Titel: | Neuere Schachtabteufen in wasserreichem Gebirge. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 103 |
Download: | XML |
Neuere Schachtabteufen in wasserreichem
Gebirge.
Mit Abbildung.
Neuere Schachtabteufen in wasserreichem Gebirge.
Bei den bedeutenden Schwierigkeiten, welche das Durchteufen stark wasserführender
Schichten und namentlich des Schwimmsandes nicht selten verursacht, dürfte die
Zusammenstellung einiger neuerer Ausführungen dieser
Art sowie von Vorschlägen für neue oder abgeänderte
Verfahren für Fachleute von Werth sein.
I. Anwendung des Gefrierverfahrens.
Unter der Ueberschrift: Ein neuer Erfolg des Pötsch'schen
Gefrierverfahrens beim Schachtabteufen, bespricht, Professor W. Schulz in Aachen im Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitung zu Essen, 1892 S. 1053, die
Anwendung des genannten Verfahrens bei den Gruben von Lens im Departement
Pas-de-Calais in Frankreich.
Ueber die Gebirgsverhältnisse hatte man sich durch ein 80 m tiefes Bohrloch Kenntniss
verschafft. Bis 10 m Teufe stehen Sande und sandige sowie merglige Thone an, dann
folgen bis 40 m Schichten der Kreideformation und zwar wechselnde Lagen von thoniger
weicher Kreide und fester, aber sehr zerklüfteter und rolliger Kreide, zum Theil mit
Feuersteineinschlüssen; dazwischen treten einzelne sehr feste Kreidebänke auf. Bei
40 m liegt eine völlig wasserundurchlässige Thonschicht und darunter blauer Mergel,
der etwa 80 bis 100 l Wasser in der Minute führt.
Das Abteufen des Schachtes 10 wurde in der Weise begonnen, dass man 4,25 m bis zum
Wasserspiegel niederging und auf einem Holzkranze eine Mauer von 6,5 m lichter Weite
aufführte. Die Wandstärke betrug unten 45 cm und wuchs durch Ueberkragung im Rücken
der Mauer bis 2 m. Darauf wurde innerhalb dieser Mauer, wenn auch unter mancherlei
Unfällen, ein gemauerter Senkschacht von 5,5 m lichter Weite und 450 mm Wandstärke
unter Haltung der Wasser bis 12,5 m Tiefe niedergebracht. Dann teufte man unter
Anwendung von Getriebezimmerung bis 15,7 m weiter und baute auf einer ziemlich
festen Bank drei hölzerne Keilkränze ein, als Fuss für eine demnächst aufzuführende
gusseiserne Cuvelage von 4,8 m lichter Weite, die bis etwas über den Wasserspiegel
hinaufreichte. Die Cuvelage hatte 25 mm Wandstärke, jeder Ring war 1 m hoch und
bestand aus sechs Theilen. Der Raum zwischen Cuvelage und Mauer wurde betonirt, und
auf dem obersten Ringe der Cuvelage eine Mauer bis zur Tagesoberfläche aufgeführt.
Dann teufte man bis 19 m weiter ab und baute auf zwei Keilkränzen Cuvelage aus
Eichenholz von 140 mm Stärkezum Anschlusse an die eiserne Cuvelage ein. Während
des weiteren Abteufens mittels Getriebearbeit ersoff und verschlämmte der Schacht in
Folge des Bruches eines Jochholzes, nachdem man 24,5 m Teufe erreicht hatte. Da
inzwischen der Wasserzufluss auf 25 cbm in der Minute gestiegen war, auch der
Fortschritt der Getriebearbeit nur ein sehr geringer gewesen war, so beschloss man,
für das weitere Abteufen das Pötsch'sche Verfahren
anzuwenden. Nach Entfernung der Pumpen wurden in der Schachtscheibe auf einem Kreise
von 1,9 m Halbmesser 8 und ausserhalb der Schachtscheibe in 1,5 bis 2 m Entfernung
von den Schachtstössen noch 20 Löcher 42,5 m tief niedergebracht, so dass dieselben
den wassertragenden Thon durchteuften und noch 1,5 m im blauen Mergel standen. Nach
Einhängen der Gefrierröhren wurden die Verrohrungen der Bohrlöcher entfernt. Die Ammoniak-Kältemaschine, System Osenbrück, war von der Maschinenfabrik
Germania in Chemnitz geliefert worden. Als Gefrierflüssigkeit diente
Chlorcalciumlauge, welche anfänglich mit – 7° C. eingeleitet wurde und mit – 3° C.
austrat, später mit – 17° C. eintrat und mit – 14° C. in den Kälteerzeuger
zurückgepumpt wurde. Die Dauer des Gefrierens betrug 203 Tage; nach im Ganzen 227
Tagen wurde mit dem Abteufen begonnen, der Wassergehalt des Gebirges dürfte etwa 40
Proc. betragen haben.
