Titel: | Kriegswaffen auf der Ausstellung in Antwerpen und dazu Gehöriges. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 193 |
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Kriegswaffen auf der Ausstellung in
Antwerpen und dazu Gehöriges.
Mit Abbildungen.
Kriegswaffen auf der Ausstellung in Antwerpen und dazu
Gehöriges.
In der Geschichte der Kriegswaffen wird die Ausstellung von Antwerpen keine so
hervorragende Rolle spielen, wie die Pariser Ausstellung von 1889, welche zuerst die
den ganzen Seekrieg umgestaltenden Schnellfeuerkanonen zur allgemeinen Kenntniss
brachte. Eine so reichhaltige Zusammenstellung von Kriegswaffen aller Art konnte sie auch nicht bieten, wie es der
Londoner Naval Exhibition (1891) mit Hilfe der englischen Regierung und der grossen
englischen Fabriken möglich gewesen war. Noch weniger gab sie eine Anschauung des
ganzen neuesten Kriegsmaterials der Welt, wie es
die Ausstellung in Chicago gethan hatte.
Einige der in Antwerpen ausgestellten Waffen und Messinstrumente haben indess auch
jetzt noch grosse Bedeutung; sie sollen hier in Betracht gezogen werden, weil sie
treffliche Ausgangspunkte zu „Bemerkungen über neue Kriegswaffen“ bilden.
Derartige Bemerkungen, nicht aber einen erweiterten oder zusammengedrängten Katalog
soll das Nachstehende bieten.
Von den Kriegswaffen der Antwerpener Ausstellung fiel besonders das heutige Gewehr
der belgischen Armee ins Auge. In reichhaltigster Weise hatten der Staat und viele
Privatfabriken nicht nur die Waffe und deren Munition ausgestellt, sondern auch die
Herstellung aller Theile aufs eingehendste vorgeführt. Deutschland hat zwar an der
Ausstellung dieser Gegenstände wenig theilgenommen, nur etwas Munition und Mittel zu
deren Verpackung zur Anschauung gebracht, trotzdem ist es hervorragend und in der
ehrenvollsten Weise dadurch betheiligt, dass das Gewehr dienstlich den Namen seines
deutschen Erfinders trägt; es heisst bekanntlich „fusil Mauser belge“. Es ist
dies um so bedeutungsvoller, als Belgien ein Staat ist, der seit Jahrhunderten einen
Weltruf durch seine Waffenfabrikation hat.
Entwicklungsgeschichte der Mauser-Gewehre.
Eine kurze Angabe der wichtigsten Entwickelungsstufen, welche zu den heutigen
Mauser-Gewehren geführt haben, ist vielleicht von allgemeinerem Interesse. Als erste
Stufe darf wohl das Zündnadelgewehr, als höchste das spanische Mauser-Gewehr von
1892 betrachtet werden; da dieses die Einrichtungen des belgischen Gewehres von 1889
mit kleinen Verbesserungen wiedergibt, so ist letzteres nicht besonders besprochen.
Ausserdem ist hier nur das Wesentliche des oder
vielmehr der Mauser-Gewehrsysteme näher in Betracht
genommen, nämlich die Einrichtungen zum Abschliessen des Laufes, zum Entzünden der
Pulverladung und zum Einbringen der Munition; die übrigen Theile des sogen.
Verschlusses sind nur kurz angedeutet, der Lauf, der Schaft und sonstige
Gewehrtheile gar nicht besprochen, weil diese Gegenstände keine hervorzuhebenden
Eigenthümlichkeiten bieten.
Das Zündnadelgewehr von 1841
(Fig.
1A).
Bei allen Gewehren mit Cylinderverschluss ist ein Rohrstück mit
verschiedenartigen Ausschnitten auf den Lauf geschraubt und am Schafte
befestigt; dasselbe dient als Hülse (boîte) für andere Verschlusstheile. Als
wichtigster dieser Theile ist ein anderes Rohrstück hervorzuheben, das den Lauf
abschliessen soll und früher „Verschlusscylinder“ genannt wurde (jetzt
trägt es meist den Namen „Kammer“).
Beim Zündnadelgewehr M./41 hatte dieser Verschlusscylinder einen Zwischenboden
und vorn im Rande eine kegelförmige Ausdrehung, welche so fest über das
entsprechend kegelförmig abgedrehte Ende des Laufes geschoben werden sollte,
dass keine Gase entwichen. Ein Handgriff, „Knopf“, ermöglichte diese
Bewegung, welche zuerst in einem Vorschieben, dann in einer Drehung bestand. Bei
dieser Drehung musste der Fuss des „Knopfes“ an einem schrägen
Einschnitte der Verschlusshülse entlang gleiten; der Verschlusscylinder erhielt
dadurch eine Schraubenbewegung, welche die zum festen Zuschliessen des Laufes
nöthige Kraft lieferte. Nach der Drehung musste der Cylinder noch besonders
festgelegt werden, weil bei einem Drucke der Pulvergase gegen den Zwischenboden
Gefahr vorhanden war, dass er nach rückwärts getrieben wurde. (Diese Thatsache
ist dadurch festgestellt, dass beim Schiessen ein auf einen festgelegten Lauf
geschraubter Verschluss, der nicht gegen Drehen befestigt war, sich von selber
losdrehte.) Um eine derartige Drehung zu hindern, brachte man hinten oben am
Verschlusscylinder einen rechteckigen Ausschnitt an; wurde dieser unter einen
oben in der Hülsenwand befindlichen Schlitz geschoben, dann ein besonderes Rohr
in diesen Cylinder eingeführt, welches hinten einen hohen Vorsprung hatte, der
durch beide Ausschnitte hindurch reichte, so waren die drei Röhren des
Verschlusses gegen eine Drehung fest verkuppelt. Diese Einrichtung hat die
Handhabung des Zündnadelverschlusses sehr umständlich gemacht, weil das Aus- und
Ineinanderschieben der beweglichen Rohrstücke zeitraubende Griffe waren. Jeder
Schuss des Zündnadelgewehres bedurfte zum Oeffnen des Verschlusses zweier, zum
Laden eines und zum Schliessen wieder zweier Griffe; er machte also im Ganzen
fünf Griffe nöthig. (Die Zeichnung Fig. 1 deutet
dieselben durch Pfeile bezieh. punktirte Linien an.)
