Titel: | Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der Gespinnstfasern seit 1893. |
Autor: | Otto N. Witt , Arthur Buntrock |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 257 |
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Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der
chemischen Technologie der Gespinnstfasern seit 1893.
Von Otto N. Witt und
Arthur Buntrock in Charlottenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 233 d.
Bd.)
Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der
Gespinnstfasern seit 1893.
Einzelne Druckereien haben das von Thies und Herzig vorgeschlagene Bauch- und Bleichverfahren
adoptirt, nach dem die Baumwolle mit einer verhältnissmässig concentrirten
Natronlauge (etwa 10procentig) in einem möglichst vollständig evacuirten Kessel
gekocht wird. Die auf diese Weise behandelte Waare soll der unter dem Namen
„halbgebleichte Waare“ bekannten gleichkommen.
Ueber eine Rakel aus Aluminiumbronze berichten A.
Scheurer und Frey im Bull. de la Soc. ind. de Mulhouse; sie finden, dass die Anwendung dieser
Legirung als Material für die Abstreichmesser an Stelle des Stahles eine
Verbesserung bedeute, namentlich bei solchen Farbstoffen, denen eine Berührung mit
Eisen, wie beispielsweise Alizarinroth, schädlich ist.
Depierre und Boetsch
empfehlen, die Rakel, um sie widerstandsfähig gegen saure Farbstoffe zu machen,
während einer halben Stunde in eine Palladiumchlorürlösung (1 : 1000) zu legen.
H. Koechlin führt den unlöslichen, sogen. indischen
Gummi durch Behandlung mit Wasserstoffsuperoxyd in eine lösliche Modification über.
Um der Eigenthümlichkeit dieser Lösung, Wolle beim Dämpfen durch Oxydation gelblich
zu färben, vorzubeugen, setzt man ihr ein reducirendes Agens, z.B. Natriumbisulfit,
zu.
Ebenso gibt auch Leinsamen, mit Wasserstoffsuperoxyd erhitzt, eine gute Verdickung
(Bull. de la Soc. ind. de Mulhouse, 1894 S.
30).
Dinitrosoresorcin, das wie alle Chinonoxime auf Eisen-, Kupfer-, Nickel- und
Kobaltbeizen färbt, konnte bisher als Dampffarbe keine Verwendung finden, da die
Lackbildung bereits in der Farbe stattfindet. Die Beobachtung Prud'homme's aber, dass Dinitrosoresorcin mit Lösungen
von Ferro- und Ferricyankalium gekocht unter Entwickelung von Blausäure einen grünen
Eisenlack erzeugt, ermöglicht auch die Anwendung dieses Farbstoffes als Dampffarbe
(Bull. de la Soc. ind. de Mulhouse, 1893 S.
230).
Während man bisher tannirte Waare für Anilinfarben meistens mit einer Aetze von
Natronlauge bedruckte, dann mit Brechweinstein fixirte und mit basischen Farbstoffen
ausfärbte – ein Verfahren, welches daran leidet, dass die Faser durch die starke
Lauge mercerisirt und dadurch sehr zur Aufnahme von Farbstoffen geeignet gemacht
wird – schlägt neuerdings Cassanovas in der Färber-Zeitung, 1893/94 S. 234, vor, das Gewebe mit
einer Reserve aus Aluminiumnitrat zu bedrucken, hierauf mit Tanninlösung zu
klotzen, mit Brechweinstein zu fixiren und mit basischen Farbstoffen zu färben.
Um Muster mit basischen Farbstoffen auf alizarinrothem Grunde zu erzeugen, verfährt
Arnold folgendermaassen: Die durch Tannin- und
Antimonsalzlösung genommene Baumwolle wird getrocknet, mit Aluminiumacetat geklotzt,
getrocknet, mit einem basischen Farbstoffe unter Zusatz von Citronensäure bedruckt,
gedämpft, die unter dem Farblacke entstandene citronensaure Thonerde durch Waschen
entfernt und dann das Ganze mit Alizarin ausgefärbt.
J. Mullerus ersetzte die bisher zum Halbwolldruck
verwendeten Tannin- und Chromfarben durch Diaminfarben. Die Druckfarbe wurde mit.
Essigsäure und Borax versetzt und auf den vorher gechlorten Halbwollstoff gedruckt.
Beim Dämpfen unter 0,3 at Ueberdruck wird zunächst die Wolle angefärbt und nach
Verflüchtigung der Essigsäure beginnt die Baumwolle (unter dem Einflüsse des
alkalisch reagirenden Borax), sich mit den Substantiven Diaminfarben zu beladen. Das
Verfahren gibt jedoch nur für kleinere Dessins, Blumen u.s.w. ausgezeichnete
Resultate.
In neuerer Zeit haben die auf der Faser entwickelten unlöslichen Azofarben ihrer
Billigkeit und Echtheit wegen – die unlöslichen Azofarben sind meist ziemlich
waschecht, sehr säure- und alkaliecht – für das Färben und besonders für das Drucken
baumwollener Stückwaare hervorragende Bedeutung erlangt. Es sei nur an das in
grossen Mengen verbrauchte Paranitranilinroth erinnert, ein ausserordentlich
schönes, reines und echtes Roth, das bereits angefangen hat, das Türkischroth für
verschiedene Artikel zu verdrängen. Auch andere Nuancen lassen sich nach diesem
Verfahren mehr oder weniger schön und echt auf der Faser erzeugen. So wird
neuerdings von den Farbwerken vorm. Meister, Lucius und
Brüning durch Aufdruck einer diazotirten „Diazoschwarzsalzlösung“
auf β-Naphtolgrundirung auch ein gut seif- und
lichtechtes Schwarz, durch Einwirkung einer diazotirten Amidoazotoluollösung auf β-Naphtol ein sattes Granat erhalten.
