Titel: | Der Curvigraph des Geniecapitäns Bonnefon. |
Autor: | E. F. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 110 |
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Der Curvigraph des Geniecapitäns
Bonnefon.
Mit Abbildungen.
Der Curvigraph des Geniecapitäns Bonnefon.
In unserem Aufsatze „Ueber neuere Kartometer“D. p. J. 1894 291
114. haben wir die betreffenden Längenmesser einer näheren
Betrachtung unterzogen. Einen beachtenswerthen Beitrag zu diesem Kapitel liefert P. Crépy, Ancien Élève de l'École Polytechnique, durch
Mittheilung des in der Ueberschrift genannten CurvigraphenLe Génie civil, 1894 S. 190 u. ff.,
wie folgt:
Das Problem der Rectification von Curven kommt sehr häufig vor: in der geometrischen
Constructionslehre, in der Mechanik, der Baukunst und in den bezüglichen
militärischen Fragen der Marschtactik; schnell und genau gibt der Curvigraph seine
Lösung in den täglichen Diensten. Der Generalstabsofficier Capitän Bonnefon hat versucht, ein festes Instrument zu
schaffen, das bei einer leichten Handhabung und mit einer hinreichenden Annäherung
die Entwickelung einer Curve und zwar in einem gegebenen Maasstabe ablesen lässt, so
also auch einer Marschroute mit allen ihren Unregelmässigkeiten, wie dieselbe in
einer topographischen Karte vorliegt. Obwohl Officier des Geniecorps, hat der
Erfinder sein Instrument auch für den Gebrauch des Ingenieurconstructeurs
gestaltet.
Es ist der Curvimeter, welcher die erste Idee zum Curvigraphen gegeben hat; aber das neue Instrument
unterscheidet sich wesentlich von den früheren. Dasselbe ist ein Registratur und hat
es nicht gestattet, von der Schraube, einem zu feinen Organe, Gebrauch zu machen;endlich ergibt es
eine Annäherung von 1 : 150, bedeutend grösser als jene, welche der Curvimeter und
andere diesbezügliche Apparate, welche ebenfalls auf der Karte die Distanz zu
durchlaufen haben, liefern. (Fig. 1.)
Textabbildung Bd. 294, S. 111Fig. 1.Bonnefon's Curvigraph.Textabbildung Bd. 294, S. 111Fig. 2.Bonnefon's Curvigraph.Beschreibung des Apparates. Stellen wir uns vor, dass
man die Länge von allen den Krümmungen eines Weges, welcher auf der Karte tracirt
ist, oder überhaupt von irgend einer Curve, deren geradlinige Entwickelung man zu
besitzen wünscht, durch eine kleine Rolle A verlange
(Fig. 2). Diese Rolle von kleinem Durchmesser
wird sich in Folge der Reibung auf der Papierfläche um sich selbst drehen und zwar
mit einer gewissen Geschwindigkeit. Ein Getriebe B,
befestigt an der Rolle A, überträgt die Bewegung auf
ein Getriebe C von gleichem Durchmesser, welches selbst
eine Rolle D trägt, genau so gross wie die Rolle A. Es ist leicht ersichtlich, dass die Bewegung von D mit genau derselben Geschwindigkeit vor sich gehen
wird, wie jene der Rolle A. Zwischen der Rolle D und einer Spule E ist
ein Papierband eingespannt; das von der Rolle seine Bewegung erhält und zwischen
Rolle und Spule vorwärts gleitet. Dieses Papierband wird in einer gewissen Zeit in
genau derselben Länge hervorgetrieben sein, welche die Rolle A auf der abzuwickelnden Curve durchlaufen hat. Das Band, auf einer
grösseren Rolle R aufgewickelt, gleitet von dieser über
eine Spindel F, welche dasselbe führt und dazu dient,
die Berührung mit der Spitze des Bleistiftes G
aufzunehmen; dieser zeichnet die Gerade, entwickelt von der Curve, deren Länge man
messen will. Der Bleistift selbst wird von einem Hebel ab getragen, welcher um einen Fixpunkt o
beweglich und nach ab M gekrümmt ist. Der Hebel drückt
auf eine Feder n, welche dazu bestimmt ist, den Bleistift mit der Spindel F bezieh. mit dem Papierbande in Berührung zu bringen.