Bei der Ausführung der Bewegungen zum Abschliessen des Laufes sollten die
Einrichtungen zum Entzünden der Pulverladung in eine Lage gebracht werden,
welche das Abfeuern ermöglichte. (Dieselben sind in der Zeichnung durch
Abtuschen hervorgehoben.) Sie bestanden aus der sogen. Abzugsvorrichtung, einem
Bolzen mit eingelötheter
Textabbildung Bd. 294, S. 194
Fig. 1.Entwickelung der Gewehrsysteme „Mauser“; 4
Gewehrverschlüsse zum „Feuern fertig“.
Fig. 1A. Zündnadelgewehr nach
Dreyse (Modell 1841); Fig. 1B. Chassepot-Gewehr (Modell 1866); Fig. 1Ba.
„Erstes“ Spannen beim Oeffnen des Gewehres; Fig. 1C. Deutsches
Gewehr (Modell 1888); Fig. 1Ca. „Erstes“ Spannen beim Oeffnen des
Gewehres (nach Mauser 1871); Fig. 1Cb. Querschnitt des Patronenrahmens nach
Mannlicher; Fig. 1Cc. Hintere Ansicht desselben; Fig. 1D. Spanisches
Mauser-Gewehr M./92 mit Repetirvorrichtung nach Mauser; Fig. 1Da.
Patronenhalter zum Heranbringen der Patronen im Querschnitt; Fig. 1E.
Patronenhalter des neuen russischen Gewehres M./92; 1 unbewegliche Schlosstheile. 2 durch
das Abdrücken bewegte Schlosstheile.
Nadel und einer Spiralfeder. Die letzteren Theile
lagerten grösstentheils in dem zuletzt beschriebenen inneren Rohr mit dem
Vorsprunge zum Verkuppeln der Verschlussröhren gegen eine Drehbewegung. Um den
hinteren Theil des Bolzens lag die Spiralfeder, sich vorn an einen Vorsprung
desselben, hinten gegen den Boden des Rohres stützend; sie wurde
zusammengedrückt, wenn der Bolzenvorsprung sich gegen den „Stollen“ des Abzuges lehnte und das Rohr zum Kuppeln
vorgeschoben wurde. Eine auf letzterem angebrachte starke Blattfeder hielt die
Spannungslage fest, indem sie sich mit einem Einschnitt in das umschliessende
Verschlusscylinderrohr einhakte. Wurde der durch eine Feder in die
Verschlussröhren gedrückte Abzugsstollen herausgezogen (d.h. „wurde
gefeuert“), so trieb die sich entspannende Feder den Bolzen mit
Zündnadel vor und letztere entzündete die Patrone.
Das französische
Chassepot-Gewehr (1866) (Fig. 1B).
Bei diesem Gewehr war das „Verkuppelungsrohr“ ganz weggefallen, der
vordere Theil des Nadelbolzens mit der Nadel und der Spiralfeder in den
Verschlusscylinder gelegt und auf das hintere Ende ein besonderes
Verschlussstück (chien) befestigt. Wenn dieses sich gegen den Abzugsstollen
lehnte, so wurde die Spiralfeder gespannt durch ein Vorschieben des Knopfes und
durch das Drehen desselben in einem seitlichen Ausschnitte der Hülse, der dem
des Zündnadelgewehres entsprach. Beim Feuern, d.h. beim Entfernen des
Abzugsstollens, flog der Nadelbolzen mit dem hinteren Verschlusstheile (chien)
vor; auf diesem sass eine Schiene, welche sich nur in einem Längsschlitz bewegen
konnte, der oben aus der Verschlusshülse ausgeschnitten war. Unter dieser
Schiene befand sich eine kleine Leiste, die sich in eine Längsnuth auf dem
Verschlusscylinder schob. Wenn nun der Schuss losging, so war der
Verschlusscylinder mit dem hinteren Verschlusstheil und der Hülse fest gegen
jede Drehung verbunden. Im Vergleich zu der des Zündnadelgewehres muss diese Kuppelung eine „selbsthätige“ genannt
werden. Dieselbe hatte den Vortheil, die Griffe beim Laden um einen zu
vermindern.