Das Abteufen im Gefrierkörper erfolgte zum Theil durch Schiessarbeit, zunächst
innerhalb des früheren Ausbaues; man baute die vorher erwähnte hölzerne Cuvelage und
die Getriebezimmerung aus, auch wurden die drei untersten Ringe der eisernen
Cuvelage herausgenommen, da dieselben um etwa 15 cm zu ovalem Querschnitt
zusammengedrückt waren. Das letztere dürfte dadurch veranlasst sein, dass die
Gefrierröhren verschiedenen Abstand vom Ausbau hatten. Dann wurde im Gefrierkörper
ohne vorläufigen Ausbau bis in den blauen Mergel abgeteuft und der neue Schachttheil
nach Herausnehmen der acht inneren Gefrierröhren durch gusseiserne Cuvelage von 4,8
m lichter Weite in zwei Sätzen von 22,2 und 8,7 m sicher gestellt. Der Fuss jedes
Satzes ruht auf einem hölzernen und einem darauf liegenden eisernen Keilkranze von
250 mm Breite und 280 mm Höhe. Der unterste Keilkranz wurde bei 42,74 m Teufe
verlegt, d.h. 0,25 m tiefer, als die Tiefe der Bohrlöcher betragen hatte. Der
Anschluss der unteren Sätze an die oberen erfolgte, nachdem der Raum hinter der
Cuvelage mit Beton verfüllt war; durch Einbringen eines hölzernen Keilkranzes.
Die einzelnen Ringe der neu eingebauten Cuvelage waren aus je zehn Segmenten mit
inneren Flanschen und Verstärkungsrippen zusammengesetzt. Die Höhe der Ringe beträgt
1,497 m, ausserdem wurden halbe Ringe von 0,748 m Höhe verwendet. Die Wandstärke
beträgt im oberen Satze 35 mm, im unteren 40 mm. Die 40 bezieh. 45 mm starken
Flanschen haben 85 mm Breite, die Verbindung der einzelnen Theile erfolgte durch 30
mm starke Schraubenbolzen, unter Kopf und Mutter wurden zur Dichtung Eisen- und
Bleiringe gelegt. Die Dichtung zwischen den Flanschen besteht aus 3 mm starken
Bleieinlagen.
Als die Cuvelage fertig gestellt war, liess man mm nicht das
Gebirge aufthauen, sondern man teufte unter fortgesetztem Umlauf der
Gefrierlauge in den äusseren Röhren den Schacht im Kreidemergel weiter bis 52,25
m Tiefe ab,
wobei 8 l Wasser in der Minute zuflössen, und baute auch diesen Schachttheil in
der oben beschriebenen Weise in eiserner Cuvelage aus. Dann erst wurde der
Gefrierprocess unterbrochen und die Gefrierröhren nach Einleiten von Dampf
herausgezogen. Der Schacht erwies sich danach als völlig gelungen, und das Wasser
der oberen Schichten war abgesperrt. Das weitere Abteufen ging glatt von statten, bis 85,5 m Teufe wurde der Schacht noch in eiserner
Cuvelage ausgebaut, dann in Mauerung von 500 mm Wandstärke. Mitte October 1892 stand
der Schacht bei 173 m Teufe im Steinkohlengebirge, der Wasserzufluss betrug 3 l in
der Minute.
Nach diesem Erfolge wurde das Abteufen des folgenden Schachtes gleich von vornherein
nach dem Pötsch'schen Verfahren in Angriff genommen.
