Titel: | Ueber Zuckerbestimmung und über die Zuckergehalte der Gerbmaterialien, Gerbextracte, Gerbebrühen, sowie des unbeschwerten lohgaren Leders. |
Autor: | v. Schroeder, A. Bartel , W. Schmitz-Dumont |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 282 |
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Ueber Zuckerbestimmung und über die Zuckergehalte
der Gerbmaterialien, Gerbextracte, Gerbebrühen, sowie des unbeschwerten lohgaren
Leders.
Von Prof. v. Schroeder, A. Bartel und Dr. W.
Schmitz-Dumont in Tharand.
(Fortsetzung des Berichtes S. 252 d.
Bd.)
Ueber die Zuckerbestimmung und die Zuckergehalte der
Gerbmaterialien u.s.w.
Eins unserer wichtigsten und besten Gerbmaterialien ist die Valonea. Sie ist ausgezeichnet durch einen hohen Gerbstoffgehalt, hat
dabei aber einen wesentlich niedrigeren Zuckergehalt, als die zuletzt besprochenen
Gerbmaterialien. Die Valoneen sind bekanntlich die gerbstoffreichen Fruchtbecher
verschiedener in Kleinasien und auf der Balkanhalbinsel heimischer Eichenarten, von
denen die Quercus Vallonea Kotschy und Quercus Graeca Kotschy als die wichtigsten zu
bezeichnen sind. Man unterscheidet bei der Valonea die eigentliche Bechermasse und
die die Becher bedeckenden Schuppen. Die Schuppen sitzen bei der Handelswaare zum
Theil an den Bechern, zum Theil sind sie abgebrochen und liegen zwischen den
Bechern. Diese abgebrochenen Schuppen nennt man im Handel: Trillo, und in neuerer
Zeit kommt dieser Trillo auch für sich ohne die Becher als besonderes Sortiment in
den Handel. Ausser einem gewissen Procentsatz Trillo, den jede Handelsvalonea
enthält, finden sich in der Valonea fast auch immer eine bald grössere, bald
geringere Menge Eicheln vor, die bei der Reinigung zurückgeblieben sind. Die
Schuppen der Becher sind wesentlich gerbstoffreicher als die eigentliche
Bechermasse, die Eicheln sind viel gerbstoffärmer. Die Eicheln enthalten indessen
doch eine ganz ansehnliche Quantität gerbende Stoffe, die es nicht gerechtfertigt
erscheinen lässt, dass man sie bisher als Gerbmaterial so gut wie gar nicht beachtet
hat. Bei der Handelsvalonea wird ein grösserer Procentsatz an Trillo den
Gerbstoffgehalt immer erhöhen, ein grösserer Procentsatz an Eicheln den Gehalt
dagegen herabsetzen, – der reine Trillo, als besonderes Sortiment, ist immer viel
gerbstoffreicher als die eigentliche Valonea. Alle diese Verhältnisse ergeben sich
aus der folgenden Untersuchung, bei welcher die genannten Theile für sich untersucht
und ausser dem Gerbstoff gleichzeitig auch der Zuckergehalt bestimmt ist. Die
Schuppen wurden zu dem Zwecke von der Bechermasse möglichst losgelöst. Die Zahlen
sind auf den lufttrockenen Zustand mit 14,50 Proc. Wasser bezogen, und bei der
Berechnung für die ganze Valonea ist nach annähernder Feststellung angenommen, dass
dieselbe aus 30 Proc. Eicheln, 30 Proc. Schuppen und 50 Proc. Bechermasse besteht.
Beide untersuchte Proben I und II sind Smyrna-Valoneen, die aus zwei verschiedenen
Gerbereien erhalten wurden.
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
I
SchuppenBechermasseEicheln
45,4323,5215,44
2,682,003,10
5,90 8,5020,08
Ganze ValoneaNr. I berechnet
mit Eichelnohne Eicheln
28,4831,74
2,422,26
8,50 7,12
II
SchuppenBechermasseEicheln
44,5025,5616,19
2,851,192,27
6,40 4,6614,02
Ganze ValoneaNr. II berechnet
mit Eichelnohne Eicheln
29,3732,66
1,901,81
6,47 5,54
Ein wesentlicher Unterschied im Zuckergehalt der Schuppen und Bechermasse ergibt sich
hieraus nicht, und auch bei den Eicheln erscheint die Menge des direct reducirenden
Zuckers gering. Im Verhältniss zu dem Gerbstoff ist die Zuckermenge in den Eicheln
grösser als in den Schuppen und der Bechermasse. Selbstverständlich wird man aber
die Fähigkeit, Säure zu bilden, bei den Eicheln nicht allein nach dem hier
gefundenen Zucker messen, denn die Eicheln sind ja bekanntlich reich an Stärkemehl,
das unter geeigneten Bedingungen ebenfalls als Material zur Säurebildung dienen
kann.
Nach einer sehr grossen Anzahl Analysen, die im Laufe der Zeit in Tharand ausgeführt
wurden, kann man den Durchschnittsgehalt der Handelsvalonea zu 28,80 Proc. oder rund
29 Proc. annehmen, und kommen dabei Schwankungen von 17,5 bis etwa 36 Proc. vor,
wenn man von reinem Trillo absieht. Die Beziehungen zwischen gerbenden Stoffen und
Zucker ergeben sich aus folgender Zusammenstellung:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Caramania-Valonea2) Golfo-Valonea3)
Ausgesuchtmindere Smyrna- Valonea, sogen. Scart4)
Smyrna-Valonea, leichte una aqua5) Smyrna-Valonea,
angeblich Ia-Sorte (Nr. 88, 1891)6) Smyrna-Valonea, gute
una aqua7) Smyrna-Valonea bez. I8) Smyrna-Valonea bez.
II9) Smyrna-Valonea, brutta (Originalwaare)
20,2822,2626,5326,9629,0131,4631,7432,6633,60
1,212,863,103,272,683,452,261,813,57
5,9712,8011,6812,13 9,2410,97 7,12 5,5410,63
Mittel
28,28
2,69
–
Wie man hieraus ersieht, zeichnet sich die Valonea im Verhältniss zu ihrem
Gerbstoffgehalt durch einen geringen Zuckergehalt aus. Nehmen wir 28,80 Proc.