(Die eigentlich hier nicht in Betracht zu nehmende Dichtung des
Chassepot-Gewehres bestand aus einem vor den Verschlusscylinder gelegten
Kautschukring mit Führungsstempel. Beim Schliessen wurden diese Theile in den
Lauf geschoben; beim Schiessen presste der Stempel den Kautschuk so in der
Achsenrichtung zusammen, dass er sich in radialer Richtung ausdehnte und fest
gegen die Rohrwände legte; er sollte dadurch das Austreten der Pulvergase nach
hinten verhindern.)
Neben der erwähnten Längsnuth hatte der Versehlusscylinder noch zwei andere,
kürzere, welche als „Rasten“ dienten (Fig. 1B). Diese drei
Nuthen sind von besonderer Bedeutung für die Entwickelung der
Cylinderverschlüsse geworden und deshalb in Fig. 1Ba besonders
dargestellt. In der unteren Skizze ruht die „schwarz“ angedeutete Leiste
am „hinteren Verschlusstück“ in der grössten Längsnuth des
Verschlusscylinders, dessen Drehung so lange verhindernd, bis sie zurückgezogen
wird. Sobald das Metall zwischen den Nuthen ausgeschnitten war, konnte eine
Drehung ohne weiteres stattfinden; dabei musste aber die Leiste aus dem
Ausschnitte treten, wenn dieser, die Enden der Nuthen verbindend, eine
dreieckige Form hatte. Durch eine derartige Drehung des Verschlusscylinders
(nach „oben“) musste natürlich der „hintere Verschlusstheil“
mit dem an ihm befestigten Nadelbolzen zurückgeschoben, die Spiralfeder
zusammengedrückt werden und der ganze Verschluss eine erste Spannung bekommen.
Dieser Gedankengang hat wahrscheinlich zum ersten Mauser-Gewehr geführt; die
„Leiste“ ist natürlich in eine andere, entsprechendere Form gebracht,
in den „dreieckigen Ansatz mit der schiefen Fläche“ verwandelt worden
(Fig.
1Ca).
Zur Entwickelungsgeschichte der Mauser-Gewehre gehört natürlich die Beschreibung
des ersten Einzellade-Mauser-Gewehres (von 1871), dann die des ersten deutschen
Repetirgewehres (M. 1871/84), dann die Vorführung der nach der Türkei, nach
Argentinien und Chili gelieferten Gewehre. An dieser Stelle würde ein näheres
Eingehen hierauf zu weit führen und genügt es vielleicht, die beiden Gewehre
darzustellen, aus welchen das Charakteristische der Mauser-Systeme entnommen
werden kann.
Das deutsche Gewehr von
1888.
Beim Zündnadel- und Chassepot-Gewehr war die Munition, d.h. Geschoss, Pulver und
Zündmittel, in verbrennliche Hülsen gepackt, bei den Mauser-Gewehren sollten
unverbrennliche Metallhülsen verwandt werden, welche sich beim Schusse nach Art
der Brahma'schen Dichtung so gegen die Laufwand und
den Verschlussboden legten, dass jedes Entweichen der Pulvergase nach hinten
verhindert war. Damit fielen nicht nur die unvollkommenen Dichtungseinrichtungen
der bisherigen Gewehre weg, sondern es wurde auch eine ganz andere Art des Lauf
Verschlusses möglich. Das „Verschlusscylinder“ (oder „Kammer“)
genannte bewegliche Rohrstück, welches sich bei den früheren Gewehren mit seinem
ziemlich weit rückwärts belegenen Knopf gegen einen seitlichen Ausschnitt des festen, „Hülse“ genannten Rohrstückes
einseitig gestützt hatte, konnte jetzt mit
seinem vorderen Theile in dem Kopfe des letzteren
symmetrisch festgelegt werden gegen einen Druck
der Pulvergase nach hinten. Zu dem Zwecke erhielt der Verschlusscylinder vorn
aussen zwei Ansätze („Klauen“ oder „Warzen“), während in den
Hülsenkopf hinter der Stelle, wo der Lauf eingeschraubt war, zwei Ausdrehungen
zum Bewegen und Lagern dieser Ansätze angebracht wurden. Die als Lager dienenden
Enden der Ausdrehungen standen natürlich senkrecht zur Rohrachse (und zur
Druckrichtung der Pulvergase), die anschliessenden Strecken aber bildeten
Nuthen, wie sie in sehr steilen Schraubenmuttern vorkommen; an diese Theile
schlössen sich dann zwei Längsnuthen in der Hülsenwand, welche in einer Ebene
mit der Rohrachse lagen. Ein vollständig zurückgezogener, durch den Knopf zu
bewegender Verschlusscylinder musste also beim Schliessen des Laufes zuerst eine einfache
Vorwärtsbewegung, dann eine steile schraubenförmige und endlich plötzlich eine einfach drehende Bewegung machen. Diese drei Bewegungen werden als ein Griff
ausgeführt, was schon daraus hervorgeht, dass das Ende der Bewegung (das
einfache Drehen ohne Vorschreiten) bei einigen ausländischen Fachschriftstellern
nicht bekannt ist. (Diese behaupten nämlich, der Mauser-Verschluss habe dieselbe
Bewegung, wie der Schraubenverschluss einer Kanone. Das ist unrichtig, bei
letzterem ist nur eine Schraubenbewegung vorhanden,
die den Nachtheil hat, dass die Schraube sich leicht „fest“ schiesst oder
unter Umständen leicht herausgeschossen wird. Da das ring-, nicht schraubenförmigeEnde der Ausdrehung in
der Hülse des Mauser-Verschlusses diesen Nachtheil verhütet, so darf letzterer
gar nicht mit einem Geschützschraubenverschluss verglichen werden, wenigstens so
lange nicht, bis Geschütze sich den betreffenden Vortheil des Gewehrverschlusses
aneignen können.)
