Titel: | Elektrische Vorrichtung zum selbsthätigen Umstellen der Flügel an Mastsignalen von Sykes. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 208 |
Download: | XML |
Elektrische Vorrichtung zum selbsthätigen
Umstellen der Flügel an Mastsignalen von Sykes.
Mit Abbildungen.
Elektrische Vorrichtung zum selbsthätigen Umstellen der Flügel an
Mastsignalen von Sykes.
Die auf englischen Bahnen in Verwendung stehenden Sykes'schen elektrischen Vorrichtungen älterer
Gattung, mit welchen das selbsthätige Umstellen der Signalflügel an Stations-Ein-
oder Ausfahrtsignalen oder an Blocksignalen bewirkt wird, bringen eigenthümlicher
Weise den Flügel nicht von Frei auf Halt, sondern von Frei auf
Vorsicht, und die Haltstellung muss schliesslich
vom Signalwärter besorgt werden. Der betreffende Auslöseapparat befindet sich in
einem eisernen, an dem Signalmaste befestigten Gehäuse und besteht aus einem
Elektromagneten, dessen Anker mit einem Hebelwerke derart in Verbindung gebracht
ist, dass das letztere, sobald der Anker vom Elektromagneten angezogen wird, das zum
Stellen des Signalflügels dienende Gestänge verschiebt und dass zufolge dieser
Gestängsverschiebung der auf Frei gestandene Flügel die
Lage für Vorsicht erhält.
Die jüngeren Sykes'schen Auslösevorrichtungen, welche
zuerst gelegentlich der vor zwei Jahren erfolgten Erweiterung und Neueinrichtung der
Station Waterloo (vgl. Engineering vom 27. Mai 1892, vom 16. September 1892; The Engineer vom 29. Juli 1893 u.s.w.) in praktische
Verwendung genommen wurden, stimmen hinsichtlich des elektrischen Theil es mehr oder
minder mit der älteren Anordnung überein, unterscheiden sich aber von derselben ganz
wesentlich durch den Umstand, dass der die selbsthätige Signalumstellung ausführende
Apparat W (Fig. 1) nunmehr
unmittelbar in das Gestänge S1S2 der
Signalstellvorrichtung eingefügt ist, und dass der vom Signalwärter mittels der
soeben genannten Stellvorrichtung auf Frei gebrachte
Flügel F2
– nach englischer Gepflogenheit schräg nach abwärts
gekehrt, wie es Fig. 1
gestrichelt darstellt – zufolge der vom vorbeifahrenden Zuge herbeigeführten
Auslösung gleich in die wagerechte, d. i. in die
normale Haltstellung F1
zurückgebracht wird.
Die von einer gusseisernen, wetterdicht verschliessbaren Büchse umschlossene
Auslösevorrichtung W, deren Einzelheiten die Fig. 2 ersichtlich macht,
hängt mittels der regulirbaren Schraubenkuppel h an der
zum Signalflügel führenden Stange S2 (vgl. auch Fig. 1) und vertritt
zugleich das Gegengewicht des Signalflügels, welches sonst gleich unmittelbar am
kürzeren Flügelarm angebracht zu sein pflegt und die Aufgabe hat, den Flügel in der
durch einen Anschlag begrenzten Haltlage festzuhalten oder denselben in diese Lage
zurückzubringen, falls das Gestänge der Signalstellvorrichtung während der Freilage
des Flügels etwa reissen würde.
In den unteren Theil der Büchse W reicht die vom
Stellwerk kommende Gestängsstange S1 hinein, deren prismatisch geformtes, von
Führungslaschen Q umfasstes Ende S3 an seiner obersten
Abschlusskante etwas abgeschrägt ist. Im Inneren der Büchse befindet sich auf einem
in der Rückwand festsitzenden Zapfen Z der Metallarm
D, welcher an einer Drehachse Z1 eine Rolle R1 trägt, mit der er
sich dem Gestängsstücke S3 entgegenstemmt bezieh. auf demselben aufstützt. Diese Lage des Armes D wird nämlich durch die von der Feder f nach aufwärts gezogene, um Z2 drehbare Klinke P bedingt, weil die letztere mit einem Absatze vor dem passenden
Ausschnitt i des Armes D
eingeschnappt ist. Bringt der Signalwärter, um für eine Zugseinfahrt die Aenderung
des Signals von Halt in Frei durchzuführen, seinen betreffenden Signalstellhebel mit der Hand in
die erforderliche Lage, so wird die Stange S1 ein Stück hochgehoben. Hierbei erhält der Arm D von der Schräge des Stückes S2 einen Antrieb, der ihn veranlassen
würde, nach rechts auszuweichen, wenn dies nicht durch die eingefallene Klinke P verhindert wäre; es geht daher mit der Stange S1 auch die Büchse W und die Stange S2 den gleichen Weg nach aufwärts und es entsteht auf
diese Weise die in Fig.
