Titel: | Notizen aus dem chem.-technol. Laboratorium der technischen Hochschule in Brünn. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 186 |
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Notizen aus dem chem.-technol. Laboratorium der
technischen Hochschule in Brünn.
Notizen aus dem chem.-techn. Laboratorium der technischen
Hochschule in Brünn.
Zum Verhalten der fetten Schmieröle gegen Metalle von Ed. Donath.
Seit der Abfassung meines Werkchens: Die Prüfung der
Schmiermaterialien, Leoben 1878, hatte ich nicht nur häufig Veranlassung,
Schmieröle der verschiedenartigsten Beschaffenheit auf ihre Qualität zu untersuchen,
sondern auch Gelegenheit, zu erfahren, in welchem Grade, speciell bei fetten
Schmierölen, ihre corrosive Einwirkung auf die technisch in Betracht kommenden
Metalle von ihrer Qualität und besonders von ihrem Gehalte an freien Fettsäuren
abhängig ist. Mehrere diesbezügliche Wahrnehmungen; die mit den Anschauungen
hierüber durchaus nicht im EinklangestandenDiese
Anschauung ist erst in jüngster Zeit ganz präcise von G. Hefter in der Chemischen Industrie, 1894 S. 421, in einem Aufsatze: Die Fabrikation der Schmiermaterialien,
ausgesprochen worden., veranlassten mich schliesslich zur
Durchführung einiger Versuche, deren Resultate vielleicht nicht ganz ohne Interesse
sein dürften. Es war von vornherein zwar anzunehmen, dass weder die neutralen Fette,
nochauch freie
Fettsäuren direct chemisch verändernd auf die technisch verwendeten Metalle und
Legirungen einwirkten, obzwar auch diese Ansicht thatsächlich vorhanden ist und
mehrfach bereits ausgesprochen wurde, denn man findet in der Litteratur häufig
Mittheilungen, ja tabellarische Zusammenstellungen über den Grad der Einwirkung der
verschiedenen fetten Oele auf Metalle (z.B. von W.
Watson), die nach meiner Meinung ganz werthlos
sind.
Es wurden deshalb zur experimentellen Beurtheilung dieser Anschauung blank gereinigte
und genau gewogene Streifen von Eisen, Kupfer, Messing und Zinkblech in grosse
Eprouvetten, von welchen einige stark ranziges Olivenöl, andere käufliche Oelsäure
für sich enthielten, in diese Flüssigkeiten ganz eingetaucht und durch drei Wochen
in dieser Weise stehen gelassen. Die nun herausgenommenen, mit Aether-Weingeist
gewaschenen und getrockneten Streifen zeigten nicht nur keine äusserliche
Veränderung der fast völlig blank gebliebenen Oberfläche, sondern auch nach den
Wägungen nur eine kaum wahrnehmbare Gewichtsabnahme.
Auch nachdem die Eprouvetten sammt Inhalt dann durch mehrere Tage im Wasserbade
zwischen 70 bis 80° C. erwärmt wurden; konnten keine anderweitigen Veränderungen
constatirt werden; es kann deshalb mit Bestimmtheit angenommen werden, dass die
Fettsäuren an und für sich selbst bei massig höheren Temperaturen, wie sie in der
Praxis vorkommen können, keine Veränderung der genannten Metalle bewirken, sondern,
dass dazu in erster Linie der Zutritt des atmosphärischen Sauerstoffes erforderlich
ist.
Wurden die genannten ranzigen Oele sowie Oelsäure in den zur Hälfte gefüllten
Eprouvetten vorher geschüttelt, so dass sie Luftbläschen absorbirt enthielten, nun
die gewogenen Metallblechstreifen vollständig eingetaucht und durch zeitweiliges
Schütteln den genannten Oelen wieder etwas Luft incorporirt, so war durch
Gewichtsverlust und äusseres Ansehen eine, wenn auch in diesem Falle unerhebliche;
doch besser hervortretende Veränderung der Blechstreifen wahrzunehmen.