Gerbstoff als den
richtigeren Mittelwerth an und rechnen wir 2,69 Proc. Zucker, so kommen auf 100 Th.
gerbende Stoffe bei der Valonea 9,34 Th. säurebildende Stoffe.
Zu den beiden bereits mitgetheilten Zuckerbestimmungen im Trillo, die 2,68 Proc. und 2,85 Proc. ergaben, kommt noch eine dritte
hinzu, wo für eine Trilloprobe mit 37,79 Proc. Gerbstoff 1,70 Proc. Zucker gefunden
wurde. Nimmt man aus diesen drei Zuckerbestimmungen das Mittel, so ergibt sich 2,41
Proc, was nahezu ebenso viel ist, wie sich im Mittel für Valonea berechnete. Der
Trillo ist aber durchschnittlich sehr viel gerbstoffreicher und enthält daher auch,
auf gleichen Gerbstoffgehalt gerechnet, im Mittel weniger Zucker als die Valonea.
Bei neun Proben, die in Tharand untersucht wurden, schwankte der Gerbstoffgehalt des
Trillo von 37,79 bis 49,56 Proc, und ergab sich im Mittel 43,46 Proc. Rechnen wir im
Mittel rund 43,50 Proc und 2,41 Proc. Zucker, so hätten wir beim Trillo auf 100 Th.
gerbende Stoffe 5,54 Th. säurebildende Stoffe.
An die Valoneen wollen wir die Knoppern anschliessen,
welche bekanntlich Fruchtgallen sind, die sich speciell an den Stieleichen, seltener
an den Traubeneichen bilden. Im Gerbstoffgehalt übertreffen die Knoppern die
Valoneen im Durchschnitt um einige Procent. Auf den lufttrockenen Zustand mit 16,50
Proc. Wasser bezogen, schwankt der Gehalt an gerbenden Stoffen bei den Knoppern von
etwa 21 bis 38 Proc. und kann nach den Tharander Analysen im Durchschnitt zu etwa 30
Proc. angenommen werden. Charakteristisch für die Knoppern ist der geringe Gehalt an
löslichen organischen Nichtgerbstoffen, der durchschnittlich etwa 20 Proc. der
gerbenden Stoffe beträgt. Dem entspricht ein ebenfalls sehr geringer Gehalt an
Zucker, der im Durchschnitt noch nicht 1 Proc. ausmacht. Die Knoppern gehören daher
zu denjenigen Gerbmaterialien, welche im Verhältniss zum Gerbstoffgehalt die
kleinsten Mengen an säurebildenden Stoffen enthalten. Das ergibt sich aus folgender
Zusammenstellung, in welcher die Zahlen auf den für die Knoppern festgestellten
mittleren Wassergehalt von 16,50 Proc. bezogen sind:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Knoppern aus Niederöster- reich2) Knoppern,
ausgesucht, schlecht aussehende, billige Waare3)
Knoppern aus Bosnien4) Knoppern aus Slavonien5) Knoppern aus
Oberungarn
30,9232,4634,0936,4436,22
0,630,540,690,710,68
2,041,662,021,951,88
Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 5
34,02
0,65
–
Rechnet man bei den Knoppern im Durchschnitt 30 Proc. gerbende Stoffe und 0,65 Proc.
Zucker, so entfallen auf 100 Th. gerbende Stoffe 2,17 Th. säurebildende Stoffe. Die
in neuerer Zeit der Gerberei wiederholt angebotene, aus Kleinasien herstammende Rovegalle hat in der Zusammensetzung mit den Knoppern
viel Aehnlichkeit, obgleich sie im Gerbeffect sonst mit den Knoppern nicht zu
vergleichen ist. Die Rove enthält ebenso wie Knoppern wenig organische lösliche
Nichtgerbstoffe, und hat ebenso einen geringen Zuckergehalt. Letzteres ist aus
folgenden Zahlen zu ersehen, die auf den lufttrockenen Zustand mit 15 Proc. Wasser
bezogen sind:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Mischmuster aus zwei schon vor längerer Zeit aus
Ham- burg bezogenen Proben
23,89
1,11
4,65
2) Aus Stuttgart bezogene Probe
35,68
1,15
3,22
Im Mittel aus sechs Roveanalysen, bei denen die Gerbstoffgehalte der beiden
angeführten Proben das gefundene Minimum und Maximum darstellen, ergab sich für Rove
ein Gehalt von 29,15 Proc gerbenden Stoffen und 7,07 Proc organischen
Nichtgerbstoffen. Nehmen wir hiernach den Gerbstoffgehalt der Rove zu rund 29 Proc.
und den Zucker zu 1,13 Proc. an, so haben wir auf 100 Th. gerbende Stoffe 3,90 Th.
säurebildende Stoffe.
Der Sumach ist ein Gerbmaterial, das hauptsächlich zur
Herstellung sumachgarer Schaf- und Ziegenleder dient, das man in der eigentlichen
Lohgerberei aber nur ausnahmsweise zu der Gerbung von Oberledern heranzieht. Der
Sumach ertheilt dem Leder eine sehr helle Farbe, und die häufigste und wichtigste
Anwendung in der Lohgerberei ist die Benutzung der Sumachbrühen zum Aufhellen aller
Gerbungen, die zu dunkel ausgefallen sind, oder deren Ton man in der Farbe nach
beendeter Gerbung heller machen möchte. Das geschieht namentlich bei Oberledern und
Zeugledern, doch wird die Aufhellung mit Sumach auch bei Vacheledern und selbst bei
Sohlledern in Anwendung gebracht. Es gibt sehr verschiedene Sorten von Sumach, doch
ist der italienische und speciell der sicilische der beste und geschätzteste. Im
italienischen Sumach schwankt der Gerbstoffgehalt etwa von 26 bis 30 Proc. und kann
im Mittel zu 28 Proc angenommen werden. Auch der spanische, portugiesische und
griechische Sumach gehören zu den besseren Sorten und stammen wie der italienische
von Rhus coriaria L. her. Der Sumach aus Dalmatien, Kroatien, Istrien, Krain, der
Tyroler Sumach und der ungarische Sumach sind geringere Arten, die von Rhus cotinus
L. herstammen. Bei den gerbstoffarmen Sorten geht der Gehalt bis zu etwa 15 Proc.
herunter. Im Handel kommen aber auch als „Sumach“ bezeichnete Waaren vor, bei
welchen der Gerbstoffgehalt bis zu 7 bis 12 Proc. sinkt. Diese letzteren sind
jedenfalls nicht als wirklicher Sumach anzusprechen, entweder verfälscht oder
überhaupt Blätter anderer Pflanzen arten, deren es ja viele gerbstoffhaltige gibt.
