Titel: | Verfahren zur Unterscheidung von Erdölen verschiedener Herkunft und von Erdölrückständen. |
Autor: | Haber |
Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 94 |
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Verfahren zur Unterscheidung von Erdölen
verschiedener Herkunft und von Erdölrückständen.
Mit Abbildung.
Verfahren zur Unterscheidung von Erdölen verschiedener Herkunft und
von Erdölrückständen.
A. Riche und G. Halphen
(Journ. d. Pharm. et de Chimie, 1894 S. 289; Moniteur scient., 1895 S. 30) haben die Frage nach der
Unterscheidung eines russischen Erdöls von einem amerikanischen, sowie eines
Roherdöls von einer Mischung raffinirten Erdöls mit Erdölrückständen zum Gegenstande
einer Untersuchung gemacht. Zur Unterscheidung russischer und amerikanischer Oele
gibt weder die fractionirte Destillation, noch die Bestimmung des specifischen
Gewichtes, noch die Trübung durch Paraffinabscheidung in der Kälte einen stets
gangbaren sicheren Weg. Sind auch die russischen Erdöle im Allgemeinen schwerer als
die amerikanischen, so kommen doch amerikanische Oele vor, die schwerer sind als die
leichtesten russischen; das specifische Gewicht gibt also keine sichere Unterlage,
die Trübung durch Paraffinausscheidung aber tritt durchaus nicht bei allen
amerikanischen Erdölen ein. Die Dichte der einzelnen Fractionen ist im Allgemeinen
beim amerikanischen Erdöl kleiner als beim, russischen, auch der
Refractionscoëfficient der Fractionen ist bei russischem Erdöl höher, aber
naturgemäss ist weder die Dichte, noch die Refraction der Fractionen für sämmtliche
amerikanische Oele auf der einen, für sämmtliche russische auf der anderen Seite
gleich, sondern beide variiren bei verschiedenen Sorten erheblich.
Riche und Halphen sehen
deshalb von der Benutzung dieser und ähnlicher Kriterien für Unterscheidung
russischer von amerikanischen Erdölen ab und benutzen ein Verfahren, welches auf der
ungleichen Löslichkeit der Fractionen von gleicher Dichte aus russischem und
amerikanischem Erdöl in einem Gemisch beruht, welches aus gleichen Theilen
wasserfreiem Chloroform und 93procentigem Aethylalkohol besteht. Dieses Gemisch wird
in einer Bürette abgemessen, welche mit einem Flüssigkeitsreservoir in dauernder
Verbindung steht und für eine grössere Zahl von Versuchen sehr geeignet ist, weil
sie Aenderungen der Zusammensetzung des Lösungsmittels durch längere Berührung mit
der Zimmerluft ausschliesst.
Textabbildung Bd. 296, S. 94
Löslichkeit der Erdölfractionen (s. S. 96).
Man bestimmt bei der Ausführung des Versuches zunächst das specifische Gewicht bei
15°, wagt dann 4 g (mindestens bis auf 1 cg genau) in einen kleinen
Erlenmeyer-Kolben ein und lässt aus der Bürette das Alkohol-Chloroformgemisch
zulaufen. Es entsteht zunächst eine Trübung, die zuerst zunimmt, dann abnimmt und –
was von besonderer Bedeutung ist – schliesslich mit einem Schlage verschwindet.
Dieses Verschwinden ist die Endreaction, auf die man einstellt. Es kommt
gelegentlich bei schweren Oelen vor, dass einige Flocken in der Flüssigkeit
suspendirt bleiben. In diesem Falle liest man ab und gibt dann noch 0,5 cc zu;
verschwinden die Flocken, so war die erste Zahl zu klein, verschwinden sie nicht, so
war sie richtig. Riche und Halphen haben eine grosse Anzahl Erdöle fractionirt, die Dichte der
Fractionen gemessen und die Löslichkeit derselben in Chloroform-Alkohol bestimmt.
Ihre Ergebnisse sind im Folgenden zusammengestellt:
DichtederFraction
Amerikanisches Erdölverbraucht
Russisches Erdölverbraucht
AnzahlderVer-suche
Max.
Min.
Mittel
Max.
Min.