Allerdings äussern die freien Fettsäuren eine Art prädisponirender Wirkung, in Folge
deren bei Gegenwart derselben eine raschere und energischere Oxydation der Metalle
erfolgt, als für sich allein; aus den entstandenen Oxyden werden dann durch die
Fettsäuren fettsaure Verbindungen, Seifen der Schwermetalle gebildet, welche theils
unlöslich, theils aber auch in den überschüssigen fetten Oelen und Fettsäuren
löslich sind.
Gewogene Streifen blanken Kupferbleches wurden in Eprouvetten nur zum Theil in
ranziges Olivenöl und in rohe Oelsäure eingetaucht, so dass ein Theil der Streifen
herausragte. Wurde nun von Zeit zu Zeit durch entsprechende Neigung der Eprouvetten
der herausragende Theil der Streifen mit der Oelsäure in Berührung gebracht, so
konnte man nach einiger Zeit beobachten, dass der in die Oelsäure eintauchende Theil
der Blechstreifen fast vollständig blank blieb, während sich der herausragende Theil
mit einer ziemlich dicken, grünen, schleimig seifigen Schicht überzog, und auch die
obere, mit der Luft in Berührung kommende Flüssigkeitsschicht deutlich eine grüne
Färbung zeigte. Da Streifen desselben Kupferbleches während der gleichen Zeit für
sich allein sich gar nicht veränderten, so ist es wohl zweifellos, dass die
Einwirkung der Fettsäuren auf genannte Metalle bei gewöhnlicher Temperatur in
der Prädisponirung derselben zur raschen Oxydation besteht.
Bekanntlich erfolgt ja beim Ranzigwerden der Fette neben der Zerlegung derselben in
freie Fettsäuren und Glycerin auch gleichzeitig eine Oxydation durch den
Luftsauerstoff, welche sich sowohl auf die Fettsäuren, als auch auf das Glycerin
erstreckt. Der dadurch gewissermaassen in einen Spannungszustand versetzte
Sauerstoff scheint deshalb energischer auf die gleichzeitig dargebotenen Metalle
einzuwirken. Indem die früher glatte Oberfläche derselben nun durch Corrosion rauher
wird, wird eine weitere Oxydation nur noch mehr begünstigt.
Es erschien weiter aus mehreren Gründen als sehr wahrscheinlich, dass die Gegenwart
von Feuchtigkeit die Veränderung der Metalle durch Fette und Fettsäuren begünstige.
Erstens wird erfahrungsgemäss das Ranzigwerden der Fette durch einen Wassergehalt
befördertBekanntlich
von Ritsert (siehe Wagner-Fischer, Jahresberichte, 1891) bezweifelt, welcher das
Ranzigwerden nicht auf die Fermentwirkung von Bakterien, sondern bloss auf
die Einwirkung von Luft und Sauerstoff zurückführt.; viele
Metalle oxydiren sich an und für sich überhaupt leichter in feuchter Atmosphäre
bezieh. bei Gegenwart von Wasser, wie dies insbesondere durch die interessanten
Versuche von M. Traube (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877, 1885) aufgehellt
wurde.
Blanke Zinkstreifen, in ranziges Rüböl, sowie in rohe Oelsäure vollständig
eingetaucht, blieben selbst nach drei Wochen fast vollständig unverändert. Wenn aber
dem Oel bezieh. der Oelsäure durch heftiges Schütteln ein ganz geringes Quantum
Wasser (allerdings gleichzeitig auch Luft) incorporirt wurde, so dass eine sich
lange erhaltende Emulsion entstand, so zeigten eingetauchte, gewogene blanke
Zinkstreifen bald ein ganz mattes und rauhes Aussehen und einen schleimigen weissen
Ueberzug, ausserdem nach dem entsprechenden Waschen und Trocknen eine relativ nicht
unbeträchtliche Gewichtsabnahme.
