Titel: | Einige Anwendungen des Barothermoskops und der absoluten Millesimalscala in Theorie und Praxis. |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 257 |
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Einige Anwendungen des Barothermoskops und
der absoluten Millesimalscala in Theorie und Praxis.
Von F. Salomon.Vortrag, gehalten
auf der Hauptversammlung des Vereins für angewandte Chemie in Köln, s. S. 687
der Zeitschrift.
Einige Anwendungen des Barothermoskops und der absoluten
Millesimalscala in Theorie und Praxis.
Die ausserordentliche Klarheit, welche alle rechnerischen Vorgänge auf dem Gebiete
der Gasometrie erhalten, wenn man die von mir (vgl. 1891 281 119, 1892 283 259, 286 191) vorgeschlagenen Aenderungen der Temperaturscala und der
Barometerscala zur Anwendung bringt und sich gleichzeitig des a. a. O. angegebenen
Barothermoskops bedient, gibt mir Veranlassung, auf diesen Gegenstand zurückzukommen
und in besonderen Beispielen die weitgehende Verwendungsfähigkeit der betreffenden
Instrumente zu illustriren.
I. Reduction auf Normaltemperatur 0° C.
(1000 Sln.)
Bedeutet V0 = Volumen
bei 0° C., V = Volumen bei der Beobachtungstemperatur,
t = 0° C., T =
0 Salomon, so hatte man für die Reduction eines
Gases auf die Normaltemperatur 0° C. bisher die Formel
V^0=\frac{V\,.\,273}{273+t} . . . . . . . . . .
(1)
bei Anwendung der Millesimalscala lautet dieselbe
V^0=\frac{V\,.\,1000}{T} . . . . . . . . . .
(2)
II. Reduction auf Normaldruck 760 mm Hg.
(1000 Milliatmosphären.)
Für die Reduction eines Gases auf den Normaldruck setzte man bisher
V^0=\frac{V\,.\,B}{760} . . . . . . . . . .
(3)
wobei B den abgelesenen
Barometerstand bedeutet.
Bei Anwendung der Milliatmosphären ist
V^0=\frac{V\,.\,P}{1000} . . . . . . . . . .
(4)
wenn P den abgelesenen Druck in
Milliatmosphären darstellt.
Vereinigt man beide Formeln, so ist
V^0=\frac{V\,.\,273\,.\,B}{(273+t)\,760} . . . .
. . (5)
oder
V^0=\frac{V\,.\,B}{760\,(1+0,00366\,t)} . . . .
(6)
die frühere, dagegen
V^0=\frac{V\,.\,P}{T} . . . . . . . . . . . . .
(7)
der jetzige einfache Ausdruck zur
Berechnung des Normalvolumens trockener Gase.
III. Reduction feuchter Gase.
Tritt der Wasserdampf ins Spiel, haben wir also das Gasvolumen feucht gemessen, so
nahm man bisher
V^0=\frac{V\,.\,273\,(B-f)}{(273+t)\,760} . . .
. . . . (8)
während bei Anwendung der Millesimalscala für die Temperatur
und der Milliatmosphären für den Druck
V^0=\frac{V\,.\,P-f}{T} . . . . . . . . . .
(9)
zur Berechnung des trockenen Gasvolumens von 0° und 760 mm
Druck bezieh. 1000° Sln. und 1000 Milliatmosphären dient, wobei f die Tension des Wasserdampfes in Milliatmosphären
bedeutet.
Beispiel 1. Nehmen wir ein feuchtes Gasvolumen V von
40,2 cc, 20,6° C. t, 719 mm Druck B und 18 mm Tension f, so
erhalten wir beim Einsetzen dieser Werthe nach der alten Formel (8)
V^0=\frac{40,2\,.\,273\,.\,701}{293,6\,.\,760}=34,5\mbox{
cc.}
Da 20,6° C. = 1075,2° Sin., 701 mm Hg = 922,3 Milliatmosphären, so gibt die neue
Formel (9) dagegen die vereinfachte Rechnung
V^0=\frac{40,2\,.\,922,3}{1075,2}=34,5\mbox{
cc.}
Soll das Normalvolumen V0 eines Gases auf ein Volumen V von anderer
Temperatur und Druck und mit Feuchtigkeit gesättigt umgerechnet werden, so ist statt
der Gleichung
V=\frac{V^0\,(273+t)\,760}{273\,(B-f)} . . . . .