An einem brauchbaren Blau fehlte es bisher. Das aus diazotirtem Safranin und β-Naphtol resultirende Blau (Indoinblau) ist nicht sehr
schön und wenig echt; das von Fischesser und Pokorny aus diazotirtem Dianisidin und der β-Oxynaphtoësäure vom Schmelzpunkt 216° erhaltene Blau
hat (ausser anderem) besonders den Nachtheil, dass es zu theuer ist. J. Mullerus erhielt nun aus diazotirtem Dianisidin und
β1-Naphtylamin-β4-Sulfosäure
(F.-Säure) oder β1-Naphtol-β3-Sulfosäure (Schäffer'sche Säure) blaue Nuancen, deren Lichtechtheit durch
nachträgliches Kupfern erhöht werden kann (Färberzeitung, 1893/94 S. 271).
Auch v. Gallois beschreibt ein Verfahren, nach dem die
Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning in
Höchst am Main auf Anregung F. Storck's aus diazotirtem
Dianisidin oder Diphenisidin und β-Naphtol bei
(gleichzeitiger) Gegenwart von Kupfersalzen und geeigneten Fettsäureverbindungen ein
Blau von grosser Echtheit auf der Baumwollfaser direct erhalten (Färberzeitung, 1893/94 S. 381). Der gebleichte Stoff
wird mit Naphtolgrundirung präparirt, zu deren Darstellung 300 g β-Naphtol, 500 cc Natronlauge von 22° Bé., 1200 g
ricinusölsaures Ammon und 500 g Glukose in 10 l Wasser gelöst werden, und mit einer
Druckfarbe bedruckt, die aus einer Mischung von 16,6 g
Dianisidinchlorhydrat, 194 cc heissem Wasser, 10 cc Salzsäure von 22° Bé., 200 g Eis
und 280 g Mehl-Traganthverdickung besteht; dieser Mischung werden vor dem Gebrauche
einerseits 30 g Mehl-Traganthverdickung, 56 cc Nitritlösung (146 g in 11), 39 g Eis
und andererseits 30 g Mehl-Traganthverdickung, 89 g Eiswasser und 36 g Kupferchlorid
von 40° Bé. zugegeben.
Die Färbungen sind alle ausserordentlich waschecht. Kochende Seife ist auch bei
längerer Dauer fast ohne Einwirkung auf die Farbe und erhöht nur die Lebhaftigkeit
der Nuance. In der Lichtechtheit übertrifft dieses Blau den Indigo und wird selbst
von dem Alizarinblau nicht übertroffen. Nach einmonatlicher Belichtung unter Glas
konnte constatirt werden, dass Küpenindigo und künstlicher, aus Kalle's Indigosalz erzeugter Indigo, wie auch
Alizarinblau mehr gelitten haben als das Dianisidinnaphtolblau. Der Einwirkung
kochender schwacher Sodalösung für sich oder mit Seife widersteht dasselbe
einigermaassen, weniger aber den Säuren. Ebenso ist es nicht schweissecht.
Es sei hier bemerkt, dass auf Zusatz von Kupferchlorid eine blauere und bedeutend
echtere Nuance erhalten wird, als ohne diesen Zusatz.
Bei der Herstellung unlöslicher Azofarben auf der Faser ist zu beachten, dass die mit
β-Naphtol präparirte Baumwolle möglichst schnell
mit der Diazolösung behandelt wird, da sie andernfalls in Folge der Einwirkung der
Luft schnell eine braungraue Färbung annimmt; die dann resultirende Farbe ist wenig
lebhaft und auch beim stärksten Seifen ist kein lebhaftes Weiss mehr zu erhalten. Um
diesem Uebelstande vorzubeugen, nehmen E. Lauber und
L. Caberti die Präparation der Baumwolle mit einer
Mischung von β-Naphtolnatrium und Antimonoxydlösung in
bestimmten Verhältnissen vor. Die so präparirte Waare soll mehrere Wochen vollkommen
weiss bleiben, so dass man in der Druckerei die verschiedensten Gewebe für lange
Zeit präpariren kann, ohne Gefahr zu laufen, dass die erhaltenen Nuancen leiden oder
ein weniger gutes Weiss resultirt. Ausserdem kann die nasse präparirte Waare ohne
Hotflue getrocknet werden, da jede beliebige Trockentrommelmaschine verwendbar ist,
während die gewöhnliche Naphtolpräparation nur dann gute Resultate gibt, wenn das
Gewebe in der Hotflue getrocknet wird. Ferner ist die Möglichkeit gegeben, basische
Farbstoffe ohne Dämpfen und ohne je Fixationspassage neben den directen Azofarben zu
drucken. Man kann auch auf die so präparirte Waare basische Farben und gewisse
Alizarinfarben unter passenden Zusätzen als Reserven drucken und dann mit den
diazotirten Lösungen klotzen. Lauber und Caberti theilen mit, dass die β-Naphtol-Antimonpräparation in den von ihnen als die günstigsten
gefundenen Verhältnissen in Teigform von den Fabriques de
Produits Chimiques de Thann et de Mulhouse in den Handel gebracht wird.
Mit einer Untersuchung über die Einwirkung verschiedener Metallsalze bei der directen
Entwickelung unlöslicher Azofarbstoffe auf der Faser beschäftigt, fanden Caberti und Peco, dass,
wenn sie dem aufzudruckenden diazotirten Paranitranilin Kupfersalze zusetzen, sie
auf β-Naphtol grundirter Waare mehr oder weniger
intensive Cachoutöne erhielten, deren Echtheit gegen Seife, Säure und Licht
bemerkenswerth ist (Färberzeitung, 1893/94 S. 333).
Dagegen zersetzt eine auch nur 10procentige Ferrocyankaliumlösung unverzüglich
alle Diazofarben – ein Resultat, welches die Verfasser versuchen liess, das
Ferrocyankalium zum Reserviren der Azofarben zu verwenden. Thatsächlich lässt sich
Paranitranilinroth sehr gut mit diesem Salze reserviren und das erhaltene Weiss ist
vollkommen rein.
