Titel: | Ueber die neuesten Erfahrungen an Verbundlocomotiven. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 295, Jahrgang 1895, S. 292 |
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Ueber die neuesten Erfahrungen an
Verbundlocomotiven.
Ueber die neuesten Erfahrungen an Verbundlocomotiven.
Um die Leistungsfähigkeit und den Brennstoffverbrauch von Verbundlocomotiven
gegenüber gleichartigen Zwillingslocomotiven festzustellen, sind seit Einführung der
ersteren (vor etwa 10 Jahren) vielfache Versuche angestellt worden (1890 277 144, 1892 286 264, 1893 287 * 25), meistens jedoch zwischen Locomotiven von
verschiedenem Alter, verschiedener Bauart, verschiedener Dampfspannung u.s.w., so
dass die Ergebnisse in Bezug auf Genauigkeit und Zuverlässigkeit den zu stellenden
Anforderungen nicht genügten.
Um möglichst genaue und einwandfreie Vergleichsergebnisse zu erhalten, wurden vor
kurzem mit den vierachsigen Schnellzuglocomotiven Nr. 464 und Nr. 494 der königl.
Eisenbahndirection Erfurt, von welchen die erstere nach der gewöhnlichen Bauart mit
zwei gleichen Cylindern, die letztere nach der Verbundbauart ausgeführt ist, weitere
Versuche angestellt. Beide von der Firma Henschel und
Sohn in Cassel erbaute Locomotiven stimmen mit Ausnahme der
Cylinderabmessungen und der dadurch bedingten Abänderungen in allen sonstigen für
die Versuche in Betracht kommenden Verhältnissen vollständig mit einander überein.
Die Locomotive Nr. 494 wurde nach den von dem Geh. Baurath Lochner zu Erfurt in dem Organ für die
Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1894 3. und 4. Heft S. 108,
niedergelegten Mittheilungen, welche wir auszüglich wiedergeben, im December 1891,
die Locomotive Nr. 464 im Januar 1892 angeliefert. Bis vor Beginn der Versuche hatte
jede derselben in dem gleichen Betriebsdienste der Schnellzüge einen Weg von etwa
63000 km zurückgelegt.
Die allgemeine Anordnung, sowie die Hauptabmessungen und wichtigsten Verhältnisse der
Locomotiven entsprechen nahezu denjenigen der 1894 293 *
28 abgebildeten neuen Personenzuglocomotive der preussischen Staatsbahnen.
Der Durchmesser der Dampfcylinder der Zwillingslocomotive beträgt 430, derjenige der
Verbundlocomotive 440 bezieh. 660, der Kolbenhub in beiden Fällen 600 mm. Das
Gesammtgewicht der Verbundlocomotive ist um 1 t = 2 Proc. der Durchmesser der Treib-
und Kuppelräder derselben in Folge der verschiedenen Abdrehungen der Reifen um 15 mm
= 0,8 Proc. grösser als bei der Locomotive Nr. 464.
Vor Anstellung der vergleichenden Versuche über den Brennstoffverbrauch wurden
zunächst Versuchsfahrten mit Sonderzügen auf den Steigungen 1 : 50
(Gräfenroda-Oberhof), 1 : 100 (Mühlhausen-Silberhausen) und 1 : 200 (Erfurt-Weimar)
vorgenommen, um die Leistungsfähigkeit der beiden Locomotivgattungen bei
verschiedenen Geschwindigkeiten festzustellen. Die Versuchszüge wurden aus zwei- und
dreiachsigen leeren Personenwagen mit Einrichtung für die Luftdruckbremse gebildet
und die jeweilige Belastung derselben auf Grund der durch Berechnung ermittelten
Bruttogewichte festgestellt. Der Heizstoff für die Locomotiven bestand aus
westfälischer Presskohle.
Bei Ausführung der Versuche, welche sämmtlich vom Reg.-Baumeister Knechtet geleitet und stets mit derselben
Locomotivmannschaft ausgeführt sind, wurden die Züge durch die Locomotiven derart
befördert, dass der Wasserstand im Kessel bei ordnungsmässiger Bedienung desselben,
Innehaltung der grössten Dampfspannung und ganz geöffnetem Dampfregler während der
Beobachtungszeit keine Aenderung erlitt. Die hierbei erzielten Geschwindigkeiten
waren für die Beurtheilung der Leistungsfähigkeit der Locomotiven auf der
betreffenden Strecke maassgebend; sonstige, namentlich durch die Bahnkrümmungen
bedingte Einflüsse wurden nicht berücksichtigt.
