Titel: | Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und Aufschreiben von Fahrgeschwindigkeiten. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 231 |
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Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und
Aufschreiben von Fahrgeschwindigkeiten.
(Schluss des Berichtes S. 208 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Vorrichtungen zum Anzeigen und Aufschreiben von
Fahrgeschwindigkeiten.
III. Pfeil's Geschwindigkeitsmesser.
Auf denselben Grundlagen, auf welchen sich der Pouget-Guillet'sche Locomotivgeschwindigkeitsmesser aufbaut (vgl. * S.
208), beruht auch der Pfeil'sche Apparat gleicher
Gattung – Stathmograph genannt –, welcher bereits seit 1892 bei den k. k.
österreichischen Staatsbahnen auf mehrere Strecken versucht und auf Grund
vorausgegangener längerer, sehr sorgfältiger Erprobungen von Oberingenieur Rudolf Ziffer in der Oesterreichischen Eisenbahnzeitung vom 6. und 13. August 1893 ausführlich
beschrieben worden ist.
Die Anordnung dieses Fahrgeschwindigkeitsmessers erhellt aus den umstehenden Fig. 20 bis 22, wovon Fig. 20 die
Vorderansicht, Fig. 21
den Längenschnitt und Fig.
22 den um 90° gedrehten Längsschnitt darstellt. Eine Differentialpumpe,
deren Kolbenstange S (Fig. 20 und 22) mittels eines
Winkelhebels bewegt wird, der seinen Antrieb durch eine von der
Locomotivräder-Kuppelstange ausgehende, aus einem Mitnehmer, einer Kurbel mit
Excenterscheibe und einem Excenterringe mit Triebstange bestehende Uebertragung
erhält, pumpt aus dem Vorrathsgefässe G Flüssigkeit,
und zwar säurefreies Glycerin von 1,1117 spec. Gew. und 16° B., und presst sie beim
Kolbenrückgange in den Raum R eines gegossenen, jedoch
sorgfältigst ausgedrehten Messingrohres Z. In diesem
befindet sich ein dicht an die Rohrwand anschliessender, aber nichtsdestoweniger
sehr leicht auf und ab beweglicher, aus Messingblech hergestellter hohler Kolben C (Fig. 21 und 22), der durch den
Flüssigkeitsdruck hochgehoben wird und dann nach und nach einen im Rohre Z vorhandenen Längsschlitz m (Fig. 21)
frei macht, durch welchen die unter C tretende
Flüssigkeit in den Hohlraum einer Nebenrippe n
austreten kann, von wo sie ihren Weg in das Rohr r
nimmt, um schliesslich in das aus Gusseisen bestehende, inwendig emaillirte
Vorrathsgefäss G wieder zurück zu gelangen. Um auch der
sonst etwa zwischen Z und C eindringenden Flüssigkeit einen Ausweg zu gewähren, ist der cylindrische
Innenraum von Z von der hohlen Wulst K unterbrochen, welcher gleichfalls in den Hohlraum der
Rippe n mündet. An Stelle des Glycerins während der
frostfreien Jahreszeit reines Wasser als Pumpflüssigkeit zu verwenden, hat sich
nicht als zweckmässig erwiesen und wurde fallen gelassen, da jeder solche Wechsel
eine eingehende Regulirung des Apparates erforderlich macht.
Der obgenannte Kolben C wird während der Fahrt des zu
controlirenden Fahrzeuges so lange nach aufwärts steigen – oder auch nach abwärts
zurücksinken – bis die von ihm freigegebene Schlitzlänge ebenso viel Flüssigkeit
ausfliessen lässt, als die Pumpe nach R zuströmen
macht; die jeweilige Lage des Kolbens C ist also
proportional der Pumpenarbeit und somit auch proportional der
Fahrgeschwindigkeit.
Um die Bewegungen von C sichtbar zu machen, dient der
daran festgeschraubte, nach aufwärts reichende Stab D
(Fig. 21 und 22), welcher oben einen
Schreibstift v (Fig. 22) trägt und
zugleich mit der zum Festmachen von v dienenden, an D vorstehenden Schraube unter einen hebeiförmigen
Zeiger M (Fig. 20 bis 22) greift. Der letztere
wird auf diese Weise durch D beim Aufwärtsgehen von C gehoben und beim Abwärtsgehen wieder gesenkt; er
zeigt auf einen hinter Glas befindlichen Theilungsbogen I in jedem Augenblicke der Fahrt die richtige
Geschwindigkeit in Stundenkilometer, mit welcher gefahren wird.
Die Registrirvorrichtung (Fig.
21 und 22),
welche auch noch in Fig.
23 in der Draufsicht besonders dargestellt ist, besteht aus einem
gewöhnlichen einfachen Spindeluhrwerke, welches den auf eine Rolle gewickelten
endlosen Papierstreifen mittels zweier Führungswalzen R1 abwickelt, wobei der Streifen
hinter einem Führungsstifte l(Fig. 23) an der
Schreibplatte N, welche dem Wege des Schreibstiftes
gegenüber liegt, mit einer Geschwindigkeit von 4 mm in der Minute vorübergezogen
wird und schliesslich in den Nebenraum V gelangt, wo
eine Führungsspirale S1 das gleichmässige Sammeln und Hinterlegen
des abgelaufenen Streifens wesentlich fördert. Aus V
kann nach Abschluss jeder Fahrt der mit den Controlcurven beschriebene Streifen vom
Aufsichtsbeamten leicht entnommen werden; um neues Papier einzubringen, ist es
jedoch erforderlich, erst den Apparatdeckel abzuschrauben und den Kasten zu öffnen.