Die obigen Beobachtungen stehen im Einklang mit den Untersuchungen von Griess, welcher schon vor mehr als 20 Jahren bewies,
dass Diazoverbindungen bei Gegenwart von Ferrocyankalium einer tiefgreifenden
Zersetzung anheimfallen.
Zur Erzeugung von bunten Mustern auf Baumwolle wird die letztere nach E. Tantsch in einem alkalischen Bade mit Substantiven
Farbstoffen unter Zusatz von β-Naphtol gefärbt, dann
mit Zinnsalz als Aetzmittel bedruckt, gedämpft, hierauf mit Diazoverbindungen
bedruckt, wiederum gedämpft, geseift und gewaschen (Mon. de
la teinture, 1894 S. 273; aus Färberzeitung,
1894/95 S. 25).
L. Cassella und Co. erhalten bunte Muster auf
Azofarbengrund, indem sie die Baumwolle mit diazotirbaren und reducirbaren
Farbstoffen, wie Diaminschwarz, Diazurin u.s.w., färben, mit Zinkstaub als
Reductionsmittel und einem diazotirbaren, aber nicht reducirbaren Körper, wie
Primulin, bedrucken, dämpfen, durch verdünnte Salzsäure passiren, hierauf im
Nitritbade diazotiren und mit Phenol oder Amin entwickeln (D. R. P. Nr. 76234).
Die Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co. drucken
beizenfärbende Azofarbstoffe, die noch eine freie Amidogruppe enthalten – mithin
weiter diazotirbar sind, gemeinschaftlich mit Metallsalzen auf die zu bemusternden
Stoffe, passiren die letzteren durch ein Diazotirbad, wobei sich ohne Zersetzung der
Metallacke die entsprechenden Diazoverbindungen bilden, und entwickeln mit Phenolen
oder Aminen zu den verschiedensten Nuancen (D. R. P. Nr. 68529).
Zur Erzeugung von feinen Mustern mit Theerfarben auf Anilinschwarzgrund beizt F. Grafton das Gewebe mit Tannin und Brechweinstein,
klotzt es nach dem Trocknen mit den zur Erzeugung von Anilinschwarz dienenden
Chemikalien, druckt darauf die Theerfarbstoffe, z.B. Methylenblau, mit einer
Reserve, z.B. essigsaurem Natron, die die Bildung von Anilinschwarz verhindert, auf
und entwickelt zum Schlusse durch Dämpfen den Anilinschwarzgrund (D. R. P. Nr.
70793).
Aehnliche Zwecke verfolgen die amerikanischen Patente von Pearson, Bracewell, Donald und Whitehead.
Die Bisulfitverbindung des von Baeyer und Drewsen (Berichte, Bd. 15
S. 2856) entdeckten Orthonitrophenylmilchsäuremethylketons wird von Kalle und Co. (D. R. P. Kl. 22 Anm. K Nr. 10340) unter
dem Namen Indigosalz in den Handel gebracht; aus der wässerigen Lösung wird beim
Versetzen mit Alkalien schon in der Kälte Indigo abgeschieden. Der Stoff wird daher
entweder mit Indigosalzlösung beklotzt und mit Natronlauge bedruckt oder mit
Indigosalzlösung bedruckt und durch Natronlauge passirt. Die Blaus zeichnen sich
durch vorzügliche Reinheit und Reib- und Seifenechtheit aus.
Nach dem Schlieper und Baum'schen Verfahren wird bekanntlich ein mit Natronlauge verriebener Indigo
auf mit Traubenzucker präparirtes Gewebe gedruckt und letzteres gedämpft, wobei sich
Indigweissnatrium bildet, das in die Faser eindringt und sich nach erfolgter
Oxydation befestigt. Um weisse Muster auf blauem Grunde zu erzeugen, druckt man
gefällten, mit einem Verdickungsmittel angerührten, als Reserve dienenden Schwefel
auf das präparirte Gewebe, und überdruckt mit alkalischem Indigo. Für farbige Muster
auf blauem Grunde setzt man dem gefällten Schwefel solche Farbstoffe zu, die sich
direct beim Dämpfen auf der Faser fixiren und nicht oder nur wenig durch Hitze,
Alkalien, Schwefel oder Schwefelalkali beeinträchtigt werden. Bloch und Schwartz (Bull. de la Soc. ind. de Mulhouse, 1894 S. 260)
versuchten beispielsweise zu diesem Zwecke dem Schwefel Farbstoffe, wie Chrysamin R,
Alkaliorange G, Erica G, Benzopurpurin 1 B, zuzusetzen. Sie fanden aber, dass die
durch die genannten Farbstoffe erzielten Nuancen sehr hell und wenig echt waren. Zu
besseren Resultaten kamen sie, als sie Diazosalze auf ein mit β-Naphtolnatrium präparirtes Gewebe druckten; hierbei
hindert weder das Naphtolnatrium die Reduction des Indigos durch den Traubenzucker,
noch dieser die Bildung der Azofarbstoffe auf der Faser. Zur Ausführung dieses
Verfahrens werden die mit gefälltem Schwefel vermischten und ausserdem verdickten
Diazoproducte auf die mit Naphtolnatrium und Traubenzucker präparirten Stoffe
gedruckt, das alkalische Indigblau darüber gedruckt, gedämpft und nach der wieder
erfolgten Oxydation des Indigos gewaschen. Als Diazoverbindungen gelangten besonders
jene des α- und β-Naphtylamins, des Cumidins und des Xylidins, allein oder mit einander
gemischt, zur Verwendung.
Im März-Berichte der Industriellen Gesellschaft zu
Mülhausen wurde eine Arbeit von Horace Köchlin
über Aetzen und Reserven auf Seide veröffentlicht. Es wird zunächst das Lyoner
Verfahren des Fettreservedruckes besprochen. Diese Reserve besteht aus 6000 g
amerikanischem Harz, 1500 g Pech, 1200 g gelbem Wachs, 800 g Stearin und 6 bis 10 l
rectificirtem Erdöl. Nach dem Bedrucken werden die Zeuge mit einer aufsaugenden Erde
bestreut, getrocknet, mit Anilinfarben kalt ausgefärbt, wieder getrocknet und zur
Lösung und Entfernung der Harzreserve durch ein Benzinbad passirt. Man kann, um die
Farben besser zu befestigen, nach der Benzinpassage dämpfen. Für Schwarz beizt man
die Stücke mit salpeterschwefelsaurem Eisen und färbt mit Campecheholz aus.