Der Schacht wurde bis 3,5 m Tiefe mit Hand geteuft und eine 350 mm starke Mauer von
6,2 m lichter Weite bis zur Rasensohle aufgeführt; darauf wurden auf einem Kreise
von 5,2 m Durchmesser 20 Bohrlöcher im gegenseitigen Abstande von 0,850 m, ausserdem
in 1,1 m Entfernung vom Schachtmittel noch vier Bohrlöcher, und zwar sämmtlich 42 m
tief, noch 1,5 m in den blauen Mergel hinein niedergebracht. Nach Einhängen der
Gefrierröhren von 130 mm Weite und der Laugeneinführungsröhren von 40 mm Weite wurde
mit dem Gefrierprocess begonnen; letzterer dauerte 75 Tage, während das Abbohren der
24 Löcher 54 Tage in Anspruch genommen hatte. Bis zu 35 m wurde mit 3,7 m
Durchmesser, dann mit 4,4 m Durchmesser abgeteuft. Der vorläufige Ausbau bestand aus
hölzernen 16eckigen Jöchern von 140 mm Stärke, welche durch 90 mm starke angenagelte
Bolzen mit einander verbunden wurden. Die Entfernung der Jöcher von Mitte zu Mitte
betrug 1,05 m, verzogen wurde mittels Bretter. In 45 Tagen hatte man die Teufe von
41,75 m erreicht, was einer täglichen Leistung von 0,93 m entspricht; in dieser
Tiefe wurde ein hölzerner Keilkranz gelegt und darauf die eiserne Cuvelage von 3,68
m lichter Weite und 45 mm Wandstärke wie in Schacht Nr. 10 eingebaut; die Ringe
waren sechstheilig. Von 35 m Teufe ab erfolgte die Nachnahme der Stösse durch
Schiessarbeit mit gepresstem Pulver in Absätzen von 1,5 m. Im Schachte herrschte im
Abteufen eine Temperatur von etwa – 5° C., in oberer Teufe von – 7° C., die
Gefrierlauge floss mit – 20° C. ein und trat mit – 17° C. aus. Das Abteufen wurde
durch eine an die Esse der Dampfkesselanlage angeschlossene Wetterlutte ventilirt,
die Beleuchtung erfolgte durch elektrische Glühlichter. Die Belegung bestand beim
Einbau der Cuvelage aus je acht Mann in vier 6stündigen Schichten; da, wo der
Schacht nicht zu erweitern war, erforderte der Einbau eines Ringes einschliesslich
Betonirung zwischen Froststoss und Rückseite 16 Stunden, in dem oberen Theile des
Schachtes wurde einschliesslich Nachnehmen der Stösse ein Ring in 24 Stunden
eingebaut. Im Ganzen wurden zum Einbau der Cuvelage 32 Tage gebraucht, so dass die
tägliche Leistung für die völlige Herstellung des Schachtes sich auf 0,2 m stellte.
Ueber die Kosten des Abteufens werden Mittheilungen nicht gemacht, doch sollen
dieselben verhältnissmässig gering gewesen sein.
Ein Beweis für das Vertrauen, welches das Pötsch'sche
Verfahren im Kohlenbecken von Pas-de-Calais geniesst, ist der Umstand, dass auf den
Gruben von Dourges ein neuesSchachtabteufen nach dieser Methode in Betrieb
genommen ist.
Vorschlag von Gobert.
Ingenieur Gobert in Brüssel, welcher den oben
beschriebenen Arbeiten nach dem Pötsch'schen
Verfahren beigewohnt hatte, schlägt in den Comptes
rendus, 1894 S. 34, ein Gefrierverfahren mit Hilfe von wasserfreiem Ammoniakgas vor.Vgl. auch
Revue universelle, 1894 Bd. 25 S. 112,
und Oesterr. Zeitschrift, 1894 S.
396. Die ganze Anordnung ist derjenigen von Pötsch nachgebildet, in das Rohrsystem wird
flüssiges Ammoniak gepumpt, dasselbe verdampft in den Gefrierröhren und entzieht
hierbei dem umgebenden Gebirge Wärme, das Ammoniakgas wird wieder abgesaugt und
in einer Compressionspumpe zur Flüssigkeit verdichtet, worauf der Kreislauf von
Neuem beginnt. Um eine ausgiebige Verdampfung des Ammoniaks in den Gefrierröhren
zu erreichen, tritt dasselbe nicht wie die kalte Lauge bei Pötsch am unteren Ende der inneren Rohre aus, diese
haben vielmehr eine schlangenartig oder schraubenförmig gekrümmte Form, sind am
unteren Ende geschlossen und lassen auf ihrer ganzen Länge das flüssige Ammoniak
durch feine Bohrungen in einzelnen Strahlen austreten. Als besonderen Vortheil
seines Verfahrens führt Gobert an, dass der beim
Pötsch'schen Verfahren in den Gefrierröhren
vorhandene Ueberdruck vermieden wird, dieser könnte veranlassen, dass durch
Undichtheiten des Rohrsystems Lauge in das umgebende Gebirge tritt und die
Bildung der Frostmauer erschwert. Aus der nachstehenden Uebersicht der Beziehung
zwischen der Verdampfungstemperatur und dem absoluten Drucke des Ammoniakgases ergibt sich,
dass allerdings in den Gefrierröhren ein wesentlich geringerer Druck vorhanden
sein wird als ausserhalb derselben.