Nach dem Gesagten lässt sich wohl annehmen, dass die corrodirenden Eigenschaften der
fetten Oele gegenüber den Metallen nicht unmittelbar und ausschliesslich von ihrem
Gehalte an freien Fettsäuren abhängig sind, wie bisher angenommen wurde, diese sind
nur das prädisponirende Agens, und es ist ausserdem von nicht unbedeutendem
Einfluss, ob die geschmierten Metallflächen mehr oder minder mit dem atmosphärischen
Sauerstoff in Berührung kommen und ob durch Condensation oder durch sonstige Zufälle
Wasser in die angewendeten Schmiermittel hineingelangte; letzteres ist aber zufolge
der Construction einiger Schmiervorrichtungen thatsächlich der Fall.
Ich möchte es den beschriebenen, allerdings nicht zahlreichen und entscheidenden
Versuchen zufolge als sehr wahrscheinlich hinstellen, dass der Grad des
Angegriffenwerdens der Metalle durch fette Schmiermittel nicht nur von der
Beschaffenheit dieser, insbesondere dem Gehalte an freien Fettsäuren, sondern auch
wesentlich von der Art und Weise der Schmierung abhängt.
Antimonhaltige Emailglasur auf Kochgeschirren von Paul Kaszper.
Im hiesigen Verkehre kommen seit einiger Zeit emaillirte eiserne Kochgeschirre vor,
deren Emailglasur sich durch besonderen Glanz auszeichnet.
Auf Veranlassung des Prof. Ed. Donath habe ich
diese Glasur auf ihre Zusammensetzung und ihr Verhalten gegen Essig untersucht und
dürfte die Mittheilung der erhaltenen Resultate vielleicht nicht ganz ohne Werth
sein.
Die qualitative Analyse ergab folgende Bestandtheile derselben: Kieselsäure,
Borsäure, Phosphorsäure, Thonerde, Zinnoxyd, Antimonoxyd, Kali, Natron, geringe
Mengen von Kalk, sowie Spuren von Eisen und Manganoxydul.
Die quantitative Analyse ergab folgende Zusammensetzung:
Kieselsäure (SiO2)
39,80
Thonerde (Al2O3)
10,04
Zinnoxyd (SnO2)
1,19
Antimonoxyd (Sb2O3)
14,32
Phosphorsäure (P2O5)
2,73
Kalk (CaO)
0,36
Kali (K2O)
7,72
Natron
8,92
Borsäure aus der Differenz gerechnet
14,92
––––––
100,00
Von der mir in Stücken zur Verfügung stehenden Emailglasur gaben 8,9041 g beim
3stündigen Kochen mit 250 cc starken Essigs = 0,1434 g, also 1,61 Proc. ab, und in
dieser Lösung entstand nach dem Ansäuern mit Salzsäure und Einleiten von
Schwefelwasserstoff nach einiger Zeit eine deutliche Ausscheidung von
Schwefelantimon.
Sodann wurden in zwei frischen Töpfen von gleichen Dimensionen, von denen der eine
mit gewöhnlicher Zinnoxydglasur, der andere mit vorliegender antimonhaltiger Glasur
versehen war, je 400 cc dieses Essigs durch 3 Stunden gekocht, die Flüssigkeit
verdampft und der Rückstand geglüht. Dabei wurden an Glührückstand bei dem
gewöhnlich glasirten Topf erhalten 0,3147 g, bei dem mit antimonhaltiger Glasur
versehenen 0,5063 g, also in diesem Falle um 0,1916 g mehr. Auch äusserlich war
schon der grössere Grad der Corrosion bei dem letzteren Topfe wahrnehmbar. Bei einem
weiteren ähnlichen Versuche gab der in einem solchen Topfe durch die angegebene Zeit
gekochte Essig nach dem Verdünnen mit Wasser und schwachem Ansäuern mit Salzsäure
eine deutliche Abscheidung von Schwefelantimon.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass gegen die Verwendung solcher, mit
antimonreichen Glasuren versehenen Kochgeschirre die schwerwiegendsten hygienischen
Bedenken zu erheben sind, und demnach auf die Controle dieser Kochgeschirre jetzt
ein schärferes Augenmerk zu richten ist.
Zur Verfälschung und Prüfung des Cochenille-Carmins von Ed. Donath.
