Titel: | Verwendung von Faltenpappe als Träger für Putzmassen in Maschinen- und Kesselhäusern und als Schutz für Telegraphenstangen. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 18 |
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Verwendung von Faltenpappe als Träger für
Putzmassen in Maschinen- und Kesselhäusern und als Schutz für Telegraphenstangen.Elektr. Zeitschr., 1894.
Mit Abbildungen.
Faltenpappe als Träger für Putzmassen und als Schutz für
Telegraphenstangen.
Dem Baumeister E. Fischer in Rawitsch ist am 12. October
1893 unter Nr. 72880 ein Patent auf das Verfahren, sowie auf eine Maschine zur
Herstellung von Pappe mit unverziehbaren Falten
ertheilt worden. Bisher erfolgte die Anwendung der Pappe für Abdeckungen und
Verkleidungen von Bautheilen bekanntlich nur in glatter Tafelform, wobei die
Papptafeln nur eine isolirende Deckschicht bildeten. Eine erhöhte Bedeutung erhält
die Pappe für den Hochbau und auch für andere technische Zweige, wenn sie in
gefalteten Tafeln, deren Falten einen schwalbenschwanzförmigen Querschnitt haben
(Fig. 1), zur Verwendung kommt. In dieser
Eigenschaft hat die Pappe nicht nur die Wirkung einer Isolirung, sondern sie besitzt
auch eine gewisse Tragfähigkeit und gestattet vor allem der Luft freien Zutritt zu
den von ihr bekleideten Bautheilen, sofern ihre als Luftkanäle dienenden Falten
nicht für besondere Zwecke mit einer festen Masse ausgefüllt werden.
Textabbildung Bd. 294, S. 17Fig. 1.Fischer's Schutzvorrichtung. Durch das Verfahren bei der Herstellung, sowie durch den eigenartigen
Mechanismus der patentirten Maschine werden die Falten ohne die geringste Verletzung
des Rohmaterials (Pappstoffes) „unaufziehbar“ hergestellt. Der Pappstoff
selbst bleibt gefügig. Durch die nachträgliche Imprägnirung in heissem Theer und
Asphalt wird die Faltung nur vortheilhaft beeinflusst.
In erster Linie empfiehlt sich die Verwendung der Faltenpappe für Maschinen- und
Kesselhäuser als Träger für Putzmassen, sowie für eine massive feuersichere
Dachdeckung, welche keinerlei Reparatur erfordert. Als Dachdeckmaterial greifen die
einzelnen Papptafeln dachziegelförmig über einander und werden durch eine obere
massive Cement- oder Asphaltschicht gegen die äusseren Einwirkungen der Atmosphäre
und Sonne geschützt. Der sehr beliebten Holzcementbedachung gegenüber weist ein
solches Faltenpappdach die Vorzüge auf, dass die Eindeckung einfacher und daher
schneller vorzunehmen ist, und dass die lockeren Sand- und Kieslagen, welche
besondere Befestigungsmittel erfordern, ganz fortfallen.
Sodann dient die Faltenpappe zu Isolirungen gegen Nässe bei gleichzeitiger
Luftdurchlässigkeit an die isolirten Bautheile, wodurch der Schwammbildung und
Fäulniss vortrefflich entgegengewirkt wird. Weitere vorzügliche Verwendung findet
die Faltenpappe bei Herstellung feuersicherer, trockener Räume und leichter,
schalldichter Scheidewände, sowie zur sicheren und billigsten Isolirung
schweissabtropfender und kältedurchlassender Dächer, mithin zur Hebung der in dieser
Beziehung in Verruf gerathenen Wellblechdächer. Selbstredend ist mit den angeführten
Beispielen die Anwendung der neuen Faltenpappe nicht erschöpft, doch bedarf es
keiner weiteren Aufzählung sämmtlicher Anwendungsmöglichkeiten, da der Fachmann
diese leicht selbst ohne weiteres erkennen wird. Im Uebrigen ertheilt E. Fischer bereitwilligst jede weitere gewünschte
Auskunft.
Ein ganz neues und eigenartiges Verfahren wendet der Erfinder der Faltenpappe an, um
Telegraphenstangen, Zaunpfähle u. dgl. mehr gegen
Fäulniss unter der Erde zu schützen. Zu diesem Zwecke werden die zu schützenden
Theile mit einer Umhüllung von Faltenpappe umgeben und die Hohlräume mit
antiseptischen Stoffen, als Weisskalk, Lehm, Kupfer-, Zink- oder Quecksilbersalzen
ausgegossen. Nach den bisherigen Beobachtungen und Versuchen Fischer's besitzt Weisskalk in einem hohen Grade die Eigenschaft, das Holz
zu conserviren. Geräthschaften, welche andauernd mit Kalk in Berührung kommen,
weisen selbst bei allen Witterungseinflüssen eine fast unbegrenzte Dauer auf und
werden im Laufe der Zeit nur durch Zerschlagen und Zerstossen unbrauchbar gemacht.
