Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | Eckhardt |
Fundstelle: | Band 294, Jahrgang 1894, S. 285 |
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Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
(Schluss des Berichtes S. 261 d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
Die Kellerkühlung besorgt in Amerika, wie Vuylsteke in der Wochenschrift
für Brauerei, 1893 S. 537, berichtet, die Eismaschine von de la Vergne. Dieselbe beruht auf Compression und
Expansion von Ammoniak. Der Compressionscylinder befindet sich in senkrechter Lage,
wodurch mehrere grosse Vortheile erzielt sind: Die Vermeidung schädlicher Räume, die
vollkommene Dichtheit der Stopfbüchsen, der Ventile und der Kolben in Folge der
Einführung einer gewissen Menge Oeles bei jeder absteigenden Bewegung des Kolbens.
Als Condensator nimmt de la Vergne den Baudelot-Kühler in Benutzung. Das Salzwasser, welches
bei europäischen Kühlanlagen die Uebertragung der Kälte vermittelt, fällt bei der
Anlage von de la Vergne ganz weg. Die Vergasung des
Ammoniaks geht direct im Keller vor sich und entnimmt die zur Vergasung nöthige
Wärme direct der Kellerluft. Dadurch wird eine Ersparniss bis zu 20 Proc. möglich,
ohne bei der Construction der Röhren, welche aus Schmiedeeisen bestehen, eine
etwaige Undichte, die freilich gefährlich wäre, fürchten zu müssen. Es sind vor 10
Jahren aufgestellte Batterien bis jetzt noch nicht im Geringsten reparaturbedürftig
geworden.
Behufs einfacheren und schnelleren Arbeitens benutzt H. van
Laer Aenderungen an dem Verfahren zur Erzielung von Reinhefeculturen und
analogen Mikroorganismen nach Hansen's Methode (Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1893 S. 1419). Er ersetzt die Böttcher'sche feuchte Kammer dadurch, dass er auf einen
Objectträger einen Tropfen gelatinisirte Würze bringt, welcher die genügende Anzahl
Hefenzellen enthält. Nachdem dieser Tropfen ziemlich fest geworden, bedeckt er ihn
mit einem quadratischen Plättchen sterilisirten Glimmers, dessen eine Ecke
aufgebogen ist. Die Zellen werden markirt. Die Kolonien impft man ab, nachdem zuvor
das nicht fest haftende Glimmerplättchen mit Hilfe der umgebogenen Ecke abgenommen
worden, und gibt sie in Pasteur-Kolben oder in besondere Kolben, die van Laer praktisch und billig findet, und die mit
geradem Hals und zur Zurückhaltung des Schaumes mit einer Ausbuchtung versehen sind.
Die Hefen werdennach dem Ausfall einer optischen Analyse mit den Hefen Saaz und Frohberg
verglichen und klassificirt.
In einer Abhandlung, betitelt: Die Einzellcultur im hängenden
Tropfen: gealterte Zellen in frischer Würze; abnormale Zellformen und
Querwandbildungen bei Betriebshefe, beschreibt P.
Lindner (Wochenschrift für Brauerei, 1893 S.
1354) eine Methode, welche er im Sommer an Stelle der Hansen'schen Einzellcultur in Würzegelatine benutzt. Eine Anzahl kleiner
Tropfen von Würze, in welcher entsprechend wenig Hefe vertheilt ist, werden auf die
Unterseite eines sterilen Deckgläschens gebracht, welches nun mit Vaselin auf einen
hohlen Objectträger festgeklebt wird. Jene Tropfen, welche nur eine Hefezelle
enthalten, werden auf der Oberseite mit einer Marke versehen. Die Kolonien, die sich
aus den einzelnen Zellen bilden und die sich nicht wie bei Würzegelatine zu Kugeln
gruppiren, sondern sich mehr in der Fläche ausbreiten, gestatten bessere Controle
bezüglich der etwaigen Gegenwart von Bakterien und ermöglichen zugleich, die
Veränderungen der ausgesäten Zellen zu beobachten. Unter diesen Veränderungen
verdient in einem Beispiel, wo normale untergährige Betriebshefe zur Aussaat
gelangte, die Bildung von absonderlichen Keimschläuchen und Querwänden besondere
Beachtung.