So bezeichnet man z.B. als schwedischen Sumach ein Product, das von Arbutus uva ursi
L. herstammt und das zum Gerben und Schwarzfärben dient. Zuckerbestira-mungen bei
Sumach haben wir nur sehr wenige ausgeführt, doch zeigen die beiden folgenden
Bestimmungen für eine geringe und vorzügliche Sorte ein ziemlich übereinstimmendes
Resultat. Die Zahlen sind auf den lufttrockenen Zustand mit 12 Proc Wasser
bezogen.
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Tyroler SumachIa-Alcano-Sumach (Sicilien)
17,0427,78
4,444,62
26,0616,63
Mittel
–
4,53
–
Sumach gehört, wie man hieraus ersieht; zu den Gerbmaterialien, die im
Verhältniss zum Gerbstoffgehalt eine ziemliche Menge an Zucker enthalten, und zwar
scheinen die ärmeren Sorten relativ reicher an säurebildenden Stoffen zu sein.
Nehmen wir für den italienischen Sumach den Durchschnittsgehalt von 28 Proc.
Gerbstoff an, und den Zuckergehalt zu 4,53 Proc., so hätten wir auf 100 Th. gerbende
Stoffe 16,2 Th. säurebildende Stoffe, und würde diese Sumachsorte sich hiernach den
Myrobalanen anschössen.
Ein Gerbmaterial, das man in neuester Zeit von Nordamerika aus in Europa einzuführen
sich bemüht, und welchem, wenn es zu einem entsprechenden Preise zu haben sein wird,
seiner guten Eigenschaften wegen, wohl auch eine Zukunft vorbehalten sein dürfte,
ist das sogen. Canaigre.
Das Canaigre stammt von einer zu den Polygoneen
gehörigen krautartigen perennirenden Pflanze Rumex hymenosepalum her, und stellt den
3- bis 4jährigen Wurzelstock derselben dar, welcher gewaschen, zerschnitten und
getrocknet in den Handel kommt. Die Pflanze kommt in grossen Mengen an den Ufern des
Rio Grande vor und bedeckt ausgedehnte Flächen in den Staaten Texas und New Mexico.
Das Canaigre ertheilt dem Leder eine hübsche hell-gelbbraune Farbe, es ist
gerbstoffreich, enthält viel Stärkemehl und meist auch ziemlich ansehnliche
Zuckermengen. Versuchsweise hat man auch Extracte aus Canaigre dargestellt. Einige
in Tharand analysirte Proben von Canaigre und Canaigreextracten gaben folgende
Resultate bezüglich des Gerbstoff- und Zuckergehaltes:
Wasser-gehalt
GerbendeStoffe
Zucker
Proc.
Proc.
Proc.
1) Canaigre, aus London er- halten
14,69
27,72
6,51
2) Canaigre, als Ia-Sorte be- zeichnet, aus Hamburg
er- halten
17,30
31,95
5,97
3) Canaigre, als geringe Sorte bezeichnet, aus
Hamburg erhalten
16,20
30,56
0,32
4) Mittel für Canaigre Nr. 1 bis Nr. 3
16,06
30,08
4,27
5) Canaigreextract, aus Ame- rika
39,54
38,38
17,16 (?)
6) Canaigreextract, aus einer Hamburger Gerberei
er- halten
33,68
45,79
8,45
Den durchschnittlichen Gerbstoffgehalt des Canaigre kann man hiernach zu 30 Proc.
annehmen, sehr auffallend sind dagegen die grossen Schwankungen im Zuckergehalt, die
sowohl beim Canaigre selbst wie auch bei den Extracten sich hier herausstellen.
Vielleicht erklärt sich das dadurch, dass bald eine kleinere, bald eine grössere
Menge Zucker aus dem in der Wurzel vorhandenen Stärkemehl sich gebildet hat, – eine
Umsetzung, die zum Theil übrigens auch bei der Extractdarstellung sich vollziehen
könnte. Möglicher Weise spielt auch die Jahreszeit der Gewinnung der Wurzel
bezüglich des Zuckergehaltes eine Rolle. Vorläufig lässt sich das nicht übersehen.
Jedenfalls würde man, wenn man den Stärkegehalt der Wurzel dazu mit ausnutzen
wollte, aus Canaigre leicht Brühen erhalten können, die reichliche Säurebildung
zeigen. Nimmt man aus den beiden ersten Zuckerbestimmungen das Mittel, so erhält man
6,24 Proc., während alle drei Bestimmungen 4,27 Proc. ergeben. Bei 30 Proc.
Gerbstoff würden sich auf 100 Th. gerbende Stoffe nach dem ersteren Mittel 20,8 Th.
säurebildende Stoffe berechnen, die Probe Nr. 3 ergibt dagegen nur 1,07 Th.
Wenn wir nun noch die Holzgerbmaterialien besprechen wollen, so kommt von denselben
das Eichen- und Kastanienholz nur als Rohmaterial für die Extractfabrikation in
Betracht, während das Quebrachoholz nicht nur zur Extractfabrikation, sondern im
zerkleinerten Zustande auch als solches zum Gerben verwendet wird. Unsere
Untersuchungen über den Zuckergehalt des Eichenholzes haben wir schon bei der
Eichenrinde mitgetheilt und wollen daher hier zuerst auf das Kastanienholz
eingehen.