Die zur Laufachse symmetrische und an den Patronenboden dicht herangeschobene
Lage der Stützpunkte des Verschlusscylinders verbessert die Treffähigkeit der
Gewehre mit Mauser-Verschluss in hohem Maasse, weil sie die vibrirende Bewegung
der Waffe während des Schusses günstig beeinflusst; sie gibt dem Mauser-System
ein Uebergewicht über andere Cylinderverschlussysteme; welche eine einseitige,
weit zurückgelegte Stützung des Verschlusscylinders beibehalten haben.
Die Lage der Stützflächen senkrecht zur Laufachse würde von selber schon ein
besonderes Mittel zur Verhinderung der selbsthätigen Drehung des
Verschlusscylinders überflüssig machen, wenn für das Gewehr keine Stösse beim
Gebrauch zu befürchten sein müssten. Aber mit Rücksicht auf diese und auf die
Vortheile, welche die in Fig. 1Ba dargestellte Einrichtung des Chassepot-Gewehres für das
„erste Spannen“ beim Oeffnen des Gewehres gab, hat man vorn am
„hintersten Verschlusstheil“ („Schlösschen“) den sogen.
„dreieckigen Ansatz mit schiefer Fläche“ und hinten auf dem Rande des
Verschlusscylinders einen entsprechenden Ausschnitt angebracht. Das
Ineinandergreifen dieser Theile gibt Fig. 1Ca. (Wie aus
einem Vergleich dieser Figur mit Fig. 1Ba
ersichtlich, ist ihre Stellung zum Verschlussknopf etwas anders als die der
„Leiste“ und der „Verbindung der drei Nuthen“ beim
Chassepot-Gewehr.)
Es muss hervorgehoben werden, dass schon bei den ersten Mauser-Gewehren von 1871
und von 1871/84 eine Verkuppelung des Verschlusscylinders mit der Hülse gegen
Drehung nicht mehr so nothwendig gewesen war wie beim Zündnadelgewehr, trotzdem
jene Gewehre sich noch mit dem Knopfe des Verschlusscylinders gegen einen Seiten
ausschnitt der Hülse stützten. Dort hatte auch schon die Einführung der
Metallpatrone ein festes Aufeinanderpressen der Stützflächen und damit eine
schraubenförmige Bewegung des Knopfes im letzten Augenblicke seiner Drehung,
sowie ein Anlehnen des Knopffusses an eine schiefe Fläche unnöthig gemacht. Die
Erleichterung des „ersten Spannens“ war auch hier hauptsächlich
maassgebend gewesen.
Die Einrichtung des „dreieckigen Ansatzes mit der schiefen Fläche“, das
Auffangen der Kraftäusserung der Pulvergase nach rückwärts durch den im Kopf der
Hülse liegenden, mit zwei äusseren Klauen versehenen Kopf des
Verschlusscylinders dürften die wesentlichsten Neuerungen des Mauser-Systems gewesen sein, das man wohl mit
dem Unterscheidungsnamen des „ersten“ belegen kann.
Die Beschreibung anderer Einrichtungen des oder der deutschen
Mauser-Gewehre gehört streng genommen nicht in deren Entwickelungsgeschichte,
daher können sie nur kurz und nur insoweit erwähnt werden, als sie noch in
irgend einer, wenn auch entfernten Beziehung zu letzterer stehen.
Der Verschlusscylinder des deutschen Gewehres hat einen besonderen, den
Abschlussboden bildenden, vorn eingesetzten Kopf; derselbe ist durch einen (an
die Stelle des Nadelbolzens mit Nadel getretenen) Schlagbolzen so in Verbindung
mit dem hintersten Verschlusstheil gesetzt, dass er sich nicht drehen,
sondern nur vor und zurück bewegen kann. Diese Einrichtung hat es ermöglicht, an
der rechten Seite des Kopfes eine federnde Kralle (den Auszieher) anzubringen,
welche sich beim Schliessen in eine ringförmige Ausdrehung des Patronenbodens
legt und dann diese Stelle nicht mehr verlässt, wenn der Verschluss aufgedreht
und herausgezogen wird. Links trägt der „Kopf“ einen beweglichen Stift,
der beim Zurückziehen des Verschlusses gegen einen beweglichen hakenartigen
Ansatz an der Hülse gestossen und nach rechts auf die an ihrer rechten Seite
festgekrallte Patrone getrieben, das „Auswerfen“ der letzteren
bewirkt.
Der „hintere Verschlusstheil“ enthält eine besondere Vorrichtung, die
„Sicherung“, wodurch es möglich wird, ein Walzensegment zwischen ihn
und den Verschlusscylinder zu legen, gegen welches er durch die
zusammengepresste (gespannte) Spiralfeder hingezogen wird. Wie aus der Figur
ersichtlich, ist dieser „hintere Verschlusstheil“ (das
„Schlösschen“) wahrscheinlich aus dem „chien“ des
Chassepot-Gewehres entstanden; er wird also ebenso wie dieser beim Abziehen der
Abzugsvorrichtung mitsammt dem Schlagbolzen durch die Entspannung der
Spiralfeder gegen das Zündhütchen der Patrone vorgeschnellt.
