Titel: | Fortschritte in der Eisen- und Stahlgiesserei. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 155 |
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Fortschritte in der Eisen- und
Stahlgiesserei.
(Fortsetzung des Berichtes S. 125 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Fortschritte in der Eisen- und Stahlgiesserei.
III. Arbeitsverfahren.
In den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbefleisses, 1894 S. 96, 256, 281, wird unter der Ueberschrift „Ueber Massenfabrikation im Maschinenbau“ die
praktische Handhabung des Giessereibetriebes, sowie die Anordnung der
Giessereianlage besprochen und die Vortheile gewisser Anordnungen derselben
erörtert. Wir machen auf den vielfach interessanten Inhalt hiermit aufmerksam.
Textabbildung Bd. 295, S. 155
Fig. 12.Giessen unter Vacuum.
Ein Verfahren zum Giessen von Metallen und anderen Materialien besteht nach dem
österreichisch-ungarischen Privilegium vom 28. Juli 1893 darin, durch Absaugen der
Luft aus dem Formkasten mit oder ohne Verwendung eines äusseren Gusskastens scharfe
Abgüsse zu erzielen, indem hierdurch die Bildung von Gussfehlern zufolge der in der
Form enthaltenen Luft oder Gase wesentlich verringert wird.
In Fig. 12 ist A ein
Gusskasten, der den Formkasten oder die Form und eine Vacuumkammer enthält. Er ist
oben offen und am Boden mit Ausnahme der Oeffnung C –
mit Hahn D – geschlossen, die mit einem
Luftabsaugeapparat in Verbindung steht und durch welchen die Verbindung des
Gusskastens mit dem Exhaustor hergestellt oder unterbrochen werden kann.
Der äussere Kasten ist durch eine gelochte Scheidewand B
in zwei Räume getheilt. Der unter der Scheidewand liegende Raum bildet die
Vacuumkammer, während auf dieser Wand der Formkasten E
aufliegt, welcher in gewöhnlicher Weise eingestampft wird. Der Raum um den
Formkasten herum ist mit Sand F ausgefüllt. Die
Oberseite des Formkastens E, sowie die Füllung F ist mit undurchlässigem Material G überdeckt und lässt nur einen oder mehrere Eingüsse
H frei; die Form wird in gewöhnlicher Weise
vorbereitet. Findet das Giessen in einem Formkasten E
statt, so wird dieser auf die Scheidewand B gesetzt und
der Raum F gefüllt. Die obere Fläche wird sodann mit
einem undurchlässigen Material, z.B. einer Lehm- oder Firnisschicht, überzogen,
welche man genügend trocknen lässt, worauf der Apparat bei geschlossenem Hahn D mit dem Exhaustor verbunden wird. Nun wird das
Schmelzgut in den Einguss H eingegossen und
gleichzeitig der Hahn D geöffnet, wodurch die Luft und
Gase abgesaugt werden und das Metall ohne Gefahr von Luftblasenbildung die Form
ausfüllt. Als Vortheile dieses Verfahrens werden aufgeführt:
Geringere Neigung zur Bildung von Blasen und Rissen, schärfere Abgüsse und die
Möglichkeit, complicirtere Gussformen leichter herstellen zu können.
Ein österreichisches Privilegium vom 10. August 1894, ertheilt an Thomas Hampton in Sheffield, England, bezieht sich auf
Neuerungen in dem Verfahren und an den Formen zum Giessen von zusammengesetzten
Ingots für Panzer- und andere Verkleidungsplatten, sowie auch auf Verbesserungen an
den zur Durchführung dieses Verfahrens dienenden Formen. Die Erfindung soll das
Eingiessen der zweiten oder irgend welchen folgenden Schichten von besonderen
Metallen oder Metallegirungen in die Form ermöglichen, während die vorhergehende
Schicht noch im flüssigen oder halbflüssigen Zustande sich befindet, und zwar so,
dass nur eine geringe Störung bezieh. Aenderung der vorhergehenden Schicht durch
dieses Aufgiessen hervorgebracht und dadurch ein Vermischen der verschiedenen
Schichten, wodurch dieselben ihre besonderen Eigenschaften verlieren würden,
verhindert wird. Dabei ist es jedoch wichtig, die einzelnen Schichten nicht zu
hindern, an ihren wagerechten Berührungsflächen sich vollkommen zu verbinden.
