Titel: | Lambrecht's neue Aspirations-Psychrometer nach Dr. R. Assmann. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 64 |
Download: | XML |
Lambrecht's neue Aspirations-Psychrometer nach
Dr. R. Assmann.
Mit Abbildungen.
Lambrecht's neue Aspirations-Psychrometer.
Das August'sche Psychrometer hat zur
Feuchtigkeitsmessung für meteorologische und technische Zwecke weite Verbreitung
gefunden; es wird allgemein als Normalhygrometer angesehen, obwohl dieses
Instrument verschiedene Angaben macht, je nachdem die Luft sich in Ruhe oder in mehr
oder weniger starker Bewegung befindet.
Ein Psychrometer liefert nur dann genaue Angaben, wenn die Luft während der
Beobachtung in lebhafter Bewegung erhalten wird, und wenn die Thermometer vor
Bestrahlung durch die Sonne geschützt sind.
Bislang brachte man die Bewegung der Luft durch Befächelung oder Schleuderung der
Thermometer hervor, wenn man diese Unbequemlichkeiten nicht überhaupt bei Seite
liess. Der Bestrahlung durch die Sonne war bei Beobachtung in geschlossenen
schattigen Räumen von selbst vorgebeugt.
Textabbildung Bd. 295, S. 63
Fig. 1.Lambrecht's Aspirations-Psychrometer (etwa ¼ natürl.
Grösse).
Aber gerade hier kann bei der Ruhe der Luft das Psychrometer keine richtigen Angaben
machen, das Psychrometer erhält zwar bei windigem Wetter eine ausreichende
Aspiration, bei Windstille jedoch nicht. Ein Psychrometer, welches unter allen
Umständen richtige Angaben liefern soll und wirklich den Namen
„Normalhygrometer“ verdient, muss eine Einrichtung haben, durch welche
die Luftbewegung auf künstlichem Wege hervorgebracht wird. Die in Nachstehendem
beschriebenen Aspirations-Psychrometer zeichnen sich durch Billigkeit, Einfachheit
und Dauerhaftigkeit der einzelnen Theile, sowie bequeme Handhabung vor anderen
Constructionen aus und liefern genau richtige Angaben.
Aspirations-Psychrometer (Fig.
1).
In einem weiten vernickelten Messingrohre befindet sich ein Schraubenflügelrad (nach
Art der Flügel der Schiffsschraube), welches durch eine einfache Zahnradübersetzung
in schnelle Umdrehung versetzt werden kann. Die Zahnradübersetzung ist mit einer
langen Drahtspirale gekuppelt, welche an ihrem anderen Ende einen geeigneten, langen, geriefelten
Griff besitzt, den Griff rollt man zwischen zwei Fingern und bewirkt so die
Umdrehung des Aspirators. Hinter dem Flügelrad befinden sich die Quecksilbergefässe
des trockenen und feuchten Thermometers. Zwischen beiden Thermometern ist eine
Scheidewand aus weissem undurchsichtigem Celluloid, welche die gegenseitige
Bestrahlung der Thermometer verhindert. Die Thermometer ruhen auf dem durchbohrten
weiten Messingrohr und sind oben durch eine federnde Brille geschoben. Durch
letztere kann man sie bequem nach oben schieben und die Anfeuchtung leicht und
sicher bewerkstelligen. – Die obere Brille, welche die Thermometer hält, sitzt
verschieb- und feststellbar auf einem Stahlstab, welcher, nach unten hin das weite
Messingrohr mit dem Aspirator diametral durchsetzend, in radiale Bohrungen einer
Kugel gesteckt und fest geschraubt werden kann. Die Kugel sitzt auf einer konischen
Säule mit Dreifuss. Durch diese Einrichtung kann der Aspirator mit den Thermometern
ausser in senkrechte, auch in schräge Stellung gebracht werden, wie es gerade zur
jeweiligen Beobachtung am bequemsten ist. Durch Schrägstellung des
Aspirations-Psychrometers wird die Ablesung sehr bequem gemacht; man braucht sich
nicht zu bücken, um die Augen in die richtige Stellung zu bringen.
Beim Gebrauche stelle man das Aspirations-Psychrometer so auf, dass sich die
Thermometergefässe hinter dem Schraubenflügelrad befinden und womöglich gegen den
Wind gerichtet stehen. Man schiebe nun das umhüllte Thermometer in die Höhe und
tauche es in ein Gefäss mit Wasser. Wenn die Umhüllung ganz trocken war, dann dauert
es einige Zeit, bis sie sich vollgesogen hat; man kann aber durch Drücken mit den
Fingern das Vollsaugen augenblicklich bewerkstelligen. Die Thermometer werden so
gestellt, dass man die Quecksilberfäden aus einiger Entfernung deutlich sehen kann.
Zur Drehung benutzt man den geriefelten Griff und dreht mit den Fingern beider Hände
in der Richtung des Uhrzeigers, damit die Schraubenflügel die Luft nach dem
Beobachter zu werfen. Es genügt, wenn die Kopfschraube, mittels welcher die Spirale
am Aspirator befestigt ist, in der Secunde einmal umläuft, schnelleres Drehen nutzt
nichts, langsameres Drehen lässt die Thermometer nicht so schnell auf den tiefsten
Stand sinken. Die Thermometer nehmen durch die eigenthümliche Anordnung im Aspirator
und die massenweise Luftströmung schnell einen tiefsten Stand ein, den man abliest
und wie bekannt verwerthet, unter Benutzung von Psychrometertabellen.