Zum Einbringen der Munition hat das deutsche Gewehr eine Repetirvorrichtung
bekommen, welche von Männlicher herrührt. Sie
bezweckt, mit einem Griffe mehrere Patronen zu laden und nach einander durch einfaches Schliessen und Oeffnen des Verschlusses
in den Lauf zu bringen, d.h. in diesem Falle: man ladet mit einem Griff fünf Patronen und spart dadurch vier
Griffe.
Die Repetirvorrichtung besteht zunächst in einem offenen Kasten, der unten an der
Hülse befestigt ist und in Verbindung mit einem Ausschnitte in letzterer einen
Stahlblechbehälter mit fünf Patronen aufnehmen soll. Dieser (auch
„Patronenrahmen“ genannt) ist wie der Einband eines Buches
eingerichtet, die Patronen stehen mit dem Boden auf dem Theile, der dem
„Buchrücken“ entspricht. Die „Deckel“ stehen unter spitzem
Winkel fest zum „Rücken“, ihre Enden nähern sich also; zur Aufnahme von
Patronen federn sie aus einander (Fig. 1Cb); ihre zum
„Rücken“ senkrechten Kanten sind nach innen umgebogen (Fig. 1Cc), in ihren
Flächen sind Rillen zum Festhalten der Ausdrehungen in den Patronenböden und
kreisförmige Ausschnitte zur Erleichterung angebracht. Jede Kante des
„Rückens“ ist etwas abgeschnitten, damit der Boden jeder äusseren
Patrone zum grossen Theil freiliegt (Fig. 1Cc). Wie aus
Fig. 1C zu
entnehmen, legt sich der Kopf eines zurückgezogenen Verschlusscylinders gegen
die frei liegende Bodenfläche der obersten Patrone, schiebt sie beim Schliessen
vor und in den Laderaum des Laufes (falls nicht noch eine andere Patrone oder
Hülse hier liegt). Beim Oeffnen nach dem Schusse wird die Hülse herausgeworfen,
beim nächsten Schliessen die zweite Patrone in den Lauf geschoben, weil dieselbe
mittlerweile durch einen Hebel in die Höhe gehoben worden war, der durch einen
Bolzen mit Spiralfeder gedrückt wird. – So „wiederholt sich das Laden von
selbst“, bis die „fünfte“ Patrone vorgeschoben worden ist;
alsdann federn die „Deckel“ etwas zusammen, füllen ihr „Magazin“
nicht mehr aus, der ganze Rahmen wird nun durch einen von einer Feder
getriebenen Hebel, der ihn bisher festgehalten hatte, nach rückwärts gestossen
und fällt hier durch die untere Kastenöffnung heraus.
Das spanische
7-mm-Mauser-Gewehr von 1892.
Mauser hat den grossen Mängeln der an und für sich
recht sinnreichen Repetirvorrichtung von Männlicher
zuerst im belgischen Gewehr von 1889 und dann in bedeutend verbesserter Weise im
spanischen Gewehr von 1892 abgeholfen. Der Patronenbehälter oder besser gesagt
-halter (in Fig. 1D
oben punktirt, ferner Fig. 1Da) ist ein bogenförmiges Stahlkästchen, dessen Querschnitt ein
kleines Rechteck bildet, aus dem die Mitte einer grossen Seite so weggenommen
ist, dass fünf Patronen mit den Kerben ihres Bodens eingeschoben werden können.
In dieser Stellung werden die Patronenböden durch einen im Kästchen liegenden,
wellenförmig gebogenen federnden Stahlblechstreifen so gegen die
stehengebliebenen Ränder der ausgeschnittenen Seite gedrückt, dass die ganzen
Patronen fest neben einander stehen. Ein solcher gefüllter (buchrückenförmiger)
Patronenhalter ist natürlich viel leichter als der bucheinbandförmige von Mannlicher. Er lässt sich bei geöffnetem Verschluss
so in das Ende eines Schlitzes oben in der Hülse einsetzen, dass die Patronen
hinunter und hinausgedrückt werden können. Hierbei kommen sie in ein unten
geschlossenes Magazin, und zwar auf ein rechteckiges, mit einem seitlichen
Ansatz versehenes Stahlblatt, das durch eine Feder vom Querschnitte eines
liegenden getragen wird. Der Ansatz auf dem Stahlblatte und die oberen
Ränder des Magazins vertheilen die Patronen so, dass sie in zwei Reihen (zu drei
bezieh. zwei Stück) neben einander liegen bei geschlossenem Verschlusscylinder; ist dieser zurückgezogen (und
geöffnet), so treibt die Feder die ganze Magazinfüllung so nach oben, dass die
obere Kante der obersten Patrone sich vor seinen Kopf, etwas seitwärts der
Längsachse, legt. (Das Magazin hat dadurch eine ungemein handliche Form
bekommen; es ist nicht mehr nöthig, dasselbe unter den Schaft heraustreten zu
lassen, wie es beim belgischen Gewehr der Fall war.) – Beim Vorschieben tritt
der Rand unter die vorspringende Kralle eines grossen, seitwärts gelegenen
Ausziehers und wird nicht eher wieder losgelassen, bis sie nach dem Schusse
durch den herausgezogenen Verschlusscylinder herausgeworfen wird. – Durch diese
Einrichtung wird es verhindert, dass eine zweite Patrone vorgeführt wird,
während die erste noch im Laufe steckt; das Laden zweier Patronen mit einem Schliessen (die doppelte Repetition) ist also unmöglich gemacht. Wenn die letzte
(fünfte) Patrone aus dem Magazin geschoben, verschossen und aus der Waffe
geworfen ist, drückt die -förmige Feder des Magazins den seitlichen
Ansatz des auf ihr liegenden Stahlblattes so in die Höhe, dass er sich vor den
geöffneten Verschlusscylinder legt und dessen Schliessen verhindert. Diese Lage
macht den Schützen darauf aufmerksam, dass er aufs Neue zu laden hat. – Es muss
noch besonders darauf hingewiesen werden, dass von unten kein Sand, kein Schmutz
in das Magazin eindringen kann, weil es dort geschlossen ist. Ausserdem bleibt
noch nachzuholen, dass der Schütze von dem Patronenhalter; der in den Schlitz
oben in der Hülse gesteckt wurde, beim Schiessen nichts mehr merkt, weil das
erste Vorschieben des Verschlusscylinders das entleerte Blechkästchen
wegwirft.