Zur Durchführung dieses Verfahrens dient die in Fig. 13 bis 15 dargestellte Form, in
welcher Fig. 13 einen
Endaufriss einer Form mit abgenommenem Ende und versehen mit zwei Giesstrichtern im
Schnitt zeigt. Fig. 14
ist die Draufsicht eines Theiles der Deckplatte mit zwei Giesstrichtern, von welcher
Platte ein Theil weggenommen ist, um die im Uebrigen durch punktirte Linien
angedeuteten Leitungen sichtbar zu machen. Fig. 15 zeigt die
Leitungsrohre und Verbindungsstücke.
Textabbildung Bd. 295, S. 155
Hampton's Giesskasten für Panzerplatten.
Die Form besteht aus einer Grundplatte 1, welche mit den
Wänden 2 und 2 a auch aus
einem Stück gegössen sein kann. Die Wandtheile können entweder aus einem Stück
bestehen, oder auch in mehreren Abtheilungen aufgebaut, oder gesondert hergestellt
und durch Schraubenbolzen mit einander verbunden sein; in jedem Falle ist das Innere
der Form mit einer Schicht 3 aus feuerfestem Thon
ausgefüttert.
Die Mulde ist mit einem schweren Deckel geschlossen. In der oberen Fläche der Platte
4 sind einander durchschneidende Kanäle für die
Aufnahme der Leitungsrohre 7 angeordnet, sowie auch
offene Ausschnitte zur Aufnahme der Verbindungen oder Blöcke 8 und der Strahldüse 9; die letzterwähnten
Theile sind aus feuerfestem Thon hergestellt. Die Deckplatte 5 ist zur Aufnahme der Giesstrichter 10 und 11 eingerichtet, deren Form, Anzahl und gegenseitige
Stellung je nach der Grösse der herzustellenden Ingots gewählt werden kann.
Das Giessverfahren eines aus drei Lagen zusammengesetzten Ingots für eine
Panzerplatte mit harter Stirnfläche, weichem Mitteltheil und halbhartem Rücken wird
wie folgt durchgeführt: Der geschmolzene Stahl für die harte Stirnfläche wird zuerst
in die Form durch den Trichter 10 geschüttet, welcher
direct mit dem Inneren der Form in Verbindung steht, entweder in der dargestellten
Weise oder derart, dass der Trichter an der Aussenseite der Form nach abwärts
geführt wird und von der Seite und nahe dem Boden der Form in letztere mündet. Das
geschmolzene Metall für die mittlere Schicht wird dann in einen oder mehrere der
Trichter 11 geschüttet, welche mit den Leitungsrohren 7
und den Düsen 9 in Verbindung sind, aus welch letzteren
es dann in schwachen Strahlen oder Streifen auf die Oberfläche des bereits in der
Form befindlichen harten Stahlkörpers fällt. Die Theilung des flüssigen Metalles in
schwache Strahlen vermindert dessen Neigung, das Metall, auf welches es fällt, zu
zerstören bezieh. dessen Zusammensetzung zu ändern.
Die dritte Schicht wird dann in gleicher Weise in die Form eingeschüttet.
Um das Entweichen des in der Form entwickelten Gases zu ermöglichen, sind die Düsen
9 durchbohrt, mit welchen Bohrungen sie mit den die
Leitungsrohre enthaltenen Kanälen in Verbindung sind, aus welchen das Gas durch
Nuthen 12 oder 13, die
zwischen der Deckplatte 4 und dem obersten Theile der
Form hergestellt sind, entweichen kann.
Die Patentansprüche lauten:
1) Bei der Herstellung von zusammengesetzten Ingots das Verfahren, das geschmolzene
Metall für die zweite Schicht, eventuell für die folgenden Schichten, zwecks
Vertheilung in zahlreiche schwache Strahlen oder Streifen, durch Düsen 9 in die Form zu giessen, welche Düsen oberhalb der
Fläche der Form angeordnet sind, und welche Einrichtung den Zweck hat, eine
Zerstörung der schon in der Form befindlichen Schicht durch den Auffall des
folgenden eingeschlossenen Metalles möglichst zu verhindern, damit jede Schicht ihre
besondere Stellung im Ingot und ihre charakteristischen Eigenschaften
beibehalte.
