Titel: | Ueber die relativen und positiven Verluste bei der Erzeugung von Garnen. |
Autor: | E. Pfyffer |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 54 |
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Ueber die relativen und positiven Verluste bei
der Erzeugung von Garnen.
Von E. Pfyffer,
Spinnerei-Ingenieur.
Ueber die relativen und positiven Verluste bei der Erzeugung von
Garnen.
Die Herstellung der Rohgarne aus den verschiedenen Faserstoffen ist, wie jeder
Fachmann weiss, mit zahlreichen Verlusten verbunden. Alle diese Verluste lassen sich
vorerst in zwei Klassen theilen, nämlich in die relativen Verluste und in die
effectiven Verluste.
Auf dem Wege zur Erzeugung von Garnen entstehen erstens verschiedene Abfälle und dann
ergibt sich zweitens ein positiver Verlust, d.h. ein solcher Verlust, der nicht mehr
wie im ersten Falle, dem relativen Verlust, durch Wiederverarbeitung der Abfälle
ergänzt werden kann, somit ein totaler Gewichtsverlust, der als Netto-Calo
bezeichnet wird, hervorgerufen durch Wegfallen von Staub, organischen Beimischungen
und verschiedenen Unreinigkeiten, welch letztere theilweise davonfliegen oder an den
Organen der Arbeitsmaschine hängen bleiben und hier als Schmutz entfernt werden
müssen.
Die erzeugten Abfälle kommen mehr oder weniger wieder zur Verwendung, und zwar
wird der bessere Theil davon in der betreffenden Spinnerei selbst wieder
verarbeitet, indem dieselben bei einer früheren oder späteren Operation dem zu
verarbeitenden Rohstoffe wieder beigemischt werden. Der andere Theil, alle die
geringeren, werthlosen, kurzen, schmutzigen oder gedrehten Abfälle, bilden das
Rohmaterial verschiedener Abfallindustrien und haben einen geringen Werth, der kaum
bei einer Garncalculation eingesetzt zu werden braucht. Die verwendbaren Abfälle
erleiden aber bei ihrem zweiten Gange durch die Fabrikationsmaschinen einen
grösseren Verlust als das frische Material, mit welch letzterem sie gemischt die
verschiedenen Operationen zum zweiten Mal durchmachen. Man kann annehmen, dass
Tabelle I.
Verlustprocente bei der Erzeugung der
Floretgarne (Schappegarne) aus nappirten Peignes.
Textabbildung Bd. 295, S. 54
Qualität; Maschinen oder Operation;
Abfall I (für die Präparation); Abfall II (für die Kämmerei); Abfall III (weiche
schmutzige I. Qualität); Abfall IV (weiche schmutzige II. Qualität); Abfall V
(harter); Gasirmaschinenstaub; Putzmaschinenstaub; Krausgarne; Zunahme;
Effectiver Verlust (reiner Verlust exclusive Abfälle); Relativer Verlust
(Totalverlust inclusive Abfälle); Totalverlust (inclusive Abfälle nach Abzug der
Zunahme); Netto-Calo (Totalverlust nach Abzug der verwendbaren Abfälle); I.
Qualität (lange Faser); Etirages Banc à broches Spinnerei Doublir- u.
Zwirnmaschinen Putz- und Gasirmaschinen Haspel u. Controle Packerei; II.
Qualität (mittellange Faser); III. Qualität (kurze Faser)
Tabelle II.
Resumé der Abfälle, nach ihrer Qualität und
Erzeugung geordnet.
Abfälle
I. Qualität
II. Qualität
III. Qualität
Durchschnitt-lich in allenQualitäten
Durchschnitt-lich weiche
Durchschnitt-lich harte
Staub
Für die Präparation
1,392
1,537
1,902
1,610
4,194
1,925
2,887
„ „ Kämmerei
2,162
1,802
1,714
1,892
III
0,276
0,381
0,293
0,317
IV
0,095
0,170
0,860
0,375
Harte
1,716
1,635
2,324
1,891
Putzmaschinenstaub
2,142
2,180
2,620
2,314
Gasirmaschinenstaub
0,540
0,500
0,680
0,593
Krausgarne
0,620
0,800
0,680
0,700
speciell in dem hier vorzuführenden Falle dieser Verlust
sich auf etwa 20 Proc. stellt, d.h. mit anderen Worten, die verwendbaren Abfälle
geben weit höhere Caloprocente als frisches Material. Bei einer gewissenhaften
Garncalculation muss dieser Umstand in Berücksichtigung gezogen werden. Die
Richtigstellung der Verlustprocente erfordert viel Zeit, Mühe und Ausdauer, welch
alles in vielen Fällen durch eine approximative Annahme zum eigenen Schaden der
Fabrikanten umgangen und somit im Dunkeln gearbeitet wird. Jeder Fabrikant muss
genau wissen, was ihn sein Garn kostet, und hierfür ist eine richtige Feststellung
der Verluste bei den verschiedenen Qualitäten von sehr grossem Werth und behütet vor
vielen Irrthümern und Verlusten.
Es ist selbstverständlich, dass eine Reduction der Calos in erster Linie anzustreben
ist, diese kann aber nur durch genaue Controle der Abfallprocente der verschiedenen
Operationsstufen sicher erreicht werden. Findet dieser Umstand volle Beachtung, so
werden die Aufzeichnungen ein Bild liefern, aus welchem zu ersehen ist, wo Fehler
sich herauskehren.