1 durch gestrichelte Linien gekennzeichnete Lage des Gestänges und des
Signalflügels. Das Signal wurde also auf Frei gebracht,
ohne dass die innere Anordnung der Büchse W eine
Aenderung erfahren hat. Erreicht jedoch der einfahrende Zug die Signalstelle, so
bringt er einen daselbst im Gleis eingelegten Streckencontact in Schluss, wodurch
der Strom einer galvanischen Batterie in die Spulen des im Gehäuse W angebrachten Elektromagnetes M (Fig. 2)
gelangt. Es erfolgt eine Anziehung des Ankers x,
während gleichzeitig der rechtsseitige Arm des durch ein Gelenk y mit x verbundenen, um
z4 drehbaren Hebels
n ein wenig in die Höhe gehoben wird, wodurch der
um z3 drehbare Hammer
H, welcher sich bisher mit einem Absatze gegen das
schneidenförmige Ende von n gelehnt hat, seine Stütze
verliert und nach links umkippt. Beim Niederfallen des Hammers trifft derselbe das
mit der Klinke P durch ein Gelenk verbundene
Stahlstängelchen P1 und
stösst dasselbe so tief nach abwärts, dass P1 bei i ausgerückt wird
und der hierdurch frei werdende Arm D nach rechts
ausweichen kann. Da auf diese Weise die bisher bestandene Hemmung behoben wurde,
folgt die Büchse W mit der Stange S1 dem Bestreben,
niederzugehen und die vorher innegehabte Haltlage wieder einzunehmen. Die
Apparattheile gewinnen hierdurch die in Fig. 2 dargestellte Lage
und der Signalflügel selbst ist von Frei auf Halt zurückgegangen. Beim Niedergehen der Büchse W und beim Ausweichen des Armes D hat die Nase b gegen die Rolle R2 des abgefallenen
Hammers gedrückt und diesen so hoch gehoben, dass er mit seinem Absatze wieder
hinter die Schneide von n gelangt. Nachdem aber der Zug
den Streckencontact vollständig überfahren hat und daher der Stromin M aufhört, lässt der abreissende Anker auch den Hebel n wieder in die ursprüngliche Sperrlage zurückkehren,
so dass von diesem Augenblicke an ein neuerliches Abfallen des Hammers H nicht mehr möglich ist, selbst dann, wenn die
Beeinflussung der Rolle R2 durch b aufhört. Letzteres tritt ein,
sobald der Signalwärter später auch den zum Signal gehörigen Stellhebel, also das
Gestänge S1 mit der
Hand in die Haltlage zurückbringt. Auf dem eingangs genannten Waterloo-Bahnhof kann
diese Rückstellung keineswegs nach dem blossen Ermessen des Signalwärters, sondern
lediglich unter der Bedingung erfolgen, dass der betreffende Zug seine
Weichenfahrstrasse vollständig durchfahren und einen hinter der letzten Weiche im
Gleis liegenden Stromschliesser thätig gemacht hat, weil der Signalstellhebel des
Wärters auch während der Freilage verriegelt ist und nur mit Hilfe des gedachten
Fahrstrassenabschlusscontactes freigemacht wird. Gleichgültig jedoch, ob die
Rückstellung des Stellhebels und Gestänges von Frei auf
Halt von Verriegelungen abhängig gewesen ist oder
nicht, wird bei der Durchführung dieser Rückstellung die Stange S1 wieder so weit
niederwärts gezogen, als sie vorher bei der Umstellung von Halt auf Frei hochgegangen war. Auf diesem
Wege kann ihr aber diesmal die Büchse W nicht folgen,
da die letztere schon nach der oben betrachteten Auslösung ihre tiefste Lage
eingenommen hat; wohl aber dreht sich der durch sein Eigengewicht sowohl als durch
die Feder f beeinflusste Arm D in dem Maasse, wie das zurückweichende Stangenende S3 Platz gewährt, in
die senkrechte Lage zurück, wobei schliesslich die Klinke P wieder bei i einschnappt und alle Theile
die ursprüngliche Ruhelage (Fig. 2) zurückerhalten.
Für die durch den Zug zu bewerkstelligenden Stromschliessungen verwendet Sykes zweierlei Contactgattungen, nämlich Radtaster mit Auflaufschienen und Schienendurchbiegecontacte.