Die Braumeister C. Pohl und H.
Bauer haben einen neuen Reinzuchtapparat (D. R. P. Nr. 64372; Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 3)
construirt, den die Firma Franz Hochmuth in Dresden
entweder mit einem Cylinder oder mit zwei Cylindern herstellt. Im ersteren Fall
dient der Gährcylinder zugleich als Sterilisator und es ist dann stets nach
beendigter Gährung ein Theil der Hefe nach einem kleinen Kolben überzudrücken, um
dort so lange aufbewahrt zu bleiben, bis wieder frische Würze sterilisirt und
abgekühlt worden ist. Die Luft, welche für die Durchlüftung der Würze bestimmt ist,
strömt durch die hohle Achse der Rührvorrichtung und einen durchlochten Rohrstern
ein. Für kleinere Brauereien ohne Dampfanlage wird der Apparat mit einem Ofen
geliefert, der die Würze zu erhitzen und mit Hilfe des entweichenden Dampfes zu
sterilisiren hat. – Bei der Reinzüchtung obergähriger Hefe gährt diese in einen
vorgelegten kleineren Kolben aus.
A. Jörgensen schreibt in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 299, über die Anwendung von Hansen's System in
Obergährungsbrauereien. Nach den Erfahrungen Jörgensen's, welcher zuerst und zwar schon im J. 1885 Reinhefe in
obergährige Brauereien eingeführt hat, gilt für diese ebenso gut, wie für die
Untergährungsbrauereien, der Satz, dass man mit einer einzigen Art bessere Erfolge
erzielt, als mit Mischungen. Bezüglich der Bildung von Varietäten in Folge der
Darstellung von Reinculturen bemerkt Jorgensen
Folgendes: Hansen hat angeführt, dass Varietäten, wenn
auch nur zeitweilige, durch Anwendung von Gelatine bei hoher Temperatur erzeugt
werden können. In solchen Fällen ist seine ältere Methode der Darstellung von
Reinculturen anzuwenden; alle Reinculturen, welche derselben Art angehören, müssen
schliesslich vereinigt werden. Diese Cultur wird dann alle Eigenthümlichkeiten der
Art schon in ihrem ersten Entwickelungsstadium zeigen. Bei obergähriger Hefe hat Jorgensen eine Varietätenbildung in Folge des
Wachsthums auf Gelatine noch nicht beobachtet, ebenso hat die Aufbewahrung in
10procentiger Zuckerlösung keine Schwierigkeiten verursacht.
In ihrer Arbeit: Ueber das Effront'sche Verfahren zur
Reinigung bezieh. Conservirung der Hefe mittels Flussäure und Fluoriden
(Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S.
126), greifen A. Jorgensen und J. C. Holm die in den Patentbeschreibungen Effront's aufgestellten Behauptungen an, dass Flussäure mit Vortheil in
Presshefefabriken und Brauereien zur Reinigung und Conservirung der Hefe angewendet
werden könne, indem dadurch alle fremden Fermente unterdrückt würden. Die Flussäure
wirkt vielmehr, wie aus Laboratoriumsversuchen hervorgeht, ähnlich wie Weinsäure,
sie begünstigt die Vermehrung unerwünschter Organismen; so wurde z.B. in einer
Brauereihefe, welche nur schwach von Mycoderma
verunreinigt war, letztere stark zur Entwickelung gebracht. In einem Gemisch von
Hefe Karlsberg II mit Saccharomyces pastorianus III ward letztere Art durch die Effront'sche Behandlung begünstigt; in einer Mischung
von Brauereihefe und Brennereihefe erhielt erstere das Uebergewicht. Gegen Bacterium
aceti erwies sich Flussäure als wirkungslos.