Die hier vorgeführte Repetirvorrichtung von Mauser
darf wohl als die beste der heutigen Kriegsgewehre angesehen und deshalb
vielleicht ihrer Entwicklungsgeschichte mit einigen Worten gedacht werden.
Textabbildung Bd. 294, S. 197Fig. 2.Ladeschachtel des englischen Gewehres nach Lee. Der Amerikaner Lee hatte vor mehr als 12
Jahren vorgeschlagen, in der Hülse eines Gewehres unter der Stelle einen Schlitz zu machen, wo sonst die einzelne Patrone
hingelegt wurde, und dann in und unter diesem Schlitz eine Blechbüchse zu
befestigen, die etwa dem Kastenmagazine (der
Ladeschachtel) des englischen Gewehres (nach Lee-Metford) entspricht. Auf dem Boden dieser nur an einer Seite offenen Büchse (Fig. 2) lag eine zickzackförmig gebogene Feder,
welche mittels einer aufliegenden Blechmulde eine Anzahl von Patronen (acht bis
zehn) so weit in die Höhe hob, dass die oberste an die umgebogenen Ränder des
oben offenen Endes stiess, wie es etwa beim Patronenbehälter von Mannlicher (Fig. 1C und Cc) der Fall ist.
Ebenso wie dort sollte auch das Vorschieben dieser Patrone mit dem vorderen Ende
des Verschlusscylinders erfolgen. Bei Gewehren, die jeden Augenblick
Repetirfeuer abgeben sollten, schien es nicht empfehlenswerth, für jeden
Patronenbehälter eine Feder mitzuschleppen; aus diesem Grunde scheint Mannlicher die Feder unten im Kastenmagazin construirt zu haben (Fig. 1C) in
Verbindung mit seinem bucheinbandförmigen (an drei
Seiten offenen) Behälter. Mauser hat beim
belgischen Gewehr eine sich zusammenlegende V-förmige Federvorrichtung angewandt
und die Lage der Patronen über einander
beibehalten; er ist erst beim spanischen Gewehr auf die hebende Feder von Lee zurückgegangen und zum verbreiterten Magazin
gekommen.
Dieser neuen eigenthümlichen Repetirvorrichtung wegen würde man schon
einigermaassen berechtigt sein, das spanische Gewehr als ein neues, besonderes
Mauser-System zu bezeichnen; man wird noch mehr dazu bewogen durch die bei
demselben angebrachten Aenderungen des Verschlusses.
Das sehr einfache Rohrstück des Verschlusscylinders ist vorn geschlossen, liefert
also selbst den Stossboden gegen die nach rückwärts gerichtete Kraft des
Schusses. Zur Aufnahme des hinteren Patronenrandes ist dieser „Boden“
entsprechend ausgedreht; die untere Kante ist ganz abgeschnitten, damit die aus
dem Magazin von unten, seitwärts aufsteigenden Patronen so bald als möglich mit
ihrer ringförmigen Eindrehung unter die vorspringende starke Kralle des rechts,
ausserhalb des Verschlusscylinders, liegenden Ausziehers treten. Letzterer ist
sehr lang und sehr breit (10,5 bezieh. 1 cm) und sitzt auf einem Ringe, der in
einer Nuth drehbar (und in der Zeichnung Fig. 1D sichtbar)
ist. Hinten an der linken Seite der Hülse (hier unsichtbar) sitzt ein
beweglicher Hebel, der, durch eine Feder ins Innere gedrückt, die zurückgezogene
leere Patronenhülse nach rechts auswirft, wenn ihr Rand gegenihn stösst, und der
ausserdem die Bewegung des Verschlusscylinders nach rückwärts begrenzt (der
„Schlosshalter“). An äusseren Ansätzen hat der Cylinder vorn auch
zwei „Klauen“, auf dem hinteren äussersten Rande einen Knopf. Mit den
Klauen wird er in ähnlichen Nuthen geführt, wie sie das deutsche Gewehr hat. Die
Hülse ist hinten nicht geschlitzt und ihre rückwärtige Abschlussfläche steht
nicht senkrecht zur Laufachse, sondern springt in der Mitte ein wenig vor, damit
der Knopf, welcher beim Schusse fest herangezogen war, beim Aufdrehen (nach
links oben) etwas rückwärts geführt wird und, den Verschlusscylinder nebst
Auszieher mit sich ziehend, die festgekrallte Patronenhülse lockert.