Die Feststellung des Dunstdrucks, des Thaupunkts und der relativen Feuchtigkeit ohne
Tabellen geschieht in folgender Weise. Nachdem das feuchte Thermometer den tiefsten
Stand erreicht hat, liest man die Temperatur beider Thermometer ab und multiplicirt
die Differenz ihrer Angaben mit 0,6, wenn das feuchte Thermometer über 0° stand,
oder mit 0,525, wenn es unter 0° stand. Das erhaltene Product zieht man von dem
Dunstdruckmaximum des feuchten Thermometers ab; so kennt man den jeweiligen
Dunstdruck. Beispiel: Das trockene Thermometer zeige 15°, das feuchte 10°. Die
Differenz ist also 5° und gibt mit 0,6 multiplicirt das Product 3. Das feuchte
Thermometer zeigt neben dem Temperaturgrad 10, das Dunstdruckmaximum 9,1 mm; davon
also jenes Product 3 subtrahirt, ergibt sich als wirklicher Dunstdruck 6,1 mm.
Um den Thaupunkt zu finden, hat man nur den neben dem berechneten Dunstdruck
stehenden Temperaturgrad abzulesen, das wäre also in diesem Falle 4,1°.
Um die relative Feuchtigkeit zu finden, dividire man den berechneten Dunstdruck (in
obigem Beispiel 6,1 mm) durch das Dunstdruckmaximum, das dem Temperaturgrad
entspricht, in obigem Beispiel findet man neben 15° C. das Maximum 12,7 mm. Also 6,1
: 12,7 = 0,48 oder in Procenten ausgedrückt, also mit 100 multiplicirt: 48 Proc.
Die Fehler, die durch so verkürzte Rechnung entstehen können, sind kleiner als die
unvermeidlichen Augenfehler beim Ablesen.
Aspirations-Psychrometrograph (Fig.
2).
Bei stark schwankender Temperatur und Feuchtigkeit erfordert das gleichzeitige
Ablesen beider Quecksilberthermometer einige Uebung. Dieses Ablesen strengt
einerseits das Auge an und andererseits kann man sich dabei immer noch bei der
schnellen Zählung der Grade irren. Diese Unannehmlichkeiten sind bei dem
Aspirations-Psychrometrographen dadurch vermieden, dass die Thermometer des
Psychrometrographen in den Capillarröhren schwimmende Marken enthalten, wie bei
Minimumthermometern.
Textabbildung Bd. 295, S. 64
Fig. 2.Lambrecht's Aspirations-Psychrometrograph (etwa ¼ natürl.
Grösse).
Die sonstige Einrichtung des Instrumentes ist genau wie die des ersteren, nur haben
die Thermometer nicht aufrechte Stellung, sondern sie liegen fast wagerecht, jedoch
etwas oberhalb der Horizontalen. Durch die Erschütterungen, die die Thermometer
während der Bethätigung des Aspirators erfahren, bleiben die Marken auch schon bei
geringer Neigung immer an den Enden der Flüssigkeitsfäden. Hört die Aspiration auf,
dann bleiben die Marken liegen und zeigen so die stattgehabte psychrometrische
Differenz an. Man kann dann den Stand der Marken in aller Kühe auch mit einer Lupe
ablesen. Ablesefehler sind hierdurch unmöglich.
Beim Gebrauche des Aspirations-Psychrometrographen beachte man Folgendes:
Hat man etwa vorher aufrecht stehende Quecksilberthermometer benutzt, so muss man die
obere Brille mit den Quecksilberthermometern entfernen. Den Stab, an dem die Brille
sass, schiebe man von links durch das fast wagerechte Loch in der Kugel (die
schwarze Flügelschraube muss dabei nach vorn stehen) und klemme ihn fest, so wie die
Fig. 2 zeigt.
Man lasse die Marken der Thermometer bis an das Ende der Flüssigkeitsfäden laufen,
feuchte das umhüllte Thermometergefäss an und schiebe die Thermometer durch die
Brille und die Oeffnungen im weiten Messingrohr. Damit die Marken während der
Bethätigung des Aspirators immer am Ende der Flüssigkeitsfäden bleiben, müssen die
Thermometer mit den Gefässen etwas höher liegen als der übrige Theil mit den Scalen,
zu welchem Zweck das Loch in der Kugel nicht genau wagerecht, sondern schräg gebohrt
ist. Falls der Standplatz des Dreifusses sehr schief ist, muss derselbe so
hergerichtet werden, dass die Thermometergefässe etwas höher stehen als der übrige
Theil der Thermometer.
Man bethätige den Aspirator, wobei man schon aus einiger Entfernung sieht, ob die
Marken sich am Ende der Flüssigkeitsfäden halten, falls nicht, dann müssen die
Thermometer ein für allemal etwas schräger gestellt werden. Nach einiger Dauer der
Aspiration zeigt sich kein weiteres Fallen der Thermometerstände, man lässt die
Aspiration ruhen und kann nun die stattgehabte psychrometrische Differenz am Stand
der Marken auch mit einer Lupe ablesen.