Für Alizarinfarben wird die Seide mit der Fettreserve bedruckt, mit Aluminiumacetat,
Chromacetat oder holzessigsaurem Eisen gebeizt, getrocknet, durch ein Kreidebad
passirt, gewaschen und in einem Seifenbade bei 80° gefärbt. – Auf einem wie oben
angegeben bedruckten und mit holzessigsaurem Eisen (1 Th. Beize von 10° Bé. und 3
oder 4 Th. Wasser) gebeizten Stücke wird so mit 15 g Alizarinblau in Teig (nicht
Bisulfitverbindung), 2 g krystallisirter Soda, 10 g Seife, 1 g Natriumbisulfit von
38° Bé., 1 g Natronlauge von 38° Bé. und 2,5 l Wasser auf 1 m Stoff ein tiefes Blau
erhalten. Nach dem Färben waschen und zweimal bei 50 bis 60° seifen.
Köchlin empfiehlt auch, das Gewebe mit Zinnacetat oder
Zinkhydrosulfit zu bedrucken und mit einem Disazofarbstoff zu färben, zu dämpfen und
zu waschen. Diese Methode kann natürlich auch so modificirt werden, dass man zuerst
diese directen Farbstoffe auffärbt und dann mit den Zinn- oder Zinksalzen ätzt.
Beispielsweise wird so Weiss auf Diaminblaugrund durch Aufdrucken einer
Mischung von 1 l Verdickung, 1 k Zinkstaub, ¼ l Natriumbisulfit von 35° Bé.
erhalten.
Für den Handdruck kann man sich einer Brechweinsteinreserve bedienen, der, um farbig
zu reserviren, Anilinfarben zugesetzt werden. Weiss: 100 g Brechweinstein, 1000 g
Gummi, ⅛ l Zinnhydroxyd in Teig, ½ l Magnesiumacetat von 30° Bé., 100 g Zinksulfat
und ¼ l Essigsäure. Roth: 1 l Weiss, 20 g Rhodamin extra B und 10 g Phosphin. Blau
wird durch Zusatz von Nachtblau, Oliv durch einen Zusatz von Blau und Phosphin
erhalten. Man pflatscht sodann auf einer einfarbigen Rouleauxdruckmaschine mit einer
Farbe, die mindestens 100 g Tannin in 1 l enthält. Blau: 100 g Tannin, ¾ l Gummi
oder Léiogomme, ⅛ l Acetin, ¼ l Essigsäure, 25 g Weinsteinsäure – zu dieser
Verdickung werden auf je 1 l 10 g Violett 145 und 10 g Malachitgrün zugegeben. Nach
dem Drucken dämpft und wäscht man. Um den Färbungen eine grössere Echtheit zu
verleihen, kann man sie noch durch eine Brechweinsteinlösung passiren.
Aetzungen auf Prud'homme'schem Anilinschwarz gelingen
auf Seide und Halbseide sehr gut mit Natriumacetat. Um farbig zu ätzen, kann man
sich des Grafton'schen Verfahrens bedienen (s.
oben).
Beim Aetzen des Indigos auf Seide mit Chromsäureätze wird nicht, wie auf Baumwolle,
Weiss, sondern ein Braun erzeugt; dieses kann aber durch eine heisse Passage von
Natriumbisulfit entfernt werden.
Wir kommen nun zu den neueren Farbstoffen.
Zur Klasse der Tetrazofarbstoffe zählen die folgenden Producte der Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co.:
Benzoblau B X; es färbt mit rötherem Stich wie Benzoblau 2 B; im Uebrigen schliesst
sich der Farbstoff den Benzoblaus dieser Firma eng an.
Benzocyanin R, B und 3 B; die Marken R und B werden unter Zusatz von Glaubersalz und
Seife verfärbt; Marke 3 B gibt sattere, bedeutend grünere Töne mit Kochsalz. Die
Färbungen sollen alkali-, säure- und bügelecht sein; sie lassen sich weiss
ätzen.
Benzoechtgrau; es wird am besten mit Kochsalz und etwas Soda aufgefärbt. Die
blaugrauen Färbungen sind alkali-, bügel-, säure- und lichtecht und reiben nicht ab.
Die Waschechtheit ist dieselbe wie bei den übrigen Substantiven Farbstoffen, sie
widerstehen der Wäsche, bluten aber auf weisse mitgewaschene Baumwolle.
Benzoschwarzbraun; der Farbstoff wird seiner vorzüglichen Druckkraft wegen an Stelle
des Benzodunkelbraun oder Benzoschwarz zum Färben der Baumwolle im kochenden
Kochsalzbade empfohlen.
Die Actiengesellschaft für Anilinfabrikation bringt eine
Reihe von Chicagofarben in den Handel:
Chicagoblau B und R bieten speciell für Baumwolle und vegetabilische Fasern
Interesse, Marke B auch für Wolle. Die Ausfärbungen zeichnen sich dadurch aus, dass
sie bei einer 50 bis 60° warmen Seifenwäsche nicht ins Weisse laufen; erst bei
Siedetemperatur findet ein leichtes Bluten statt. Baumwolle wird kochend mit
Glaubersalz und Seife gefärbt. Die Färbungen sind widerstandsfähig gegen Alkalien,
säureecht, schmutzen nicht ab und sind bügelecht. Nachträglich im besonderen Bade
mit Kupfervitriol behandelt, zeigen sich die mit Marke B erhaltenen Färbungen sehr
lichtecht. R hat diese Eigenschaft nicht. Im Aetzdruck liefert Chicagoblau in der
üblichen Weise mit
Zinnsalz geätzt ein reines Weiss. Das Product wird übrigens auch von den Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co. hergestellt.