In seiner Erwiderung: Ueber die Anwendung der
Fluorverbindungen in den Gährungsgewerben (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 143), hebt Effront den Nutzen hervor, den sein Verfahren für die
Erhöhung der Alkoholausbeute in Folge der ausgezeichneten Desinfectionswirkung der
Flussäure gebracht hat, und betont den grossen Einfluss, den die Zusammensetzung
(Acidität) der Nährlösung auf die Wirkung der Flussäure ausübt, geht aber nicht
näher auf die Versuche seiner Gegner ein, in welchen diese beweisen, dass die
Behandlung der Brauereihefe mit Flusssäure die Entwickelung fremder, schädlicher
Hefearten begünstigt.
In der Antwort auf Effront's Bemerkungen rücksichtlich
unserer Untersuchung über die Einwirkung der Flusssäure auf die verschiedenen in
der Gährungsindustrie auftretenden Mikroorganismen von A. Jorgensen und J. C.
Holm (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
1893 S. 191) betonen die Verfasser, dass ihr Hauptzweck bei der ganzen Sache war,
Protest gegen Effront's Versuch zu erheben, ein
falsches Princip in die Wissenschaft und die Praxis einzuführen; man kann keine
Reinculturen aus einer unreinen Hefe mittels einer chemischen Behandlung der
letzteren darstellen.
H. Elion veröffentlicht ein
neues Verfahren zur Reinigung der Hefe. Die Hefe wird mit Wasser gemischt,
die Mischung kräftig geschüttelt und sorgfältig gesiebt, damit die Hefenzellen sich
von einander lösen und hierbei von den festen Verunreinigungen getrennt werden. Nach
dieser Operation wird die Hefe centrifugirt, wobei sie sich als feste teigartige
Masse an der Innenseite der sich drehenden Trommel abscheidet, während die
Flüssigkeit mit den Verunreinigungen abgeführt wird. Hierzu wird in der Wochenschrift für Brauerei, 1893 S. 81, bemerkt, dass
in der Berliner Versuchsstation die Hefe bereits seit Bestehen derselben durch
Centrifugiren gereinigt wird.
Als Merkmale zur Erkennung der Hefearten können Photographien von Riesenkolonien dienen, welch letztere P. Lindner dadurch erzeugt, dass er die Aussaat in Form
eines kleinen Tupfens auf Würzegelatine gibt, ohne die Oberfläche der letzteren
dabei zu verletzen (Wochenschrift für Brauerei, 1893 S.
692; D. p. J. 1893 289
84).
Nach H. Elion's Studien über Hefe (Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893
XIV. 2/3. 53; D. p. J. 1894 293 45) liefert die Gährungsenergie, d.h. die Gährwirkung, welche die Hefe
in beschränkter Zeit zu äussern vermag, sehr geeignete Merkmale zur Charakteristik
der Hefenvarietäten, wenn dieselbe bei verschiedenen Temperaturen bestimmt wird. Bei
einigen liegt das Maximum der Gährungsenergie bei 30 bis 35°, während bei 40° die
Gährkraft bedeutend geringer ist und ungefähr derjenigen bei 25° entspricht. Andere
haben ihr Maximum bei 35 bis 40°. Schliesslich gibt es solche, bei welchen die
Gährungsenergie bei 40° nur wenig grösser gefunden wird als bei 30°.
Ueber den Schizosaccharomyces Pombe n. sp. von P. Lindner siehe 1894 293
70.
H. Elion berichtet im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893 Nr. 23 S. 749, von
der Züchtung von Ascosporen auf Thonwürfeln.
H. Wichmann weist im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, 1893 Nr. 213 S. 62, auf
die Ascosporenzüchtung auf Thon hin.
Nielsen theilt in den Berichten
des Karlsberg er Laboratoriums, Bd. 3, mit, dass auf den Chamotteblöcken
Wichmann's die Sporen sich immer später entwickeln
als auf Gypsblöcken. Bei Anwendung der Thonwürfel Elion's findet sich kein wesentlicher Unterschied. Nielsen sieht keinen Grund ein, warum man von den Gypsblöcken abgehen
soll.
Vergleichende Versuche über die Sporenbildung im hängenden
Wassertropfen und auf dem Gypsblock von H.