(10)
die einfache
V=\frac{V^0\,.\,T}{P-f} . . . . . . . . . . . .
(11)
zu verwenden.
Wie die Umrechnung der Celsiusgrade in die Grade meiner Scala, sowie der Millimeter
Hg in die Milliatmosphären mühelos zu erreichen ist, habe ich a. a. O. gezeigt, die
graphische Methode gestattet, in Zeit von wenigen Minuten eine für alle Fälle
ausreichende Tabelle zu entwerfen; für die Umrechnung können auch noch folgende
Formeln dienen:
Celsiusgrade
=
(Sln.° – 1000) . 0,273
Salomongrade
=
°C. . 3,665 + 1000
1 Atmosphäre
=
76 . 13,595 g Hg = 1033,3 g
1 mm Hg
=
1,316 Milliatmosphären
1 Milliatmosphäre
=
0,76 mm Hg.
Wenden wir uns nun zu der weiteren Vereinfachung der Gasanalyse, wie sie durch das Barothermoskop ermöglicht wird, so werden
auch hier wenige Beispiele genügen, um die Anwendungsfähigkeit dieses Instrumentes
bei gasanalytischen Untersuchungen für wissenschaftliche und praktische Zwecke zu
beweisen.
Das Barothermoskop ist ein Volumeter, es unterscheidet sich von den üblichen
Instrumenten der Art durch seine Handlichkeit und dadurch, dass es die Volumengrade
direct abzulesen gestattet; die Empfindlichkeit hängt von der Grösse des
Luftvolumens ab und kann beliebig hoch gesteigert werden.
Die Anwendung des Barothermoskops ist eine vielseitige. Man kann es verwenden:
1) Als Luftthermometer. In diesem Fall muss man den
Barometerstand in Millimeter Hg oder den Druck in Milliatmosphären kennen, um die
Temperatur zu berechnen. Die Formel lautet:
\frac{V^b\,.\,P}{1000}=T . . . . . . . . . .
(12)
wenn Vb das vom Barothermoskop angezeigte Volumen, P den Druck in Milliatmosphären und T die Temperatur in absoluten Graden der
Millesimalscala bedeutet.
Beispiel 2. Das in ein Luftbad eingetauchte Barothermoskop zeigt 1200°, der
Barometerstand betrug 730 mm = 960 Milliatmosphären, so war die Temperatur des
Luftbades
\frac{1200\,.\,960}{1000}=1152^{\circ}\mbox{
Sln.}=41,7^{\circ}\mbox{ C.}
2) Als Barometer. Kennt man die Temperatur der Luft in
absoluten Graden und bestimmt man den Stand des Barothermoskops, so findet sich der
herrschende Druck aus der Formel:
\frac{T\,.\,1000}{V^b}=P . . . . . . . . . .
(13)
Beispiel 3. T= 1064° Sln. (17,5° C), Vb = 1083,5, so
ist
P=\frac{1064\,.\,1000}{1083,5}=982\mbox{ Milliatmosph.
}=746,5\mbox{ mm.}
Hat man ein Thermometer mit Salomonscala und ein Barothermoskop neben einander
hängen, so kann man mit Hilfe dieser beiden Instrumente den Luftdruck mit Sicherheit
bestimmen. Die Correctur, welche bei den Quecksilberbarometern in Folge der
Ausdehnung durch die Wärme nöthig wird, fällt hier natürlich fort.
3) Als Volumeter in der Gasanalyse. Da das im
Barothermoskop eingeschlossene Luftquantum unter genau denselben Bedingungen steht
als das der Beobachtung unterzogene, so ist es klar, dass die Anzeigen direct den
Volumenstand der untersuchten Gasart angeben müssen, sobald die Theilung sachgemäss
ausgeführt wurde.