Chicagoblau 6 B liefert auf Baumwolle mit Glaubersalz und Seife ein grünliches Blau,
das sich mit Zinnsalz und Zinkstaub ätzen lässt. Durch nachträgliche Behandlung mit
Kupfervitriol entstehen sehr grünliche lebhafte Töne, die sich durch
ausserordentliche Lichtechtheit auszeichnen. Wolle wird im kochenden Bade mit
Glaubersalz und Essigsäure walk-, säure- und schwefelecht gefärbt. Beim Färben der
Halbseide im alkalischen Bade lässt der Farbstoff die Seide weiss, ein Umstand, der
ihn zur Erzielung der mannigfaltigsten Changeanteffecte durch Nachfärben der Seide
mit anderen Farbstoffen geeignet macht.
Chicagoblau 4 B eignet sich hauptsächlich für Baumwolle. Es liefert schöne
mittelblaue Töne, in Nuance zwischen Marke B und 6 B. Die Färbungen sind alkali- und
säureecht, schmutzen nicht ab und verändern sich nicht in der Wärme; bei der Wäsche
dagegen laufen die Färbungen, wenn auch nur wenig, ins Weisse. Beim Färben
gemischter Materialien, Halbwolle, Halbseide u.s.w., wird die vegetabilische Faser
wesentlich dunkler angefärbt als die animalische.
Chicagoblau R W ergibt ausser auf Baumwolle auch auf Wolle gleichmässige schöne
Färbungen von fast gleicher Nuance wie auf Baumwolle; es ist daher auch besonders
für die Halbwollfärberei werthvoll. Ebenso wie die Marken 6 B, 4 B und B liefert R W
beim nachträglichen Kupfern grünlichere, sehr lichtechte Töne. Die Veränderung ins
Grünliche ist indessen geringer als bei den genannten Marken.
Chicagoblau 4 R und 2 R werden ebenso wie die voraufgehenden Chicagoblaus gefärbt. Im
Gegensatz zu diesen wird Baumwolle und Seide in fast übereinstimmender Weise
nuancirt. Marke 2 R liefert Marineblau, 4 R röthlichere Nuancen.
Auch das Chicagobraun G G und B von J. R. Geigg und Co.
gehört zur Klasse der Substantiven Baumwollfarbstoffe.
Ferner liegen uns eine Anzahl von Substantiven Columbiamarken der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation vor:
Columbiablau G und R sind zwar in erster Linie Farbstoffe für Baumwolle, auf die sie
unter Zusatz von Glaubersalz und Soda kochend gefärbt werden, sie sind aber
gleichfalls zur Erzielung walkechter Blaus auf Wolle unter Zusatz von Glaubersalz
und Essigsäure geeignet.
Columbiagrün wird, wie üblich, im neutralen oder schwach alkalischen kochenden Bade
mit Glaubersalz gefärbt und liefert einen meergrünen bis einen dem Russischgrün
ähnlichen Ton. Durch nachträgliche Behandlung mit wenig Essigsäure gewinnen die Töne
an Reinheit und Lebendigkeit. Die Färbungen sind beständig gegen Säuren; in Wasch-
und Lichtbeständigkeit gleichen sie den anderen Substantiven
Baumwollfarbstoffen.
Columbiaschwarz R gibt im neutralen Glaubersalzbade ein Schwarz mit etwas röthlichem
Stich. Für volles, dem Anilinschwarz gleichkommendes Schwarz werden die Färbungen
mit wenig Methylenblau übersetzt. Seiner ausserordentlichen Deckkraft wegen wird es
zum Grundiren von Anilinschwarz und Küpenblau empfohlen. Der Farbstoff ist beständig
gegen Säuren; die Wasch- und Lichtechtheit entspricht der der meisten anderen
Substantiven Baumwollfärbstoffe; die Färbungen lassen sich in der üblichen Weise mit
Zinnsalzen weiss ätzen.
Columbiaschwarz B B liefert auf Baumwolle direct ein volles Tiefschwarz ohne den für
manche Zwecke nicht brauchbaren röthlichen Stich der Marke R, während die übrigen
Eigenschaften mit jenen der Marke R übereinstimmen.
Columbiaschwarz B erzeugt auf Baumwolle gleichfalls ein schönes Schwarz, dessen
Nuance zwischen dem mit R und B B erhaltenen liegt. Färbungen sind sehr säure-,
schweiss- und waschecht und lassen sich in bekannter Weise weiss ätzen. Auch für
Halbwolle und Halbseide kann der Farbstoff Verwendung finden.
Die Diaminfarben von L. Cassella und Co. erfuhren
wiederum eine werthvolle Ergänzung durch mehrere neue Producte dieser
Farbstoffklasse.
Diaminbordeaux B und S werden auf Baumwolle mit Soda und Glaubersalz kochend gefärbt.
Marke B ist hier sehr gut wasch- und lichtecht und gegen Säuren den übrigen
directfärbenden Bordeaux färben gleich, – Marke S ist völlig säureecht. Beide
Producte lassen sich gut mit Zinkstaub oder mit Zinnsalz ätzen. Wolle wird von
Diaminbordeaux S kochend unter Zusatz von Glaubersalz und Essigsäure gefärbt. Die so
erzielten Färbungen sind wasch- und walkecht, von sehr guter Beständigkeit gegen
Luft, Licht und Säuren und völlig schwefelecht.
Diaminbraun M färbt vorzüglich egal und lichtecht. Die Waschechtheit der Färbungen
kann durch Behandlung mit Kupfervitriol und Chromkali derart erhöht werden, wie sie
sonst nur mittels des Diazotirungsverfahrens erzielt wird. Die Färbungen lassen sich
diazotiren und besonders mit β-Naphtol und Diamin unter
Vertiefung der Nuance und Erhöhung der Waschechtheit entwickeln.