Da die auf diese Weise erhaltenen Geschwindigkeitswerthe jedoch vielfach
zwischen den vollen Zehnern lagen, mussten die Wagenbruttolasten, welche den nach
Zehnern abgerundeten Geschwindigkeiten entsprechen, durch Zwischenrechnung ermittelt
werden.
Die Füllungen des Hochdruckcylinders der Verbundlocomotive erstreckten sich auf 48
bis 77 Proc. des Cylinderinhaltes, während die Zwillingslocomotive bei den einzelnen
Versuchen mit 0,23 bis 0,375 Cylinderfüllung arbeitete.
Unter Einführung der Wagenbruttogewichte in die Gleichung:
Z=(L+T+W)\,\left(2,4+\frac{V^2}{1000}+1000\,i\right),
worin Z die von der Locomotive
entwickelte Zugkraft in k,
L
das
Locomotivgewicht in t,
T
„
Tendergewicht in t,
W
„
Bruttogewicht in t,
V
die
Geschwindigkeit in km/Std.,
i
das
Steigungsverhältniss bedeutet,
sind sodann die geleisteten Pferdestärken, die auf 1 qm
Heizfläche entfallenden Pferdestärken und die aus der Heizfläche folgende Anzahl der
Kilogrammeter bestimmt worden und in Tabellen zusammengestellt.
Gegenüber der Leistungsfähigkeit der Zwillingslocomotive ergaben sich für die
Verbundlocomotive die in der Zusammenstellung I aufgeführten Werthe.
Zusammenstellung I.
Geschwin-digkeitin
km/Std.
Mehrleistung in
Procent
der Pferde-stärken
des geförderten Wagengewichtes auf
derSteigung
1 : 50
1 : 100
1 : 200
20
– 12,9
– 22,0
– 16,6
– 14,5
30
– 5,3
– 11,6
– 8,0
– 7,2
40
+ 1,4
+ 1,6
+ 1,2
+ 1,3
50
+ 5,3
+12,2
+ 8,1
+ 7,1
60
+ 7,5
–
+ 14,3
+ 11,2
70
+ 8,8
–
+ 18,5
+ 13,6
80
+ 9,7
–
–
+ 17,0
90
+ 10,5
–
–
+ 22,8
Hiernach ist die Leistung der Verbundlocomotive bei den für diese Locomotivgattung
weniger in Betracht kommenden Geschwindigkeiten von 20 bis nahezu 40 km/Std. eine
geringere, bei grösseren Geschwindigkeiten übersteigt dieselbe die Leistung der
Zwillingslocomotive, und zwar in erhöhtem Maasse mit wachsender Geschwindigkeit.
Die Versuchsfahrten zur Feststellung des Dampf- und Kohlenverbrauches fanden unter
theilweiser Betheiligung von Vertretern der übrigen preussischen
Eisenbahndirectionen auf den Bahnstrecken Arnstadt-Oberhof und Jüterbog-Röderau
statt, und zwar wurden auf ersterer Strecke mit starken Steigungen und 43 Proc.
Gleisbögen die Fahrten mit Geschwindigkeiten von 30 bis 50 km/Std., auf
letzterer solche mit Geschwindigkeiten von 50 bis 90 km/Std. ausgeführt. Die Versuchszüge
bestanden wieder aus zwei- und dreiachsigen leeren Personenwagen. Als Heizstoff für
die Locomotivkessel wurden Presskohlen gleicher Beschaffenheit von der Zeche
„Neu-Iserlohn“ verwendet.
Bei den Versuchszügen auf der Strecke Arnstadt-Oberhof war die Luftdruckbremse ausser
Thätigkeit gesetzt, bei den zwischen Jüterbog und Röderau gefahrenen Zügen musste dieselbe
jedoch in Bereitschaft gehalten werden. Der Dampf verbrauch der Luftpumpe wurde bei
beiden Locomotiven genau ermittelt.
Die Ergebnisse der Versuche wurden, nach Geschwindigkeiten und Zugstärken geordnet,
in Tabellen zusammengestellt, wobei sich allgemein herausstellte, dass der Dampf-
und Kohlenverbrauch für die Leistungseinheit bei derselben Geschwindigkeit mit
zunehmender Zugstärke oder Anstrengung der Locomotive abnimmt und bei gleicher
Leistung der Locomotive in erhöhtem Maasse mit der Geschwindigkeit wächst.