2) Zum Giessen von zusammengesetzten Ingots für Panzer und analoge
Verkleidungsplatten eine Giessform mit einer Deckplatte 4
5, versehen mit einem oder mehreren Giesstrichtern 11, die durch Leitungsrohre 7 mit einer Anzahl von Düsen 9 verbunden sind, welch letztere in das Innere der Form
zu dem Zweck münden, das geschmolzene Metall in schwachen Streifen oder Strahlen
über die Fläche der Form zu vertheilen.
3) In einer Form für die Herstellung von zusammengesetzten Ingots, die Combination
eines Trichters 10, welcher das geschmolzene Metall
direct in die Form einlaufen lässt, mit einem oder mehreren Trichtern 11, welche mittels Leitungen 7 und Düsen 9 das geschmolzene Metall
indirect in die Form zuleiten.
Zu den vielen Versuchen, welche angestellt worden sind, um dichte und haltbare Walzen
für die Stabeisenherstellung zu erhalten, sind einige neuere hinzugetreten.
Das vorzeitige Erstarren wollen J. Kudlicz in Prag-Bubna
und R. Klostermann in Dortmund nach D. R. P. Nr.
75043 vom 3. October 1893 dadurch verhindern, dass das in die Form strömende Metall
erst in Ruhe kommt, wenn die ganze Form gefüllt ist.
Das Verfahren besteht darin, dass die flüssige Masse, von unten eingeführt, zunächst
bis zu einem gewissen Grade angesammelt und hierauf durch in einem Zwischenstück
angebrachte Kanäle in die Form gelangt, welche Kanäle so gestaltet und gerichtet
sind, dass das Metall in eine rotirende Bewegung geräth. Hierbei muss dasselbe
zuerst einen Widerstand überwinden, welcher das Metall zwingt, in einzelnen Strahlen
in die Gussform einzutreten, so dass die rotirende Bewegung sich durch die ganze
Gussform bis hinauf in den verlorenen Kopf fortsetzen kann. Die Verunreinigungen,
welche in dem Metall enthalten sind, setzen sich unten an dem Zwischenstück ab.
Durch den seitlich angebrachten Einguss wird das flüssige Metall eingeführt und
sammelt sich zunächst in einem unterhalb der eigentlichen Gussform angeordneten
Behälter. Zwischen der Form und dem Behälter ist ein Zwischenstück aus
feuerbeständigem Material eingesetzt, welches den unvermittelten Zutritt des
flüssigen Metalles in die Gussform verhindert. Durch dasselbe gehen mehrere gerade
oder gebogene, schräg, und zwar am besten schraubenförmig aufsteigende Kanäle und
stellen auf diese Weise eine Verbindung zwischen der Form und dem Sammelraum her.
Die Richtung dieser Kanäle, welche sich nach oben etwas verjüngen, muss so gewählt
werden, dass alle aus denselben austretenden Strahlen flüssigen Metalles in
derselben Richtung in Drehung gerathen.
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Van Riet's blasenfreier Guss.
Nach dem amerikanischen Patent Nr. 517747 will W. E.
Harris in Niels, Ohio, widerstandsfähige Walzen dadurch erzielen, dass er
in die Walzenform ein schmiedeeisernes Rohr einsetzt und dieses inwendig mit Stahl,
aussen mit Gusseisen umgiesst. Das Ausgiessen geschieht in senkrechter Form. Ein
ähnliches Verfahren, bei welchem anstatt des Rohres eine verzinnte Stahl- oder
Eisenstange angewendet wird, ist unseren Hüttenleuten längst bekannt.
Van Riet wendet zur Erzielung blasenfreien Gusses (Fig. 16a und 16b) ein Zwischenstück
in Form eines Eingusskastens an. Derselbe besteht aus einem Gusskasten, welcher drei
cylindrische Abtheilungen a b c enthält. Diese
Abtheilungen sind mit einander verbunden durch eigenartig angeordnete Kanäle, die
mit Chamotte ausgekleidet und so bemessen sind, dass das in die Abtheilung a eingegossene flüssige Eisen gezwungen wird, auf
seinem Wege durch die Abtheilungen b und c die durch Pfeile angedeuteten Drehbewegungen
auszuführen. Die Abtheilung c befindet sich oberhalb
des Eingusses der eigentlichen Form.