Diaminbraun B dient zur Erzeugung satter, brauner Färbungen auf Baumwolle, wie solche
durch Combination von Catechu und Blauholz hergestellt werden. Die Lichtechtheit ist
eine sehr gute. Mit Kupfervitriol allein oder diesem und Chromkali behandelt wird
die Nuance etwas lebhafter und die Waschechtheit wesentlich verbessert.
Diaminbronze G (D. R. P. Anm. C Nr. 3654) soll in Verbindung mit den anderen
Farbstoffen dieser Gruppe zur Herstellung von Modefarben, Olivenuancen und
namentlich aller Braunschattirungen dienen. Die Färbungen sind wasch-, licht-, luft-
und säureecht. Baumwolle wird wie üblich kochend mit Soda und Glaubersalz in
Holzgefässen gefärbt. Halbseide wird mit Marseiller Seife, mit oder ohne Zusatz von
Glaubersalz, gefärbt. Auch auf Halbwolle ist der Farbstoff von Bedeutung für
Modenuancen.
Diamincatechu (D. R. P. Nr. 62075) dürfte der erste Repräsentant einer neuen Klasse
werthvoller Farbstoffe sein; es färbt ungeheizte Baumwolle zunächst violett an, das
Braun wird hervorgerufen entweder dadurch, dass man den in der Faser fixirten
Farbstoff diazotirt und durch schwache Sodalösung passirt (säure- und waschecht),
oder man diazotirt und entwickelt mit Echtblauentwickler A D oder Phenol. Die
Vortheile des Farbstoffes gegenüber den directfärbenden Braun sind die bessere
Wasch- und Lichtechtheit; gegenüber dem natürlichen Catechu leidet die Baumwolle
nicht an ihrer Weichheit und Spinnfähigkeit und färbt die härtest gezwirnten Garne
und dichtest gewebten Baumwoll- und Leinenstoffe vollkommen durch; die Färbungen sind
chlorechter, als die mit natürlichem Catechu hergestellten, sie lassen sich
ätzen.
Diaminechtgelb B besitzt vorzügliche Lichtechtheit; mitgewaschenes Weiss wird auch in
starker Wäsche nur wenig angefärbt. Bügelechtheit ist befriedigend; die Färbungen
widerstehen selbst starker Chlorpassage und werden durch die
Diazotirungsmanipulationen nicht verändert.
Diarainorange B und Diaminbraun 3 G erzeugen auf Baumwolle lebhafte Orange bezieh.
braune Töne mit gelbem Schein. Beide Farbstoffe ziehen egal auf und färben gut
durch; sie werden sowohl für schwer durchzufärbende Gewebe als auch zum Färben von
Cops, Kammzug u.s.w. empfohlen. Die Wasch- und Lichtechtheit kann durch
Nachbehandlung mit Kupfervitriol im kochenden Bade noch bedeutend erhöht werden; die
Säureechtheit beider Farbstoffe ist eine gute. Sie lassen sich nicht ätzen. Beim
Färben der Halbseide liefern sie auf Baumwolle und Seide gleichmässige Nuancen mit
vollem gelbem Schein. Wolle wird mit Glaubersalz und Essigsäure gefärbt.
Diaminscharlach 3 B unterscheidet sich von der Marke B durch ihre viel blauere
Nuance. Die Färbungen auf Wolle sind schwefelecht.
Diaminschwarz H W (D. R. P. Nr. 66351) unterscheidet sich von den älteren
Diaminschwarzmarken durch grünlich schwarze Nuancen, durch gleichmässiges Verhalten
gegen Halbwolle und Halbseide und durch die Eigenschaft, sich durch die Hitze beim
Bügeln und Trocknen nicht zu verändern. Baumwolle (auch in Copsform) wird, wie die
anderen Marken, kochend mit Soda und Glaubersalz gefärbt; Wasch-, Licht- und
Säureechtheit ist gleich der der älteren Diaminschwarzmarken; die Färbungen lassen
sich sowohl mit Zinkstaub als mit Zinnsalz weiss ätzen. Zum Drucken wird folgende
Vorschrift empfohlen: 50 g des Farbstoffes, 1500 g Wasser, 1800 g Verdickung, 50 g
phosphorsaures Natron, 400 g Wasser, nach dem Drucken mit oder ohne Druck dämpfen.
Auf Wolle wird in neutralem Bade mit Glaubersalz walk- und schwefelechtes, licht-
und säurebeständiges Schwarz erzielt, das übrigens alle Noppen deckt. Auf Seide
wasch- und schwefelecht.
Diaminschwarz B H (D. R. P. Anm. C Nr. 3556). Auf die Vorzüge des Productes – leichte
Löslichkeit, vollkommenes Egalisiren in Mischung mit anderen Diaminfarben,
hervorragende Licht-, Wasch-, und Säureechtheit – ist bereits früher von der
genannten Firma hingewiesen worden.
Diamintiefschwarz S S liefert auf Baumwolle in hellen Tönen grünliche, in dunklen
kohlschwarze Nuancen von guter Wasch- und Säureechtheit und hervorragender
Lichtechtheit. Durch Nachbehandlung mit Chromkali wird eine sehr gute Walkechtheit
erzielt.
Ebenfalls zur Klasse der Diaminfarben gehört das Halbwollschwarz von L. Cassella und Co.; es färbt Wolle und Baumwolle
gleichzeitig an, die letztere etwas stärker deckend. Ausser zum Schwarzfärben wird
der Farbstoff auch zur Erzeugung von Dunkelblau in Verbindung mit Formylviolett, von
Dunkelbraun mit Diaminbraun M und Indischgelb, von Dunkelgrün mit Diaminschwarz H W
und Diamingrün empfohlen. Halbwollschwarz ist vorzüglich licht., reib., säure- und
genügend waschecht.
Halbwollschwarz S derselben Firma färbt Wolle und Baumwolle unter Zusatz von
Glaubersalz in einem Bade gleichmässig an. Beim Färben der Halbseide mit Seife
und Glaubersalz wird die Baumwolle tiefschwarz gefärbt, während die Seide
heller bleibt; diese kann dann im sauren Bade nachnuancirt werden.