Zeigt z.B. bei einer Gasanalyse das neben dem Eudiometer hängende Barothermoskop
1134°, so ist das dem herrschenden Barometerstande und der Beobachtungstemperatur
entsprechende Volumen 1134 oder mit anderen Worten, 1000 Volumina von 0° und 760 mm
Druck bezieh. 1000° Sin. und 1000 Milliatmosphären sind auf 1134 Raumtheile
ausgedehnt, und man findet das bei 0° und 760 mm Druck vorhandene Gasvolumen V0 einfach nach der Gleichung
V^0=\frac{V\,.\,1000}{1134}=\frac{V\,.\,1000}{V^b} . . . . .
. . . . . (14)
Man braucht also nur das abgelesene Gasvolumen mit dem reciproken Werth der Barothermoskopgrade zu multipliciren oder mit 1000 zu
multipliciren und durch die gef. Barothermoskopgrade zu dividiren und erhält das
Volumen bei Normaldruck und Temperatur.
Um sich von der richtigen Ausführung des Barothermoskops zu überzeugen, bestimmt man
einige Male bei verschiedenen Temperaturen und Drucken in absoluten Millesimalgraden
und Milliatmosphären das den Beobachtungstemperaturen und Drucken entsprechende
Volumen V, welches mit den am Barothermoskop
abgelesenen Graden identisch sein muss, nach der Formel:
V=\frac{T\,.\,1000}{P} . . . . . . . . . .
(15)
Beispiel 4. In Beispiel 1 hatten wir:
Druck 719 mm
=
945,5 Milliatmosphären,
Temperatur 20,6° C.
=
1075,2 Sln.,
also hätte das Barothermoskop das Volumen Vb des trockenen
Gases zu
\frac{1075,2\,.\,1000}{945,5}=1137,5\ V^b
angegeben.
Ist das gemessene Gas mit Feuchtigkeit gesättigt, so berechnet man zunächst das
dem am Barothermoskop abgelesenen trockenen Volumen Vb entsprechende feuchte Volumen Vb nach der
Formel
B^{bf}=\frac{V^b\,.\,1000}{1000-f} . . . . . . .
. . . (16)
und findet dann V0 des in Untersuchung stehenden feuchten Volumens
Vt
aus
V^0=\frac{V^f\,.\,1000}{V^{bf}} . . . . . . . .
. . (17)
Beispiel 5. 40,2 cc Stickstoff feucht gemessen, standen unter Druck und Temperatur,
wie in Beispiel 1 angegeben, der Stand des Barothermoskops war somit Vb = 1137,5, die
Temperatur betrug 20,6° C. = 1075,2° Sln., woraus sich die Tension des Wasserdampfes
f zu 18 mm Hg = 23,5 Milliatmosphären ergibt.
Nach Formel (16) berechnet sich hieraus das Volumen Vbt in feuchtem Zustand
V^{bf}=\frac{1137,5\,.\,1000}{1000-23,5}=1164,8
und hieraus nach der Formel (17)
V^0=\frac{40,2\,.\,1000}{1164,8}=34,5\mbox{
cc}
wie früher in Beispiel 1 gefunden.
Ist ein Gas nicht ganz mit Feuchtigkeit gesättigt und kennt man den hygrometrischen
Stand, so ist die Rechnung ebenso einfach, man hat in diesem Falle für f nur die durch das Hygrometer bestimmte Spannung zu
setzen.
Zum Beispiel: 1 cbm Luft, dessen Volumen Vb am Barothermoskop zu 1100 ermittelt wurde, hat
einen Feuchtigkeitsgehalt, welcher einer Tension von 10 Milliatmosphären entspricht,
es ist dann
V^{bf}=\frac{1100\,.\,1000}{1000-10}=1111,1^{\circ}
und das Cubikmeter dieser Luft enthält
V^0=\frac{1000\,.\,1000}{1111,1}=900,09\mbox{
l}
während es im trockenen Zustand
1100 : 1000 = 1000 : x = 909,09 l
Luft von 0° und 760 mm enthalten hätte.