Durch die Drehbewegung findet eine Separation der Verunreinigungen und des reinen
Eisens statt. Dieser Trennungsprocess vollzieht sich so schnell, dass ein weiteres
Oxydiren der in den dritten Raum c übergetretenen
Massen nicht erfolgen kann. Die ausgeschiedenen Theile bilden in b einen Kegel von schwammiger Beschaffenheit, der die
ganze Oberfläche der Abtheilung b bedeckt und um den
sich die ganze
Eisenmasse dreht, ehe sie nach c übertritt. Im Apparate
findet man nach einem Gusse in der ersten Abtheilung a
eine Lage Schlacke, in der Abtheilung b eine Masse,
welche aus Schlacken und sonstigen Unreinlichkeiten besteht, und in der Abtheilung
c reines, dichtes Metall.
Ein Verfahren nebst der Vorrichtung zur Erzielung dichter Gussblöcke hat Wilh. Reunert in Annen (Westfalen) sich unter D. R. P.
Nr. 74617 vom 25. August 1893 patentiren lassen. Das Verfahren besteht darin,
während des Giessens oder nach eben beendetem Guss des Blockes nur den unteren und
den mittleren Theil des Schalenmantels äusserlich durch Luft oder Gas abzukühlen,
den oberen Theil des Schalenmantels dagegen vor Abkühlung möglichst zu bewahren.
Durch diese Art der Abkühlung wird erzielt, dass der obere Theil des Blockes länger
flüssig bleibt als der untere, und in Folge dessen im Herzen des Blockes ein
Nachsinken der oberen Schichten in die unteren, also ein Ausfüllen des Lunkers
stattfinden muss. Zur Ausführung dieses Verfahrens wird eine Gusschale aus zwei
Mänteln benutzt, deren Durchmesser so bemessen sind, dass zwischen ihnen ein
Hohlraum von 26 bis 30 mm Weite bleibt, der durch eine die beiden Mäntel verbindende
wagerechte Scheidewand in einen oberen, kürzeren Hohlraum und einen unteren längeren
getheilt ist. Der obere Hohlraum wird mit feuerbeständigem, Wärme schlecht leitendem
Material gefüllt, oder man lässt in diesem Raum einfach den beim Giessen der Schale
nöthig gewesenen Sandkern sitzen.
Durch den unteren Raum wird Luft oder Gas geleitet, um den inneren Mantel bis zur
Scheidewand hinauf zu kühlen. Die Gebläseluft tritt durch ein Ansatzrohr in den
unteren Hohlraum ein, um diesen durch eine dicht unter der Scheidewand angebrachte
Oeffnung wieder zu verlassen.
Während des Giessens leitet man mittels eines kleinen Gebläses oder einer sonstigen
geeigneten Vorrichtung Luft oder Gas durch den Raum hindurch, wodurch das Erstarren
der eingegossenen Metallsäule bis herauf an die Scheidewand möglichst beschleunigt
wird. Die Kühlung erfolgt so lange, bis der Block im Inneren nicht mehr dünnflüssig
ist. Hierauf stellt man den Zutritt des Kühlmittels ab. Während der Kühlung des
unteren Theiles der Metallsäule verzögert der in dem oberen Raume befindliche Mantel
aus Wärme schlecht leitendem Material das Erstarren der Metallsäule an dieser
Stelle, so dass dieser obere Theil des Blockes länger flüssig bleibt und somit in
der Schale nach Maassgabe des sich beim Erkalten zusammenziehenden, unteren Theiles
gehörig nachsinken kann. Hierdurch wird die Bildung eines Lunkers gänzlich
unmöglich. Zur grösseren Sicherheit kann man dann noch oben auf das Metall, wenn es
anfängt auch dort zu erstarren, den bisher üblichen Thonkopf aufstellen und diesen
mit flüssigem Metall anfüllen.
P. Huth in Gelsenkirchen wendet nach seinem D. R. P. Nr.
78532 vom 10. Mai 1894 die Centrifugalkraft zum Vergiessen zweier verschiedener
Metalle an, um diese oder Metallegirungen oder ein Metall in verschiedenen
Härtestufen in gesonderter Ablagerung zu vergiessen.