Zur Gruppe der auf der Faser zu entwickelnden Farbstoffe gehören die Diazofarben der
Farbenfabriken vormals Fr. Bayer und Co.:
Diazobordeaux gibt, wenn direct gefärbt, wie Primulin, gelbe Färbungen. Auf der Faser
diazotirt und mit Entwickler A gekuppelt, entstehen bordeauxrothe Färbungen, die
sich wie Primulinroth durch grosse Walk-, Wasch- und Säureechtheit auszeichnen.
Diazoblau färbt Baumwolle mit einem stumpfen, gut deckenden Rothviolett an. Nach dem
Diazotiren und Kuppeln mit β-Naphtol erhält man ein
klares röthliches Blau, das sich mit Zinn oder Zink ätzen lässt.
Diazobraun G färbt Baumwolle direct mit Glaubersalz oder Kochsalz in satten,
dunkelbraunen Nuancen, die, ziemlich waschecht, auf mitverwebter weisser Baumwolle
bluten. Werthvoller sind die durch nachträgliches Diazotiren und Kuppeln
(Entwickeln) auf der Faser erzeugten waschechten, nicht mehr blutenden, tiefen,
dunkelbraunen Färbungen. Mit β-Naphtol entwickelt,
erhält man violettbraune, mit Phenylendiamin nussbraune Nuancen, die gegen Seifen,
Alkalien und Säuren echt sind. Wolle färbt man in schwach essigsaurem Bade;
Färbungen walk- und säureecht.
Diazobraun V schliesst sich dem vorhergehenden eng an. Während die Marke G auf
Baumwolle aufgefärbt mehr röthlichbraune Töne liefert, erzielt man mit Diazobraun V
mehr violettbraune Nuancen, die auch nach dem Diazotiren und Kuppeln den violetten
Stich beibehalten und in Folge dessen auch etwas tiefer erscheinen, als die
diazotirten und gekuppelten Diazobraun-G-Färbungen. Auch hier sind die durch
Diazotiren und Kuppeln wie oben erhaltenen Färbungen werthvoller als die directen
Färbungen. Für Halbseide eignet sich Diazobraun V sowohl direct wie diazotirt. Wolle
färbt man in schwach essigsaurem Bade, die Färbungen sind walk- und säureecht.
Diazobraun R extra färbt Baumwolle direct mit Kochsalz oder Glaubersalz und Seife
granatroth; diese Färbungen sind jedoch ihrer Säureempfindlichkeit wegen nicht von
Bedeutung. Diazotirt man dagegen und entwickelt, so erhält man tief violettbraune,
mit Entwickler H dunkelbraune Nuancen, die alkali- und waschecht sein und nicht
bluten sollen. Behandelt man nach dem Diazotiren statt zu entwickeln mit Sodalösung,
so resultiren catechubraune Farben.
Diazobrillantschwarz B und R färben Baumwolle direct mit Glaubersalz und Seife
bordeauxroth bezieh. granatroth. Diese Färbungen sind unbrauchbar. Erst nach dem
Diazotiren und Kuppeln auf der Faser mit Entwickler A (für Blauschwarz), Entwickler
B (für grünlich Blauschwarz) und Entwickler C, E und H (für röthere Nuancen)
entstehen brauchbare Färbungen, sie sollen alkali-, säure- und walkecht sein. Für
braune Nuancen wird an Stelle des Entwickelungsbades ein Sodabad genommen.
Diazoschwarz H liefert mit β-Naphtol oder Entwickler A
ein reines, schwach blaustichiges Schwarz; mit einer Mischung von ⅔ Entwickler A und
⅓ Entwickler H kann ein mehr bräunliches Schwarz erzielt werden.
Das dinitrosostilbendisulfosaure Natron wird von Kalle und
Co. unter dem Namen Directgelb. G in den Handel gebracht (s. Fischer und Hepp, Ber. d. d.
chem. Ges., 1893 S. 2231). Durch Oxydation dieses Productes erhält dieselbe
Firma einen neuen Farbstoff, das Directgelb 2G und 3 G. Baumwolle, Jute und Leinen
werden mit Kochsalz, Seide im gebrochenen Bastseifenbade, Halbseide im schwach
essigsauren Bade mit Kochsalz bei einer Temperatur von 30 und schliesslich 80°,
Wolle mit Schwefelsäure und Kochsalz und Halbwolle im schwach essigsauren Bade
gefärbt. Beim Drucken der Baumwolle wendet man eine Druckfarbe an, die gleiche
Theile Kochsalz und Farbstoff enthält. Für Halbseide wird die Druckfarbe mit
Kochsalz und Essigsäure versetzt. Wolle und Halbwolle werden vor dem Drucken
gechlort. Die Färbungen und Drucke sind hervorragend licht- und chlorecht; bei
Färbungen auf Wolle und Baumwolle wird mitgeseiftes (gewalktes) Weiss nicht
angefärbt.
Directorange R und 2 R von Kalle und Co., durch
Reduction des Directgelb G gewonnen, verhält sich ebenso wie Directgelb 2 G und 3
G.
Auch von der Gesellschaft für chemische Industrie wurden
mehrere direct färbende Azofarbstoffe ausgegeben:
Directblau B (D. R. P. Anm. G Nr. 7344) wird in gewöhnlicher Weise auf Baumwolle
verfärbt; die Indigotöne sind ziemlich waschecht und besonders lichtecht.
Directbraun J (D. R. P. Anm. G Nr. 7192) soll Bismarckbraun ersetzen. Das gelbliche
Braun ist unempfindlich gegen Säuren und Alkalien und ziemlich lichtecht.
Directgrau R und B (D. R. P. Anm. G Nr. 7344) liefert auf Baumwolle röthliche bezieh.
bläuliche Graus, die ziemlich waschecht und besonders lichtecht sind. Mit
holzessigsaurem Eisen gibt Marke R ein ziemlich tiefes Schwarz.
