Titel: | Das Platin und seine Metalle auf der Ausstellung in Antwerpen. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 208 |
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Das Platin und seine Metalle auf der Ausstellung
in Antwerpen.
Das Platin und seine Metalle auf der Ausstellung in
Antwerpen.
Trotzdem das Platin in der chemischen Industrie eine bedeutende Rolle spielt, gibt es
kein vollständiges Werk über dasselbe; unsere Belehrung schöpfen wir aus den
Handbüchern der Chemie. Die Platinindustrie ist französischen Ursprunges, obgleich
sie durch das Haus Johnson und Matthey in London fast
monopolisirt wurde.
Die ersten Versuche in der Metallurgie des Platins machten die französischen
Gelehrten Sainte-Claire Deville und Debray.
1873 sah man zum ersten Male zur Herstellung der Normalmeterstäbe den Guss einer
Platinmasse von 250 k. Die Reinheit dieses mit 10 Proc. Iridium legirten Platins war
nach den Gutachten Saint-Claire Deville's von einem bis
dahin unerreichten Grade, der auch in der neueren Zeit nicht übertroffen worden ist,
denn sie betrug 999,98773 ‰.
Die Schränke von Johnson und Matthey waren auf der
Antwerpener Ausstellung zwischen gewöhnlichen Glasschränken verloren aufgestellt.
Diese meisterhaften Ausstellungsobjecte hätten ihren Platz am Eingang des
Ausstellungspalastes finden müssen.
Neben verschiedenen Messinstrumenten war der 100 k schwere Platinbarren ausgestellt,
der von Johnson und Matthey 1862 vorher im Beisein
vieler Gelehrter und Hüttenmänner als erstes Beispiel einer Platinschmelzung im
grossen Stil gegossen worden war. Um die Bedeutung dieser Thatsache voll zu
würdigen, muss man sich die nur wenig zurückliegende Zeit 1847 vergegenwärtigen, wo
man das Platin sorgfältig in kleinen Körnern von kaum 10 g Schwere sammelte, während
der heutige Stand der Industrie es ermöglicht, der Schwefelsäureindustrie
Destillirblasen, Kühlrohre und Vorlagen in jeder Form und Grösse zu liefern.
Die Ausstellung in Antwerpen zeigte Apparate zur Schwefelsäureconcentration sowohl
von reinem Platin, als auch von Platin mit Gold plattirt nach Johnson und Matthey's Verfahren verfertigt, um die
Platinstücke durch Schmelzlöthung verbinden zu können und zugleich das Platin mit
einer unzertrennbar mit ihm verbundenen Goldschicht zu versehen. Die Löthung
des Platins durch Schmelzen wurde 1859 in Hatton-Garden erfunden, die
einseitige Bekleidung des Platins mit Gold schon früher; als man nämlich bei älteren
Apparaten, an denen man Löcher mit Gold verlöthet hatte, die Bemerkung machte, dass
wohl das Platin, kaum aber das Gold bei weiterem Gebrauch angegriffen wurde, machten
Johnson und Matthey eine Reihe von Versuchen in
dieser Richtung, auf Grund derer es ihnen gelang, schon 1855 eine grosse
Platinretorte, die auf ein Zehntel ihrer Dicke mit Gold plattirt war, auf die
Pariser Ausstellung zu schicken. Seit 40 Jahren fertigt man solche mit Gold
plattirte Platinapparate in London an. In Deutschland adop-tirte man seit einigen
Jahren dieses Goldplattirungsverfahren, dessen Vortheile und Ueberlegenheit man
einsah.
Man hat darin, dass man nur den Boden der Platingefässe vergoldete, einen Vortheil zu
finden geglaubt, allein dieses Verfahren ist nicht ökonomisch. Eine nur theilweise
Anwendung der galvanischen Vergoldung geschah zum Nachtheile des Platins, welches
man rings um die vergoldete Löthstelle herum angegriffen fand. Es ist daher nicht
empfehlenswerth, nur einen Theil des Platins zu plattiren, in einigen Monaten können
dadurch die Apparate unbrauchbar werden.
Seiner Zeit concentrirte man die Schwefelsäure in Retorten von grossem Inhalte, deren
erste 1809 verfertigt war und wenig über 8 k wog. Sie war rund und die in ihr
erwärmte Säureschicht von ziemlicher Dicke. Offenbar war das Verfahren mangelhaft,
denn je dicker die zu verdampfende Flüssigkeitsschicht ist, desto weniger wirksam
arbeitet man. Die unerlässliche Bedingung für schnelle Verdampfung ist eine grosse
Oberfläche, daraufhin bauten Johnson und Matthey ihre
Apparate, welche eine so geringe Höhe hatten, dass die Dicke der Säureschicht nur 5
cm betrug. Die Neuerung fand jedoch nur wenig Beifall bei den Fabrikanten, denn erst
gegen 1862 fand der längliche oder rechtwinkelige niedrige Typ, zum Theil mit
gepresstem Boden, in den Fabriken Eingang. Das Ergebniss dieser Verbesserungen dem
alten Verfahren gegenüber zeigte sich zunächst durch eine Brennmaterialersparniss
von 48 Proc. bei einer Verringerung der Handarbeit um 70 Proc.
Der Inhalt der Destillirblasen zum Kochen der Säure schwankt zwischen 100 und 1000 l.
Bis jetzt hat das Haus Johnson und Matthey annähernd
250 solcher Apparate geliefert, welche sehr theuer sind; so war in Antwerpen einer
ausgestellt, der allerdings 500 k Säure in der Stunde concentrirte, dessen Preis
94800 Frcs. betrug; der Preis zweier weiterer Apparate war 34500 bezieh. 37800 Frcs.
Doch diese Preise sind noch niedrig gegen den des historischen Platinbarrens von
1862, der bei einem Gewicht von 100 k 161000 Frcs. kosten soll.
Das Publikum wurde leider nur durch das von der Firma ausgestellte Gold, dessen Masse
fast 2¼ Milliarden beträgt, angezogen und ging an den anderen Ausstellungsobjecten,
dem Palladiumbarren von 176 400 Frcs. Werth, dem Ruthenium, dem Iridium, dem Rhodium
gerade wie an dem Platin, theilnahmlos vorüber. (E.
Andreoli in Revue universelle vom 2. Februar
1895.)