Bei diesem Verfahren wird das zuerst eingegossene Metall an den Umfang der Form
geschleudert und stellt sich hier innen, die Fläche eines Umdrehungsparaboloids
bildend, ein; das zweite Metall füllt den übrigen Raum der Form.
In den Fig. 17 und 18 sind als Beispiel ein
Laufrad und eine Granate dargestellt.
Beim Laufrade kann das den Umfang bildende härtere Metall durch die Nabe h oder durch den ringförmigen Schlitz g der Form während der zweckentsprechenden Drehung der
letzteren eingegossen werden; es füllt den Raum a b c
d, wobei a b eine Parabel ist, deren Scheitel
in M liegt; das darauf nachgegossene weichere Metall
bildet den Unterreifen a b e f und den Stern oder die
Scheibe und die Nabe. Ist die Form voll, so wird mit der Drehung aufgehört. Die
Parabel a b M ist abhängig von dem Radius des Rades und
von der Umdrehungszahl.
Bei der Granate wird das härtere Metall unter Rotation der Form in letztere gegossen;
es bildet hier eine paraboloidisch ausgehöhlte Oberfläche, auf welche dann das für
den übrigen Theil der Granate zweckentsprechende Metall vergossen wird.
Diese beiden Beispiele dürften die Tragweite, welche dieser Erfindung innewohnt,
genügend kennzeichnen.
Textabbildung Bd. 295, S. 157
Huth's Centrifugalguss.
In der Decembersitzung des Vereins deutscher Maschineningenieure hielt Ingenieur Lohmann von der Firma Julius
Pintsch in Berlin, dem Licenzträger für Benardos
und Slavianoff, einen Vortrag (vgl. Glaser's
Annalen vom 15. Januar 1895) über das von dem russischen Ingenieur Nicolai Slavianoff neuerdings erfundene elektrische
Giessverfahren, welches dem bereits 1886 patentirten Benardos'schen elektrischen Schweissverfahren verwandt ist und dieses in
vielen Fällen zu ersetzen geeignet scheint.
Dem elektrischen Giessverfahren liegt ebenso wie dem Schweissverfahren die Anwendung
des Volta'schen Lichtbogens zu Grunde. Die Ueberwindung
des Luftwiderstandes durch den Strom erzeugt hierbei an der Unterbrechungsstelle des
Leiters eine so starke Erwärmung, dass die Elektroden, zwischen denen sich die
Luftschicht befindet, stark erglühen.
An dieser Stelle ist die elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Je kleiner nun der
Leiter an Umfang ist, desto mehr concentrirt sich bekanntlich die Wärme, und um so
höher ist die Temperatur, so dass man in einem solchen Lichtbogen Temperaturen
erreichen kann, wie sie bei der Verbrennung kaum zu erzielen sind, bei
Kohlenelektroden z.B. etwa 2000° C.
Bei Slavianoff bestehen beide Elektroden aus Metall; die
eine bildet der zu bearbeitende Metallgegenstand, zum anderen Pol macht man das
Metall, das bei der Bearbeitung aufgeschmolzen werden soll und das man in der Form
eines runden Stabes verwendet. Bei der Erzeugung des Lichtbogens schmilzt der
Metallstab schnell ab und tropft auf den zu bearbeitenden Gegenstand, welchem der
Metallstab stets so weit zu nähern ist, dass der Lichtbogen erhalten bleibt. Daraus
erhellt auch, welcher Art die Bearbeitung ist, welche man so vornehmen kann.
Hat z.B. ein Gusstück einen Riss erhalten, so schliesst man diesen durch Ab tröpfeln
von einem Stab aus demselben Metall. Ist ein Stück abgebrochen, so tröpfelt man so
viel auf, als zur Neubildung nöthig ist. In beiden Fällen muss man durch zuvorige
Herstellung einer Umgrenzung der betreffenden Stelle – gleichsam einer Form – die
Grenzen feststellen, innerhalb deren sich das flüssige Metall ausbreiten soll.
Beide Metalle, für den Flicken, wie für das zu flickende Stück, können beliebiger Art
sein, z.B. Gusseisen, Stahl, Schmiedeeisen, Kupfer, Bronze u.s.w., denn alle werden
im Lichtbogen niedergeschmolzen.
Textabbildung Bd. 295, S. 158
Fig. 19.Slavianoff's elektrisches Griessverfahren.