Während nach Prior in Dammer's
Lexicon der Verfälschungen (Artikel „Cochenille“) der
Cochenille-Carmin (noch immer einer der geschätztesten und kostbarsten Farbkörper)
bloss durch Zusätze von Stärke, Thon und Ziegelmehl verfälscht werden soll, habe ich
bereits vor einigen Jahren (Chemiker-Zeitung, 1891 Nr.
30 und 40) nachgewiesen, dass unter dieser Bezeichnung völlige Falsifikationen im
Handel erhältlich sind, und habe ich speciell eine geringwerthige Sorte aus den
Eosinlacken von Bleioxyd und Thonerde, eine sehr schöne, äusserlich kaum vom echten
Cochenille-Carmin zu unterscheidende Sorte, aus dem Barytlacke des rothen Corallins,
Päonins, bestehend, gefunden. Nach meinen inzwischen gemachten weiteren
Wahrnehmungen kommen diese Falsificationen thatsächlich nicht nur häufiger vor,
sondern man muss dessen gewärtig sein, dass sie sich noch mehren werden, da sich
ausser dem zuletzt genannten Barytlack des (gegenwärtig sonst wenig verwendeten)
Päonins die Lacke der Thonerde, des Baryts, des Zinnoxyds u.s.w. speciell gewisser
Azofarbstoffe, des Biebricher Scharlachs und der Ponceaus, noch besser zur Fälschung
des Cochenille-Carmins eignen.
Da nun der Preis des echten Cochenille-Carmins ein beträchtlich höherer ist, zudem
die Verwendung gewisser Theerfarbstofflacke als Schminke, zu welcher ja bekanntlich
der echte Carmin unter anderem auch benutzt wird, hygienisch nicht ganz unbedenklich
ist, so erscheint eine Prüfung der schlechtwegs als Carmin oder selbst ausdrücklich
als Cochenille-Carmin verkauften Farbdroguen wohl gegenwärtig stets geboten. Die
genannten Fälschungen sind nun übrigens ohne eingehendere chemische Unterstützung
leicht zu erkennen. In erster Linie ist der echte Cochenille-Carmin in Ammoniak
vollständig löslich, die genannten Theerfarbstofflacke aber nicht. Man braucht
sodann bloss in einem Porzellantiegel eine kleine Quantität zuverlässlich echten
Carmins und in einem zweiten eine ungefähr gleiche Quantität der zu prüfenden Probe
vorsichtig zu erhitzen. Der Geruch des sich zersetzenden echten Carmins ist gleich
dem, der bei der Zersetzung von Proteinsubstanzen durch Hitze wahrnehmbar ist,
während der Geruch der genannten Falsificate sofort einen gewissen Schluss auf ihre
Abstammung gestattet: so zeigte der Eosinlack beim Erhitzen einen ganz deutlichen
Bromgeruch, der Päoninlack einen solchen nach Phenol, und ein selbst erzeugter, dem
echten Carmin sehr ähnlicher, feuriger Barytlack von Biebericher Scharlach zeigte
beim Erhitzen ebenfalls einen charakteristischen, von dem des echten Carmins sofort
zu unterscheidenden Geruch.
Verbrennt man nun in dem Porzellantiegel schliesslich die Proben der genannten
Substanzen, so wird schon durch den Augenschein sofort der bei den Fälschungen viel
beträchtlichere Rückstand an Asche wahrzunehmen sein, deren nähere qualitative
Analyse dann eventuell noch weitere sichere Anhaltspunkte liefert.Ueber die
Zusammensetzung des echten Cochenille-Carmins siehe die aus meinem
Laboratorium veröffentlichte Arbeit Dr. Feitler's in Zeitschrift für angewandte
Chemie, 1892 S. 137.
Notiz zur Aufschliessung fluorhaltiger Phosphate von Dr. S. Feitler.
Bei der Aufschliessung fluorhaltiger Phosphorite aus Südamerika in einer ungarischen
Superphosphatfabrik ergab sich, dass die Abzugskanäle und Kammern der
Aufschliessvorrichtung der Fabrik sich mit einem weissen lockeren Pulver belegten,
welches sich in so grossen Mengen sublimatartig ansetzte, dass davon in 1 Jahr zwei
bis drei Waggons erhalten wurden.