Berechnung der Gasgewichte aus den Ablesungen am Barothermoskop. Setzt man die
Gewichte der Gase bei 0° und 760 mm, also bei dem Punkte 1000 des Barothermoskops =
1, so erhält man die Gewichte bei allen übrigen Drucken und Temperaturen einfach
durch Division mit den entsprechend gefundenen Barothermoskopgraden.
Beispiel 6. Atmosphärische Luft 1 l = 1,293 g bei 1000°.
Abgel. Barothermoskop
1100^{\circ}=\frac{1,293}{1100}=1,1758\mbox{\ g}.
Ordnet man die Gase nach ihren Molekulargewichten (H2N28 Luft29) u.s.w. in Kreisen, indem man für jedes Gas den Radius dem
Volumengewichte entsprechend gross aufträgt, so kann man die Volumengewichte
sämmtlicher Gase in den bei der Gasanalyse vorkommenden Druck- und Temperaturgrenzen
auf einer einzigen Tabelle vereinigen und für jedes Volumen sofort das entsprechende
Gasgewicht ablesen, sobald man den Volumenzustand mit dem Barothermoskop oder auf
andere Weise bestimmt hat.
Eine für technische Gasanalyse, für Vorlesungsversuche und viele andere Zwecke
ausreichend genaue Tabelle derspecifischen Gewichte und Litergewichte, deren Werthe
man bei Kenntniss der Molekulargewichte unter Anwendung der Zahlen 22,4 und 29 sehr
leicht jederzeit im Kopfe berechnen kann, sei hier angeführt; sie beruht auf
folgender Grundlage:
Das Volumen von 1 g Sauerstoff bei 0° und 760 mm Druck (= 1000 Volumetergraden) ist
nach den neuesten Bestimmungen = 699,25 cc bei 45° Breite und Meereshöhe, und 1 l
Sauerstoff wiegt dann 1,4292 g. Nimmt man nun das Volumen von 1 g Sauerstoff in
runder Zahl zu 700 cc, so nehmen 32 g Sauerstoff (1 Mol.-Gew.) den Raum von 32 . 0,7
= 22,4 l ein. Setzt man ferner das aus O21N79 berechnete Gewicht der Luft auf rund 29 statt
28,94 für 22,4 l und für die Molekulargewichte ganze Zahlen, so entsteht die
nachfolgende Tabelle, welche für die meisten Zwecke ausreicht und eventuell bei sehr
subtilen Untersuchungen sehr einfach zu corrigiren ist.
Formel
1 Mol.-Gew. Min g22,4 l
1 l wiegt bei 0und 760
mmDurchmesser\frac{M}{22,1}
Dichte derLuft =
1\frac{M}{29}
1 g nimmt einenRaum
ein\frac{22400}{M}
Dem Gewichtvon 1 l Luft,1,294 g
ent-spricht einVolumen
von\frac{29}{M}
g
cc
l
Luft
C79O21
29,0
1,294
1,0
772,5
1,00
Acetylen
C2H2
26,0
1,1607
0,897
861,5
–
Aethylen
C2H4
28,0
1,25
0,9655
800,0
–
Aethan
C2H6
30,0
1,34
1,0345
756,6
–
Ammoniak
NH3
17,0
0,760
0,5863
1317,5
–
Chlor
Cl2
71,0
3,125
2,45
315,5
–
Salzsäure
HCl
36,5
1,629
1,259
613,7
–
Kohlenoxyd
CO
28,0
1,25
0,9655
800,0
1,036
Kohlensäure
CO2
44,0
1,964
1,518
509,1
0,659
Methan
CH4
16,0
0,714
0,5519
1400,0
–
Sauerstoff
O2
32,0
1,429
1,1033
700,0
0,906
Schwefligsäure
SO2
64,0
2,857
2,209
350,0
–
Schwefelwasserstoff
H2S
34,0
1,518
1,173
659,0
–
Stickstoff
N2
28,0
1,25
0,9655
800,0
1,036
Wasserstoff
H2
2,0
0,08924
0,0690
11200,0
14,50
Wasserdampf
H2O
18,0
0,8035
0,6207
1244,0
1,61
Die Einfachheit der Rechnung mit Hilfe dieser Tabelle und bei Anwendung des
Barothermoskops lässt folgendes Beispiel ersehen, welches Fischer's StöchiometrieF. Fischer, Stöchiometrie (Hannover
1875). entnommen wurde:
Beispiel 7:
Zn
+
H2SO4
=
ZnSO4
+
H2
65
+
98
=
161
+
2
also sind
2gH = 22,4 l bei 0° und 760 mm.