Je werthvoller nun das Material ist, desto mehr ist es angezeigt; alle diese
vorgeführten Thatsachen zu berücksichtigen und zu studiren, welches sicher zum
Vortheil der Fabrikation führt. In vorliegender Tabelle sind die Calo einer
Schappespinnerei vorgeführt, welche gemischten Rohstoff verarbeitet, und zwar stellt
sich das Mischungsverhältniss in diesem Falle auf 20 Proc. guten, 45 Proc. mittleren
und 35 Proc. geringeren Rohstoff. Aus dieser Mischung resultiren drei grosse
Hauptgruppen: erste, zweite, dritte Qualität, je nach der Länge der Fasern bezieh.
der Kammzüge. Tabelle I zeigt uns die verschiedenen Arten von Abfällen in Procenten
ausgedrückt. Abfälle für die Präparation sind solche Abfälle, die in diesem Theile
der Fabrikation wieder zur Verwendung kommen; das Gleiche gilt von den Abfällen in
der Kämmerei. Diese letzteren müssen noch einmal den Kämmprocess durchmachen. Die
genannten zwei Gruppen bilden die sogen. verwendbaren Abfälle. Alle anderen Abfälle
sind geringerer Natur und fallen ausser Betracht, nur die Krausgarne machen
hiervon eine Ausnahme und werden bei der Garncalculation separat berechnet und in
Abzug gebracht.
Fassen wir nun die Tabelle I etwas genauer ins Auge, so finden wir, dass der
effective Verlust bei den ersten Zügen oder den ersten Qualitäten am grössten ist.
Dieses hat seinen Grund darin, dass die ersten Züge noch viele Schalentheile von
Pupen und anderen schweren Staub mit sich führen, welche Beimischungen im Verlaufe
der Verarbeitung herausfallen, wodurch der Gewichtsverlust entsteht. Die ersten Züge
enthalten auch mehr Feuchtigkeit und Fette, was sich durch den grösseren effectiven
Verlust auf den Gasirmaschinen und durch die grössere Zunahme erklärt. Bei der
mittleren Qualität sind diese Gründe nicht vorhanden, weshalb der effective Verlust
auch viel geringer ist, auch läuft die mittlere Qualität auf den Maschinen viel
besser, ergibt also weniger Abfälle, wodurch wieder der relative Verlust kleiner
wird.
Bei der Verarbeitung des kurzen Materials, der dritten Qualität, steigert sich der
effective Verlust durch Wegfallen des feinsten Staubes und der kleineren Fasern,
auch das Putzen und Sengen verursacht hier mehr Abfälle. Letzteres ist wiederum
erklärlich, da bei kurzem Fasermaterial mehr Faserenden auf eine gewisse Länge
kommen. Da diese Faserenden alle abgesengt werden müssen, um dem Faden ein glattes
Aussehen zu geben, so muss das Garn natürlich auch mehr caliren. Der relative
Verlust steigert sich hier, da bei der Verarbeitung von kurzem Material mehr
Störungen durch Brechen, Wickeln u.s.w. vorkommen.
Tabelle II zeigt uns eine Zusammenstellung aller vorkommenden
Tabelle III.
Verlustprocente bei der Erzeugung der
Floretgarne (Schappegarne) aus gekämmten Seidenabfällen in einem Jahr.
Textabbildung Bd. 295, S. 55
Monat; Abfälle in der Kämmerei;
Abfälle in der Präparation; Abfälle der Spinnerei; Abfälle der Zwirnerei;
Abfälle d. Putz- und Gasirmaschinen; von den ersten Maschinen; aus den Carden;
von den Ausnehmetischen; halbschmutzige; schmutzige; für die Präparation; für
die Kämmerei; weiche schmutzige I. Qualität; schmutzige II. Qualität; Auskehr;
weiche; harte; schmutzige; harte; schmutzige; harte; Staub; Abfälle der Controle
(harte); Krausgarne; Januar; Februar; März; April; Mai; Juni; Juli; August;
September; October; November; December; Durchschnittlich
Tabelle IV.
Vergleich der Resultate von Verlustproben
mit den Verlustergebnissen einer Gesammtproduction in 12 Monaten.
Abfälle
Probe
Praxis
Für die Präparation I „ „ Kämmerei
IIIIIIV
1,610l,8920,3170,375
4,194
1,292,710,190,15
4,340
Harte
1,891
1,89
Putz- und Gasirmaschinen
2,907
3,38
Krausgarne
0,70
0,64
Abfälle, nach ihrer Qualität und Erzeugung geordnet.
Diese Tabelle repräsentirt die Mittelwerthe zahlreicher und gewissenhaft
angestellter Proben und Versuche.
Tabelle III zeigt die Generalzusammenstellung einer jährlichen Aufschreibung genauer
Wägungen der monatlichen Productionen von Abfällen, genau auf die Garnproduction in
Procenten berechnet. Ein Vergleich dieses grossen Versuches mit den zahlreichen
kleinen langjährigen Proben finden wir in Tabelle IV, wo die verschiedenen Factoren
so ziemlich genau übereinstimmen und uns dadurch den Beweis für die Richtigkeit
unserer Bemühungen darbringen.
In diesem Sinne lassen sich Abfalltabellen für jeden Faserstoff einrichten und für
verschiedene Qualitäten weiterführen.