Die Vorzüge vor dem Benardos'schen Verfahren bestehen in
der durch vollständige Schmelzung des Metalles erreichbaren grösseren Vielartigkeit
der Flickarbeiten; sodann ist der Nutzeffect grösser, weil die dort zum Erhitzen des
Kohlenstabes benutzte Wärmemenge hier der Schmelzung zu Gute kommt, endlich wird das
Metall an der Flickstelle nicht unbequem hart. Die bei Benardos nicht vorhandene Schwierigkeit, den Abstand zur Bildung des
Lichtbogens trotz des abschmelzenden Metallstabes gleich-massig zu erhalten, hat Slavianoff dadurch gelöst, dass er den Metallstab trotz
der Führung durch des Arbeiters Hand selbsthätig bis auf die richtige Entfernung vom
Flickstück einstellt. Der hierzu dienende Apparat beruht auf der anziehenden Wirkung
eines vom elektrischen Strome umflossenen weichen Eisenkernes. Je grösser die
Entfernung zwischen dem abschmelzenden Metallstab und dem Arbeitsstück wird, um so
grösser wird der Widerstand für den Strom, um so geringer die Stromstärke und die
Anziehungskraft. Dadurch kommt eine Feder stärker wie zuvor zur Geltung; deren Kraft
nähert den Metallstab dem Arbeitsstück bis zur richtigen Entfernung für den
Lichtbogen. Immerhin findet diese Regelung nur in engen Grenzen statt und Sache
des Arbeiters ist es, diese Grenzen von Hand einzuhalten, da anderenfalls unliebsame
Störungen in der Dynamomaschine auftreten. In der Pintsch'schen Filiale ist der in Fig. 19
dargestellte Apparat seit mehreren Jahren ohne jede Störung in praktischer
Verwendung.
Der automatische Regulator besteht aus dem um das Centrum O schwingenden Hebel L, dessen oberer Arm mit
dem Eisenkerne, welcher in das Solenoid S hineinragt,
in Verbindung steht. Am unteren Ende des Hebels L,
normal zu diesem, ist eine hohle Welle befestigt, durch welche eine Triebstange
geht, die mittels eines Handrades in Rotation versetzt werden kann. Vorn trägt die
Triebstange ein gezahntes Stahlrädchen, welches den Nachschub des eingespannten
Stabes bewirkt. Das Gewicht hat den Zweck, das ganze bewegliche System im
Gleichgewicht zu halten, sowie auch unter Zuhilfenahme der Federn die
Empfindlichkeit des Apparates reguliren zu können. Der Rahmen ist mit farbigen
Glasscheiben versehen, die dazu dienen, das Auge des Arbeiters vor dem intensiven
Scheine des Lichtbogens zu schützen.
Der Stromlauf ist folgender: Der Strom geht in die Polklemme durch den Kupferstab zum
Solenoid durch letzteres hindurch, dann weiter durch das biegsame Kabel zum
Metallstab, durch den Lichtbogen, das zu bearbeitende Metallstück zurück zur
Stromquelle. Den Regulator in Thätigkeit zu setzen, verfährt man folgendermaassen:
Der Arbeiter lenkt mit der linken Hand an dem Holzgriffe den Apparat, dreht mit der
rechten Hand das Handrad, bis die stabförmige Elektrode mit der anderen in Berührung
kommt. In demselben Moment beginnt die automatische Regulirung, indem der die
kupferne Spirale durchlaufende, den Eisenkern umkreisende elektrische Strom diesen
einzieht. Der Lichtbogen ist hergestellt. Sofort wird der Stab an seinem unteren
Ende schmelzen und das flüssig gewordene Metall fällt in die Gussform. Mit dem
Abschmelzen des Stabes nimmt auch die Entfernung beider Elektroden zu; der
Widerstand wird grösser, die Stromstärke demzufolge geringer und das
Einziehungsvermögen des Solenoides lässt nach. Der Stab wird sich wieder dem anderen
Pole nähern. Die automatische Regulirung ist, wie man sieht, eine begrenzte, daher
ist es erforderlich, in demselben Maasse, wie der Stab abschmilzt, letzteren mittels
des Handrades vorzuschieben, was weiter keine Schwierigkeiten verursacht, da der
Regulator die Fehler der Hand selbsthätig ausgleicht.