Das ältere Holz der Edelkastanie enthält, ebenso wie das
Eichenaltholz, ziemlich ansehnliche Gerbstoffmengen, die auf 8 bis 10 Proc.
veranschlagt werden können und die das Holz zu einem sehr werthvollen Rohmaterial
für die Extractdarstellung machen. In Frankreich hat man früher auch versucht, das
zerkleinerte Kastanienholz selbst zum Gerben zu verwenden, erzielte damit aber keine
guten Resultate, da das Holz zur Benutzung als Streumaterial doch zu gerbstoffarm
ist und seinen Gerbstoffgehalt zudem auch nicht schnell genug hergibt. Gegenwärtig
dient es nur zur Extractfabrikation, die in Südfrankreich betrieben wird. Wie im
Eichenaltholz, so haben wir auch im Kastanienaltholz im Verhältniss zu den gerbenden
Stoffen immer nur wenig lösliche organische Nichtgerbstoffe und dementsprechend auch
einen nur geringen Zuckergehalt. Gute Kastanienholzextracte dürfen daher, ebenso wie
gute Eichenholzextracte, neben dem Gerbstoffe immer nur eine verhältnissmässig
kleine Menge an Nichtgerbstoffen enthalten. Die folgende Untersuchung eines
47jährigen Kastanienholzstammes von 25 cm Durchmesser zeigt diese Thatsachen
deutlich. Untersucht wurde dabei auch die Rinde, die als ältere Rinde einen
ebenfalls nur geringen Zuckergehalt ergab. Bezogen sind die Zahlen auf den
lufttrockenen Zustand mit 13 Proc. Wassergehalt.
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Rinde der 47jähr. Kastanie
12,68
0,36
2,84
2) Das hellere Aussenholz, 14 Jahresringe
7,48
0,31
4,14
3) Das dunklere Innenholz, 33 Jahresringe
8,82
0,19
2,15
4) Berechnet für den ganzen Holzkörper, ohne
Rinde
8,25
0,24
2,91
5) Berechnet für den ganzen Stamm, mit der
Rinde
8,60
0,25
2,91
Hieraus kann man dieselben Gesetzmässigkeiten wie beim Eichenholz entnehmen. Das
Aussenholz ist als jüngeres Holz ärmer an Gerbstoff und reicher an Zucker, im
Kernholz nimmt der Gerbstoffgehalt zu, der Zuckergehalt dagegen ab.
Das Quebrachoholz von Loxopterygium Lorentzii Gr., das
aus Südamerika herstammt und zu uns hauptsächlich aus Argentina importirt wird,
spielt in neuerer Zeit in den europäischen Gerbereien eine sehr grosse Rolle, da es
zu den allerbilligsten Gerbmaterialien gehört; die der Gerberei überhaupt zur
Verfügung stehen. Das Quebrachoholz ist ausserordentlich arm an löslichen
Nichtgerbstoffen und enthält dementsprechend auch nur ganz geringe Zuckermengen. Auf dieselbe Menge
Gerbstoff bezogen, ist kein Gerbmaterial so arm an säurebildenden Stoffen wie
Quebrachoholz. Hieraus erklärt es sich, dass Quebrachoholzbrühen so gut wie gar
keine Säurebildung zeigen. Die folgende Zusammenstellung, in welcher die Zahlen auf
den lufttrockenen Zustand mit 14,50 Proc. Wasser bezogen sind, ergibt die bei
Quebrachoholz gefundenen ZuckergehalteVgl. Deutsche Gerberzeitung, 1888 Nr.
72.:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Grober Hirnschnitt2) Feiner Hirnschnitt3)
Gemahlenes Quebrachoholz4) Helles, lohartig
zerfasertes Holz5) Dunkles, lohartig
zerfasertes Holz
25,2723,1424,2625,4524,10
0,100,100,090,650,29
0,400,430,352,551,20
Mittel
24,44
0,25
–
Den durchschnittlichen Gerbstoffgehalt des Quebrachoholzes kann man nach den
Untersuchungen der letzten Jahre zu rund 22 Proc. annehmen, wobei Schwankungen von
etwa 15 bis 26 Proc. vorkommen. Die Nichtgerbstoffe betragen bei gutem Quebrachoholz
meist weniger als 10 Proc. der gerbenden Stoffe. Nach obigen fünf Analysen kommen im
Mittel auf 100 Th. gerbende Stoffe 6,55 Th. lösliche organische Nichtgerbstoffe und
1,02 Th. Zucker. Bei einem Durchschnittsgehalt von 22 Proc. Gerbstoff und 0,25 Proc.
Zucker werden bei Quebrachoholz auf 100 Th. gerbende Stoffe nur 1,14 Th.
säurebildende Stoffe kommen, das ist unter allen bisher angeführten Gerbmaterialien
der kleinste Werth.
Zum Schluss wollen wir noch zwei Analysen von Gambier (Würfelcatechu) und Catechu
mittheilen. Gambier ist ein Extract aus den jungen Stengeln und Blättern der Nauclea
Gambir Hunt, während Catechu ein Holzextract ist aus dem Holze der Acacia Catechu
Willd.
Wasser
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Proc.
1) Gambier oder Würfelcatechu
17,19
47,18
1,85
3,92
2) Catechu
20,00
39,89
0,50
1,25
IV. Resultate der Zuckerbestimmungen für Gerbextracte.
Bei den Gerbextracten wollen wir uns auf diejenigen beschränken, welche für die
Praxis der Lohgerberei wichtiger sind, und dabei zunächst mit den Rindenextracten
beginnen und auf diese die Holzextracte folgen lassen.