Will (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen,
1893 S. 248) ergaben, dass im ersteren die Sporenbildung bedeutend später auftrat.
Das Sporenbildungsvermögen war gegenüber der Gypsblockcultur gering. Die Intensität
der Sporenbildung hatte durch das Abwässern gelitten, indem dieselbe eine geringere
als bei der frischen, ungewässerten Hefe war.
H. Will bringt in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 29, eine Notiz, betreffend den Nachweis von wilden Hefearten in
Brauereihefen und Jungbieren, sowie das Vorkommen von Saccharomyces apiculatus
in denselben. Durch Züchtung einer zur Untersuchung bestimmten Hefeprobe
nach Hansen's Angabe in 10procentiger Saccharoselösung
unter Zusatz von 4 Proc. Weinsäure kann die Untersuchungszeit gekürzt werden. Man
lässt 48 Stunden bei 25° in besagter Lösung stehen, impft dann in Würze über, wo
nach 3 bis 4 Tagen ein Hefenabsatz sich bildet, der auf den Gypsblock gebracht wird.
Will hebt hervor, dass die angegebene Methode
bezüglich des Nachweises von Saccharomyces apiculatus besonders scharfe Resultate
gibt. Will fand in 57 Proc. der untersuchten Proben
Saccharomyces apiculatus; es entwickelte sich dieser Pilz in seiner
charakteristischen Citronenform meist schon in der Zuckerlösung, während er im Bier
selbst durch directe mikroskopische Untersuchung meist nicht nachgewiesen werden
konnte, weil er dort, wie andere Hefearten, die mannigfachsten Formen annimmt.
In einem Referat über Will's Arbeit wird (American Brewer's Review, 1893 Bd. VI Nr. 36 S. 571)
bemerkt, dass eine gesättigte Lösung von Saccharose (Syrupus simplex) ganz ähnlich
wie Weinsäure wirkt.
Ueber das Thema: Welche Anforderungen sind an die
Reinlichkeitspflege in der Brauerei zu stellen! hielt H. Will
auf der Generalversammlung der wissenschaftlichen Station in München (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 443)
einen Vortrag. Er macht besonders darauf aufmerksam, dass eine bloss mechanische
Reinigung mit Zuhilfenahme von Wasser nicht genügt, dass die Wasserreserve vielfach
in der Nähe von Putzmaschinen und anderen Staubentwicklern aufgestellt ist, dass die
Brunnen nicht gehörig isolirt sind. Ist eine Infection durch Wasser nicht
ausgeschlossen, so soll dasselbe in filtrirtem, abgekochtem oder kochend heissem
Zustand zur Reinigung der Brauereigeräthschaften verwendet werden. Zur Unterstützung
der mechanischen Reinigung muss die chemische herangezogen werden. Einzelne
Chemikalien wirken dabei gleichzeitig reinigend und desinficirend (z.B. 10 Proc.
heisse Sodalösung), andere wirken nur desinficirend. Allen Lagerungsstellen für
Abfälle und den Kanälen ist besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Hauptforderung,
die zu stellen ist, lautet: Die Reinigung sei eine zielbewusste, systematische, vor
allem eine intensive und stetige. Es soll neben der mechanischen Reinigung
mindestens einmal wöchentlich eine solche unter Anwendung von Desinfectionsmitteln
vorgenommen werden.
Ueber die Wirkung einiger Desinfectionsmittel auf Hefe
geben von H. Will (Zeitschrift
für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 151. 411; 1894 S. 43) angestellte
Versuche Aufschluss nicht nur in Bezug auf den Werth der einzelnen Mittel, sondern
auch mit Rücksicht auf den niedrigsten Concentrationsgrad, welcher selbst bei sehr
kurzer Einwirkungsdauer für verhältnissmässig grosse Hefemengen noch tödtlich ist.