Textabbildung Bd. 294, S. 104
Fig. 1.Rohrverbindung nach Gobert.
A, A1 Rohre. m Muff. bb
Bleidichtung
Absoluter Druck
0,9
1,0
1,15
1,46
1,84 at
Verdampfungstem- peratur
– 35°
– 32°
– 30°
– 25°
– 20° C.
Bei etwaiger Undichtheit des Rohrsystems würde Wasser von aussen in die Rohre
eintreten. Die Verbindungen der einzelnen Rohrlängen sind daher sehr sorgfältig
ausgeführt, wie Fig. 1 zeigt; dabei ist die
gleichmässige äussere cylindrische Form, welche für das Einführen der Rohre
erwünscht ist, gewahrt und die Festigkeit der Verbindungsstellen ist annähernd
gleich dem Rohrquerschnitte. Ein Versuch, welcher
in einem Wasserbehälter von 1,7 m Tiefe mit einem Gefrierrohre von 10 cm
äusserem Durchmesser vorgenommen wurde, ergab nach 32 Stunden die Bildung einer
6,4 bis 10 cm starken Eisschicht.
II. Das Niederbringen von Senkschächten.
Niederbringen eines Senkschachtes
mittels Taucherarbeit.
In der Oesterr. Zeitschrift, 1894 S. 61,Vgl. auch
die Notiz in Oesterr. Zeitschrift, 1893 S.
503, Revue universelle, 1894 Bd. 25 8.
1. beschreibt Prof. G.
Nordenström ein Schachtabteufen der Actiengesellschaft
Kropp bei Bjuf in Schonen. Daselbst sollte zur
Ausrichtung einer tieferen Sohle in den im Abbau begriffenen Kohlenflözen ausser
den beiden bereits vorhandenen Schächten ein dritter Schacht bis zu 64 m
abgeteuft werden, wobei zwischen 14 und 35 m sehr wasserreiche Schichten von
Schwimmsand mit Gesteinsgruss und Rollsteinen Schwierigkeiten bereiteten, die
bei den früheren Schachtabteufen nicht aufgetreten waren und auch nach den
Ergebnissen ausgeführter Bohrungen nicht erwartet wurden.
Das Abteufen eines rund gezimmerten Schachtes bis zu 18 m Gesammtteufe, und zwar
durch 7 m Lehm, dann durch grobe und feine Sande mit Rollsteinen, ging bei wenig
Wasserzudrang gut von statten, darauf nahm jedoch der Wasserzugang bedeutend zu
und bei etwa 20 m Gesammtteufe versagten wegen des stark sandhaltigen Wassers
die Pumpen trotz wiederholter Abänderung der Ventile; die Wasser gingen etwa 5 m
auf.
Nachdem durch eine Tiefbohrung im Schachte festgestellt war, dass die losen
wasserreichen Schichten noch weitere 14 m anstanden und erst hierunter fester
Sandstein vorhanden war, wurde zunächst von Pötsch
ein Kostenanschlag erbeten, derselbe erforderte:
Für Herstellung der Frostmauer und Miethe der
Eismaschine
74660
M.
Für 11 Stück 175 mm weite und je 35 m tiefe
Bohrlöcher
24750
„
Für Abteufen innerhalb der Frost- mauer
13532
„
Für Frachten, Kohlen, Geräthe, Mate- rialien und
verschiedene Löhne
33750
„
–––––––––––
Hauptsumme
146698
M.
Rechnet man, wie bei der späteren Ausführung, 35,5 m Teufe einschliesslich des
wasserdichten Anschlusses im Liegenden des schwimmenden Gebirges, so entfallen,
ohne die Materialien für den wasserdichten Ausbau, auf 1
m Schachttiefe rund 4100 M.