Fichtenrindenextracte wurden zuerst (1882) in der ersten
ungarischen Extractfabrik von A. Haasz in Liptó Ujvár
hergestellt. Später wurde eine Fabrik in Klagenfurt (1886) errichtet, welche es sich
zur Aufgabe machte, einen guten Fichtenloheextract aus Kärntner und steirischen
Fichtenrinden zu fabriciren und in die Praxis einzuführen. Auch die
Farbholzextractfabrik zu Ottensen bei Hamburg brachte seit 1887 Fichtenloheextracte
in den Handel, die aus deutscher Fichtenrinde hergestellt waren. Die
Fabrikation in Ottensen wurde aber nach einigen Jahren (etwa seit 1891) wieder
aufgegeben, theils weil die Abnahme des Extractes in Deutschland eine zu geringe
war, theils aber auch weil die Herstellungskosten zu bedeutende waren, um mit den
österreichischen Extracten concurriren zu können. Gegenwärtig sind die Klagenfurter
Extracte für Oesterreich und Deutschland die wichtigsten, während die ungarischen
Extracte in der Hauptsache nach England gehen. Wir haben in früheren Jahren
Gelegenheit gehabt, eine ganze Reihe von Klagenfurter und Ottensener
Fichtenloheextracten zu untersuchen, wobei auch nicht selten Zuckerbestimmungen
ausgeführt wurden. In letzter Zeit sind diese Extracte im Tharander Laboratorium
nicht vorgekommen. Sie haben sich bei uns überhaupt nur wenig in der Praxis
eingebürgert, und das ist ja auch leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass jede
gut eingerichtete Gerberei sich die Fichtenlohe zur Herstellung von stärkeren
Gerbebrühen billiger selbst extrahiren wird. Bezüglich des Zuckergehaltes führten
unsere Bestimmungen zu folgenden Resultaten:
Wasser
Ger-bendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Proc.
1) Gereinigter Klagenfurter Fichtenextract,
Herbst 1886
43,22
26,78
9,16
34,20
2) Ger. Klagenfurter Extract, im Mai 1887 aus
einer Dres- dener Gerberei erhalten
47,82
25,53
9,44
33,32
3) Ger. Klagenfurter Extract, 1887
47,19
26,73
4,58
17,13
4) Ger. Klagenfurter Extract, 1889
44,02
25,58
9,17
35,85
5) Ottensener Extract*, bez.: erster
Sud, 1887
44,31
25,42
9,39
36,94
6) Desgl. bez.: letzter Sud, 1887
45,48
23,57
7,81
33,14
7) Desgl. bez.: Mittelprobe, 1887
45,11
24,09
7,99
33,17
8) Ottensener Extract, den 11. Juli 1888
48,55
22,81
8,09
35,47
9) Desgl. vom 12. Juli 1888
44,32
28,26
6,34
22,43
10) Desgl. vom 13. Juli 1888
43,36
24,49
7,71
31,48
11) Desgl. vom 30. Juli 1888
41,79
28,13
7,71
27,41
12) Desgl. vom 1. August 1888
45,13
24,30
8,44
34,73
13) Desgl. vom 2. August 1888
42,87
28,50
5,02
17,61
14) Desgl. vom 3. August 1888
44,27
23,63
8,67
36,70
15) Desgl. vom 4. August 1888
44,93
23,30
8,07
34,64
16) Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 15
44,82
25,41
7,84
30,85
* Bezüglich der deutschen Extracte vgl. Deutsche
Gerberzeitung, 1888 Nr. 98.
Auch nach einer ganzen Reihe anderweitiger Analysen, bei denen aber keine
Zuckerbestimmungen ausgeführt sind, kann man für einen normalen Fichtenloheextract
durchschnittlich 45 Proc. Wasser und 25 Proc. gerbende Stoffe annehmen. Die Menge
der organischen Nichtgerbstoffe beträgt dabei etwa 25 bis 26 Proc, und der
Zuckergehalt nach obigem Mittel 7,84 Proc. Bei 25 Proc. Gerbstoff haben wir demnach
für den Fichtenextract im Durchschnitt auf 100 Th, gerbende Stoffe 31,36
säurebildende Stoffe. Hiernach würden wir auf dieselbe Menge Gerbstoff im
Fichtenextract noch etwas mehr Zucker haben als in den Fichtenrinden. Wenn das im
Durchschnitt wirklich zutrifft, so wäre es leicht zu verstehen, denn beim Kochen der
Rinde ist eine gewisse Zunahme der zuckerartigen
Stoffe, durch Umbildung aus anderweitigen Kohlehydraten, auch bei der normalen
Extraction nicht ausgeschlossen.Vgl. darüber
v. Schroeder und A.
Bartel:
„Zur Extraction der Gerbmaterialien“, D. p.
J. 1893 289 Heft 5.
Bei dem Fichtenreisig sprachen wir davon, dass ein reiner Fichtennadelextract ein
noch stärkeres Hervortreten der organischen Nichtgerbstoffe und des Zuckers
gegenüber dem Gerbstoff zeigen muss, als ein Extract aus Fichtenreisig, bei dem man
Rindentheile und Nadeln gleichzeitig extrahiren würde. Als Beleg dafür führen wir
den Fichtennadelextract und Kiefernnadelextract an, die man für medicinische Zwecke
fabricirt und die eine für gerberische Zwecke ganz unmögliche Zusammensetzung haben.
Die Nr. I ist Fichtennadelextract aus Remda in Thüringen, Nr. II ist
Kiefernnadelextract (sogen. Waldwollextract), aus der Apotheke zu Tharand
bezogen:
I
II
WasserGerbende StoffeOrganische
NichtgerbstoffeExtractascheUnlösliches
44,75 6,91 30,08 4,70 13,56
23,24 10,06 59,06 3,69 3,95
100,00
100,00
Zucker
5,61 Proc.
15,25 Proc.
Auf 100 Th. gerbende Stoffe kommt Zucker
81,19
151,59
Abgesehen von der Armuth an Gerbstoff und dem hohen Preise, würden auch die
Verhältnisse zwischen gerbenden Stoffen einerseits, sowie organischen
Nichtgerbstoffen und Zucker andererseits die Verwendung derartiger Extracte in der
Gerberei ganz ausschliessen.
Bei der Hemlockrinde haben wir der zu uns aus Nordamerika importirten Hemlockextracte erwähnt. Verwendet werden diese
Extracte bei uns nur in geringer Menge, da sich der Gerbstoff in denselben ziemlich
theuer stellt, und die rothe Farbe, die diese Extracte dem Leder ertheilen, wenig
beliebt ist. Bei drei Proben, die 1888 aus Hamburg bezogen wurden, kamen wir
bezüglich des Zuckergehaltes zu folgenden Resultaten:
Wasser
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100 Th.GerbstoffkommtZucker
Proc.
Proc.
Proc.