Ein unmittelbarer Vergleich zwischen dem Verbrauche der beiden Locomotiven bei
verschiedenen Geschwindigkeiten wurde mit Benutzung der erhaltenen Zahlen
angestellt, wobei indess nur die unter nahezu gleichen Witterungsverhältnissen
ausgeführten Versuche Berücksichtigung fanden.
Es ist unter Beachtung der sonstigen hierauf einwirkenden Umstände der Dampf- und
Kohlenverbrauch durch Zwischenrechnung für eine Arbeitsleistung bestimmt worden,
welche den mittleren Leistungen der Locomotiven möglichst nahe liegt und 75 Proc.
der jeweiligen höchsten Leistung der Locomotive Nr. 464 entspricht.
Die nach diesen Gesichtspunkten berechneten wahrscheinlichsten Werthe der
Verbrauchssätze sind in nachstehenden Zusammenstellungen II und III aufgeführt.
A. Dampf- und Kohlenverbrauch für 1
und Stunde bei 75 Proc. der höchsten Leistung.
Zusammenstellung II.
Geschwin-digkeitin km/Std.
Dampfverbrauch derLocomotive
Kohlenverbrauch derLocomotive
Nr. 464
Nr. 494
Nr. 464
Nr. 494
k
k
k
k
50
10,12
8,48
1,26
1,05
60
10,43
8,60
1,33
1,08
70
10,82
8,81
1,39
1,10
80
11,55
9,33
1,52
1,19
90
12,74
10,27
1,73
1,33
B. Dampf- und Kohlenverbrauch für 10 t
Gesammtzuggewicht und 1 hm wagerechter Weglänge bei 75 Proc. der höchsten
Leistung.
Zusammenstellung III.
Geschwin-digkeitin km/Std.
Dampfverbrauch derLocomotive
Kohlenverbrauch derLocomotive
Nr. 464
Nr. 494
Nr. 464
Nr. 494
k
k
k
k
50
1,84
1,54
0,23
0,19
60
2,31
1,90
0,29
0,24
70
2,93
2,38
0,38
0,30
80
3,76
3,04
0,49
0,39
90
4,95
3,99
0,67
0,51
Nach diesen Versuchen beträgt der Min der verbrauch der Verbundlocomotive Nr. 494 bei
den Geschwindigkeiten von 50 bis 90 km/Std. im Mittel:
an
Dampf
18,2
Proc.
„
Kohlen
20,2
„
Der Dampfverbrauch der Verbundlocomotive liegt bei allen Geschwindigkeiten und
gleicher Leistung niedriger als bei der Zwillingslocomotive; der Minderverbrauch an
Dampf wächst mit zunehmender Leistung und Geschwindigkeit. In gleicher Weise
gestaltet sich der Verbrauch an Kohle für die Leistungseinheit, jedoch nimmt die
Brennstoffersparniss in grösserem Umfange mit der Geschwindigkeit zu, weil die
Ausnutzung der Kohle bei grösserer Geschwindigkeit in Folge der geringeren
Anstrengung des Kessels und der minderen Ablagerung von Lösch (die Mengen wurden
nach Beendigung der einzelnen Fahrten in Hundertsteln der verbrauchten Kohle
festgestellt) eine bessere ist, als bei der Zwillingslocomotive.
Eine Verwendung der Verbundschnellzuglocomotive vorliegender Bauart an Stelle der
sonst gleich gebauten Zwillingslocomotive erscheint somit sowohl in Bezug auf
grössere Leistung, als auch auf den geringen Wasser- und Kohlenverbrauch in den
Fällen vortheilhaft, in welchen die Betriebsverhältnisse und die vorkommenden
Steigungen der Bahn auch streckenweise eine Geschwindigkeit der Züge von 40 km/Std. und
weniger nicht bedingen. Würde hingegen bei gegebenen Betriebsverhältnissen die
Geschwindigkeit der durch Schnellzuglocomotiven zu befördernden Züge auf starken
Steigungen von grösserer Ausdehnung noch unter 40 km/Std. sinken und die Leistung der
Schnellzuglocomotive mit dauernder Verbundwirkung nicht ausreichen, so empfiehlt es
sich, entweder die Locomotive der gewöhnlichen Bauart zu verwenden, oder die
Verbundlocomotive so umzuwandeln, dass je nach Erforderniss frischer Kesseldampf in
beiden Cylindern zur Wirkung kommen kann.
Der geringere Wasserverbrauch der Verbundlocomotive gewährt für den durchgehenden
Schnellzugverkehr noch den Vortheil, dass der Wasservorrath im Tender auf längere
Zeit ausreicht und die Wasserentnahme auf den Zwischenstationen beschränkt werden
kann.