Bei Anwendung von 10 k Zink:
65 : 10 = 22,4 : x = 3,44 cbm H2
von 0° und 760 mm.
Die Frage, wie viel Liter H2 würden wir bei 27,3° C.
= 1100° Sin. erhalten, ist durch den Ansatz
1000 : 1100 = 3,44 : x = 3784 l H2
erledigt.
Ist der Beobachtungsdruck gleichzeitig 700 mm = 921 Milliatmosphären, so haben
wir
921,1 : 1000 = 3784 : x = 4109 l.
Ist aber das Volumen am Barothermoskop abgelesen, so würde dasselbe
\frac{T\,.\,1000}{P}=\frac{1100}{921,1}=1194^{\circ}
zeigen und somit einfach aus
V = V0
.Vb
= 3,44 . 11940 = 4109
l
gefunden sein.
Der Unterschied im Volumen des aus 10 k entwickelten Wasserstoffes bei
Berücksichtigung der durch Temperatur und Druck verursachten Volumendifferenz
betrüge also in diesem Falle:
4109 – 3440 = 669 l.
Quantitative Vorlesungsversuche, z.B. die Berechnung des Atomgewichtes aus dem von
verschiedenen Metallen entwickelten Wasserstoff, die Bestimmung der Dampfdichte
u.s.w. dürften bei passender Anwendung des Barothermoskops sich wesentlich klarer
und präciser darstellen lassen.
Anwendung des Barothermoskops bei der Reduction der Wägung
auf den luftleeren Raum, Bekanntlich erleiden die Körper bei der Wägung in
Luft eine Gewichtsverminderung, welche dem Gewichte des verdrängten Luftvolumens,
vermindert um das von den Gewichtsstücken ersetzte Luftvolumen, entspricht. Dieses,
dem direct mit der Wage ermittelten Gewicht der Körper, zu addirende Luftgewicht
wird gewissen Schwankungen unterworfen sein, welche durch Druck, Temperatur und
Feuchtigkeit bestimmt sind, denen die Luft in dem Wagenkasten unterworfen ist. Da
die Wägung meist im trockenen Luftraum des Wagekastens erfolgt, so kann man die
Feuchtigkeit in den meisten Fällen vernachlässigen. Wiedemann gibt im Physikal. Practicum die
bisher übliche Berechnungsart und setzt hierbei die Dichte der Luft λ = 0,0012 bei 20° C., wobei aber die Druckschwankung
unberücksichtigt bleibt. Bei Anwendung des Barothermoskops wird diese Rechnung so
einfach und leicht verständlich, dass jeder Chemiker ohne merklichen Zeitverlust die
durch das Luftgewicht bedingte Correction bei seinen Wägungen berücksichtigen
kann.
Beispiel 8. Um wie viel muss das Gewicht eines in Luft bei einem Barothermoskopstand
von 1078 (z.B. 21,4° C. bei 760 mm Druck) gewogenen Kilo Wasser vermindert werden,
wenn man den Luftauftrieb in Rechnung zieht?
1 k Wasser verdrängt 1 l Luft, welches
\frac{1,294}{1078}=1,2\mbox{ g}
wiegt.
1 k Messing (spec. Gew. 8,4) verdrängt
\frac{1000}{8,4}=1200\mbox{ cc}
Luft, welche 0,144 g wiegen, folglich wiegt 1 k Wasser im
luftleeren Raum
1,2 – 0,144 = 1,056 g mehr = 1001,056 g.