Nr. 1
49,89
33,47
5,80
17,33
Nr. 2
54,72
31,22
2,71
8,68
Nr. 3
47,18
28,30
4,76
16,82
Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 3
50,60
31,00
4,42
14,26
Auch nach anderweitigen von uns ausgeführten Analysen, bei denen die
Zuckerbestimmungen aber fehlen, schwankt der Gerbstoffgehalt der Hemlockextracte in
der Regel um 30 Proc. herum. Gelegentlich kommen aber auch viel ärmere Extracte vor,
– so hatte z.B. in einem Fall ein flüssiger, angeblich entfärbter Extract nur 19
Proc. gerbende Stoffe. Nach den vorstehenden drei Analysen ist der Zuckergehalt
verhältnissmässig grösser, als bei der einen von uns untersuchten Probe
Hemlockrinde, die auf 100 Th. gerbende Stoffe nur 5,76 Th. säurebildende Stoffe
ergab. Das hängt jedenfalls mit wechselnden Zuckergehalten der Rinden, sowie
mit Neubildung von Zucker beim Kochprocess zusammen, doch lässt sich darüber nichts
Näheres sagen, solange nicht eine grössere Anzahl Rindenuntersuchungen vorliegt. Die
Menge der Nichtgerbstoffe beträgt bei den von uns analysirten besseren
Hemlockextracten in der Regel etwas weniger als die Hälfte der gerbenden Stoffe.
Aus dem Kastanienholz stellt man in Südfrankreich sowohl flüssige wie feste Kastanienholzextracte dar. Die flüssigen Extracte sind
bezüglich der Auflösung viel leichter zu handhaben, sie können ohne Zuhilfenahme von
Wärme leicht in Wasser vertheilt werden, und es hat für den Gerber keine
Schwierigkeit, aus denselben sich Gerbebrühen von beliebiger Stärke herzustellen, –
zudem geben sie auch hellere Brühen als die festen Extracte. Die flüssigen
Kastanienholzextracte sind daher in den Gerbereien viel beliebter und erfreuen sich
einer umfassenden Benutzung, während die festen Extracte, wenigstens bei uns, so gut
wie gar nicht verwendet werden. Man gebraucht die Kastanienholzextracte
hauptsächlich zu Riemenleder, Vacheleder, Zeugleder, nicht aber zu Oberleder. Wir
beschränken uns darauf, in Folgendem die Zusammensetzung einiger flüssiger
Kastanienholzextracte anzugeben, bei denen wir auch zugleich die Zuckerbestimmungen
ausgeführt haben. Feste Kastanienholzextracte sind in unserer Praxis aus den
angeführten Gründen fast gar nicht vorgekommen.
1
2
3
4
5
6
WasserGerbende StoffeOrganische
Nicht- gerbstoffeExtractascheUnlösliches
60,73 26,49 10,43 0,27 2,08
61,75 28,16 9,85 0,18 0,06
60,94 29,54 8,55 0,55 0,42
51,81 38,87 7,88 0,31 1,13
57,95 21,18 18,29 0,19 2,39
49,17 25,64 21,47 0,29 3,43
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Zucker in Proc.
2,61
2,32
3,02
3,53
6,86
11,70
Auf 100 Th. gerbendeStoffe
kommen
Auf 100 Th.org.
Nicht-gerbstoffekommtZucker
Org. Nicht-gerbstoffe
Zucker
Im Mittel für Nr. 1 bis Nr. 4
29,83
9,33
31,26
„ „ „ Nr. 5
86,31
32,39
37,50
„ „ „ Nr. 6
83,74
45,63
54,63
Die Extracte Nr. 1 bis Nr. 4 können uns als Beispiele für die Zusammensetzung guter
normaler flüssiger Kastanienholzextracte dienen, die aus älterem gerbstoffreichem
Holz dargestellt sind. Bei diesen beträgt der Zuckergehalt nach dem hier sich
ergebenden Mittel 2,87 Proc, und wenn wir für solche normale Extracte im
Durchschnitt 30 Proc. Gerbstoff rechnen, so haben wir auf 100 Th. gerbende Stoffe
9,57 Th. säurebildende Stoffe. Auf 30 Proc. Gerbstoff kann man bei den normalen
guten Extracten etwa 10 Proc. organische Nichtgerbstoffe annehmen. Gerbebrühen, aus
solchen normalen Kastanienholzextracten hergestellt, werden daher eine wesentlich
geringere Fähigkeit zur Säurebildung haben als Brühen aus Eichen- oder Fichtenlohen,
eine Thatsache, die von der praktischen Erfahrung vollkommen bestätigt wird. Nehmen
die organischen Nichtgerbstoffe im Verhältniss zu den gerbenden Stoffen zu, so
werden die Extracte um so geringwertiger, je mehr das der Fall ist.
Als Beispiele für einen hohen Gehalt an organischen Nichtgerbstoffen können die
Extracte Nr. 5 und 6 dienen. Die Ursache für eine solche abnorme Zusammensetzung
kann theils in schlechtem jüngerem Rohmaterial, theils in zu langem Kochen bei der
Extraction gesucht werden, oder es sind bei der Herstellung der Extracte beide
Fehler gleichzeitig gemacht. Nimmt man bei der Extraction zu junges Holz, so muss
man, wie bei Eichenholz, immer eine verhältnissmässig grössere Menge organische
Nichtgerbstoffe in Lösung bekommen, und es ist auch die gleichzeitige Zunahme des
Zuckergehaltes im Extract dann leicht verständlich. Eine grosse Menge
Nichtgerbstoffe und hohe Zuckergehalte müssen aber auch bei verfälschten Extracten
gefunden werden. Der Extract Nr. 6 könnte vielleicht nach dieser Richtung hin
verdächtig erscheinen, denn auf 100 Th. organische Nichtgerbstoffe enthält derselbe
54,63 Th. Zucker, während bei den normalen Extracten sich im Durchschnitt 31,26
ergaben. Darüber könnte nur eine nähere Untersuchung entscheiden, die wir indessen
seiner Zeit nicht angestellt haben.