Die erstere dieser Vorrichtungen besteht aus der Auflaufschiene B (Fig. 1) und der
Gegengewichtsschiene G, welche beide, damit die
Construction nicht zu steif werde und behufs leichterer Unterhaltung, nicht aus
einem Stücke, sondern aus je zwei mit einander durch Scharniere verbundenen Stücken
hergestellt sind. Die beiden Schienen B und G stehen unter einander durch acht Doppelhebel in
Verbindung, welche auf der durchlaufenden Stange bezieh. Drehachse x festsitzen, während die letztere in acht Trägern
lagert, deren Fussplatten s an den Bahnschwellen
festgeschraubt sind. Diese ganze Anordnung bildet gleichsam eine achtfache Wage, die
einerseits durch B, andererseits durch G belastet wird. Weil jedoch G wesentlich schwerer ist als B; so liegt G unter normalen Verhältnissen stets auf den angemessen
weit vortretenden Fussplatten s, während der leichtere
B etwa 4 mm frei über Schienenoberkante gehalten
bleibt. An der Drehachse x, und zwar zwischen dem
vierten und fünften Lagerständer, ist ein Metallarm E
(Fig. 3)
festgeschraubt, der einem Contactamboss gegenüber liegt; ersterer steht durch die
Eisentheile der Construction mit der Erde, letzterer durch die Leitung L mit dem Elektromagnete der Signalauslösevorrichtung
in leitender Verbindung, und diese Haupttheile des Stromschliessers sind von einem
passend geformten Schutzgehäuseumschlossen. Wenn die Räder eines Zuges auf B (Fig. 1) auffahren, so
wird B niedergedrückt und G dagegen gehoben; demzufolge wird die Achsen gedreht und E (Fig. 3) mit c2 gegen c1 gepresst, also die
Stromlinie des zugehörigen Auslöseelektromagnetes geschlossen.
Textabbildung Bd. 294, S. 209Sykes' Mastsignale. Häufiger und insbesondere überall an jenen Signalstellen, welche die Züge
mit einer grösseren Geschwindigkeit passiren, werden die Schienendurchbiegecontacte
benützt. Ein 6 engl. Fuss langes, an drei Stellen ausgebogenes Flacheisen UU1, von der in Fig. 4 perspectivisch und
in etwas grösserem Maasstabe in Fig. 5 als Vorderansicht
dargestellten Form, ist an seinen beiden Enden mittels der Träger m1 und m2 und durch Schrauben
an der Eisenbahnschiene S steif befestigt, und zwar auf
der Aussenseite des Schienenstranges. Im Flacheisen UU1, welches mit Hilfe eines
aufzusetzenden Blechdaches einen förmlichen Kasten bildet, sind vier Zapfen
festgenietet, welche als Drehachsen für die beiden stählernen, zweiarmigen Hebel a1 und a2, sowie für die beiden gleichfalls hebeiförmig
angeordneten, aus Eisen hergestellten eigentlichen Stromschliesser q1 und q2 dienen. Die
letzteren lehnen sich mit ihrem schwereren, etwas nach abwärts gekehrten Schenkel
gegen einen Rollenstift, der am Ende des gegenüber liegenden längeren Armes von a1 bezieh. a2 seitlich vorsteht.
Die kürzeren Arme von a1 und a2
lehnen sich hingegen ihrerseits an einen starken Stahlstift N, welcher mit UU1 in keinerlei sonstiger Verbindung steht, sondern mittels Lasche und
Schrauben an der Schiene S in der Mitte zwischen m1 und m2 festgemacht ist. Der
Befestigungspunkt von N soll mit jener Schienenstelle
zusammenfallen, welche beim Befahrenwerden durch Fahrzeuge die stärkste Einbiegung
erleidet, er muss also in die Mitte zwischen zwei Unterlagsschwellen der Bahnschiene
zu liegen kommen,worauf natürlich bei der Wahl der Anbringungsstelle sorgsamst Bedacht zu
nehmen ist. Ueberfährt ein Zug den richtig angebrachten Apparat, so drückt der
abwärts gehende Stift N – so oft ein Räderpaar die
Stelle passirt – die beiden Hebel a1 und a2 aus ihrer Ruhelage, in Folge dessen auch die
Winkelhebel q1 und q2 gekippt werden und
die Stromschliessung vor sich geht. Die nach aufwärts gekehrten Arme von q1 und q2 sind nämlich kurze,
hohle Eisencylinder, die oben mit einem Ebonitstöpsel verschlossen sind, durch
welche eine mit der elektrischen Leitung verbundene Platinnadel auf eine bestimmte
Tiefe in den Hohlraum hinabreicht. In jedem Cylinder befindet sich ferner so viel
Quecksilber, als etwa ein Theelöffel fasst, und das mit dem Platindrahte in
Berührung gelangt, sobald das Quecksilbergefäss genügend nach aussen geneigt
wird.