Titel: | Grenzwerthe für die bei verschiedenen Kesselanlagen zulässige Wasserbeschaffenheit. |
Autor: | Moscheles |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 182 |
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Grenzwerthe für die bei verschiedenen
Kesselanlagen zulässige Wasserbeschaffenheit.
Von Dr. Moscheles in
Berlin.
Grenzwerthe für die bei verschiedenen Kesselanlagen zulässige
Wasserbeschaffenheit.
Glaser's Annalen für Gewerbe und Bauwesen, Nr. 416 vom
15. October 1894, enthalten über die zulässige Beschaffenheit von Kesselspeisewasser
in verschiedenen Kesselconstructionen nachstehende Zusammenstellung aus den
Aeusserungen verschiedener Firmen:
Für die den Kesselbetrieb erschwerenden Verunreinigungen des Wassers sind die
Lösungen der alkalischen Erden hauptsächlich maassgebend; es handelt sich hierbei
vorzugsweise um die gelösten Bicarbonate des Kalkes und der Magnesia; ferner um die
Sulfate und eventuell Chloride derselben.
Das allgemeine Verhalten der kohlensauren Salze ist für den Kesselbetrieb weniger
gefährlich, da diese bei Eintritt in denselben sich sehr bald ausscheiden und zwar
erfahrungsmässig meistens nicht als Stein, sondern als eine mehr oder weniger
schlammartige Masse. Die Sulfate hingegen sind für den Kesselbetrieb viel
gefährlicher; dasjenige Salz, welches in Betracht kommt, ist mit sehr seltenen
Ausnahmen der schwefelsaure Kalk, Gyps, welcher gewissermaassen aus dem Wasser
auskrystallisirt und in dieser Form zur Bildung von Kesselstein Veranlassung gibt;
es tritt hierbei bei gleichzeitiger, fast immer statthabender Gegenwart von
Carbonaten, eine mechanische Einhüllung der letzteren durch die sich bildenden
Krystalle des Gyps ein; hierdurch wird der Kesselstein durch die ohne Anwesenheit
von Gyps harmloseren Carbonate vermehrt.
Denkt man sich z.B. ein mit Kesselstein stark inkrustirtes Rohr eines
Wasserröhrenkessels durchschnitten, so wird an der Innenfläche des durchschnittenen
Rohres die erste sehr harte Kesselsteinschicht fast nahezu aus reinen Gypskrystallen
bestehen, die nächstfolgenden Schichten enthalten dann, je zunehmend nach dem
Mittelpunkte des Rohrquerschnittes, einen zunehmenden Gehalt an Carbonaten, bis
zuletzt der Kesselstein mehr nach dem Mittelpunkte des Rohres nicht mehr die
Structur des Steines zeigt, sondern schlämm artig wird. Gerade diese Erscheinung
erschwert die Reinigung derartiger Kesselrohre ganz ungemein, da das bohrend
wirkende Reinigungswerkzeug ein nicht homogenes Material zu durchschneiden hat.
Weniger fühlbar zeigt sich dieser Uebelstand bei dem Siederohrkessel, wo das Wasser
die Rohre umgibt, während bekanntlich beim Wasserrohrkessel das Wasser in den Rohren
liegt. Aber auch hier hat sich gezeigt, dass Carbonate in Gegenwart der Sulfate
verhängnissvoll werden, indem bei schlechtem Wasser um die Röhrenbündel eine
Kesselsteinbildung in Begleitung von Kesselschlamm derartig auftritt, dass das ganze
Röhrenbündel einen Klumpen vorstellt. Besonders nahe liegt diese Gefahr bei
forcirten Betrieben.
Die Grosswasserraumkessel zeigen naturgemäss ganz dieselben Erscheinungen, aber es
ist hierbei die Gefahr für den Kessel durch die grösseren Dimensionen, sei es der
Feuerrohre oder der Unterkessel wesentlich verringert. Bei Grosswasserkesseln setzt
sich der Gyps an den erst vom Feuer berührten Flächen nahezu rein als Kesselstein
ab, während der Schlamm, vorzugsweise aus kohlensaurem Kalk bestehend, zu Boden
fällt. Es ist dies auch ganz natürlich. Versuche haben beispielsweise beim
Cornwall-Kessel gezeigt, dass die Heizflächen des Cornwall-Rohres 80 bis 90 Proc.
des eigentlichen Verdampfungsgeschäftes übernehmen; die Qualität der Heizfläche der
Ummantelung ist also eine sehr geringe.
Wenn nun das Speisewasser in einen solchen Kessel eingeführt wird, so tritt eine
plötzliche Erwärmung ein, die kohlensauren Salze scheiden sich in Flocken aus und
fallen zu Boden, die Sulfate krystallisiren hierbei auf den Feuerrohren aus und
bilden hier harten Kesselstein. Im Schlamm sind nachher fast nur Carbonate, während
auf den Feuerrohren fast nur Sulfate liegen.