Wenn man auf den Knopf M drückt, so entfernt sich die
Bleistiftspitze von dem Papierbande. Um die Arbeit des Messens zu erleichtern, trägt
das Papierband eine Längeneintheilung im Maasstabe der Karte oder der Zeichnung, auf
welcher man operirt. Bei den Curvigraphen zum Gebrauche in der Armee ist diese
Eintheilung im Maasstabe der Generalstabskarten, nämlich 1 : 80000, hergestellt; für
den Civilgebrauch hingegen ist der Maassstab von 1 : 100000,
Millimetertheilung, offenbar vorzuziehen.
Wenn es sich nur darum handelt, die Länge einer rectificirbaren Curve zu finden, wird
der Apparat, wie wir denselben eben beschrieben haben, vollständig genügen; aber in
Betracht der prinzipiellen Aufgabe, wie Bonnefon sich
dieselbe gestellt hat, die Lösung des Problems der Marschtactik betreffend, war es
nothwendig, auf dem Papierbande eine zweite Eintheilung parallel der ersten
vorzunehmen, um durch eine einfache Ablesung auch die bei dem Durchlaufen einer
gewissen Weglänge gebrauchte Zeit zu geben. Diese Theilung entspricht den mit den
einzelnen Wegstrecken correspondirenden Zeiten, im Allgemeinen bei einer
Geschwindigkeit des Marsches von 4 km in der Stunde. Je 1 mm der Theilung entspricht
einer übersprungenen Distanz von 80 m und 1 Minute des Marsches. Um die reglementäre
stündliche Rast von 10 Minuten in Rechnung zu behalten, ist dieser Maasstab nicht
anders getheilt, als von 0 zu 50 Minuten.
Der ganze Apparat ist in einem Gehäuse von 4 bis 4½ cm Durchmesser
eingeschlossen.
Gebrauch. Um eine Anleitung zum Gebrauche des Apparates
zu geben, nehmen wir an, wir wollten uns Rechnung ablegen von dem Marsche eines
Truppenkörpers auf einer Route XY, ausgehend von einem
Anfangspunkte X (Fig.
3.) (Um die Figur zu vereinfachen, haben wir die Route XY geradlinig dargestellt.)
Textabbildung Bd. 294, S. 111Fig. 3.A Weg. B Dorf. C Brücke. D
Kreuzung. Wir stellen nun die Spitze des Bleistiftes G
auf einen der Theilpunkte des Papierbandes, in welchem ein Strich des Maasstabes der
Stunden mit einem solchen des Maassstabes der Entfernungen coincidirt. Diese
Operation ist leicht mit Zuhilfenahme einer Lupe herzustellen.
Legen wir hierauf die Rolle auf den Punkt X, das
Instrument dergestalt haltend, dass der Finger immer bereit sein kann, auf den Knopf
M zu drücken; die Rolle muss immer in einer
senkrechten Ebene geführt werden, dies erleichtert ein an der Rolle befindlicher,
senkrecht stehender metallener Index. Das Instrument muss stets die Selbstdrehung
gestatten und es darf nie eine schiebende Bewegung eintreten. Ein Sperrkegel
verhindert die Bewegung in diesem letzteren Sinne.
Wir verfolgen schliesslich mit der Rolle die verschiedenen Krümmungen des auf der
Karte vorgezeichneten Weges; die Länge desselben inregistrirt sich durch einen
Strich auf dem Papierbande. Wenn wir die bemerkenswerthen Punkte, Dörfer, Brücken
u.s.w. notiren wollen, so drücken wir auf den Knopf M;
das Band fährt fort sich zu entrollen, ohne dass die Spitze des Stiftes sich
markirt. So finden sich der Weg und seine an ihm liegenden wichtigen Punkte auf dem
Papierbande dargestellt und es bleibt nur mehr übrig, dasselbe zu copiren bezieh.
auf ein Blatt Papier zu kleben und an der Seitejede Unterbrechung des Striches, des zufälligen
Terrainpunktes, welcher mit demselben correspondirt, zu bezeichnen und den Abgang
vom Anfangspunkte der beiden Maassstäbe zu numeriren.
Die einfache Prüfung des Papierbandes ergibt alsdann:
1) die Entwickelung des Weges, sammt der wirklichen Lage und des Bereiches seiner
wichtigsten Punkte;
2) die verfolgte Entfernung und die partiellen Distanzen der wichtigsten Punkte des
Weges;
3) die Zeit, welche zu einer Bewegung vom Anfangspunkte aus bis zu den verschiedenen
Theilpunkten der Strecke erforderlich ist, die correspondirende Geschwindigkeit am
Maasstabe der Stundenrasten mit inbegriffen;
4) die nothwendige Zeit, um von einem Punkte des Weges zu einem andern zu
gelangen.
E. F.