Bei näherer Untersuchung eines derartigen Geräthes, beispielsweise eines Brettes von
einem unbrauchbar gewordenen Kalktroge, zeigt sich, dass dasselbe in seinem Inneren
einen völlig gesunden Kern enthält, obwohl zu solchen Gegenständen von vornherein
nur das schlechteste Holz, sogen. Splintholz, verwendet wird. Hiernach erscheint die
von Fischer angegebene Methode geeignet, das bisher
angewendete Verfahren der Imprägnirung von Telegraphenstangen zu ersetzen, da es in
Bezug auf Billigkeit alle anderen Verfahren übertrifft, und man an maassgebender
Stelle bereits längere Zeit mit dem Gedanken einer Verbilligung der
Telegraphenstangen umgeht, was sich daraus ergibt, dass zur Zeit versuchsweise in den herzustellenden Anschlusslinien
für neu einzurichtende Telegraphenanstalten unzubereitete Stangen verwendet werden.
Nur in Gegenden, in welchen erfahrungsmassig die Bodenbeschaffenheit ein schnelleres
Verderben des Holzes begünstigt, wird von der Verwendung unzubereiteter Stangen
abgesehen.
Bisher wurden die Telegraphenstangen allgemein auf besonderen Zubereitungsanstalten
nach einem, dem französischenArzte Boucherie im J.
1841 patentirten Verfahren mit Kupfervitriol imprägnirt. Dieses Verfahren ist
ziemlich kostspielig, da solche Anstalten nur in beschränkter Zahl und in
holzreichen Gegenden eingerichtet werden können und die betreffenden Stangen daher
oft aus weiten Entfernungen mit erheblichen Kosten an die Verwendungsstellen
herangeschafft werden müssen. Für die Imprägnirung einer einzelnen Stange ist nach
den im Archiv für Post und Telegraphie, 1890 S. 129 u.
ff., veröffentlichten Mittheilungen ein Zeitraum von 9 bis 13 Tagen erforderlich.
Die Zubereitung kostet im Durchschnitt für einen Raummeter Kiefernholz bei
Verwendung von Kupfervitriol rund 10 M. Unter den bisher bekannten
Zubereitungsmethoden war diejenige nach Boucherie noch
die empfehlenswertheste, da andere Verfahren theurer und mit sonstigen erheblichen
Uebelständen verknüpft waren.
Die Gebrauchsdauer der mit Kupfervitriol zubereiteten Stangen beträgt in günstigem
Erdboden etwa 10 bis 14 Jahre. Die erhaltende Wirkung des Kupfervitriols wird dem
Umstände zugeschrieben, dass die im Holze befindlichen Eiweisstoffe mit dem
Kupfersalze unlösliche Verbindungen eingehen. Bei Anwesenheit von Kalk oder
kalkhaltigem Wasser im Erdboden werden die fraglichen Verbindungen jedoch wieder
zersetzt, und daher kommt es, dass mit Kupfervitriol zubereitete Stangen in
kalkhaltigem Boden meist nur eine sehr kurze Gebrauchsdauer aufweisen. Es ist nichts
Seltenes, dass derartige Stangen schon nach einer zweijährigen Gebrauchsdauer wegen
Fäulniss ausgewechselt werden müssen. Bemerkt sei noch, dass das an sich wohl
giftige, jedoch nur eine schwach desinficirende Wirkung ausübende Kupfervitriol zur
Zubereitung der Stangen aus besonderen Gründen nur in einer Lösung von genau 1½ Th.
Kupfervitriol in 100 Th. Wasser verwendet werden darf.
Dem Verfahren der Imprägnirung der Telegraphenstangen mit Kupfervitriol gegenüber
scheint das von Fischer angegebene Verfahren, sowohl
was Billigkeit als auch Schnelligkeit in der Ausführung und Wirksamkeit anbetrifft,
entschieden Vorzüge zu besitzen. Die Reichstelegraphenverwaltung hat daher Fischer auch bereits zugesagt, sein Verfahren erproben
zu lassen.
Fischer, dem eine langjährige Erfahrung zur Seite steht,
hält es für völlig entbehrlich, den oberen Theil der Telegraphenstangen zu
imprägniren, da der Sauerstoff der Luft, Sonnenschein, sowie Wind und Wetter bei
gutem Holze genügen, dasselbe auf lange Zeit gegen Fäulniss widerstandsfähig zu
erhalten. Um hierin einen sicheren Erfolg zu erreichen, ist es allerdings
nothwendig, in der Auswahl des Holzes vorsichtig zu sein und nur solche Hölzer zu
verwenden, welche im December und Januar gefällt sind, da diese an Festigkeit,
Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit den zu anderen Jahreszeiten gefällten Hölzern bei
weitem überlegen sind. Eine grössere Sorgfalt als bisher ist indess auf die
Erhaltung des in der Erde stehenden Theiles der Stangen zu richten, da für diesen
Theil die bisher angewendeten Maassnahmen – wie die Erfahrung zeigt – zum grossen
Theil nicht genügend gewesen sind.