Die Anwendung des Barothermoskops zur Messung der
Luftschwere. Die Bestimmung des Luftgewichtes ist sicherlich für den
Meteorologen von grosser Bedeutung, es muss deshalb auffallen, wenn bis jetzt in den
Lehrbüchern der Meteorologie und den meteorologischen Berichten dieser wichtige
Factor eine etwas stiefmütterliche Behandlung erfährt; ich glaube dieses dem
Umstände zuschreiben zu müssen, dass die mühsamen Berechnungen des Luftgewichtes aus
Druck, Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt gegenüber dem Nutzen, welchen doch
offenbar eine fortwährende Controle des Luftgewichtes auf den Beobachtungsstationen
haben würde, etwas zeitraubend sind.
Wenn man auf die Berücksichtigung des Wasserdampfes verzichtet, so lässt sich die
Bestimmung des Luftgewichtes mit Hilfe des Barothermoskops so einrichten, dass man
die den jeweiligen Temperatur- und Druckverhältnissen entsprechenden Gewichte der
Luft direct ablesen kann, indem man einfach die Luftgewichte auf eine Scala
einträgt. Für wissenschaftliche Zwecke, wie für den täglichen Gebrauch habe ich
ausserdem das Barothermoskop in eine Form gebracht, welche eine bequeme Handhabung
gestattet.Zu beziehen
von G. Lufft, Metall-Barometerfabrik in
Stuttgart. Die Construction ist nach Art der Aneroïdbarometer,
nur mit dem Unterschiede, dass die sonst luftleere Kapsel mit trockener Luft gefüllt
ist und dass die Scala ausser der Volumentheilung des Barothermoskops eine
Gewichtsscala für die Luftschwere besitzt. In dieser Form dürfte es für viele Zwecke
Verwendung finden können, bei welchen die Anwendung des gläsernen, thermometerartig
construirten Barothermoskops in Folge der etwas schwierigen Transportfähigkeit
ausgeschlossen ist. So will ich nur erwähnen, dass hiermit dem Artilleristen ein
wichtiges Hilfsmittel geboten ist, um die für die Schussweiten nothwendige Correctur
des Luftgewichtes ohne Schwierigkeit zu ermitteln.
Besonders interessant dürfte aber noch eine Anwendung sein, welche gewiss in kurzer
Zeit diesen Apparaten neue Freunde gewinnen wird, ich meine die Anwendung des
Barothermoskops oder Luftgewichtsmessers für die Höhenbestimmung. Auch hier zeigt sich die Einfachheit des Princips in
hervorragender Weise und dürfte ein Vergleich der früheren Methode der Höhenmessung
mit dem neuen Verfahren angebracht erscheinen.
Zur Bestimmung von Höhen bis zu 12000 m gilt die Babinet'sche Formel:
x=16000\,\frac{H-h}{H+h}\,\left\{1-\frac{2\,t+t^{1}}{1000}\right\}\,m,
wo H und h die corrigirten Barometerstände, t und t1 die abgelesenen
Temperaturen in Celsiusgraden bedeuten.
Beispiel 9. Suchen wir z.B. die Höhe eines Berges und hatten wir am Fusse desselben
einen Barometerstand von 760 mm und eine Temperatur von 18°, während oben 700 mm
Druck und 12° C. beobachtet waren, so ergibt sich die Höhe:
x=16000\,\frac{6\mbox{ cm}}{146\mbox{
cm}}\,\left\{1+\frac{2\,.\,30}{1000}\right\}=697\mbox{ m}.
Diese aus einer grossen Zahl von Einzelablesungen abgeleitete Formel gibt nun zwar
wohl die gewünschten Daten, aber sie lässt nicht den geringsten Einblick über das
Wesen der Höhenmessung erkennen.