In der Praxis wird der Minder verbrauch der Verbundlocomotive nicht die Höhe
erreichen, wie bei den Versuchen, weil letztere, soweit sie zur Vergleichung des
Verbrauches der beiden Locomotiven benutzt wurden, nur auf einer fast ebenen
Flachlandstrecke ausgeführt sind und der Dampf- und Kohlenverbrauch für die mittlere
Leistung der Locomotiven berechnet ist. Diese Verhältnisse liegen günstig für die
Verbundlocomotive, während auf Strecken mit mehrfach wechselnden Steigungen und
Gefällen, sowie bei stark wechselnden Zugbelastungen die Zwillingslocomotive in
Vortheil sein würde.
Die Vortheile, welche durch die Anwendung der Verbundwirkung bei
Schnellzuglocomotiven unter günstiger Ausnutzung der betreffenden Locomotive zu
erreichen sind, gehen aus den vorstehend mitgetheilten Versuchen hervor, und die
Frage, welche Locomotivbauart gegebenen Falls zweckmässig zu wählen ist, wird durch
eine Prüfung der Betriebsverhältnisse leicht zu entscheiden sein.
Es wäre zu wünschen, dass mit Güterzuglocomotiven ähnliche vergleichende Versuche
angestellt würden, um auch hier Klarheit darüber zu erhalten, bis zu welcher
äussersten Grenze sich der Betrieb mittels Verbundlocomotiven sparsamer stellt als
mit gewöhnlichen Locomotiven.
Namentlich in Nordamerika haben die Verbundlocomotiven in den letzten Jahren eine
immer grössere Verbreitung gefunden. Während im Juni 1892 auf den nordamerikanischen
Eisenbahnen 114 Verbundlocomotiven im Betriebe waren, fanden sich im Juni 1893
bereits 422 derartige Locomotiven vor, von denen die Baldwin-Locomotivfabrik in Philadelphia 316, die Schenectady-Locomotivfabrik 69 und die Rhode
Island-Locomotivfabrik in Providence 37 Stück gebaut hatten.
Gelegentlich der in Lakewood abgehaltenen 26. Jahresversammlung der American Railway
Master Mechanics' Association kam der zur Prüfung des Verhaltens der
Verbundlocomotiven eingesetzte Ausschuss auf Grund seiner eigenen Beobachtungen und
der Berichte von 11 Eisenbahnverwaltungen, welche mit Verbundlocomotiven der
vorgenannten Fabriken und einer von der Rogers'schen
Locomotiv- und Maschinenbauernstalt in Paterson gelieferten
Verbundlocomotive Versuche im Personen- und Güterzugdienste angestellt hatten, nach
den der Railroad Gazette, Juni 1893 S. 466, entnommenen
Mittheilungen unter anderen zu folgenden Schlüssen:
1) Die Verbundlocomotive eignet sich für verschiedene Arten von Güterzugdienst.
2) In wirthschaftlicher Hinsicht steht sie in solchem Dienste der gewöhnlichen
Locomotive mindestens gleich.
3) Sofern die Verbundlocomotive sich in gutem, betriebsfähigem Zustande befindet und
von einem geschickten Führer bedient wird, beträgt die Kohlenersparniss bei
gewöhnlichem Güterzugdienste der nordamerikanischen Eisenbahnen 10 bis 15 Proc.
gegenüber dem Kohlenverbrauche einer gewöhnlichen Locomotive.
4) Der Nutzen der Verbundlocomotive für den Personenzugdienst ist noch unbestimmt.
(!)
5) Es wird für erforderlich gehalten, mit einer beträchtlichen Anzahl genau gleicher
Verbund- und gewöhnlicher Locomotiven längere Zeit hindurch Versuche anzustellen, um
alle in Betracht kommenden Fragen zu lösen.
Bezüglich der nach dem Verbundsystem arbeitenden amerikanischen Locomotiven im
Allgemeinen spricht sich v. Borries in einem Vortrage
im Verein deutscher Maschineningenieure am 27. März 1894 nach Glaser's Annalen vom 1. Juni 1894 S. 224, dahin aus,
dass die Einführung der Verbundwirkung in den beiden letzten Jahren wohl erhebliche
Fortschritte gemacht hat, sich jedoch noch in der Entwickelungsstufe befindet, in
welcher jede Fabrik eine besondere Bauart der einzelnen Theile, insbesondere der
Anfahrvorrichtung betreibt.