Zur Untersuchung wurden untergährige, sowie obergährige Culturhefen aus dem Betrieb
und in Reincultur verwendet, ausserdem aber auch die zwei von H. Will (Zeitschrift für das
gesammte Brauwesen, 1891 S. 145) beschriebenen wilden Hefearten, sowie eine
Micoderma-Art. Als Maasstab für die Abschwächung bezieh. für die Abtödtung der Hefe
wurde die Verminderung bezieh. vollständige Aufhebung der Gährkraft gewählt, welche
nach der Methode von Meissl bestimmt ward. Eine Reihe
von Versuchsergebnissen sind nur qualitativ, indem Verfasser nach Behandlung der
Hefe mit den betreffenden Desinfectionsmitteln sich darauf beschränkte,
festzustellen, ob noch in Würze entwickelungsfähige Zellen vorhanden waren. Von den
26 untersuchten Desinfectionsmitteln entsprachen unter den eingehaltenen
Versuchsbedingungen nur folgende 8 der Anforderung, die Hefezellen rasch und selbst
in sehr schwacher Concentration abzutödten:
1) Sublimat (1 pro Mille),
2) Chlorkalklösung (0,2 Proc. actives Chlor),
3) die alkalisch reagirende Javelle'sche Lauge (0,2
Proc. actives Chlor),
4) doppeltschwefligsaurer Kalk (4,0 g SO2 im
Liter),
5) das sauer reagirende Wismutnitrat (5 Proc.),
6) Kaliumpermanganat (0,8 Proc.),
7) alkoholische Salicylsäurelösung (5 Proc.),
8) Kreolin (3 Proc.).
Das Sublimat kann wegen seiner Giftigkeit für den Brauereibetrieb nicht in Betracht
kommen, ebenso auch nicht Salicylsäure, Kreolin ist wegen seines lang anhaftenden
Geruches zu verwerfen; andere Mittel sind zu kostspielig; dagegen empfehlen sich
Chlorkalk und doppeltschwefligsaurer Kalk.
Es ist eine durch die Untersuchung der mannigfachenInfectionsquellen im
Brauereibetrieb festgestellte Thatsache, dass sich auch sehr häufig Hefe mit Sporen
als Verunreinigung vorfindet. Die Culturhefe scheint sich allerdings im Allgemeinen
unter den Verhältnissen, wie sie in der Brauerei vorliegen, in anderer Weise,
nämlich durch den Uebergang in Dauerzellen, unter starker Verdickung der Membran vor
einem baldigen Untergang zu schützen, aber bei den wilden Hefezellen findet man oft
Sporen. In der Widerstandsfähigkeit der letzteren liegt deren grosse Bedeutung und
die grosse Gefahr für den Brauereibetrieb. Es ist deshalb die Untersuchung H. Will's über den Einfluss von Desinfectionsmitteln
auf sporenhaltige Hefe von der grössten praktischen Bedeutung. Es wurden zwei
Hefearten näher geprüft:
1) Eine obergährige Culturhefe, 2) eine wilde Hefe. Beide Arten wurden durch Züchtung
in klarem Hefezuckerwasser fast frei von jeglichen Ausscheidungen erhalten. Zur
Sporenbildung wurden dieselben auf eine Reihe steriler Filter gegossen, welche gegen
Infection geschützt aufgestellt waren. Die Trichter mit der dünnen Hefeschicht auf
dem Filter wurden dann in ihrem oberen Theil in sterilisirtes Filtrirpapier
eingehüllt und in kleine Cylindergefässe gestellt, welche, um ein Eindringen von
Keimen durch die untere Oeffnung des Trichters, gleichzeitig aber auch ein
Vertrocknen der Hefe auf dem Filter zu verhüten, soweit mit Sublimatlösung in der
Stärke von 1 : 1000 angefüllt waren, dass die weit herabhängenden Enden der
Papierhülle in die Lösung eintauchten, das Filter mit der Hefe aber nicht mit
derselben in Berührung kommen konnte. Unter wiederholter Erneuerung des Wassers
wurden die Filter mit wilder Hefe 4 Tage, diejenigen mit Culturhefe 24 bis 48
Stunden in den Thermostaten gestellt, um die Sporen in grosser Anzahl zur völligen
Reife zu bringen. Die Versuche wurden dann weiter wie oben ausgeführt. Die Sporen
zeigten sich stets widerstandsfähiger als die vegetativen Zellen und nach der
Einwirkung der Desinfectionsmittel erschienen bei Anwendung von Anilinfarben die
sporenhaltenden Zellen inmitten der intensiv gefärbten vegetativen fast farblos.