Nachdem von einer derartigen Abscheidung in Form eines Sublimates in der Litteratur
noch nichts bekannt ist, wurde das Pulver einer qualitativen und quantitativen
Analyse unterzogen. Vor allem fand sich, dass das Glas, in welchem das Pulver
aufbewahrt war, stark angegriffen aussah, desgleichen ein Wägefläschchen, welches
die zur Analyse feinzerriebene Substanz enthielt, nach einigen Tagen völlig matt
wurde. Der Geruch war stechend sauer, an Halogensäuren, insbesondere
Fluorwasserstoffsäure deutlich gemahnend. Die qualitative Prüfung ergab, dass die
Hauptmengeder
Substanz aus Kieselsäure bestand, und fand sich ausserdem noch Al2O3, Fe2O3, CaO, K2O, ebenso P2O5, H2SO4, FH, H2SiF6 und geringe Mengen HCl vor.
Das Pulver, heftig und bis zur Gewichtscon- stanz
geglüht, verlor unter Entweichen von sauren Dämpfen
20,38
Proc.
Die quantitative Bestimmung der SiO2 ergab
74,27
„
P2O5 + Al2O3 + Fe2O3
4,35
„
CaO
0,83
„
––––––––––––––––––––
Summa
99,83
Proc.
Mit Wasser ausgekocht war dasselbe stark sauer und verbrauchten die in Lösung
gegangenen Säuren von 1,296 g Substanz zu ihrer völligen Sättigung 2,47 cc nKOH,
was, auf Schwefelsäure allein gerechnet, einen Gehalt von 7,6 Proc. SO3 ergeben würde. Dass daran aber auch andere Säuren,
wie FH und H2SiF6,
betheiligt sind, erhellt aus der qualitativen Analyse.
Es kann dieses der Hauptmenge nach aus SiO2
bestehende Sublimat sich selbstverständlich nur aus einer flüchtigen kieselhaltigen
Verbindung gebildet haben. Es ist klar, dass aus den fluorhaltigen Phosphoriten sich
bei der Aufschliessung mit H2SO4 Fluorwasserstoff gebildet hat, welcher bei
Gegenwart von SiO2 sofort SiF4 gebildet hat, gemäss der Gleichung:
2CaF2 + 2H2SO4 + SiO2 = SiF4 + 2CaSO4 + 2 H2O,
wie dies auch schon SchuchtLudwig Schucht; Die Fabrikation des Superphosphats
und Thomasphosphatmehls. Vieweg und Sohn. 1894. in
seinem erst vor kurzem erschienenen Buch S. 10 aus einander gesetzt hat. Dieses
flüchtige gasförmige Product hat sich dann mit den aus dem Gemisch entweichenden
Wasserdämpfen umgesetzt, so zwar, dass
3SiF4 + 4H2O = 2H2SiF6 + Si(OH)4
bilden.
Durch die Wärme wurde aus dem Kieselsäurehydrat [Si(OH)4] eine Anhydrokieselsäure gebildet, sowie die H2SiF6 wenigstens theilweise in 2 HF +
SiF4 zerlegt.
Das Vorhandensein von freier H2SO4, sowie von anderen Bestandtheilen, wie Fe2O3, Al2O3 und CaO, die im
Vergleich zur SiO2 nur gering sind, erklärt sich
daraus, dass durch den dickflüssigen Brei sich die gasförmig entweichenden Stoffe
nur schwer ihren Weg gebahnt haben und dabei geringe Mengen der aufzuschliessenden
Substanz mitgerissen und von der porösen lockeren SiO2 aufgenommen und festgehalten wurden.
Die Aufschliessung gewisser fluorhaltiger Phosphorite ergibt also unter Umständen als
Nebenproduct leicht aufschliessbare Kieselsäure in nicht geringen Mengen, welche
sich gewiss zu vielen technischen Zwecken eignen dürfte.
Abwässer einer Hutfabrik von Ed.
Donath.
