Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. |
Autor: | Friedr. Kick |
Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 159 |
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Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
Von Prof. Friedr.
Kick.
(Fortsetzung des Berichtes 1891 280 97.)
Mit Abbildungen.
Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
Die Neuerungen im Mühlenwesen, welche in den letzten drei Jahren zur Einführung
gelangten, sind wohl zahlreich, aber nur zum kleinen Theile von grösserer Bedeutung,
epochemachend ist keine.
Indem wir dieselben gruppenweise besprechen, beginnen wir naturgemäss mit der
Getreidereinigung.
1) Von den Maschinen und Hilfsmitteln der
Getreidereinigung.
Von den Reinigungs-, Putz- oder Schälmaschinen und deren
Nebentheilen.
Bei der Getreideschäl- und -Putzmaschine von Louis
Kolping in Buir, Rheinpreussen (D. R. P. Nr. 53520), rotiren durchlochte Eisenscheiben im zu reinigenden Getreide. Jede Scheibe arbeitet für sich in einer
schmalen Abtheilung der Maschine, welche oben ihren Einlauf, unten ihren Auslauf
hat. Regulirvorrichtungen für Ein- und Auslauf sind vorhanden. Das austretende
Getreide passirt einen Ventilator. Da die Löcher der rotirenden Scheiben gross
gewählt sind, so kann bei entsprechender Tourenzahl eine ausgiebige Reibung der
Körner unter sich und an der Scheibe eintreten. Der Schälstaub wird aber die Spalte
der Körner (Weizen, Roggen) füllen und durch die nachfolgende Wirkung des Windes
sicher nicht genügend ausgeblasen.
Die „Getreidereinigungsmaschine mit eingeführten Luftströmungen“ von Wilson Ager in Bloomsburg, Columbia, Pennsylvanien (D.
R. P. Nr. 54640), ist dem „Conus“ oder „Rubber“ ähnlich; die Trommel
ist mit Bürsten besetzt und tangential zu derselben, aber „entgegengesetzt zur
Drehungsrichtung“, wird Luft eingeblasen, welche eine „Kühlung der
Reibflächen“ bewirken soll. Es gibt jedoch zahlreiche ähnliche Maschinen;
bei welchen das Kühlen der Reibflächen durch viel einfachere, natürlichere
Luftbewegung erzielt ist.
Textabbildung Bd. 296, S. 159
Schälmaschine von Hahn und Märker.
Die Schälmaschine von A. Hahn und H. Märker in Würzen, Sachsen (D. R. P. Nr. 55792),
bewegt das Getreide von unten gegen oben; alle arbeitenden Theile bezieh. alle
Wandungen der Maschine, mit welchen das Getreide vom Einlaufe bis zum Auslaufe in
Berührung ist, desgleichen die zum Heben angewendeten Schrauben sind mit Reibblech
armirt oder aus
solchem hergestellt. Das Getreide ist während seines Weges einem Luftstrome
ausgesetzt, welcher die abgeriebenen Theile abführen soll.
Fig. 1 zeigt den
Verticalschnitt dieser Maschine, Fig. 2 den
Horizontalschnitt nach mn. E ist der Einlauf, A der Auslauf, welcher senkrecht versetzt werden kann.
An der senkrechten Achse sitzt der Sauglüfter V, der
Kegel K und der Cylinder C. Die Schrauben S1S2S3 bewirken den Hub des
Getreides. S1 sitzt am
Kegel K, S2S3 liegen seitlich von
C (vgl. Fig. 2).
Diese Maschine wird sehr intensiv einwirken, solange die Reibflächen scharf sind,
bedarf aber einer umständlichen Auswechselung derselben. Für die Abfuhr der
abgeriebenen Schalentheilchen kann der Sauglüfter V
deshalb nicht hinreichen, weil seine Tourenzahl gleich jener der Verticalachse ist,
welche nicht hoch getrieben werden kann, soll das Getreide bei noch scharfem
Reibblech nicht arg verletzt werden.
Textabbildung Bd. 296, S. 160
Fig. 3.