Ein indigoartiges Baumwollblau ist das Sambesiblau B und R der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation. Beide Marken
lassen sich auf der Faser diazotiren und durch Behandlung mit Entwicklern, wie β-Naphtol, Amidonaphtoläther, Toluylendiamin, in
wesentlich intensivere, dunkle und waschechtere Töne überführen. Amidonaphtoläther
entwickelt indigoartige, Toluylendiamin tiefschwarze Töne. Die Färbungen lassen sich
mit basischen Farbstoffen abtönen. Marke R ist für tiefe Töne mit röthlichem Stich,
Marke B für mittlere mit grünerem Stich.
Sambesibraun G derselben Firma, im kochenden Bade unter Zusatz von Glaubersalz oder
Kochsalz u.s.w. und etwas Soda oder Seife gefärbt, liefert auf Baumwolle satte,
stumpfe, corinthbraune Nuancen von grosser Licht-, Alkali- und Säureechtheit. Die
auf der Faser diazotirten Färbungen geben mit den üblichen Entwicklern dunklere
waschechte Töne. Besonderes Interesse verdienen die durch Combination mit
Toluylendiamin erzeugten satten catechubraunen Nuancen. Sowohl die directen wie die
entwickelten Färbungen lassen sich mit Zinnsalz oder Zinkstaub weiss ätzen. Auch für
Halbwolle und Halbseide wird dieser diazotirbare Farbstoff empfohlen.
Sambesigrau B liefert auf Baumwolle blaugraue bis schwarzblaue Töne von
hervorragender Lichtechtheit. Die Färbungen lassen sich diazotiren und mit den
bekannten Entwicklern waschecht combiniren. β-Naphtol
erzeugt bläuliches Grau, Resorcin grünliches Grau, Toluylendiamin bräunliches Grau
bis Schwarz, Amidonaphtoläther Marineblau. Wolle wird unter Zusatz von Glaubersalz
von Sambesigrau B zart bläulichgrau gefärbt. Besonders auch für Halbwolle wird der
Farbstoff empfohlen.
Durch Diazotirung von Tolidin und Combination mit Amidophenolsulfosäure III und
Resorcin (D. R. P. Nr. 71182) erhält K. Oehler einen
neuen Substantiven Baumwollfarbstoff, das Azocorinth; das Product besitzt
hervorragende Seifenechtheit und eignet sich besonders zur Erzeugung von
Mischnuancen mit anderen Substantiven Farbstoffen. Die Säure- und Lichtechtheit
entspricht derjenigen der meisten Farbstoffe dieser Gruppe. Baumwolle wird unter
Zusatz von Marseiller Seife und Kochsalz kochend gefärbt. Ungefärbte Waare kann mit
Bisulfit und Zinkstaub oder mit essigsaurem Zinnoxydul geätzt werden.
Azomauve R derselben Firma entsteht beim Diazotiren von Benzidin und Kuppeln mit
Amidooxynaphtalindisulfosäure und α-Naphtylamin (D. R.
P. Nr. 70201 und Zusätze). Dieser Substantive Farbstoff verhält sich wie das schon
bekannte Azomauve B, die Nuancen sind wesentlich röther. Baumwolle wird unter Zusatz
von Marseiller Seife, Soda oder Potasche und Kochsalz bei einer dem Siedepunkte
nahen Temperatur gefärbt. Durch Diazotiren der gefärbten Waare und Combiniren mit
Metatoluylendiamin wird ein Tiefschwarz von bedeutender Seifen- und Sodaechtheit
erzielt.
In ähnlicher Weise wird Naphtazurin R erhalten (D. R. P. Nr. 70201 und Zusätze). Der
Farbstoff wird auf Baumwolle mit Zusatz von Marseiller Seife, Soda oder Potasche und
Kochsalz bei einer das Kochen nicht ganz erreichenden Temperatur ausgefärbt. Das Bad
wird wesentlich mehr ausgezogen als bei anderen Substantiven Blaus.
Naphtazurin B B derselben Firma färbt ebenfalls ungeheizte Baumwolle unter Zusatz von
Marseiller Seife, Soda und Kochsalz bei einer das Kochen nicht ganz erreichenden
Temperatur. Das Bad wird gleichfalls stark ausgezogen.
Toluylenbraun G von K. Oehler und den Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co. wird durch
Diazotirung von Toluylendiaminsulfosäure und Combination mit m-Phenylendiamin
erhalten (D. R. P. Nr. 65863). Mit diesem Farbstoff lässt sich auf Baumwolle, Wolle
und Seide ein schönes Gelbbraun erzielen. Die Färbungen auf Baumwolle widerstehen
der Wirkung von Seife und Soda wesentlich besser als die meisten Braun dieser Art.
Die Säure- und Lichtechtheit entspricht derjenigen der meisten Substantiven
Farbstoffe. Baumwolle wird bei Gegenwart von Seife und Kochsalz bei einer dem
Siedepunkte nahen Temperatur gefärbt. Durch Diazotiren der mit Toluylenbraun G
grundirten Baumwolle und Combiniren mit Chrysoidin, β-Naphtylamin oder Toluylendiamin werden schöne Tiefbraun von hervorragender
Seifenechtheit erzielt. Auf Wolle und Halbwolle wird der Farbstoff unter Zusatz von
Kochsalz, auf Seide mit Kochsalz mit oder ohne Essigsäure gefärbt. Ungefärbte
Baumwoll- oder Seidengewebe können mit Bisulfit und Zinkstaub oder mit essigsaurem
Zinnoxydul auf bekannte Art weiss geätzt werden.
Farbstoffe von ähnlichen Eigenschaften sind Toluylenorange G, R und R R. Diese
gleichfalls von K. Oehler hergestellten Farbstoffe
dienen zum Färben ungeheizter Baumwolle. Marke G und R werden unter Zusatz von
Marseiller Seife und phosphorsaurem Natron – für röthere Nuancen besser Soda –,
Marke RR unter Zusatz von Marseiller Seife und Soda kochend gefärbt.
(Fortsetzung folgt.)