Das Lockern, d.h. das möglichst rucklose Anziehen einer festgeschossenen
Patronenhülse scheint bei den heutigen Gewehren eine grosse Rolle zu spielen,
und damit die Construction der Ausdrehung, in welcher sich die Klauen des
Verschlusscylinders beim Drehen bewegen, besonders wichtig geworden zu sein.
Liegt die Stützungsfläche derselben während des Schusses senkrecht zur
Rohrachse, so werden Verschlusscylinder und Patrone im ersten Theil des
Aufdrehens gar nicht zurückbewegt (falls nur die
Klauen führen); wenn aber dann die Ausdrehung plötzlich eine steile
Schraubenlinie bildet, so verursacht sie ein starkes Reissen am Auszieher und an
der Patrone. Beim spanischen Gewehr ist diesem schwierig
gewordenen Aufdrehen des Verschlusses Rechnung getragen, indem einmal
der Verschlussknopf und die schräge hintere Hülsenfläche das „Lockern“ im
ersten Moment des Aufdrehens schon aufnehmen, und indem zum anderen die ganze
Schraubenbewegung des Verschlusscylinders viel weniger steil als beim deutschen
Gewehr ist.
Um den geschlossenen Verschlusscylinder gegen selbsthätiges Oeffnen zu sichern,
hat das spanische Gewehr eine eigenthümliche Abzugsvorrichtung bekommen. Unter
der Verschlusshülse ist ein zweiarmiger Hebel
befestigt (der einarmigen „Abzugsgabel“ des deutschen Gewehres annähernd
entsprechend); auf dem Ende des linken Armes (Fig. 1D) ist ein
hoher Ansatz befestigt, der durch die Hülse hindurchreicht, neben ihm eine
Feder, die nach unten drückt, also den rechten Hebelarm mit Abzugsstollen immer
hoch, in die Hülse hinein hält. Beim Abziehen muss der Abzugsstollen herunter
gezogen werden, damit der gegen ihn gelehnte hintere Verschlusstheil frei wird
und eine Bewegung nach vorwärts (links) machen kann. Das ist aber nur dann
möglich, wenn der Ansatz links in den Körper des Verschlusscylinders
hineinreicht. In diesen ist nun eine Einkerbung gemacht, welche bei vollständig
geschlossenem Verschluss (aber nur dann!) genau über dem Ansätze steht. Wird in
diesem Augenblick der Hebelarm des Abzugsstollens heruntergezogen, so gibt er
nach, und der Kopf des Ansatzes geht in den Körper des Verschlusscylinders,
denselben mit der Hülse gegen Drehung verkuppelnd.
Bewegt wird der Hebelarm, wie aus der Zeichnung ersichtlich; durch den
„Abzug“ genannten Winkelhebel.
Durch diese Abzugsvorrichtung ist ein Theil des Zweckes erfüllt, den die ältere
Mauser'sche Erfindung, der „dreieckige
Ansatz mit der schiefen Fläche und die zugehörige Ausfräsung“ (Fig. 1Ba und Ca) hatte. Die von
dieser Einrichtung noch erfüllte andere Aufgabe, das „erste Spannen“ des
Verschlusses, ist beinahe verschwunden; der noch zu beschreibende Rest des
Verschlusses hat eine ganz neue Gestalt bekommen.
In einer sehr geschickten Weise ist die Sicherheitsvorrichtung zur Verhinderung
zufälligen Losgehens benutzt worden, um das Zusammensetzen und Auseinandernehmen
des Verschlusses zu vereinfachen und die Bewegung des Schlagbolzens zur
Entzündung der Patrone zu erleichtern. Diese Einrichtung selbst liegt in einem
Aufsatz auf einem Rohrstück, das vorn eine hohle Schraube als Verlängerung und
unten einen Schlitz hat; in dasselbe wird zunächst der Schlagbolzen mit
Spiralfeder eingeschoben, dabei legt sich ein entsprechender Kragen so um zwei
abgeflachte Seiten desselben, dass er nicht drehbar ist. Hierauf wird die
Schlagbolzenspitze gegen einen harten Gegenstand gedrückt, das
„Rohrstück“ so dagegen gepresst, dass die Spiralfeder zwischen diesem
und dem vorspringenden Theil des Bolzens sich zusammenpresst und dessen Ende mit
Verkragungseinschnitten hinten heraustreten lässt, damit ein Hakenstück
(„Nuss“) mit entsprechenden Verkragungsausschnitten aufgeschoben und
um 90° gedreht werden kann. Wenn nun das Rohrstück losgelassen würde, so träte
es, durch die sich entspannende Spiralfeder getrieben, über das Hakenstück,
dieses mit dem Schlagbolzen verbindend. Zum ersten Zusammensetzen des
Verschlusses aber vermindert man den Druck auf das Rohrstück nicht eher, bis man
die Scheibe der über, diesem befindlichen Sicherung durch eine Flügelbewegung
vor die obere Kante des Hakenstückchens gelegt hat; lässt man dann los, so hat
man den Schlagbolzen und die mit ihm verbundenen Theile in einer
Zusammensetzung, die sofort in das hintere Ende des Verschlusscylinders
eingeschraubt werden kann. Nachdem dies geschehen (Haken des Hakenstückes über
dem Abzugsstollen liegend), kann die sperrende Scheibe der Abzugsvorrichtung
abgedreht werden und der Entzündungsmechanismus beim Oeffnen und Schliessen frei
arbeiten. Ebenso leicht, wie das Zusammensetzen dieser Verschlusstheile, ist
auch das Auseinandernehmen; es kann sogar ganz gefahrlos bei geladenem Gewehr
geschehen.