Man entschloss sich jedoch, in der Hoffnung, billiger zum Ziele zu gelangen, zur
Ausführung eines Senkschachtes. Zuerst wurde der
übrigens auch beschädigte Holzschacht umgebaut und derart erweitert, dass ein 4
m weiter gemauerter Senkschacht darin niedergebracht werden konnte. Der
Schachtschuh wurde aus Stahlplatten über Tage zusammengenietet und 15 m unter
der Hängebank verlegt; auf demselben wurde eine Bohlenrüstung, aus vier
wasserdicht zusammengefügten, 75 bis 100 mm dicken eichenen Ringen bestehend, angebracht. Die Mauerstärke betrug an der Basis
des Senkschachtes 640 mm und verjüngte sich später bis zu 20 m Höhe auf 515 mm,
diese Stärke wurde dann beibehalten. Um beim Senken die Reibung zu verkleinern,
wurde der Schacht auswendig mit 25 mm dicken, gehobelten Brettern bekleidet, die
an Holzringe festgenagelt wurden, welche zu diesem Behufe in das Mauerwerk
eingelegt waren. Durch den Schuh und den ganzen Senkschacht gingen acht starke
eiserne Tragstangen hindurch, die oben in 58 mm starke stählerne Senkschrauben
endeten. Die Muttern der letzteren ruhten auf einer über der Schachtmündung
angebrachten Balkenlage.
Durch Ausschachten mit der Hand konnte der Senkschacht um weitere 3,8 m
niedergebracht werden, dann sass derselbe jedoch auf Rollsteinen fest auf und
war auch etwas aus dem Lothe gekommen. Man baute deshalb den unteren Theil des
Holzschachtes unter gleichzeitiger Erweiterungum und entfernte die
Erdmasse rund um den Senkschacht, dadurch kam derselbe wieder ins Loth und sank
auch etwas weiter. Versuche, das Ausschachten mittels eines englischen Excavators Jessop's Patent Grab zu bewirken,
misslangen wegen der steinigen und festen Natur der Schichten; aus gleichem
Grunde konnten Sackbohrer nicht benutzt werden. Von
der Methode der Luftschleusen wurde wegen der
umständlichen Vorarbeiten und der Aufstellung von Compressoren abgesehen.
Da das weitere Abteufen mit Hand nur sehr langsam und unter grossen
Schwierigkeiten, mitveranlasst durch das Heben der sandigen Wasser, vorrückte,
schlug der leitende Ingenieur Lindblad vor, Taucher zu Hilfe zu nehmen. Von der Stockholmer Taucher- und Bergungsgesellschaft
wurden vier Taucher und zwei Wärter mit zwei Apparaten gesandt und in den
Schacht eine doppelte Bühne – unabhängig vom Senkschachte – eingehängt zur
Aufnahme der Wärter und Luftpumpen.
Darauf begann die Taucherarbeit am 23. September 1891 in einer Wassertiefe von
4,95 m, bei einer Schachttiefe von 19,84 m unter Tage. Die Massen wurden mittels
Blechtonne gefördert, besondere Schwierigkeiten bereiteten im Beginne der Arbeit
die vielen Rollsteine zum Theil von dem bedeutenden Gewichte bis 2000 k.
Kleinere Blöcke wurden mittels einer klauenförmigen Schere am Seile gefördert,
in grössere Blöcke wurde mittels langer Stossbohrer von der unteren Bühne aus,
während der Taucher das untere Ende führte, ein 4 bis 5 cm weites Loch
gestossen, in welchem dann ein starker Haken zum Anschlagen des Seiles durch
Keile befestigt wurde; einzelne Steine wurden durch kleine Dynamitschüsse
gesprengt. Mit besonderer Aufmerksamkeit musste das etwaige Aufsitzen des
Schachtschuhes auf Rollsteine beobachtet und der Schacht dann, um ein Schief
werden zu verhindern, an den Senkschrauben nur langsam bis zur Entfernung der
Rollsteine nachgelassen werden.
Bei diesen Arbeiten senkte sich auch das umgebende Gebirge mit dem Holzausbau
nach und nach um etwa 2 m, da in Folge Eindringens des Schwimmsandes in den
Schacht wesentlich mehr Massen gefördert wurden, als dem Schachtvolumen
entsprach. Der gezimmerte Schacht wurde daher nochmals umgebaut und durch einen
quadratischen Schacht von 7 m Seitenlänge ersetzt.