Die Bauart Vauclain's (1893 287 * 25), welche, unterstützt durch den Weltruf ihrer Erbauer (Baldwin Works in Philadelphia), bisher den grössten
Erfolg errungen, dürfte denselben nicht lange mehr behaupten, nachdem die weit
einfachere Bauart mit zwei Cylindern in besserer Durchbildung zur Einführung gelangt
ist. Letztere fällt theils unter das System Mattet
(1891 282 * 27), theils dasjenige Worsdell und v. Borries, je nachdem mit frischem Dampf in beiden
Cylindern gefahren werden kann oder nicht; erstere scheint für amerikanische
Verhältnisse den Vorzug zu verdienen. Die bisher sehr verschiedenartigen
Betriebsergebnisse der Verbundlocomotiven dürften zum Theil auf ungeeignete Wahl der
Hauptabmessungen und Steuerungsverhältnisse zurückzuführen sein.
Wir brachten 1894 293 * 26 Mittheilungen über eine
dreifach gekuppelte Güterzugverbundlocomotive ohne Anfahrvorrichtung (System Gölzdorf) der österreichischen Staatsbahnen und
bemerkten, dass zur Zeit bereits 19 Locomotiven dieser Bauart in Dienst stehen. Da
sich die Locomotiven bezüglich Leistung und Brennstoffverbrauch den älteren
Normalgüterzuglocomotiven der österreichischen Staatsbahnen gegenüber
vorzüglich bewährten – es wurden auf der 13 km langen Strecke
Purkersdorf-Reckawinkel mit constanter Steigung von 10 ‰ vergleichende Versuche
angestellt –, sind nach Glaser's Annalen vom 15.
November 1894 S. 177 weitere 13 Stück derselben für Güterzugdienst bestellt. Aber
auch 6 Stück Verbundschnellzuglocomotiven (System Gölzdorf) wurden auf Grund der mit den Güterzuglocomotiven erzielten
günstigen Resultate Anfang des Jahres 1894 in Auftrag gegeben. Die erste dieser
Locomotiven, von der Wiener
Locomotivfabrik-Actiengesellschaft in Florisdorf erbaut, kam Ende August
1894 zur Ablieferung.
Programmgemäss sollte diese Locomotive auf den langen Steigungen von 10 ‰ 200 t mit
45 bis 48 km Geschwindigkeit befördern. Bei den Probefahrten wurde ein Zug von 210 t
(16 Personenwagen mit 35 Achsen) mit einer mittleren Geschwindigkeit von 58 km
(maximal 64 km) auf der 13 km langen Strecke Purkersdorf-Reckawinkel mit constanter
Steigung von 10 ‰ bewegt. Mit demselben Zug erreichte man auf Steigungen von 2 bis 3
‰ eine Geschwindigkeit von 100 bis 105 km, und bei der technisch-polizeilichen
Probefahrt (mit 2 angehängten Personenwagen) die Geschwindigkeit von 128 km in der
Stunde. Gleisbögen von 380 m Halbmesser wurden mit der grössten Sicherheit mit 95
bis 98 km Geschwindigkeit durchfahren.
Bei allen diesen Leistungen und Geschwindigkeiten wurde die Betriebsdampfspannung von
13 at und der normale Wasserstand mit Leichtigkeit gehalten, ohne das Blasrohr mit
veränderlichem Querschnitt anwenden zu müssen.
Mit Zugrundelegung eines Widerstandes von 5 k auf 1 t Wagengewicht (mit Rücksicht auf
die fast ganz in Krümmungen liegende Bergstrecke) ergab sich eine Leistung von rund
1100 .
Das Anfahren bietet, ebenso wie bei Verbundgüterzuglocomotiven, nicht die geringste
Schwierigkeit und erfolgt stets rasch und sicher.
Wegen der Abmessungen und verschiedener bemerkenswerther Constructionseinzelheiten
der Locomotive verweisen wir auf die oben genannte Quelle.
In Deutschland hat zuerst die königl. Eisenbahndirection Bromberg einen Versuch mit
der Anfahrvorrichtung, Bauart Gölzdorf, gemacht, indem
dieselbe an zwei Normalgüterzuglocomotiven eines älteren Verbundsystems, unter
Beibehaltung der Cylinder und mit möglichst geringen Aenderungen der bestehenden
Steuerung, angebracht wurde.
Bezüglich Sicherheit des Anfahrens und grosser Leistung auf Steigungen wurden auch
hier vollkommen zufriedenstellende Erfolge erzielt.
Die Erfahrungen mit anderen Locomotiven dieses Systems, gebaut für die badischen
Staatsbahnen, sind noch ausständig.
Fr.