Aus einem Vergleich zwischen Fig. 1C und D tritt der
Unterschied der Massen scharf hervor, welche die Spiralfeder zum Schusse beim
deutschen und beim spanischen Gewehr zu bewegen hat.
Der Haken unter dem Hakenstücke auf dem Abzugsbolzen gleitet beim Abfeuern vorn
aus dem Schlitze des „Rohrstückes“ hinaus in einen kleinen dreieckigen
Ausschnitt hinten im Verschlusscylinder, wahrscheinlich um die ganze, beim
Oeffnen und Schliessen bewegte Masse der Verschlusstheile besser
zusammenzuhalten. Die „erste Spannung“, welche dadurch beim Oeffnen
erzielt wird, ist sehr klein und die obige Behauptung gerechtfertigt, dass die
erste Erfindung Mauser's, die des „dreieckigen
Ansatzes mit der schiefen Fläche“, sehr an Bedeutung eingebüsst hat. Um
das beim Aufdrehen verminderte Zusammenpressen der Spiralfeder zu ersetzen, muss
jetzt mit der Hand eine sehr lange Vorwärtsbewegung des Verschlusscylinders
ausgeführt werden. Man kann aber dadurch beim Aufdrehen eine grössere Kraft auf
das Lockern der Patrone wirken lassen. Beim Schiessen soll sich herausgestellt
haben, dass die Bewegung dieses spanischen Mauser-Verschlusses weniger
anstrengend ist als die des ersten.
Während einerseits diese eigenthümliche Verschlussconstruction die Haltbarkeit
der Patronen vergrössert, vermindertsie andererseits auch die Gefahr, welche etwa
einer der seltenen „Patronenreisser“ dadurch für den Schützen bringen
könnte, dass ihm Gase ins Gesicht schlagen; die hinten von der Verschlusshülse
gebildete Brücke und das weite Vorspringen des an den Verschlusscylinder
geschraubten „Rohrstückes mit Sicherungsvorrichtung“ lenken deren Weg
vollständig ab.
Die Betrachtung über das spanische Mauser-Gewehr darf nicht geschlossen werden,
ohne den von seinem Constructeur angestrebten Wegfall aller
Schraubenverbindungen zu erwähnen. Oben wurde schon die hierher zu rechnende
Verbindung des Schlagbolzens mit seinem Hakenstück hervorgehoben. (Eine ziemlich
ähnliche „T-Verbindung“ kommt schon beim
Chassepot-Gewehr 1866 vor [Verbindung des Fusses der Zündnadel mit dem
Nadelbolzen, >Fig.
1B]). – Der Magazinkasten ist durch einen Bolzen mit Spiralfeder so im
Gewehr befestigt, dass man letzteren nur etwas zurückzudrücken, zu drehen und
dann wieder vorgehen zu lassen braucht, um die ganze Repetirvorrichtung
herausnehmen zu können. – In ähnlicher Weise ist auch durch einen Druck auf
einen Bolzen die Sicherheitsvorrichtung aus einander zu nehmen.
Der Patronenhalter des neuen russischen Gewehres (Fig. 1E).
Nach Beobachtungen in Belgien und Mittheilungen aus Frankreich ist derselbe dem
belgisch-spanischen nachgebildet. Eine Aenderung war deshalb nöthig, weil die
(┴-förmigen) Patronen die stark vorspringenden (hinten abgerundeten) Ränder der
früheren Berdan-Patronen beibehalten haben; bei einer Stellung mit neben einander
stehenden Rändern würde der Halter übermässig lang geworden sein. Man hat dem
Querschnitte des letzteren deshalb eine besondere Erweiterung gegeben, in welcher
die vorderen Flächen der Ränder der ersten, dritten und fünften (letzten) Patrone an
den Uebergang zur Verengung stossen sollen, die Rückflächen der zweiten und vierten
Patrone aber gegen den Boden des Halters (diese Ränder
liegen also gewissermaassen hinter den anderen). Dieser
Boden (und nicht die Seitenwände) hat in jedem Ende
einen zungenförmigen Einschnitt, welcher, in die Höhe gebogen, sich mit seinem Ende
federnd gegen den Boden der Eckpatrone legt, um dieser die feste Stellung zu geben,
die beim belgisch-spanischen Patronenhalter das wellenförmige Einlageblech erzeugt.
(Neuerdings sind in Deutschland Beschreibungen des neuen russischen Gewehres
erschienen, welche Patronenhalter anführen, die ganz anders als die oben
beschriebenen eingerichtet sind und die eine recht umständliche Bedienung erfordern
müssen. Es erschien nöthig, dies hier einzuschieben, um Irrthümer zu
verhindern.)
(Fortsetzung folgt.)