Darauf wurde die Taucherarbeit fortgesetzt. Der Sandstein, welchen der Schacht
bei 18,6 m Wassertiefe erreichte, zeigte eine Neigung der Schichtflächen von
1°30' und hatte eine unregelmässige Oberfläche, es mussten daher noch 150 mm
Sandstein ausgehauen werden, um den Schachtschuh vollständig zum Aufsitzen zu
bringen, dann wurde, da ein weiteres Niedergehen des Schachtes nicht zu
erreichen war, nach Einbringen einer verlorenen Bretterverschalung der Raum
unter dem Schachtschuhe durch Cementmörtel aus 1 Th. Cement und 2 Th. Sand
ausgefüllt. Als man nach 3 Wochen das Wasser sümpfte, hatte zwar, wie sich
später beim Aufräumen zeigte, der Cementmörtel gehalten, es entstand jedoch an
der Schachtsohle ein Durchbruch von Sand und Grus, so dass die Pumpen ausser
Betrieb kamen.
Daher entschloss man sich, wiederum unter Verwendung der Taucher, noch weiter im
Sandstein bis zur Erreichung festen Gesteins auszuschachten und diesen
Schachttheil durch Einbau gusseiserner Ringe zu sichern. Jeder Ring bestand
aus 16 Segmenten, hatte 4 m Durchmesser bei 600 mm Höhe, 25 mm Wandstärke und
125 mm Flanschenbreite.
Das Abteufen im Sandstein musste 2 m fortgesetzt werden, bis man festen Stein
erreichte, und fand theils mittels Schiessarbeit, theils mittels Keilhauenarbeit
statt, die Sumpf- und Einbruchlöcher wurden vom Gerüste aus gestossen. Die drei
Eisenringe passten sehr gut zusammen, da die Flanschen glatt gehobelt und die
Bolzenlöcher genau gebohrt waren; die Abdichtung gegen das Gestein und der Ringe
gegen einander, sowie der wasserdichte Anschluss an den Schuh des Senkschachtes
wurde durch Cementmörtel bewirkt. Das Abteufen der 2 m im Sandstein und der
Einbau der drei Eisenringe beanspruchte über 4 Monate Zeit. Hiermit waren 35,5 m
Schachttiefe und 20,6 m Wassertiefe erreicht.
Dem Cementmörtel liess man 4 Wochen Zeit zum Erhärten, beim Sümpfen des Schachtes
ergab sich, dass der Abschluss vollständig geglückt war, der Wasserzufluss
betrug nur 0,34 cbm in der Minute, während er im Schwimmsande bei 18 m
Schachttiefe 1 cbm betragen hatte. Die Vollendung des Schachtabteufens bis zu 64
m Tiefe erfolgte in gewöhnlicher Weise, der fertig gestellte untere Schachttheil
wurde in 300 mm starke Mauerung gesetzt.
Die Taucherarbeit fand in Wassertiefen von 5 bis 21
m, und zwar in 5stündigen Schichten statt; bei den geringeren Tiefen blieben die
Taucher 2 Stunden bei der Arbeit und ruhten dann oben 15 bis 20 Minuten aus, in
den grösseren Tiefen arbeiteten sie ½ bis 1 Stunde und ruhten 10 bis 30 Minuten.
Die Leistung betrug für einen Taucher und die 5stündige Schicht
im Schwimmsande bei 11,5 m mittlerer Wassertiefe im Mittel 0;75 cbm
Ausschachtung, im Sandstein bei 19,6 m mittlerer Wassertiefe 0,14 cbm.
Künstliche Beleuchtung wurde nicht angewendet und wäre wahrscheinlich auch in
dem sehr trüben Wasser zwecklos gewesen.
Die beschriebene Taucherarbeit dürfte die umfangreichste sein, die bis jetzt für
bergmännische Zwecke ausgeführt wurde, an 119 Arbeitstagen wurde während 2370
Taucherstunden in mit Steinen gemengtem Schwimmsande ausgeschachtet und dann an
148 Arbeitstagen während 2577 Taucherstunden in Sandstein abgeteuft und die
Cuvelirung nebst Cementguss ausgeführt.
Die Kosten für die Schachtarbeit bis zu 35,5 m Tiefe
ausschliesslich der Materialien für den wasserdichten Ausbau betrugen:
Für Taucherarbeit, Reise- und Transportkosten
29022
M.