Diejenigen Concentrationen, welche die vegetativen Zellen abtödten, machen aber auch
schliesslich die Sporen keimungsunfähig, freilich manchmal, wie z.B. bei Anwendung
von Sublimat (1 : 1000) oder von 0,2 Proc. starker Kaliumpermanganatlösung erst nach
mehreren Minuten. Die Sporen der wilden Hefe erwiesen sich widerstandsfähiger als
die der Culturhefe. Bei der Verallgemeinerung der gefundenen Resultate folgt für die
Praxis, dass Chlorkalk und doppelt-schwefligsaurer Kalk in einer solchen Stärke zu
verwenden sind, dass sie 1 Proc. actives Chlor bezieh. schweflige Säure enthalten.
Gasförmiges Chlor und gasförmige schweflige Säure wirken ebenfalls energisch auf die
Hefe.
Die Desinfection der Keller durch Bestreuen des Bodens
mit Chlorkalk ist, wie F. Eckhardt im Deutschen Bierbrauer, 1893 S. 653, mittheilt, eine
vorzügliche: Die in solchen Kellern mit steriler Würzegelatine beschickten
Petri-Schalen geben auch bei längerer Exposition keine Culturflecken. Als
Desinfectionsmittel kommt in neuester Zeit ein von den Farbenfabriken F. Bayer und Co. in Elberfeld hergestelltes Präparat, das
Orthonitrokresolkalium, in den Handel, das gemischt
mit Seife und Glycerin unter dem Namen Antinonnin
ursprünglich von v. Miller und Harz zur Vertilgung der Nonnenraupe empfohlen wurde, und das nach Stettner (Süddeutsche
Bauzeitung, Nr. 60) auch vorzügliche Dienste zur Bekämpfung des
Hausschwammes leistet, aber auch auf andere Pilze tödtend wirkt. Es wird den Brauern
unter dem Namen Pilzwehr empfohlen. In der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 9,
findet sich eine Mittheilung, derzufolge eine stets nasse und schleimige Wand eines
Gährkellers nach der Behandlung mit Antinonnin bleibende trockene Beschaffenheit
annahm, was durch Behandlung mit doppeltschweflig-saurem Kalk, Emaillefarbe und
gewöhnlicher Kalkmilch nicht erreicht werden konnte.
Aubry geht in der Zeitschrift
für das gesammte Brauwesen, 1893 S. 141, auf das Antinonnin im Dienste der Brauerei näher ein und hebt dabei besonders
seine giftige Wirkung auf Bakterien hervor. Er empfiehlt das Antinonnin zur
Behandlung der Senklöcher, Rinnen und sonstigen Abwasserleitungen, wodurch der üble
Geruch beseitigt wird. Es eignet sich das Antinonnin zum Trocknen der in Folge von
Pilzwucherungen feuchten Kellerwände und bewirkt hierdurch auch eine Reinigung der
Luft, was zur Vermeidung von Infection von grösstem Nutzen ist. Mit Vortheil wird
man sich einer aus 100 bis 200 g Antinonnin im Hektoliter hergestellten Lösung
bedienen können zum Anstrich der feuchten Wände von Kellern und Tennen, der
hölzernen Kellerthore, der Aufzüge, der Ganterhölzer, zum Waschen des
Kellerpflasters, der hölzernen Podien im Sudhaus und beim Kühlschiff, des Holzwerkes
der Fasswäscherei. Man kann, wo das Mauerwerk nicht sehr stark verpilzt ist, den
Weisskalk mit der Desinfectionsflüssigkeit anmachen und damit tünchen lassen. Da das
Antinonnin giftig ist, so empfiehlt es sich jedoch nicht für Geräthschaften, mit
welchen Bier oder Würze direct in Berührung kommt.
Eckhardt.