Die Reinigungsmaschine von Charles Arthur Lees in
Christchurch und Stephen William Lester in Sydenham,
Australien (D. R. P. Nr. 56588), unterscheidet sich von den gewöhnlichen
kegelförmigen Bürstmaschinen, deren bekannte Form durch Fig. 3 gekennzeichnet ist, dadurch, dass der Bürsten- oder Reibkegel
nicht nur kreist, sondern auch kleine senkrechte Bewegungen ausführt. Der Vortheil
dieser Neuerung ist nicht wohl einzusehen, denn: findet die senkrechte Bewegung sehr
langsam statt, dann arbeitet die Maschine mit veränderlichem Abstand des Kegels vom
Reibblechmantel und die Wirkung wird lediglich darin bestehen, dass dieselbe
periodisch ungleich ausfällt; ist die senkrechte Bewegung sehr rasch, so dass sie
eine einflussreiche Geschwindigkeitscomponente zur Rotationsgeschwindigkeit liefert,
dann wäre ein bedeutender Arbeitsaufwand hierfür nöthig, welcher nicht im
Verhältnisse zur Wirkung stehen kann; findet jedoch die senkrechte Bewegung bei
kleinem Hube mit mittlerer, massiger Geschwindigkeit statt, dann wird die
Getreideschicht zwischen Kegel und Mantel zeitweise stärker, zeitweise schwächer
bearbeitet; dabei dürfte wohl bei Anwendung von Bürsten eine grössere Abnutzung
derselben, bei Anwendung von Reibblech sowohl am Kegel als am Mantel, ein
ungleichmassiger Angriff der Körner und viel Bruch erfolgen. Was sonst als wichtig
betrachtet wird, die genaue Höhenstellung des Kegels für die vortheilhafteste Arbeit
einstellen zu können, ist hier absichtlich verworfen.
Textabbildung Bd. 296, S. 160
Fig. 4.Peroutka's Reinigungsmaschine.
Wenzel Peroutka in Kladno (D. R. P. Nr. 72137) lässt
mehrere feilen artig aufgehauene Walzen w und sogen.
Raspelbleche b auf das im Sinne der Pfeile der Fig. 4 bewegte Getreide einwirken. Abgesehen davon,
dass bei dieser Anordnung nicht für Staubabfuhr durch Ventilation gesorgt ist,
bedarf es der sorgfältigsten Einstellung und Erhaltung der Schärfe der arbeitenden
Theile, wenn ein halbwegs gleichmassiges Ergebniss erlangt werden soll.
A. Ehresmann und H.
Ehresmann aus Kaiserslautern (D. R. P. Nr. 73035) lagern die Schältrommel
excentrisch zur Innenfläche des Mantels. Bei wagerechter Achse hat diese neue
Anordnung einige Berechtigung, denn die arbeitenden Flächen von Trommel und Mantel
sind gerade an jener Seite einander näher gerückt, wo der Hub des Schälgutes
erfolgt, wie dies die Fig. 5 erkennen lässt. Diese
Anordnung aber auch auf senkrechte Disposition auszudehnen, wie Ehresmann dies thut, ist fehlerhaft.
Heinrich Führmeyer in Breslau hat mit D. R. P. Nr. 62248
eine Anordnung von Bürstenkörpern patentirt, deren einzelne Bürstenbündel zur
Arbeitsfläche des Gegenkörpers derartig verschiedene Schrägstellungen haben, dass
dieselben den über die Bürstenoberfläche hingleitenden Arbeitsproducten an
verschiedenen Stellen verschieden grosse Widerstände entgegensetzen. Dieser
Erfindungsgedanke erregt das Bedenken, dass auch die Abnutzung der Bürsten in seinen
verschieden gestellten Bündeln eine verschiedene sein
muss. Daher die sonst übliche Nachstellung, welche bei gleichmassiger
Abnutzung wieder zu guter Wirkung führt, hier kaum mit Erfolg angewendet werden
kann.
Textabbildung Bd. 296, S. 160
Fig. 5.Ehresmann's Schältrommel.
Unter der Bezeichnung: „Maschine zum Schälen von genässtem Getreide mittels
umlaufender Schmirgelscheiben“ haben sich Hugh James
Sanderson und Alexander Henry Reed in London
eine Maschine patentiren lassen (D. R. P. Nr. 55786), bei welcher Schmirgelscheiben
in einer langsam kreisenden Trommel mit massiger Geschwindigkeit rotiren und hierbei
auf eine Post Getreide einwirken, welche selbsthätig
entfernt und durch eine neue Post ersetzt wird. Die Einwirkungszeit lässt sich nach
Bedarf durch Wechselräder reguliren.