Die eine der Streifenführungswalzen R1 ist an ihrem Umfange und zwar an beiden
Walzenenden mit radial vorstehenden Mitnehmerdornen versehen, welche je 4 mm weit
von einander abstehen und deren Eindrücke, welche zunächst des unteren und oberen
Streifenrandes je eine fortlaufende Punktreihe bilden, die Zeit, d.h. Minuten,
darstellen. Von dem 10 cm hohen Schreibfelde des Papiers entspricht jedes Millimeter
Streifenhöhe der Ordinate eines Kilometers und sind auf dem Streifen die
Geschwindigkeiten von 10 zu 10 km durch vorgedruckte, mit den entsprechenden Ziffern
versehene Längslinien angezeichnet.
Textabbildung Bd. 295, S. 232
Pfeil's Geschwindigkeitsmesser.
Das Uhrwerk der Schreib Vorrichtung läuft in Steinen und
braucht daher nie geölt zu werden; ein am Obertheile des Apparatkastens aus der
Rückwand vorstehender vierkantiger Dorn dient zum Aufsetzen des Uhrschlüssels
bezieh. zum Aufziehen des Werkes, das durch Anwendung eines eigenen Regulators X (Fig. 22) leicht und aufs
genaueste eingestellt werden kann. Eine Benutzung des Regulators, der im Inneren des
Apparatkastens angebracht ist, steht nur dem Aufsichtsbeamten zu und kann eben
nur erst nach dem Abnehmen des Apparatdeckels erfolgen, wogegen der Hemmungshebel
w1 (Fig. 21 bis 23), welcher zum
Ingangsetzen oder Abstellen des Uhrwerkes vor und nach jeder Fahrt gelüftet oder
festgemacht werden muss, durch eine Oeffnung des Deckenbleches erreichbar und der
unbehinderten Benutzung freigegeben ist.
Das allenfalls nöthig werdende Reguliren des Flüssigkeitsaustrittes aus dem Schlitze
geschieht nicht durch Verengerung oder Erweiterung des Querschnittes der
Ausflussöffnung, sondern durch Erhöhung oder Verminderung der
Durchfliessgeschwindigkeit, nämlich durch Erhöhung bezieh. Verminderung des
Gewichtes des Kolbens C (Fig. 21 und 22), indem in denselben
Bleistückchen eingelegt bezieh. aus demselben weggenommen werden.
Vor der Indienstsetzung wird jeder Apparat mittels einer eigenen Probirvorrichtung
richtig gestellt; die letztere besteht dabei aus einer Drehbank, zwischen deren
Spindelkernen eine Welle eingespannt wird, die ihre Umdrehungen einerseits auf die
Pumpenstange des Apparates, andererseits auf einen gewöhnlichen Tourenzähler
überträgt. Die Welle sammt Zählwerk und Pumpentransmission sind an einem
entsprechenden Balken aus hartem Holze angebracht, der so auf die Drehbank gebracht
werden kann, dass sich das vorgedachte Einspannen der Welle ohne Schwierigkeit
ausführen lässt. Das Zifferblatt des Tourenzählers ist für verschiedene
Locomotivraddurchmesser graduirt und wird nach der Ingangsetzung der Drehbank mit
dem Zifferblatte des zu erprobenden Geschwindigkeitsanzeigers in Vergleich gezogen,
wonach sich durch die obenerwähnte Mehr- oder Minderbelastung des Kolbens C die Einstellung des Zeigerwerkes bis auf 0,5 km
Genauigkeit unschwer bewerkstelligen lässt.
Die jüngeren Apparate weisen gegenüber den ursprünglichen einige Neuerungen auf und
ist jetzt insbesondere für gute, recht haltbare Packungen der Stopfbüchsen
vorgesorgt, um das Austreten von Flüssigkeit hintanzuhalten. Es hat auch der
emaillirte Eisentopf G (Fig. 20 bis 22) eine grössere Höhe
erhalten, wogegen das von oben hineinreichende Saugrohr etwas kürzer als früher
gemacht wird; desgleichen ist oben am Gefässe eine verschraubbare Füllöffnung und
unten eine ebensolche Abflussöffnung angegossen, sowie am Boden von G unter dem Saugrohre ein auf kurzen Drahtfüsschen
stehender Messingblechteller eingesetzt, der zum Absetzen allfälliger
Verunreinigungen der Pumpflüssigkeit Anlass geben und dadurch das Eintreten solcher
Verunreinigungen in die Pumpe verhüten soll. Schliesslich hat auch der Zeiger M (Fig. 20 und 21) an der Stelle, wo
ihn der Mitnehmer der von C getragenen Stange D trifft, eine Kröpfung erhalten, mittels welcher es
möglich wird, auf dem Theilungsbogen durchwegs gleiche Abstände zu erzielen.
Es bedarf wohl kaum des Hervorhebens, dass auch der Pfeil'sche Stathmograph etwa für Nebenbahnen oder Tramways ohne
Registrirvorrichtung, lediglich als Geschwindigkeitsanzeiger, verwendbar ist oder
auch für Stabilmaschinen, insbesondere für schnellaufende, als Tourenzähler oder
auch als Controlapparat Verwendung finden kann.