Titel: | Der Expansionsregulirapparat und seine Wirkung bei sachgemässer Anbringung. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 4 |
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Der Expansionsregulirapparat und seine Wirkung
bei sachgemässer Anbringung.
Mit Abbildungen.
Der Expansionsregulirapparat und seine Wirkung bei sachgemässer
Anbringung.
In Heft 11 vom 14. September 1894, Seite 246 dieses Journals ist ein Artikel von E. Wunderlich enthalten unter der Ueberschrift: „Der
Expansionsregulirapparat und seine Wirkung“, in welchem der Verfasser die
Resultate bekannt gibt, die er bei Indicirung einer Dampfmaschine von 230 mm
Cylinderdurchmesser und 375 mm Kolbenhub erhalten hat. Die Maschine hatte nur einen
Schieber und war mit einem Expansionsregulirapparatverschen. Da die Versuche
ungünstig ausgefallen sind, so spricht sich der angeführte Bericht abfällig über
Expansionsregulirapparate aus, ohne dabei klar zu stellen, welches der Grund für die
ungünstigen Ergebnisse war.
Textabbildung Bd. 295, S. 4
Diagramme von Expansionsregulatoren beeinflusst.
Bekanntlich nimmt bei Verwendung eines Expansionsregulirapparates die Dampfmenge des
Schieberkastens bis zum Schluss des Schiebers an der Expansion theil; es ist deshalb
der Schieberkasten möglichst klein zu wählen. Hierauf kann bei neuen Maschinen,
welche mit Expansionsregulirapparat ausgerüstet werden sollen und die darum nur
einen Schieber erhalten, gleich bei der Construction Rücksicht genommen werden,
während man bei alten Maschinen den Schieberkasten durch Anbringung eines
Füllstückes am Schieberkastendeckel verkleinert.
Bei der von Wunderlich indicirten Dampfmaschine
scheint nun hierauf keine Rücksicht genommen zu sein; denn obschon uns die Maschine
nicht bekannt ist, glauben wir doch annehmen zu dürfen, dass der bedeutende
Unterschied zwischen Kessel und Anfangsspannung im Cylinder lediglich auf den bei
der betreffenden Maschine vorhandenen grossen Schieberkasten zurückzuführen ist,
vorausgesetzt, dass der Apparat in Ordnung und richtig eingestellt war. Diese
Ansicht wird dadurch bestätigt, dass bei kleineren Füllungen der Spannungsabfall
grösser war, als bei grösseren Füllungen.
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Fig. 6.Anordnung eines Expansionsregulators.
Bei einer kleinen Cylinderfüllung fällt die Endspannung im Dampfcylinder ziemlich bis
auf Null, beim Leergang sogar unter Null (vgl. Diagramm Nr. 1). Steht z.B. der
Grundschieber auf 75 Proc. Füllung, so wird die Dampfspannung im Schieberkasten,
welche, solange der Schieber nicht geschlossen hat, an der Expansion theilnimmt,
selbstverständlich auch nicht viel höher bleiben. Der beim nächsten Hub des
Expansionsventiles eingelassene Dampf verbreitet sich also zuerst in dem grossen
Raume des Schieberkastens, wodurch er natürlich, bevor er in den Cylinder gelangt,
an Spannung verliert. Ist die Cylinderfüllung grösser, so ist auch die Endspannung
im Cylinder und dementsprechend die Spannung im Schieberkasten beim Schluss des
Schiebers grösser, es hat also der neu eintretende Dampf nicht erst einen leeren
Schieberkasten auszufüllen bevor er in den Cylinder gelangt, und verliert deshalb
weniger an Spannung. Eine Drosselung des Dampfes durch den Expansionsregulirapparat,
wodurch sich Wunderlich den Spannungsabfall erklärt,
ist vollständig ausgeschlossen, denn das Ventil des Apparates ist, da es drei
Schlitze hat, in Bezug auf Querschnitt so günstig construirt, dass es beispielsweise
beim Stand der Kurbel im todten Punkt mindestens dreimal mehr freie Durchströmung
hat, als der Dampfkanal bei sehr reichlicher Voreinströmung. Nebenstehende fünf
Diagramme, die einer Maschine von 200 mm Cylinderdurchmesser und 300 mm Hub, welche
nur einen Schieber hatte, bei Leergang und bei verschiedenen Füllungen entnommen
sind, zeigen, dass bei sachgemässer Anbringung, also möglichst kleinem
Schieberkasten, die Wirkung eines Expansionsregulirapparates sowohl bei kleinen, als
auch bei grösseren Füllungen durchweg günstig ist. Trotzdem die betreffende Maschine
(deren Anordnung aus Fig. 6, die des
Expansionsregulators aus Fig. 7 zu ersehen ist) sehr
geringe Compression hat, welches unvortheilhaft zur Erzielung einer dem Kesseldruck
möglichst gleichkommenden Anfangsspannung ist, so beträgt der Spannungsabfall
nur 0,5 bis 0,7 at, wobei 0,5 at sich bei 40 Proc. Füllung (Diagramm 5) und 0,7 at
beim Leerlauf sich ergaben. Selbstverständlich kommt ein Theil dieses Verlustes noch
auf die Rohrleitung.
