Titel: | Erste Hilfe bei elektrischen Unfällen. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 136 |
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Erste Hilfe bei elektrischen Unfällen.Zeitschrift für Elektrotechnik und
Elektrochemie.
Erste Hilfe bei elektrischen Unfällen.
Dr. W. S. Hedley hat im Lancet eine kurze Anweisung für die erste Hilfe bei elektrischen Unfällen
gegeben, deren sieben kurze Regeln wir hier wiedergeben wollen. Hat sich ein
elektrischer Unfall ereignet und sitzt der Betroffene an der Leitung fest, so
1) unterbreche man sofort die Leitung, wenn ein Unterbrecher erreichbar und man mit
der Handhabung desselben vertraut ist; ist dies nicht möglich, so wende man, ohne zu
zögern, sofort Regel 2 an.
2) Man berühre den Körper des Betroffenen nicht mit blossen Händen, sondern erfasse
ihn, wenn Gummihandschuhe nicht sofort zu beschaffen sind, an den Kleidern oder
forme aus trockenen Kleidungsstücken eine Zwischenlage,
mit welcher man den Betroffenen angreift, ziehe ihn von der Leitung ab und wende
Regel 5 an.
3) Kann man den Betroffenen nicht von der Leitung abbekommen, so hebe man mit
bedeckten (s. Regel 2) Händen den Körper oder den Körpertheil des Betroffenen von
der Erde oder der einen Leitung ab. Im Allgemeinen wird dadurch der Leitungsweg
durch den Körper des Betroffenen unterbrochen und man bekommt denselben leicht ab.
Ist dies erreicht, so wende man Regel 5 an.
4) Wenn mit diesen vorgenannten Hilfen nichts erreicht wird, so bringe man zwischen
den Körper des Betroffenen und Erde eine nichtleitende Zwischenlage (trockene
Kleider in genügender Dicke und Breite, trockene Bretter,Matratzen, Kissen u.s.w.)
und versuche aufs Neue, ihn abzubringen.
5) Sobald der Körper von der stromführenden Leitung befreit ist, entblösse man seinen
Hals von den Kleidungsstücken und behandle den Betroffenen wie einen Ertrunkenen.
Ein hierfür dienendes Verfahren gibt Regel 6 an.
6) Man öffne den Mund des Betroffenen, erfasse den vorderen Theil der Zunge
desselben, indem man die Finger möglichst mit einem Taschentuch bedeckt, ziehe die
Zunge heraus und lasse sie langsam wieder zurück; dieses Verfahren ist längere Zeit
und in einem Schrittmaass von etwa 16mal in der Minute fortzusetzen. Man achte dabei
darauf, dass die Zungenwurzel bewegt und nach vorwärts gezogen wird. Sind die Zähne
zusammengepresst und können nicht mit der Hand aus einander gebracht werden, so
bringe man sie in schonender Weise mit dem Stiel eines Messers, mit einem
Holzstückchen, Korken u.s.w. aus einander.
7) Man verhindere alle Bemühungen von anderen, welche dem Verunglückten etwas
einflössen wollen, bis ein Mediciner zur Stelle gekommen ist und die weitere
Behandlung übernimmt.
Soweit Dr. Hedley. Es erübrigt noch, dass von den
Aerzten gesagt wird, wann wir nach eintretendem Erfolg mit der künstlichen Atmung
aufzuhören haben und welche weiteren Mittel uns für dieselbe zur Verfügung
stehen.
Ferner noch die Frage: Wie verfährt man am besten, wenn ein Verunglückter mit leiden Händen zwei
verschiedenpolige Leitungen umkrampft, das Abbringen des Körpers also nicht möglich
ist? Dieser, wenngleich in seiner Möglichkeit seltenere Fall ist jedenfalls am
schwierigsten zu behandeln.