Mittel
cc
cc
cc
cc
cc
cc
0,670
4,6
3,0
3,8
–
–
–
5
0,680
4,4
2,9
3,6
–
–
–
11
0,690
4,4
2,8
3,6
–
–
–
19
0,700
4,4
3,0
3,7
–
–
–
21
0,710
4,4
3,2
3,8
–
–
–
24
0,720
4,5
3,3
3,9
–
–
–
27
0,730
4,7
3,3
4,0
–
–
–
28
0,740
4,8
3,4
4,1
–
–
–
28
0,750
4,9
3,5
4,2
–
–
4,3
29
0,760
5,0
3,7
4,3
–
–
4,0
32
0,770
5,3
3,9
4,6
3,9
3,75
3,8
33
0,780
6,0
4,4
5,2
4,8
3,4
4,1
36
0,790
6,9
5,0
5,9
4,9
3,5
4,2
44
0,800
7,8
5,5
6,6
4,3
3,8
4,0
44
0,810
8,8
6,6
7,7
4,5
3,9
4,2
44
0,820
11,0
8,0
9,5
4,8
4,3
4,5
41
0,830
18,0
9,6
11,3
5,6
4,4
5,0
35
0,840
–
–
–
6,1
5,0
5,5
13
0,850
–
–
–
7,0
5,8
6,4
13
0,860
–
–
–
10,1
6,3
8,2
9
0,870
–
–
–
12,7
6,8
9,7
7
0,880
–
–
–
15,4
8,5
11,9
3
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, besitzen die leichtesten Antheile der russischen
Erdöle Löslichkeiten, welche denen entsprechender Fractionen amerikanischer Erdöle
nahe stehen. Dies erklärt sich daraus, dass die leichtesten Antheile des russischen
Erdöls, die übrigens nur in geringer Menge im russischen Handelserdöl noch
vorkommen, ebenso wie das amerikanische Erdöl reich sind an
Grenzkohlenwasserstoffen, während bei den Antheilen, deren Dichte 0,800 und darüber
beträgt, der Unterschied im chemischen Charakter – auf der einen Seite vorwiegend
Naphtene, auf der anderen Grenzkohlenwasserstoffe – eine charakteristische grosse
Verschiedenheit der Löslichkeit zur Folge hat. Man gewinnt also ein bestimmtes
Urtheil über die Provenienz eines Erdöls, indem man es fractionirt und die
Löslichkeit einer oder mehrerer Fractionen von der Dichte 0,800 und darüber
bestimmt. Für Roherdöl wenden Riche und Halphen eine sehr langsame Destillation (600 cc in 7
Stunden) an, um den Bedingungen der Grossindustrie möglichst nahezukommen. Die
Destillation wird in einer flach gebogenen Retorte mit vorgelegtem Liebig'schem Kühler ausgeführt und das Destillat in
Mengen von je 30 cc gesammelt. Ein, zwei oder drei Fractionen; deren Dichte von
0,800 bis 0,820 liegt, werden auf ihre Löslichkeit geprüft.
Wendet man die Löslichkeitsprüfung auf das Erdöl, so wie es zur Untersuchung kommt,
an, so gibt die Methode darüber Aufschluss, ob ein Roherdöl oder ein Gemisch aus
Erdölrückständen und raffinirtem Oel vorliegt. In ersterem Falle ist der Verbrauch
an Lösungsmittel für das Gesammtöl viel grösser als für die Fraction gleicher
Dichte, im letzteren nicht.
Dichte
Lösungs-mittel
zurLösungvon 4 ccErdölcc
Lösungs-mittel zurLösung von4 cc
derjenigenFraction,welche dieselbe Dichtewie das
ur-sprünglicheOel hatcc
a) Russisches Roherdöl
Von der Firma Boulfroy (ohne nähere
Bezeichnung)
0,851
> 15
6,8
Von Balakhany
0,871
> 15
9,1
„ Bailoff, Brunnen Zubaloff
0,872
> 15
7,0
„ der Firma André (ohne nähere
Bezeichnung)
0,873
> 15
7,6
Von Batum
0,877
> 15
10,2
b) Raffinirtes russisches Erdöl, gemischt mit
Erdölrückständen.
Von der Firma Boulfroy (= rus- sisches raffinirtes
Oel)
0,820
4,6
4,3
Raffinirtes Oel von Balakhany
0,819
4,6
4,6
Raffinirtes russisches Oel der Firma André
0,822
4,5
4,5
Dichte
Lösungs-mittel
zurLösungvon 4 ccErdölcc
Lösungs-mittel zurLösung von4 cc
derjenigenFraction,welche dieselbe Dichtewie das
ur-sprünglicheOel hatcc
Erdöl der Firma Wagenmann (von der österr.
Steuerbehörde als Roherdöl zugelassen)
0,827
4,4
4,8
Ein von der Steuerbehörde in St. Louis als Roherdöl
zu- gelassenes Oel
0,830
4,4
5,0
Batumer Oeldestillat
0,830
4,2
5,0
Russisches Erdöldestillat (+ 10 Proc.
Erdölrückstände)
0,822
4,2
4,3
c) Amerikanisches Roherdöl.