Was die Ausführung des Fischer'schen Verfahrens im
Einzelnen betrifft, so ist zur Erzielung möglichster Haltbarkeit gewissermaassen als
Fundament für die Stangen ein viereckiger, etwa 28 qc grosser, 8 bis 10 cm starker
Formstein (Hartbrandziegel), Fig. 2, mit kreisrunder,
4 cm tiefer, beckenartiger Vertiefung, welch letztere schon vor dem Einbringen
der Stange mit Imprägnirstoff gefüllt werden kann, zu verwenden. Zweckmässig wird es
sein, bei der Form für den Ziegel etwa 1 cm hohe, kegelförmige Ansätze vorzusehen,
da der Stange hierdurch gleich ein fester Stand gesichert ist. Das untere Ende der
Stange wird bis zu einer Höhe von 20 bis 25 cm über dem Erdboden mit der patentirten
Faltenpappe, welche in einer Breite von 1 m hergestellt wird, benagelt (Fig. 3). Am Zusammenstoss ist die Pappe über und in
einander zu legen, so dass die obere, höher liegende Pappe trichterförmig in der
unteren Papplage steckt. Der Zusammenstoss wird mit Cement oder Lehm abgedichtet.
Ferner sollen zur Erhöhung der Wirkung in verschiedener Höhe angebrachte, schräg
nach unten und nach dem Kern der Stange zu verlaufende Bohrlöcher vor dem Einbringen
der Stange mit dem Imprägnirstoff gefüllt werden.
Textabbildung Bd. 294, S. 18Fig. 2.Fischer's Schutzorrichtung. Zur besseren Vertheilung des nach erfolgtem Feststampfen der Stange im
Erdboden in die Hohlräume einzugiessenden Imprägnirstoffes – für welchen, wie schon
erwähnt, Kalkbrei bezieh. Kalkmilch am zweckmässigsten erachtet wird – ist an der
Stange eine spiralförmig laufende, dreieckige Rinne anzubringen bezieh.
einzureissen. Dies geschieht schnell und leicht mit einem sogen. Geisfuss, indem
zwei Arbeiter die Stange bei wagerechter Lage drehen. Zum Schutz der über die
Oberfläche reichenden Pappe gegen directe Beschädigung durch Stösse, wie zum Schütze
der Pappe gegen Aussaugung durch Sonne und Luft ist rund um die Stange sockelbildend
ein Cementverputz anzubringen. Durch letzteren erhält die Pappe über der Erde eine
ebenso unbegrenzte Dauer, wie die Pappe, welche unter der feuchten Erde luftdicht
eingeschlossen ist.
Textabbildung Bd. 294, S. 18Fig. 3.Fischer's Schutzvorrichtung.a Formstein, Hartbrandziegel; b
Faltenpappe; c Cementverputz; d Bohrlöcher; e Spiralförmig laufende
dreieckige Rinne; f Imprägnirungstoff (Kalkmilch); g Abdichtungen mit Lehm
oder Cement. Der Preis der Faltenpappe, besonders für den in Rede stehenden Zweck
hergestellt, beträgt 1 M. für 1 qm.
Erforderlich sind
an
Pappe für 1 Stange 1,07 qm
1,07
M.
„
Kalkmilch zum Einguss incl. Verlust durch Verschütten rund 4
l
0,03
„
„
Pappnägeln
0,03
„
1
Formziegel
0,10
„
1
Cementsockel coinplet 30 cm hoch, 5 cm unter die Erde reichend,
3,5 cm stark
0,20
„
–––––––––
Zusammen
1,43
M.
Die Herstellungskosten sind also für eine Stange bedeutend billiger als bei der
Präparirung mit Kupfervitriol.
Bei den mit Kupfersalzen präparirten Stangen zeigt sich die Zerstörung stets an der
Erdhöhe. Es wird sich daher empfehlen, angesteckte Stangen, vorausgesetzt, dass die
Zerstörung noch nicht zu weit vorangeschritten ist,0,75 cm tief aufzugraben
und von den kranken Theilen gründlich zu säubern, sodann mit einer 1 m hohen
Faltenpappe zu umkleiden und die Hohlräume mit einem Conservirungsmittel
auszugiessen. Es würde sich dadurch, abgesehen von der zu erzielenden Ersparniss,
ein gleichmässiger Bestand auf den bestehenden Strecken, wo jetzt alte und neue
Stangen durch einander stehen, erreichen lassen. Bemerkt sei schliesslich noch, dass
die Arbeiten für die Ausführung des Fischer'schen
Conservirungsverfahrens nicht unbedingt auf der Verwendungsstelle der Stangen
stattzufinden haben, sondern dass das Verfahren auch vor dem Transport der Stangen
ausführbar ist, wenn der Imprägnirstoff unten und oben mit versteinerndem Mörtel
abgeschlossen wird. Immerhin dürfte es sich empfehlen, sofern die Verhältnisse es
gestatten, erst an Ort und Stelle die vorzunehmenden Verrichtungen ausführen zu
lassen.