Titel: | Ueber die Flammpunktsbestimmung der Mineralschmieröle. |
Autor: | S. Aisinman |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 68 |
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Ueber die Flammpunktsbestimmung der
Mineralschmieröle.
Von Dr. S.
Aisinman.
Mit Abbildungen.
Ueber die Flammpunktsbestimmung der Mineralschmieröle.
Die bei den preussischen Staatseisenbahnen eingeführte Methode der
Flammpunktsbestimmung von Mineralschmierölen mit dem Treumann'schen Apparat hat wiederholt zu Differenzen zwischen den
Lieferanten und den Consumenten geführt. Die mechanisch-technische Versuchsanstalt
in Charlottenburg ist in vielen dieser streitigen Fälle als entscheidende
Instanz angerufen worden und dadurch oft in die Lage gekommen, sich mit
vergleichenden Flammpunktsbestimmungen zu befassen. Die dabei zu Tage getretenen
sehr erheblichen Mängel des Prüfungsverfahrens der preussischen Staatseisenbahnen
sind von der Versuchsanstalt wiederholt dargethan worden.Mitth. der königl. mech.-techn.
Versuchsanstalten, 1889 Heft 2 S. 64, Ergänzungsheft 5 S. 9. 1890
Heft 2 S. 71 bis 78.
Dass bis jetzt der geschlossene Pensky-Martens'sche
Flammpunktsapparat trotz seiner grossen Vorzüge die offenen
Flammpunktsbestimmungsapparate bei der Untersuchung der Mineralschmieröle noch nicht
verdrängt hat, liegt wohl hauptsächlich daran, dass das Resultat auf dem
geschlossenen Apparate für die meisten Schmieröle um 15 bis 25° C. niedriger
ausfällt als auf den offenen Apparaten, so dass also vor Einführung ersteren
Apparates die Lieferungsbedingungen dementsprechend abgeändert werden müssten.
In dem Laboratorium der Mineralölwerke Albrecht und Co.
ist ein von dem Apparate der preussischen Staatseisenbahnen etwas abweichender
offener Flammpunktsapparat im Gebrauche, welcher einige besonders empfindliche
Nachtheile des letzteren vermeidet und nachstehende Construction hat.
Textabbildung Bd. 294, S. 68Fig. 1.Textabbildung Bd. 294, S. 68Fig. 2. In ein kupfernes Paraffinbad a taucht ein
kupferner Tiegel b ein von beistehenden Dimensionen.
Der Tiegel ist mit Marken versehen, bis zu welchen derselbe mit Oel gefüllt wird,
und beträgt die Entfernung der Marken vom Rande des Tiegels 1 cm.
Das Erhitzen geschieht anfangs bis etwa 120° rasch, nachher langsamer, so dass in 1
Minute die Temperatur nicht mehr als um 3° C. steigt. Die Entflammung wird mit einem
Gasflämmchen hervorgerufen, dessen Länge 10 mm nicht übersteigt und in wagerechter
Richtung so geführt wird, dass der Rand des Tiegels nicht berührt wird (Fig. 1 und 2).
Nach unserem Arbeitsverfahren taucht der Tiegel fast vollständig ins Paraffin ein,
die Erhitzung ist darum gleichmässig und schnell, eine Abkühlung ist ausgeschlossen,
da das Wärme übertragende Medium – das Paraffin – die Wandungen des Tiegels umspült
und in einem geschlossenen weiten Behälter sich befindet. In Folge des hohen Sied-
und Entflammungspunktes des Paraffins kann man die höchsten in Frage kommenden
Temperaturen bis 350° C. mit Leichtigkeit erreichen.
Dagegen hat der Treumann'sche ApparatJ. Grossmann: Die Schmiermittel, 1894 S.
71. gegenüber unserem Apparat die Mängel, dass der Tiegel laut
Vorschrift nicht in den Sand eingehüllt; sondern nur auf denselben gesetzt wird. Die
Erhitzung geht in Folge dessen sehr langsam und vor allem ungleichmässig vor sich.
Die Luftströmung in der den Tiegel umgebenden Blechschale führt zu einer Abkühlung
des Oeles. Ein sehr empfindlicher Nachtheil des Apparates ist endlich der, dass man
hohe Temperaturen in Folge der kleinen Berührungsfläche zwischen Tiegel und Sand gar
nicht erreichen kann, so dass Cylinderöle mit hohem Flammpunkte auf diesem Apparate
überhaupt nicht untersucht werden können. (Siehe Versuch Nr. 7 in nachstehender
Tabelle.)
Eine Reihe vergleichender Prüfungen mit dem Treumann'schen, Pensky-Martens'schen und Albrecht'schen Apparate ergaben folgende, aus
nachstehender Tabelle ersichtliche Resultate:
1) Die Flammpunkte liegen bei dem Treumann'schen und Albrecht'schen Apparate erheblich hoher als bei dem Pensky-Martens'schen Apparat, wobei sich die Zahlen auf
dem Albrecht'schen Apparat denjenigen des P. Martens'schen mehr nähern, wie diejenigen des Treumann'schen Apparates.
2) Je höher der Flammpunkt eines Oeles ist, desto näher liegen die auf dem Albrecht'schen und Pensky-Martens'schen Apparat erzielten Resultate.
3) Für gemischte Oele (aus Oelen mit niedrigeren und höheren Entflammungspunkten) ist
die Differenz zwischen dem Albrecht'schen und dem Pensky-Martens'schen Apparat grösser als für die die
Gemische bildenden Componenten.
Die Annehmlichkeit und Vorzüge des Pensky-Martens'schen
Apparates sind wiederholt hervorgehoben, und glaube ich, mich darum nur auf die
Besprechung eines Nachtheils, welcher übrigens bei allen existirenden
Flammpunktsapparaten vorkommt, beschränken und auf eine diesen Nachtheil vermeidende
Abänderung aufmerksam machen zu sollen.
Bekanntlich ist in allen Flammpunktsapparaten im Oelbehälter eine Marke angebracht,
bis zu welcher das Oel vor der Flammpunktsbestimmung eingefüllt werden muss;
vollständig unberücksichtigt bleibt aber die Ausdehnung des Oeles beim Erhitzen auf
verschiedene Temperaturen.
Wohl ist es möglich, dass verschiedene Beobachter bei genauer Einhaltung der
vorgeschriebenen Arbeitsweise die gleichen oder nur wenig abweichende Resultate
erhalten. Der richtige Flammpunkt eines Oeles kann aber nicht gefunden werden
solange man die Ausdehnung der Oele während des Erhitzens unberücksichtigt
lässt, da je nach der Temperatur und Ausdehnung des Oeles die entflammbaren Dämpfe
sich bald mehr, bald weniger dem Zündflämmchen nähern werden.
Die von Treumann seiner Zeit gemachte BeobachtungMitth. der mech.-techn. Versuchsanstalt, Heft 2
S. 75., dass schon beim Einfüllen des Oeles auf 2 mm über die
Marke in den Oelbehälter des Pensky-Martens'schen
Apparates ganz erhebliche Abweichungen stattfinden (bis zu 7,5° C, wobei der höchste
Entflammungspunkt des untersuchten Oeles 158° war), suchte die Versuchsanstalt
dadurch abzuschwächen, dass sie drei Oele untersuchte, welche 1 cm über und unter
der Niveaumarke im Oelbehälter gefüllt waren.Mitth., 1890 Heft 2 S. 78. Sie fand
dabei Abweichungen bis nur 2,5° C. Aber auch die Versuchsanstalt untersuchte nur
Oele mit verhältnissmässig niedrigen Entflammungspunkten (der höchste Flammpunkt war
174° C).
Tabelle I.
Vergleichende Flammpunktsbestimmungen auf den Apparaten von Albrecht (A), Treumann (T)
und Pensky-Martens (M).
Textabbildung Bd. 294, S. 69Oel; Farbe; Specifisches
Gewicht; Wasser = 1 Flüssigkeitsgrad nach Engler; Entflammungspunkte in Grad
Celsius; Differenz zwischen T und M in Grad Cels.; Differenz zwischen A und
M in Grad Cels.; bei 20° C.; bei 50° C.; bei 100° C.; Treumann'scher
Apparat; Albrecht'scher Apparat; Pensky-Martens'scher Apparat; Nr. 1.
Russisches Spindelöl; Nr. 2. Russisches Maschinenöl; Nr. 3. Gemisch aus Nr.
1 und 2; Nr. 4. Waggonöl; Nr. 5. Locomotivöl; Nr. 6. Schweres Maschinenöl;
Nr. 7. Russisches Cylinderöl; Mit einem Dreibrenner nach 11stündigem
Erhitzen nicht zu erreichen; (Alle obigen Oele sind Bakuscher
Provenienz.) Dass die Abweichungen viel bedeutender sind bei einem Oele mit einem
Entflammungspunkt von etwa 300° C. als beispielsweise bei einem Oele mit 150° C.
Flammpunkt, ist ohne weiteres einleuchtend.
Jedenfalls ist es klar, dass man ganz andere und viel correctere Zahlen erhalten
wird, wenn man die Oele in den Oelbehälter des Flammpunktsapparates so einfüllt,
dass der Abstand zwischen dem Zündflämmchen und dem Oelniveau bei allen Oelen (ohne
Unterschied des Entflammungspunktes) constant bleiben wird, mit anderen Worten, wenn
die Ausdehnung der Oele berücksichtigt wird.
Um die Ausdehnung der Oele zu bestimmen, bediente ich mich eines graduirten
Kölbchens, welches bis zur untersten Marke am Halse genau 75 cc (Inhalt des
Oelbehälters vom Pensky-Martens'schen Apparat bis zur
Marke) fasst. DerHals selbst ist in halbe und ganze Cubikcentimeter eingetheilt.
Nachdem das Kölbchen mit 75 cc Oel bei 20° C. eingefüllt war, wurde das Kölbchen in
ein Wasserbad gebracht und die Ausdehnung von 10 zu 10° constatirt.
Die von mir in dieser Weise ausgeführten Versuche ergaben, dass bei sämmtlichen
untersuchten russischen Mineralschmierölen die Ausdehnung von 75 cc für 10° C. 0,5
cc beträgt, was auch mit dem von der Versuchsanstalt gefundenen
Ausdehnungscoefficienten 0,00068 pro Grad und Volumeneinheit für russische Oele
übereinstimmt.Mitth., 1893 Heft 1 S. 68.
Nennen wir
das Volumen bei 20° C.
V
=
75,0
cc
das veränderte Volumen bei 30° C.
V
1
=
75,5
cc
die Anfangstemperatur
t
=
20°
C.
die Endtemperatur
t
1
=
30°
C.
den Ausdehnungscoefficient des Glases
c
=
0,000025,
so ergibt sich nach der vereinfachten Formel der
Ausdehnungscoefficient:
\alpha=\frac{V_1-V}{(t_1-t)\,V}+c=\frac{75,5-75}{(30-20)\,75}+0,000025
=\frac{0,5}{750}+0,000025=0,000685.
Kennt man nun die Ausdehnung von 75 cc eines Oeles für 10° C. (0,5 cc), sowie seinen
Entflammungspunkt (z.B. 200°) auf dem Pensky-Martens'schen Apparat, so erhält man den richtigen Flammpunkt, wenn man
den Behälter nicht mit 75 cc Oel bei 20° füllt, sondern mit z.B.
75-\left(\frac{200-20}{10}\right)\,.\,0,5=66\
\mbox{cc.}
Die danach von mir vorgenommenen Controlversuche ergaben auf dem Pensky-Martens'schen Apparate folgende Differenzen:
Tabelle II.
Oel
Entflammungspunkte
DifferenzinGrad. Cels.
Correcturder Einfül-lung
incc
bei gewöhnlicher Ein-füllung
bei corrigirter Ein-füllung
I
–
–
151
153
154
–
2,5
6,55
II
–
–
193
200
200
–
7,0
8,65
VII
–
–
257
266
268
268
10,3
11,85
(Die Oele sind dieselben, wie in Tabelle I.)
Aus der Tabelle II ist ersichtlich, welchen bedeutenden Einfluss die Berücksichtigung
der Ausdehnung der Oele auf die Bestimmung der Entflammungspunkte ausübt und wie
wichtig es namentlich für die Oele mit hohem Entflammungspunkt ist die Ausdehnung in
vorstehend beschriebener Weise zu berücksichtigen, um zu einem genauen
Prüfungsergebnisse zu gelangen.
Aus dem Laboratorium der Mineralölwerke Albrecht und
Co., Hamburg, September 1894.