Für sonstige Löhne
16790
„
Für Kohlen, Materialien und sonstige Unkosten
11318
„
––––––––––
Hauptsumme
57130
M.
d.h. rund 1600 M. für 1 m Schachttiefe, also etwa 39 Proc.
der von Pötsch veranschlagten Summe.
Die Gesammtkosten des 64 m tiefen Schachtes betragen 181913 M., oder 2840 M. für
1 m, ohne Maschine, Kessel und Inventar.
Niederbringen eines Senkschachtes
mit Hilfe eines concentrischen Getriebeschachtes.
Nach einer Notiz in der Abhandlung „Versuche und Verbesserungen beim
Bergwerksbetriebe in Preussen während des Jahres 1892“ (Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im
preussischen Staate, 1893 S. 188) wurdein der Nähe von Obernkirchen, Regierungsbezirk Cassel, bei Anlage
eines neuen Förderschachtes etwa 3400 m westlich von einem bereits bestehenden
Schachte zunächst der Versuch gemacht, das Abteufen in Getriebearbeit von
achteckigem Querschnitte niederzubringen. Man hatte den Schachtpunkt mittels
einer Strecke unterfahren und ein Bohrloch auf diese niedergebracht, durch
welches nahe unter Tage 23 m zähflüssiger, wasserreicher, thoniger Sand mit
Lagen von Diluvialgeschieben bis zu 1,2 m Grösse nachgewiesen worden war. Der
Versuch misslang.
Darauf entschloss man sich zum Abteufen im todten Wasser
mittels gusseisernen Senkschachtes. Die von Heinrich Horlohé, Emscherhütte, gefertigten geschlossenen Ringe des
Senkschachtes hatten 4 m lichten Durchmesser, 1 m Höhe, 0,031 bis 0,039 m
Wandstärke und ein Gewicht von je 4000 bis 5700 k. Von je drei Ringen sind zwei
mit je einer, der dritte mit vier Wasserabflussöffnungen versehen, welche vom
Schachtinneren aus durch stählerne Deckel verschlossen werden. Der gleichfalls
aus einem Stück bestehende Senkschuh besitzt bei
einem lichten Durchmesser von 4,162 m, einer Höhe von 0,60 m und einer
Wandstärke von 0,05 m ein Gewicht von 3000 k und ist mit 25 senkrecht laufenden
Verstärkungsrippen versehen. In der Mitte trägt der Schuh einen Flansch, welcher
den bequemen Anschluss eines etwaigen Unterbaues aus Ringsegmenten
ermöglicht.
Als die im Schwimmsande lagenweise auftretenden Gerölle dem weiteren Sinken des
eisernen Schachtes einen unüberwindlichen Widerstand entgegensetzten, teufte
man, nachdem ein erster Getriebeschacht von 6 m lichter Weite und auch ein
zweiter solcher von 7 m Weite zu Bruche gegangen waren, einen dritten
Abtreibeschacht von achteckigem Querschnitte um den
Senkschacht herum ab und entfernte die unter dem Senkschuhe sitzenden
erratischen Blöcke durch Sprengschüsse. Darauf ging man mit dem Senkschachte im
todten Wasser unter Anwendung eines Sackbohrers weiter nieder, bis man abermals
auf grosse Gerölle stiess. Um auch diese zu beseitigen, teufte man den äusseren
Getriebeschacht unter seigerem Anstecken mit eichenen
Pfählen weiter ab. Letztere waren 4 m lang, 0,30 m breit, 0,10 m dick
und hatten an den Seiten Nuth und Feder, die zugeschärften Fussenden waren mit
eisernen Schuhen, die Köpfe mit eisernen Ringen versehen; das Eintreiben
erfolgte mittels Rammbärs von 500 k Gewicht unter Geradführung durch zwei bis
drei Lehrjöcher. Aus dem ringförmigen Raume zwischen Senkcylinder und
Getriebeschacht wurde das thonige Schwimmsandgebirge ausgeschachtet und darauf
ebenso wie früher die Entfernung der erratischen Blöcke bewirkt.
Durch abwechselnde Anwendung beider Abteufarten wurde der Schacht bis in die
wassertragenden Schichten glücklich niedergebracht, der wasserdichte Anschluss
an die letzteren ist völlig geglückt.
(Fortsetzung folgt.)