe der wirklich verheizten Kohlen die nachstehenden waren:
Versuche am:
25/5.
26/5.
30/5.
KohlenstoffWasserstoffSauerstoff und
StickstoffSchwefelWasserAsche
47,12 3,45 8,82 5,1813,2922,14
Proc.„„„„„
48,31 3,54 9,04 5,3212,9220,87
Proc.„„„„„
48,37 3,54 9,06 5,3212,4421,27
Proc.„„„„„
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Heizwerth nach der deut- schen Formel
4548
4667
4677
W.-E.
Vorstehende Werthe sind der Berechnung der Wärmebilanzen zu Grunde gelegt.
Die sämmtlichen Kessel der Anlage waren ungefähr fünf Wochen vor den Versuchen innen
und aussen gereinigt worden; die vier rechtsseitigen, zu den Versuchen vom 25. und
26. Mai (mit überhitztem Dampfe) allein benutzten Kessel waren seit der Reinigung
täglich 12 Stunden geheizt worden, während der linksseitige Kessel erst einen Tag
vor dem mit gesättigtem Dampf vorgenommenen dritten Versuche angeheizt wurde. Die
Beiziehung dieses Kessels zum bezeichneten Versuche war nicht nur deshalb nöthig,
weil man sonst bei dem in Betracht kommenden Brennmaterial dem Bedarfe an
gesättigtem Dampfe voraussichtlich nicht ohne Schwierigkeiten hätte gerecht werden
können, sondern insbesondere auch deshalb, weil die Anlage für die gewählte
Beanspruchung vor Einbau der Ueberhitzer immer mit sämmtlichen fünf Kesseln
betrieben worden war und demnach die dieser Betriebsweise entsprechenden
Verhältnisse der Dampferzeugung die Grundlage für die beabsichtigte
Rentabilitätsberechnung der Ueberhitzeranlage bilden mussten.
Jeder Versuchsgruppe ging ein mehrstündiger Vorversuch zur Einweisung des Personales,
Erprobung der Versuchseinrichtungen und Einstellung der Dampfmaschinenfüllung für
die beabsichtigte Leistung voraus. Das Anheizen der Dampfkessel erfolgte jeweils
Morgens 5½ Uhr, worauf um 5¾ Uhr die Dampfmaschine angelassen wurde; mit dem Beginne
jedes Hauptversuches wurde dann noch 1¼ bis 1½ Stunden zugewartet.
Die drei Hauptversuche konnten ohne Störung in ununterbrochener, ungefähr
zehnstündiger Dauer durchgeführt werden; nur mag hier Erwähnung finden, dass am 30.
Mai Mittags die Füllung des Hochdruckcylinders und damit auch die des
Niederdruckcylinders etwas verkleinert werden musste, da die Berechnung einiger
Vormittagsdiagrammsätze gezeigt hatte, dass die Leistung der Dampfmaschine um etwa
25 indicirte grösser war als an den beiden vorausgegangenen
Versuchstagen.
Am 30. Mai wurde auch der in der Anlage vorhandene ältere Kennedy-Wassermesser
mittels des gewogenen Speisewassers geaicht, wobei sich für denselben ein Fehler von
– 6,4 Proc. ergab.