Die Patentbeschreibung ist nach amerikanischem Muster, in mehreren Patentansprüchen
ausklingend, gehalten, die Patentzeichnung ist durch Hunderte von Buchstaben belebt
und der Text erfreut sich der absonderlichsten Wendungen, so ist z.B. im Anspruch 1)
von „der langsam kreisenden, die Schmirgelscheiben bewegenden Trommel D“ die Rede,
während diese Trommel auf die Bewegung der Schmirgelscheiben gar keinen Einfluss
übt, das Wort „bewegenden“ wahrscheinlich durch „umhüllenden“ zu
ersetzen wäre. Die Schälmaschinen mit postenweiser Arbeit sind als Graupengänge
bekannt, arbeiten aber gewöhnlich mit einem Stein grösseren Durchmessers. Die
Anwendung von Schmirgelscheiben zu postenweiser Arbeit ist neu.
Zu den Maschinen, welche postenweise reinigen oder
schälen, gehören auch die Maschinen von Anton Wimmer in
Scheibbs, Niederösterreich (D. R. P. Nr. 63429), und Feodor
Pötzsch in Ostrau i. S. (D. R. P. Nr. 67315). Bei Wimmer ist die Steinachse senkrecht, bei Pötzsch wagerecht disponirt; das Neue bezieht sich nicht auf die
arbeitenden Theile, sondern auf die Bewegung der Organe für den Getreide-Ein- und
-Auslauf.
Die neueste Schälmaschine von Anton Wimmer in Scheibbs
ist durch Fig. 6 im Wesentlichen gekennzeichnet.
Diese Maschine arbeitet continuirlich mit den Schmirgelscheiben S1S2, d. i. mit zwei, mit Schmirgel durch Wasserglaskitt
bekleideten gusseisernen Scheiben oder Trommeln. Die Achse a ist in Fusslager f und Halslager h gelagert. E ist der
Getreideeinlauf, s sind Siebe, in dem Gusseisenmantel
eingesetzt. Der Getreideeinlauf befindet sich thatsächlich nicht in derselben Ebene
mit den Ventilationsrohren rr, wie dies die Fig. 6 darstellt, sondern ist gegen vorn gesetzt;
hingegen sind die Ventilationsrohre rr beiderseits
angebracht und führen zu einem oberhalb angebrachten Staubfänger mit
Filterschläuchen. Nach oben bildet der Deckel d den
Abschluss. Die kräftige Ventilation führt alle abgetrennten Kleietheilchen weg.
Textabbildung Bd. 296, S. 161
Fig. 6.Schälmaschine von Wimmer.
Bei einmaligem Durchgang wird der Weizen gut geputzt, bei mehrmaligem Durchgang (bis
viermal) findet ein sanftes, gutes Schälen statt, soweit dies der Bau des
Getreidekornes gestattet, und die so geschälte Frucht liefert wesentlich grössere
Griesausbeute. Der Kraftverbrauch ist angeblich sehr gering.
Textabbildung Bd. 296, S. 161
Fig. 7.Schälmaschine von Kühnemann und Winter.
Eine zwar stetig wirkende Schälmaschine, aber bestimmt, Reis,
Gerste, Erbsen u. dgl. zu schälen, wie dies gewöhnlich Aufgabe der
postenweise arbeitenden Maschinen ist, hat August
Kühnemann und Jos. Winter in Aschersleben (D.
R. P. Nr. 70681) patentirt. Die Anordnung ist originell und dürfte insbesondere für
das Erbsenschälen Vortheile bieten, wenn auch auf Kosten der Einfachheit. Fig. 7 stellt einen Querschnitt durch diese Maschine
dar, aus welchem die Hauptanordnung ersichtlich ist. Trommeln T aus Stein oder Kunststein, z.B. deren vier, rotiren
in dem durch die Pfeile angegebenen Sinne. Zwischen diesen Trommeln liegt ein festgestelltes Prisma P
aus gelochtem Blech, welches mit einem Ventilator in Verbindung steht. