Titel: | Eine Vorrichtung zur Bestimmung der Stabilitäts- und Verdrängungsverhältnisse eines Schiffskörpers mittels eines Modells. |
Autor: | Wilh. Gentsch |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 135 |
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Eine Vorrichtung zur Bestimmung der Stabilitäts-
und Verdrängungsverhältnisse eines Schiffskörpers mittels eines Modells.
Mit Abbildungen.
Vorrichtung zur Bestimmung der Stabilitäts- und
Verdrängungsverhältnisse u.s.w.
Dem Bau eines Schiffes geht bekanntlich die Beobachtung eines in einem kleineren
Maasstabe ausgeführten, dem späteren Original thunlichst getreuen Modelles voraus.
Vielfach wird ein solches zur Prüfung des zu erwartenden Widerstandes verwendet,
welchen das in Angriff genommene Schiff bei der Bewegung im Wasser entwickelt, um
danach die Maschinenkräfte u.s.w. zu bemessen bezieh. entsprechende Aenderungen in
der Schiffsform vorzunehmen. Immer wird jedoch das Modell dann unentbehrlich
bleiben, wenn man bezüglich des Tiefganges, der Stabilitätsverhältnisse bei
verschiedener Anordnung der Massen, der Verdrängungsverhältnisse bei verschiedenen
Lagen des Schiffes sich in augenscheinlicher Weise von vornherein überzeugen will.
Der Construction der einzelnen Curven gehen dann meist umständliche Rechnungen
voraus, die die nothwendige Arbeit zu einer mühseligen machen. Der Zweck der
vorliegenden, von Edwin William de Rusett in Tynemouth
erfundenen Vorrichtung ist nun der, die Rechnungsarbeit zum Theil oder ganz zu
ersparen und die zur Aufzeichnung der Curven erforderlichen Grössen durch geeignete
Mittel von dem Modell selbst angeben zu lassen. Es ist hierbei allerdings nicht
unerwähnt zu lassen, dass die aus dem Verhalten eines Modells auf das des Schiffes
gezogenen Schlussfolgerungen zweifellos mit Beobachtungs- und Ablesungsfehlern
behaftet sind; doch gründen sich die Rechnungen ebenfalls nur auf Schätzungen,
welche die Genauigkeit des Resultates nicht zu einer bedingungslosen machen.
de Rusett verwendet für seine Zwecke ein Modell M (Fig. 1 und 2), in welchem ein
Gewicht W die Last des Schiffes sammt Inhalt markirt,
während Gewichte a den Aufbau nebst Takelung
vertreten. Die Träger von W und a sind zwei Stäbchen f, welche mit Gewinde
durch die Platten P gehen. Es kann demnach das Gewicht
W hoch und tief gestellt werden, ebenso wie sich
die Theile a auf den Stäben f verschrauben lassen. Des weiteren sind die Platten auf Deck durch die
Schrauben g bug- und heckwärts, durch die Schrauben h aber back- und steuerbordseits verschiebbar. Diese
Hilfsmittel ermöglichen es, die Gewichtsvertheilung am Modell in der der
Wirklichkeit entsprechenden Weise vorzunehmen. Ist dies geschehen, so wird das
Modell mittels Spannschrauben s t derart in einen Ring
H gespannt, dass der Schwerpunkt des ersteren und
der des letzteren zusammenfallen; die Bedingung ist erfüllt, wenn der mit seiner
breiten Spur auf eine glatte wagerechte Fläche gestellte Ring H mit dem Modell in jeder Lage stehen bleibt, ohne die
Tendenz zum Rollen zu zeigen.
Textabbildung Bd. 295, S. 135
Stabilitätsbestimmung.
Das so vorbereitete Modell ist nun fertig zur Ermittelung der aufrichtenden Kräfte
bei verschiedener seitlicher Neigung des Schiffes, welche zur Construction der
Stabilitätscurven führen. Diesem Zwecke dient ein Wasserbehälter T, dessen Ständer S einen
mittels der Mutter Q senkrecht einstellbaren Rahmen N von später näher zu beschreibender Einrichtung trägt.
Gegen diesen Rahmen N wird mit Hilfe der Klemmschraube
m ein Doppelhebel L
fest gestellt, dessen kurzer Arm Schneiden zur Aufnahme des Gehänges a besitzt. In dem letzteren sind Antifrictionsrollen
l leicht drehbar gelagert, zwischen denen wiederum
zwecks Verminderung der Reibung die Achse der mit einer Gradtheilung versehenen
Rolle K sich drehen kann. Ueber die Rolle K wird ein leichter biegsamer Faden 4 gelegt, an dessen Enden die mit Gewichten gefüllten
Schalen I1 angehängt
sind.
In die im Umfange des Reifens H eingedrehte Rille werden
nun zwei Fäden 2 und 3
eingeführt; mittels des einen (2) wird der Reifen H mit dem in der oben angedeuteten Weise eingespannten
Modell an die Schalen I1gehängt,
während der Faden 3 gegen einander genau ausgeglichene
Spanngewichte I trägt. Nunmehr wird das Ganze durch
Drehen der Mutter Q so lange senkrecht verstellt, bis
das Modell M bis zu dem vorgesehenen Tiefgang ins
Wasser des Behälters T eintaucht. Die Vorrichtung ist
jetzt im Gleichgewicht, was der auf Null gestellte Zeiger O des Gehänges a angibt. Wird nun aber die
Rolle K um etwas verdreht, so neigt sich das Modell um
einen Winkel, welcher dem Verhältnisse von K zu H entspricht; da man beide Rollen im Durchmesser
einander gleich machen wird, so wird der feste Zeiger O
an der Scala von K die seitliche Neigung des Modells
ohne weiteres angeben. Die Lagenveränderung des letzteren bringt natürlich einen aus
der Achse des Modells nach der geneigten Seite hin verschobenen Ueberschuss an
Auftrieb mit sich, welcher dadurch ausgeglichen wird, dass aus der einen Schale I1 Gewichtstücke
herausgenommen und in die anderseitige gelegt werden. Diese Gewichtsdifferenz gibt
das Maass der Auftriebskraft für die Stabilitätscurve, zu welcher die Scala auf K die Neigungswinkel anzeigt.
Um die Fehler, welche aus der Veränderung des Wasserspiegels bei Drehung des Modells
erwachsen, thunlichst auszumerzen, kann man das Gefäss T so gross wählen, dass der Unterschied der Wasserstände praktisch Null
wird, oder eine entsprechende Correction der Ablesungen bewirken.
Anstatt die Gewichtsschalen I1 zwischen die Reifen K und H zu schalten, kann man wohl auch die Fäden 2 und 4 vereinigen und die
Schalen ins Wasser tauchen lassen (Fig. 3), was beim
Austausch der Belastung jedoch sich nicht als vortheilhaft erweist, oder es wird der
Faden der Schalen über seitlich an dem Gefässe T
angeordnete Rollen geführt (Fig. 4).
Sollen die Krängungsversuche bei Neigungen des Schiffes schräg zur Achse durchgeführt
werden, so wird das Modell so in den Reifen H
eingespannt, dass seine Längsachse nicht mit der Reifenachse zusammenfällt. Für
gleiche Experimente bei verschiedenen Tauchtiefen von Bug und Heck kann der Ring H wegfallen und die Verbindung des Modells mit den
Schalen I1 durch
Stangen mit der Achse parallel zur Rollenebene stattfinden.
Der nach Art einer römischen Wage ausgeführte Hebel L
spielt, wenn er nicht von der Schraube m festgehalten
wird, mittels Schneiden in dem Rahmen N, welcher eine
Gradtheilung B trägt. An dem langen Arm des Hebels ist
eine Scala vorgesehen, längs welcher Stellgewichte R r
zu verschieben sind. Das Zeigerende Z des Hebels
streicht über die Gradtheilung B. Diese Einrichtung
ermöglicht es, den Tiefgang und das Verdrängungsvermögen des Schiffes in bequemer
Weise zu bestimmen. Zu diesem Zwecke wird das Modell an den kurzen Arm der Wage L über Wasser gehängt und die Einstellung der Gewichte
R r so bewirkt, dass der Zeiger von L etwa auf dem Theilstriche o des Bogens B steht. Wird durch Drehen der
Mutter Q die Wage gesenkt, so wird in dem Maasse, wie
das Modell ins Wasser taucht, der Zeiger Z nach unten
gehen; dieser Ausschlag und die Eintauchtiefe stehen in einer leicht ersichtlichen
Beziehung zu einander, aus welcher der Tiefgang hergeleitet wird. Um bei einer
gewissen Lage des Hebels L den Zeiger Z wieder auf den Nullstrich von B zurückzuführen, muss das Stellgewicht r
nach links verschoben werden. Die Grösse der Verschiebung ist proportional dem
Deplacement des Modells, so dass auch hier eine vereinfachte Umrechnung für die
Schiffsverhältnisse gestattet ist.
Es sei noch hinzugefügt, dass der Constructeur sein Modell aus einzelnen Theilen
zusammensetzt; diese lassen sich abnehmen, so dass an ihre Stelle Wasser treten
kann. Der Zweck dieser Maassnahme ist der, zu ermitteln, wie die Verhältnisse sich
gestalten, wenn Theile des Schiffes sich mit Wasser anfüllen sollten.
Wilh. Gentsch.