Combinationen von Röhrenkesseln nehmen eine Mittelstellung ein.
Es ist nach dem oben Gesagten einleuchtend, dass die Kessel bezüglich der
Zulässigkeit des zu verwendenden Wassers sich im grossen Ganzen in vier Gruppen
theilen lassen, und zwar:
1) Grosswasserraumkessel;
2) combinirte Kessel, d.h. Grosswasserraumkessel mit Siederohrkessel bezieh.
Wasserrohrkessel;
3) Röhrenkessel mit Siederohren;
4) Wasserröhrenkessel unter bewohnten Räumen.
Bezüglich der Zusammensetzung des Wassers sind wiederum folgende möglichen Fälle zu
berücksichtigen:
1) Das Wasser enthält:
schwefelsauren Kalk (CaSO4 +
2Aq.),
kohlensauren Kalk (CaCO3),
kohlensaure Magnesia (MgCO3);
2) in selteneren Fällen enthält das Wasser nur Gyps, während die Carbonate von Kalk
und Magnesia fehlen;
3) Häufiger ist der Fall der Anwesenheit von Gyps und kohlensaurer Magnesia bei
Abwesenheit oder Anwesenheit von Spuren kohlensauren Kalkes.
Grosswasserraumkessel. Für den ersten Fall ist ein
Wasser, das insgesammt auf das Cubikmeter 400 g Kesselsteinbildner enthält, für
jeden Betrieb unbrauchbar und sollte stets ausgeschlossen werden.
Für den zweiten Fall gilt dasselbe in erhöhtem Maasse.
Für den dritten Fall ist die Möglichkeit des Betriebes noch nicht ausgeschlossen,
wenn jeden Tag ein Theil des Kessels abgeblasen wird und zwar dann, wenn er in Ruhe
steht; dieses Abblasen soll etwa 2 bis 3 cm, am Wasserstand gemessen, betragen.
Hat das Kesselwasser für alle drei Fälle nur 200 bis 400 g Kesselsteinbildner im
Cubikmeter, so ist eine Reinigung des Wassers, bevor dasselbe in den Kessel kommt,
wünschenswerth und noch ökonomisch vortheilhaft, da die aufgewendeten Kosten sich
durch Ersparniss an Kesselreinigung und am Kohlen verbrauch vollauf rentiren, ganz
abgesehen von der Vermeidung von Betriebsstörungen.
Bei combinirten Kesseln. Unter der Voraussetzung, dass
das Speisewasser zuerst in den Grosswasserraumkessel und nicht in den Röhrenkessel
eingeführt wird, liegt die Betriebsgrenze bei 275 g Kesselsteinbildner. Ueber die
verschiedenartige Zusammensetzung des Kesselspeisewassers gilt das oben Gesagte.
Die Rentabilität einer Reinigung liegt hier unter Berücksichtigung, dass schon eine
geringe Inkrustation der Rohre verhältnissmässig viel schädlicher wirkt, schon bei
120 g Kesselsteinbildner im Cubikmeter.
Röhrenkessel mit Siederöhren oder Wasserröhrenkessel.Reine
Siederöhrenkessel vertragen nur ein Wasser bis zu 150 g Kesselsteinbildner im
Cubikmeter, auch hier ist eine Wasserreinigung schon bei 100 g angebracht und
wünschenswerth.
Kessel unter bewohnten Räumen. Dieselben sollten
eigentlich nur mit gereinigtem Wasser gespeist werden; jedoch ist eine Speisung mit
einem Kesselsteingehalt von 80 g noch zulässig, wenn der Gypsgehalt derselben nicht
über 30 g steigt und der Kessel mindestens alle vier Wochen gereinigt wird.
Die oben genannten Zahlen beziehen sich natürlich nur auf Kessel unter normalen
Betriebsverhältnissen; werden dieselben stark in Anspruch genommen, bezieh. forcirt
betrieben, so verringern sich dementsprechend die aufgestellten Grenzwerthe.
Schliesslich muss noch bemerkt werden, dass alle mechanisch beigemengten
Bestandtheile, Trübungen, direct sichtbare Schlammtheile; Sand u.s.w. unter allen
Umständen durch eine Vorfiltration, die ja fast gar keine Kosten verursachen wird,
beseitigt sein müssen.
Aus Vorstehendem ergeben sich die bisher noch nicht festgestellten Daten zur
Beurtheilung der Brauchbarkeit eines Kesselwassers unter Mitberücksichtigung der
beabsichtigten Kesselanlage.