Die Eichenholzextracte haben sich erst später, nachdem
die Kastanienholzextracte schon allgemein benutzt wurden, in der gerberischen Praxis
eingebürgert. Gegenwärtig ist die Verwendung der Eichenholzextracte bei uns eine
sehr bedeutende und von Jahr zu Jahr steigende. In Frankreich werden seit etwa Mitte
der 80er Jahre in einer ganzen Anzahl Fabriken Eichenholzextracte dargestellt, so
z.B. in Suresnes, Maurs, Nantes und Nancy. Wichtiger für den deutschen Markt sind
aber die slavonischen Eichenholzextractfabriken, von denen die erste in Zupanje
(1883) in Betrieb kam, später wurde die Fabrik zu Mitrowitz gegründet (1888), der
sich dann die Nasicer in neuester Zeit (1892) anschloss. Namentlich die Mitrowitzer
und Nasicer Extracte zeichnen sich durch ihre vorzügliche Beschaffenheit und
gleichmässige Zusammensetzung aus, während die französischen Eichenholzextracte in
der Zusammensetzung viel mehr schwanken, und der Verdacht einer Verfälschung mit dem
billigeren Kastanienholzextract bei ihnen häufig nicht ausgeschlossen ist. Ausserdem
wird Eichenholzextract in Deutschland in neuerer Zeit vielfach von grösseren
Gerbereien zum eigenen Gebrauch dargestellt, namentlich in den rheinischen Ländern,
und verwendet man dazu Abfälle von Eichenaltholz, sowie stärkere Aeste alter Eichen,
die auf diese Art vortheilhaft verwerthet werden. Zieht man die Leichtlöslichkeit in
Wasser, den verhältnissmässig hohen Gerbstoffgehalt, sowie den guten Gerbeffect und
die vortheilhafte helle Farbe in Betracht, die der Eichenholzextract dem Leder
ertheilt, so kann man wohl behaupten, dass der Eichenholzextract der beste Extract
ist, der der Gerberei bei uns gegenwärtig zur Verfügung steht. Man benutzt ihn zu
allen Arten Unterledern, nicht aber zu Oberledern. Von der grossen Anzahl
Eichenholzextractanalysen, die in Tharand ausgeführt worden sind, wollen wir in
Folgendem diejenigen mittheilen, bei denen auch Zuckerbestimmungen vorhanden sind.
In folgender Zusammenstellung sind Nr. 1 und 2 Zupanje-Extracte, Nr. 3 bis 5
Mitrowitzer und Nr. 6 ein Nasicer Extract:
1
2
3
4
5
6
WasserGerbende StoffeOrganische
Nicht- gerbstoffeExtractascheUnlösliches
57,67 22,50 17,45 1,28 1,10
61,31 24,12 12,21 1,76 0,60
59,60 26,52 11,72 1,52 0,64
62,54 28,05 7,84 1,40 0,17
59,72 27,82 10,61 1,56 0,29
57,75 28,33 12,27 1,59 0,06
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Zucker in Proc.
3,92
3,07
2,99
2,47
2,85
3,13
Im Mittel aus diesen Zahlen ergibt sich der Zuckergehalt für den Eichenholzextract zu
3,07 Proc, was dem Befunde für den normalen flüssigen Kastanienholzextract fast ganz
gleichkommt. Die Zupanje-Extracte sind etwas gerbstoffärmer als die Mitrowitzer und
Nasicer, was sich aus der Art der Klärung mit Blut nach dem System Gondolo leicht erklärt. Nach den zahlreichen für die
Mitrowitzer Extracte vorliegenden Analysen kann man den Gehalt derselben zu 27 bis
28 Proc. annehmen, während die Nasicer Extracte bis zu 30 Proc. enthalten. Für einen
guten slavonischen Eichenholzextract kann 28 Proc. als der Durchschnittsgehalt
gelten, wobei die Menge der Nichtgerbstoffe 7 bis 13 Proc. beträgt. Bei 28 Proc.
Gerbstoff und 3,07 Proc. Zucker können demnach bei den normalen Eichenholzextracten
auf 100 Th. gerbende Stoffe 10,96 Th. säurebildende Stoffe gerechnet werden. Es
würde danach also bezüglich der Fähigkeit, Säure zu bilden, zwischen Kastanienholz-
und Eichenholzextract kein wesentlicher Unterschied zu constatiren sein.
Bei einer Anzahl französischer Extracte, die uns als Eichenholzextracte zugingen,
sind wir bezüglich des Gerbstoff- und Zuckergehaltes zu folgenden Resultaten
gelangt:
1
2
3
4
5
6
7
WasserGerbende StoffeOrganische
NichtgerbstoffeExtractascheUnlösliches
61,79 24,91 11,34 1,26 0,70
61,17 28,63 8,31 0,27 1,62
60,73 26,49 10,43 0,27 2,08
61,77 20,77 13,63 2,98 0,85
59,90 30,50 8,22 0,60 0,78
56,62 21,26 19,85 1,29 0,98
57,91 21,33 19,43 0,56 0,77
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Zucker in Proc.
2,52
2,24
2,61
1,95
1,95
4,78
8,75
Der Extract Nr. 1 ist ein Eichenholzextract aus der Fabrik zu Nancy. Die Nr. 2 und
Nr. 3 stammen aus La Rochette in Savoyen und zwar soll ersterer ein Eichenextract
sein, während von dem letzteren angegeben ist, dass es ein gemischter Eichen- und
Kastanienholzextract ist. Da es für Eichen- und Kastanienholzextract kein
UnterscheidungsmerkmalDie von Eitner und Meerkatz,
Gerber, 1885 S. 157, angegebene Reaction zur Unterscheidung von
Eichenholz- und Kastanienholzextract hat sich im Laboratorium zu Tharand als
gänzlich unzuverlässig erwiesen. gibt, so lassen sich die
letzteren Angaben
auf ihre Richtigkeit nicht prüfen, wahrscheinlich sind aber beide Extracte, Nr.