Ganz anders verhält sich aber die Sache, wenn wir folgender Ueberlegung Raum
geben. Die Höhenmessung ist weiter nichts als eine Wägung, wir bestimmen das Gewicht
der Luftsäule, welche wir durchsteigen, mit Hilfe der Quecksilbersäule des
Barometers. Wenn wir also das Gewicht der Luftsäule, welche wir durchstiegen haben,
genau feststellen, so müssen wir die Höhe daraus ableiten können, denn 1 l Luft
entspricht einer Säule von 10 m Höhe und 1 qc Querschnitt. Wenn 1 l Luft 1,359 g
wäge, so würde jede 10 m Höhe, welche durchstiegen würde, durch den Fall des
Quecksilbers um 1 mm angezeigt (1 cc Hg = 13,59 g). Da aber das Gewicht der Luft von
Temperatur und Druck abhängt, so müssen diese berücksichtigt werden, und hierfür
gibt uns das Barothermoskop oder der Luftschweremesser ohne weiteres die gewünschte
Auskunft.
Im Beispiel 6 hatten wir:
Unten
760
mm
und
18° C.
=
1066 Vb
Oben
700
„
„
12° C.
=
1133 Vb.
Das Gewicht der Luft war demnach:
Unten
\frac{1,293\,.\,1000}{1066}=1,213\mbox{ g}
Oben
\frac{1,293\,.\,1000}{1133}=1,141\mbox{ g}
im Mittel 1,177 g.
Die Differenz in der Höhe war:
760 – 700 = 60 mm Hg
und da 1 mm Hg auf 1 qc = 1,359 g wiegt, so wiegen
60 mm Hg = 81,54 g.
Wir setzen also:
1 l Luft : 1,177 g = 81,54 : x
und finden
x = 69,3 l. 10 m = 693 m Höhe.
Wie früher nachgewiesen, lässt sich der Druck ohne weiteres aus den Angaben des
Barothermoskops und eines Thermometers mit Millesimalscala ableiten, man braucht
also bei der Höhenmessung nur diese beiden Instrumente, muss sich jedoch erinnern,
dass das Gewicht von 1 Milliatmosphäre 1,0333 g beträgt. Will man ganz genaue
Bestimmungen machen, so ist die Berücksichtigung der Feuchtigkeit natürlich
unerlässlich, und habe ich ja a. a. O. die Correction hierfür schon angedeutet,
jedenfalls bleibt die Höhenmessung in diesen Fällen von allem, schwer controlirbarem
Formelwerk befreit.
Es bleibt mir zum Schlusse noch übrig, darauf hinzuweisen, dass noch weitere
Vereinfachungen möglich sind; schon durch Annahme der bei den Ingenieuren
gebräuchlichen Kiloatmosphäre (1 at = 1000 g) ist ein weiterer Fortschritt
erzielbar, da hierdurch die zeitraubende Rechnung mit 1033,3 erspart und die
Uebersichtlichkeit der gasvolumetrischen und thermischen Vorgänge bedeutend
gefördert würde. Ich habe deshalb eine Zeitlang mit Erfolg versucht, die
Kiloatmosphäre an Stelle der üblichen Atmosphäre (1033,3 g) zu benutzen, bin aber
schliesslich zu der Ueberzeugung gelangt, dass es dann doch noch zweckmässiger wäre,
wenn die Chemiker dem von den Physikern eingeschlagenen und von der Elektrotechnik
jetzt allgemein angenommenen Weg folgen würden und die Masseneinheit für den
Normaldruck der Gase dem absoluten Maassysteme entnommen würde.
Dieser Vorschlag ist schon von verschiedenen Seiten gemacht, so z.B. von Ostwald, welcher in seinem Lehrbuch der allgemeinen Chemie, Bd. 1 S. 165, den Druck von1 Megadyne = 1 Million Dyn.
als Einheit in Vorschlag bringt. Die Annahme dieser Druckeinheit, welche bei 45°
Breite dem Drucke von 1019,8 g auf 1 qc äquivalent wäre, würde allerdings zunächst
eine Umrechnung sämmtlicher Siedepunkte, Schmelzpunkte, Molekularvolumen u.s.w.
erfordern und einen grossen Aufwand von Zeit und Geduld in Anspruch nehmen, sie
würde jedoch bei gleichzeitiger Anwendung meiner absoluten Temperaturscala derartige
Vereinfachungen in den Beziehungen der Naturkräfte ergeben, dass die damit
verbundene Mühe reichlich belohnt wird.