Wenn es sich um Anbringung eines Expansionsregulirapparates an eine Maschine mit
Doppelschiebersteuerung (z.B. Meyer'sche Steuerung)
handelt, so wird am einfachsten der Expansionsschieber beibehalten und auf die
höchste erforderliche Füllung fest eingestellt. Es bleibt dadurch im Schieberkasten
immer die Spannung, welche im Cylinder beim Schluss des Expansionsschiebers
vorhanden ist. Schliessen dabei zufällig Apparat und Expansionsschieber zu gleicher
Zeit ab, so wird im Schieberkasten die Admissionsspannung bleiben. Ich bemerke noch,
dass ein früheres Abschliessen des Apparates und späteres des Expansionsschiebers im
Diagramm absolut nicht sichtbar ist.
Die Krompach-Hernader Eisenwerksgewerkschaft in Krompach
(Oesterreich), welche an ihren neuen Maschinen Expansionsregulirapparate anwendet,
äussert sich in anerkennenden Worten über dieselben und hebt insbesondere hervor,
dass sie Ergebnisse erzielt hat, die den Versuchen Wunderlich's ganz entgegengesetzt sind.
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Fig. 7.Expansionsregulator von Voss.
Von den Maschinen sind zwar neuerdings keine Diagramme aufgenommen worden, aber die
genannte Firma besitzt Diagramme, die sie bei Bremsung der Maschine aufnahm, auf
denselben ist die Kesselspannung notirt, somit die Differenz zwischen Admissionsspannung
ablesbar. Das Resultat ist folgendes:
Je grösser die Tourenzahl der Maschine und je grösser die Füllung war, desto mehr
wich die Admissionslinie von der Wagerechten ab. Die Kesselspannung variirte
zwischen 5 und 6 at. Die grösste Differenz zwischen Kesselspannung und
Admissionslinie (am Ende der Admissionslinie gemessen) betrug 0,75 at und zwar:
1) Bei 1½ Proc. (also sehr kleiner) Füllung war die Admissionsspannung 0,75 at
unterhalb der Kesselspannung (bei 150 Touren).
2) Bei 4 bis 11 Proc. Füllung (140 bis 150 Touren) war die Differenz 0,5 at.
3) Bei 30 Proc. Füllung Differenz 0,5 at.
4) „ 40 „ „ „ 0,56 „
5) „ 70 „ „ „ 0,75 „
Da bei geringeren Tourenzahlen als obige die Admissionslinie weniger geneigt, also
wagerechter blieb, so ist ganz klar, dass nicht der Expansionsapparat, sondern die
grössere Geschwindigkeit in den Kanälen den Spannungsabfall verursachte.
Gegenüber den Wunderlich-Versuchen sehen die Krompacher Eisenwerke den Vortheil der Apparate eben
bei geringer Füllung.
Unser Referent bemerkt hierzu, dass die Krompach-Hernader
Eisenwerksgewerkschaft eine besondere Schieberconstruction hat, welche
ebenfalls sehr kleinen Raum gestattet. In der nachstehenden Uebersicht sind die
Ergebnisse verschiedener Versuche zusammengestellt.
Füllungen
Wunderlich
Krompach
Voss
Spannungsabfall in at
Etwa 1 bis 2 Proc.
4,2
0,75
0,70
„ 5 „ 8 „
4,0
0,50
0,60
„ 10 „ 15 „
1,5
?
0,60
„ 30 „
?
0,50
0,56
„ 40 „
1,2
0,56
0,50
Es ist aus der Tabelle zu ersehen, dass die Ergebnisse der Krompach-Hernader Eisenwerksgewerkschaft mit denen von Voss ziemlich übereinstimmen, dass dagegen die von Wunderlich angegebenen Zahlen ganz bedeutend höher und
daher ungünstiger sind. Hieran trägt aber nicht der Expansionsregulirapparat selbst,
sondern seine nicht sachgemässe Anbringung die Schuld.
Die Anwendung der Expansionsregulirapparate ist demnach sehr zu empfehlen; denn die
erzielten Vortheile bei richtiger Aufstellung sind:
1) Gleichmässiger Gang der Maschine unter allen Belastungen;
2) geringer Spannungsabfall, tadellose Diagramme, daher grosse Dampfersparniss, und
schliesslich
3) leichte Anbringung an jeder Maschine.
Die grosse Verbreitung, welche die Expansionsregulirapparate im In- und Auslande
gefunden haben, beweist, dass ihre Anbringung bedeutende Vortheile bietet.
(Nach einer Mittheilung von Fritz Voss, Maschinenfabrik,
Köln-Ehrenfeld.)