2 sowohl wie Nr. 3, Kastanienholzextracte. Der Extract Nr. 4 stammt aus Luxemburg
her, Nr. 5 ist unbekannter Provenienz, für den letzteren wurde von dem Einsender
angegeben, dass derselbe in der Rheingegend als Eichenextract verkauft werde,
wahrscheinlich aber nur Kastanienholzextract sei. Das wird für Nr. 5 wohl zutreffend
sein. Auch für die Extracte Nr. 6 und Nr. 7, von denen ersterer aus Nancy herstammen
soll, ist von dem Einsender die Vermuthung ausgesprochen, dass es
Kastanienholzextracte sind. Beide Extracte enthalten eine abnorm grosse Menge
Nichtgerbstoffe und haben hohe Zuckergehalte. Ob man es hier mit Eichen- oder
Kastanienholzextracten zu thun hat, ist schwer zu entscheiden, nach der sehr
geringen Menge Extractasche könnte Nr. 7 wohl Kastanienholzextract sein. Auch die
sehr grosse Zuckermenge ist bei Nr. 7 verdächtig.
Endlich wollen wir noch die Zusammensetzung zweier Extracte mittheilen, die sicher
Eichenextracte sind, und bei denen das starke Hervortreten der Nichtgerbstoffe gegen
die gerbenden Stoffe wahrscheinlich nur auf schlechtes Rohmaterial zurückzuführen
ist. Es sind das in folgender Zusammenstellung die Extracte Nr. 1 und Nr. 2, die von
einer grösseren rheinischen Gerberei für den eigenen Bedarf hergestellt wurden. Der
Extract Nr. 3 ist das Product eines misslungenen Versuches, aus Eichenreisig mit den
Blättern einen Gerbeextract für den Handel zu fabriciren. Ein Extract von der
Zusammensetzung wie Nr. 3 ist für sich allein für gerberische Zwecke gar nicht zu
verwenden.
1
2
3
WasserGerbende StoffeOrganische
NichtgerbstoffeExtractascheUnlösliches
62,40 15,91 17,56 3,24 0,89
65,12 14,64 16,42 3,01 0,81
62,78 8,92 23,47 4,51 0,32
100,00
100,00
100,00
Zucker in Proc.
2,03
1,87
13,50
Die abnorm hohe Menge Extractasche ist jedenfalls auf die Verwendung zu jungen Holzes
zurückzuführen, denn aus jüngerem Holz, das stets mineralstoffreicher als altes ist,
müssen mehr mineralische Bestandtheile in Lösung gehen als aus Altholz. In dem
Eichenreisigextract haben wir auf 100 Th. gerbende Stoffe 151,35 Th. säurebildende
Stoffe. Dass ein solcher Extract in hohem Grade die Fähigkeit zu gähren und
übermässig viel Säure zu bilden haben wird, liegt auf der Hand.
Vergleicht man ein Rohmaterial und einen aus demselben dargestellten Extract
bezüglich ihres Verhältnisses zwischen gerbenden Stoffen einerseits und Zucker
andererseits, so wird man immer finden, dass die Menge an Zucker im Extract
verhältnissmässig grösser ist, als im Rohmaterial. Wir haben darauf schon beim
Fichtenextract und Hemlockextract hingewiesen und es erklärt sich das zum Theil
wahrscheinlich daraus, dass bei der länger andauernden Extraction im Grossen eine
gewisse Menge reducirender zuckerartiger Substanzen aus anderweitigen Kohlehydraten
des Rohmaterials neu gebildet werden. Hierzu kommt dann noch der Umstand, dass bei
der fabrikmässigen Extraction der Zucker vollständiger in die Lösung gelangt,
während von dem Gerbstoff verhältnissmässig mehr im ausgelaugten Material
zurückbleibt und ein Theil auch bei der Klärung der Brühen vor dem Eindampfen in den
Satz übergeht. Bei den unter Nr. 1 bis Nr. 3 mitgetheilten Zuckerbestimmungen im
Eichenaltholz entfallen auf 100 Th. gerbende Stoffe 3,9 bis 9,8 Th. Zucker, während
in den normalen slavonischen Extracten Nr. 3 bis Nr. 6 auf 100 Th. Gerbstoff im
Durchschnitte 10,33 Th. Zucker kommen. In der angegebenen Weise erklärt sich wohl
auch der hohe Zuckergehalt im Eichenreisigextract, namentlich wenn die Kochdauer bei
der Darstellung desselben eine verhältnissmässig lange gewesen ist. Bei den
Extracten Nr. 1 und Nr. 2 ist der Zuckergehalt wider alles Erwarten niedrig
ausgefallen. Eine nähere Untersuchung nach der zuletzt gedachten Richtung hin wäre
wohl wünschenswerth.
Quebrachoextracte stellte man etwa Ende der 70er Jahre
zuerst in Frankreich (E. Dubosc in Havre) dar. Seit
Mitte der 80er Jahre, als die Verwendung von Quebrachoholz und -extracten sich mehr
einbürgerte, wurden auch bei uns in mehreren Hamburger Fabriken Quebrachoextracte
fabricirt, die eine Zeit lang den deutschen Markt beherrschten. In neuester Zeit
(seit 1892) hat man angefangen, in Argentinien selbst festen Quebrachoextract
darzustellen, der von vorzüglicher Beschaffenheit ist und sehr erfolgreich mit den
Hamburger Fabrikaten concurrirt. Aus dem Quebrachoholz wurden ursprünglich zwei
Sorten Extracte hergestellt, der „teigförmige“
und „feste Quebrachoextract“; der erstere
erfreut sich in der Praxis aber einer nur geringen Beliebtheit und ist man von
seiner Benutzung mehr und mehr zurückgekommen, so dass gegenwärtig nur der feste
Extract eine wichtige Rolle spielt. Da wir in dem folgenden Abschnitt Gelegenheit
haben, auf die Quebrachoextracte näher einzugehen, so mögen hier nur zwei ältere
AnalysenVgl. Deutsche Gerberzeitung, 1888 Nr. 73.
der beiden Extractsorten Platz finden:
FesterExtract
TeigförmigerExtract
WasserGerbende StoffeOrganische
NichtgerbstoffeExtractascheUnlösliches
16,72 73,99 6,67 1,17 1,45
46,06 45,90 5,06 0,70 2,28
100,00
100,00
Zucker in Proc.
1,04
0,90
(Schluss folgt.)