Die automatische Regulirung des Lichtbogens bietet den grossen Vortheil, den Strom
direct von einer Dynamomaschine entnehmen zu können. Es ist die kostspielige Anlage
einer Accumulatorenbatterie nicht nothwendig. Vorausgesetzt ist hierbei, dass die
Dynamomaschine einen einigermaassen feuerfesten Anker besitzt und auch plötzlich
erfolgende Belastungen bis zu 600 Ampère auszuhalten vermag.
Die Firma Pintsch benutzt in ihrer Filiale Fürstenwalde
eine Fritsche'sche Radanker-Gleichstromdynamo und zwar
eine Shunt- oder Nebenschlussmaschine. Seit zwei Jahren dient diese Dynamo zum
elektrischen Gusse und ist in dieser Zeit auch nicht die geringste Beschädigung der
Maschine bezieh. des Ankers vorgekommen.
Die zum elektrischen Metallgusse nach dem Verfahren Slavianoff benöthigte Stromstärke richtet sich nach dem Durchmesser der
stabförmigen Elektrode. Es sind für das Quadratmillimeter Querschnittsfläche 7,5 bis 8 Ampère
erforderlich. Das würde bei einem Stabdurchmesser von
10
mm
= 78,5
qmm
= 600
Ampère
9
„
= 63,6
„
= 500
„
8
„
= 50
„
= 400
„
6
„
= 28
„
= 200
„
ergeben.
Die vom Vortragenden vorgezeigten Proben, namentlich die durchschnittenen und auf der
Schnittfläche sauber polirten Stücke, zeigten den tadellosen fugenlosen Uebergang
von einem Metall zum anderen.
Ausser dem genannten Regelungsapparat und einem Rheostat zur Regelung der Stromstärke
ist in den Stromkreis ein Commutator zur Veränderung der Stromrichtung
eingeschaltet. Da am positiven Pole etwa doppelt so viel Wärme ausgeschieden wird,
als am negativen, hat man es durch Umkehrung der Stromrichtung in der Hand, nach
Belieben das eine oder andere Metallstück stärker zu erwärmen. Beim Einschmelzen von
Gusseisen hat die Umkehrung der Pole auch noch einen Einfluss auf die chemische
Zusammensetzung; das abgeschmolzene Metall kann man hierdurch je nach Wahl als
hartes, weiches oder als weiches graues Gusseisen zur Anwendung bringen.
Ein guter Guss ist abhängig von einer dauernd metallischen Oberfläche des flüssigen
Metalles, da eine Oxydschicht eine Trennungsfuge zwischen altem und frischem Metall
bilden, eine tadellose Verbindung also hindern würde. Diese metallische Oberfläche
wird durch Aufstreuen pulverisirten Glases auf das Metallbad erzielt, das dieses mit
einer dünnen Haut gegen die Luft abschliesst.
Natürlich ist das Niederschmelzen von Metall nach Slavianoff theurer, als unter gewöhnlichen Umständen; in zahllosen Fällen
spielen aber diese Kosten überhaupt keine Rolle, entweder weil das zu reparirende
Stück einen hohen Eigenwerth hat und auf anderem Wege überhaupt nicht zuverlässig
ausgebessert werden kann, oder weil die Beschaffung eines Ersatzstückes aus
örtlichen Gründen trotz grösster Dringlichkeit unmöglich ist. In letzterer Hinsicht
ist das lehrreichste Beispiel ein Schiff auf hoher See. Elektrischer Strom steht
dort zur Verfügung; was der kostet, ist ganz gleichgültig gegenüber der Möglichkeit
einer Maschinenreparatur auf hoher See, die das Schiff davor bewahrt, steuerlos den
Wellen preisgegeben zu sein.
Werthvolle Stücke, die sonst verworfen werden müssten, hat die
Staats-Eisenbahnverwaltung bereits wiederholt nach dem Slavianoff'schen Verfahren in Fürsten walde ausbessern lassen, so z.B.
gerissene Treibräder und Dampfcylinder, auch Triebstangen für Locomotiven. An
solchen Stücken ist nach der Bearbeitung gar nicht zu sehen, wo die Fehlstelle
war.
An den Vortrag schloss sich eine aufklärende Besprechung, wegen derer und
verschiedener Einzelheiten wir auf die Quelle verweisen.
(Fortsetzung folgt.)