Ueber solche Abwässer sind in der Litteratur nur äusserst spärliche Mittheilungen
vorhanden. Ich hatte Gelegenheit, die Abwässer einer der grössten Hutfabriken
Oesterreichs behufs deren Reinigung zu untersuchen, und glaube deshalb durch die
Veröffentlichung der Resultate zur Beurtheilung solcher Abwässer einen nicht
unerwünschten Beitrag zu liefern.
Die Abwässer, die durch einen eigenen Kanal in den Flusslauf eines benachbarten,
unter gewöhnlichen Umständen sehr träge fliessenden Baches abgeleitet wurden, waren
von blauschwarzer Farbe, erschienen von nahezu tintenartiger Beschaffenheit und der
Bach verrieth auf lange Strecken noch eine starke Färbung. Der Ruhe überlassen,
setzte sich aus demselben ein nicht unbeträchtlicher, flockiger,
verschiedenfarbiger, aber vorzugsweise blauschwarz gefärbter Niederschlag ab,
während in der Flüssigkeit thierische Haare und unter dem Mikroskop nachweisbar
Fragmente thierischer Gewebe suspendirt blieben. Nach der Filtration jedoch war das
Wasser selbst in grösseren Schichten schon vollständig durchsichtig und bedeutend
schwächer bläulich violett gefärbt. Die Reaction der zuerst geschöpften Probe war
ganz neutral, keinesfalls sauer. Ein Liter der Wasserprobe sammt den darin
suspendirten Körpern, nach vorhergegangenem kräftigem Schütteln abgemessen, zeigte
einen Abdampfrückstand von 0,5405 g, bestehend aus 0,3625 g anorganischen und 0,1780
organischen Stoffen. Ferner waren im Liter enthalten 0,0152 Gesammtstickstoff,
0,0116 g Stickstoff in Form von Ammoniak und demnach Stickstoff in Form von
organischen Verbindungen 0,0036 g. Das abfiltrirte Wasser färbte sich auf Zusatz von
Mineralsäuren zwiebelroth. Die Reaction auf Schwefelsäure war sehr stark,
entsprechend 0,1089 g SO3, die auf Chlor sehr
schwach und die auf Phosphorsäure kaum wahrnehmbar. Ausser den genannten Stoffen
waren in dem filtrirten Wasser noch enthalten Eisenoxyd (vorherrschend), Thonerde,
Kalk, Magnesia, geringe Mengen von Chrom, als Chromoxyd und als Chromsäure,
Kupferoxyd, sowie selbstverständlich Kieselsäure und Alkalien.
Mit Rücksicht darauf, dass bei der Fabrikation zum sogen. Beizen salpetersaures
Quecksilber (Secretage) verwendet wird, habe ich in dem filtrirten Wasser mit ganz
besonderer Sorgfalt auf Quecksilber geprüft. In dem aus einer grösseren Menge des
mit Salzsäure angesäuerten Wassers erhaltenen Schwefelwasserstoffniederschlage
konnte ich jedoch keine Spur von Quecksilber nachweisen. Der im Wasser suspendirte
und abfiltrirte Niederschlag, der noch mit ziemlich viel thierischen Haaren
vermischt war, ergab ebenfalls bei der entsprechenden Prüfung auf Quecksilber ein
negatives Resultat.Es scheint
demnach, dass beim Behandeln der gebeizten Felle bei höherer Temperatur (in
geheizten Kammern) das Quecksilbernitrat zersetzt und das Quecksilber in
irgend einer Form vom thierischen Haar aufgenommen und später noch mehr
durch die Farbstoffe der Farbhölzer fixirt wird. Die reichliche
Asche desselben bestand aus Eisenoxyd und Chromoxyd, ferner Kupferoxyd und Thonerde.
Zweifellos bestand demnach der dunkel gefärbte Niederschlag aus den Farblacken von
Holzfarbstoffen, insbesondere des Blauholzfarbstoffes.