Pennsylvanisches Rohöl
0,7904
> 15
5,7
Rohöl von Washington
0,7916
> 15
6,4
„ „ „
0,797
> 15
6,8
„ „ Foxburg
0,7912
> 15
5,9
„ „ Washington
0,7926
> 15
6,2
„ „ „
0,7884
> 15
6,0
„ „ Taylorstone
0,7894
> 15
6,2
„ „ Mac Donald
0,787
> 15
6,3
„ „ Pumpstation Evans
City
0,797
> 15
6,6
„ „ Pumpst. Zeliénople
0,785
8,7
5,6
„ „ „ Foxburg
0,7886
> 15
5,6
„ „ Tiona Oil Stoneham „ „ I. A.
Best und Co.
0,7931
> 15
6,2
„ „ Washington
0,798
>15
7,1
„ „ Taylorstown, Gor-
donssand
0,7861
9,4
5,1
„ „ Mac Donald
0,7954
> 15
7,0
„ „ Pumpst. Harmony
0,7694
7,2
5,2
„ „ Coraopolis
0,7924
> 15
6,5
„ „ Pumpst. Gladam
0,7924
> 15
6,2
„ „ District Groveton
0,785
10
5,9
„ „ Manningt. District „ „ Marion
Country
0,7906
> 15
6,2
„ „ Elk Country
0,7916
> 15
5,6
„ „ Warren-District
0,7993
> 15
6,5
„ „ Bradford Foster „ „ Brook
Valley
0,8016
> 15
6,2
„ „ Pumpst. Foston Creek
0,8082
> 15
7,0
„ „ „ Rixford
0,8086
> 15
6,7
„ „ Bolivar
0,817
> 15
7,9
„ „ Allentown
0,8208
> 15 *
8,1
„ „ Standard Oil Co. in
Whiting
0,8226
14
8,2
* Zahlen über 15 wurden nicht bestimmt.
d) Raffinirtes amerikanisches Erdöl mit Erdölrückständen.
Luciline
Standard White
0,779
5,4
5,6
Gemischein
Labo-ratoriumher-gestellt
1/10 schwer. Oel 0,8781/10 Petroläther 0,7105/10 Leuchtöl 0,800
0,8010,786
5,66,0
5,65,6
Es würde mühsam sein, für diese Bestimmung stets eine Fraction von der gleichen
Dichte herauszudestilliren, wie sie das Roherdöl besitzt. Es ist dies aber nicht
erforderlich, sondern es genügt, zwei Fractionen zu untersuchen, von denen die
Dichte der einen etwas kleiner, die der anderen etwas grösser als die des
Rohmaterials ist, und daraus den gesuchten Werth zu berechnen.
Das Rohöl zeige z.B. die Dichte 0,788, die zehnte Fraction die Dichte 0,784, sie
brauche 5,1 cc Lösungsmittel, die elfte habe das spec. Gew. 0,794 und verlange 6,2
cc. Eine Differenz von 0,01 im specifischen Gewicht entspricht also einem
Mehrverbrauch um 1,1 cc, eine Differenz um 0,04 folglich einem solchen von 0,4 cc;
danach würde die Fraction 0,788 5,54 cc Lösungsmittel verlangt haben.
Riche und Halphen haben nur
ein einziges Roherdöl gefunden, bei dem diese Methode nur einen vergleichsweise
geringen Unterschied der Löslichkeiten von Rohmaterial und Fraction gleicher Dichte
zeigt. Es war dies Roherdöl von der Pumpstation Harmony, das die abnorm kleine
Dichte 0,7694 besitzt; auch hier aber betrug die Differenz (7,2 cc gegen 5,2 cc) noch immer fast ein
Drittel des Werthes für das Roherdöl, also einen bei Gemischen von raffinirtem Oel
und Rückständen nicht erreichten Betrag.
Auf S. 94 ist eine den Mittheilungen von Halphen und Riche entnommene graphische Darstellung der Löslichkeit
der Erdölfractionen wiedergegeben, in welcher die mittlere Löslichkeit der
verschiedenen Fractionen des amerikanischen und des russischen Erdöls durch die
Anzahl Cubikcentimeter Lösungsmittel, welche zur Lösung von 4 cc Oel erforderlich
sind, dargestellt wird.
Auf der Abscissenachse sind die specifischen Gewichte von 0,670 aufwärts in der Weise
aufgetragen, dass jede Senkrechte in dem Diagramm einem Zuwachs von 0,01 im
specifischen Gewichte der Fraction entspricht. Auf der Ordinatenachse sind die
Cubikcentimeter Lösungsmittel von oben nach unten 0 bis 12 angegeben.
Haber.