Eine nach 5 Tagen von mir genommene Probe hatte eine schwache, gerade wahrnehmbare
alkalische Reaction und zeigte per Liter einen Abdampfrückstand von 0,6509 g,
bestehend aus 0,4353 g anorganischen und 0,2156 g organischen Substanzen. Die
qualitative Beschaffenheit sowohl des Wassers selbst als auch des Niederschlages war
die gleiche wie bei der erstgenommenen Probe. Wie ich mich bei eingehender
Besichtigung des Betriebes dann überzeugte, rühren nun die Abwässer her in erster
Linie von dem unter eventueller Anwendung von Seife vorgenommenen Waschen der Felle
und von dem Fachen der Filze, sowie insbesondere von dem Färben derselben, bei
welchem nebst den entsprechenden Metallsalzbeizen die verschiedensten Farbhölzer,
insbesondere Blauholz, in geringerem Grade auch Theerfarbstoffe, insbesondere zur
Nüancirung und zu lichten Modefarben verwendet werden.
Das Steifen wird nicht mit Leim, sondern mit Schellacklösung vorgenommen, kann
also bei der späteren Behandlung der Filze keine Quelle für in Lösung gehende
stickstoffhaltige Substanzen werden.
Die Abstammung der in den Wässern in verhältnissmässig grösserer Menge vorhandenen
Stickstoffe war mir deshalb nicht erklärlich und ich habe in Folge dessen, da
diesbezügliche Angaben nicht vorliegen, den Stickstoffgehalt des in der betreffenden
Fabrik verwendeten Blauholzextractes sowie eines inländischer Provenienz und eines
von mir selbst erzeugten bestimmt (vgl. Chemiker-Zeitung, 1894 Nr. 16). Die betreffenden Stickstoffgehalte waren
a = 0,58, b = 0,78,
c = 0,81. Da dieser Stickstoff in Form
wasserlöslicher, sonst nicht näher bekannter Substanzen vorhanden ist, welche
voraussichtlich beim Färbeprocess nicht fixirt werden, so dürfte er in Folge dessen
vollständig in die Abwässer übergehen und zum weitaus grossten Theile den oben
gefundenen Stickstoffgehalt der Wässer bedingen.Eine
Verunreinigung der Abwässer mit menschlichen Auswurfsstoffen fester oder
flüssiger Art war ausgeschlossen, da dieselben, wie ich mich durch den
Augenschein überzeugte, sorgfältigst getrennt gehalten und gemeinschaftlich
anderswie abgeleitet wurden.
Bezüglich der einzuschlagenden Reinigungsmethode war es nun klar, dass in erster
Linie die suspendirten Stoffe, wie Farblacke, thierische Haare und Gewebsfragmente,
beseitigt werden mussten.
Setzte man dem Wasser, wie Laboratoriumsversuche mit je 5 l ergaben, vorerst etwas
Kieseritlösung (40 bis 50 g auf 1 hl) und nachträglich eine gewisse Menge Kalkmilch
hinzu (100 g gebrannten Kalk auf 1 hl), so entstand ein ziemlich reichlicher,
blaugrauer Niederschlag, welcher sich sehr rasch abfiltriren liess und dabei bei den
meisten Versuchen ein vollständig farbloses, mitunter auch ein röthlichgelbes
Filtrat ergab. Selbst in diesem Falle aber wurde die Flüssigkeit nach nunmehrigem
Einleiten von Kohlensäure farblos unter Abscheidung eines gefärbten Niederschlages.
Auch der Gehalt an gelösten stickstoffhaltigen Substanzen der Abwässer wurde hierbei
wesentlich verringert und bei einem der mannigfach abgeänderten Versuche sogar auf
die Hälfte gebracht. Eisenoxyd, Chromoxyd und Chromsäure, sowie Kupferoxyd waren
vollständig herausgefällt und in den Filtraten selbst in Spuren nicht nachweisbar.
Es ergibt sich daraus, dass derartig beschaffene Abwässer, welche ihrem äusseren
Aussehen nach viel bedenklicher erscheinen als manche andere, weit mehr
Verunreinigungen enthaltende Abwässer gewisser Industrien, verhältnissmässig
leichter zu reinigen sind, und dass ein Versetzen derselben mit Kieseritlösung und
Kalkmilch und Abscheidung des ausgeschiedenen Niederschlages in Filterpressen,
eventuell nach der Behandlung der Wässer mit Essengasen, in den meisten Fällen einen
befriedigenden Effect erzielen wird.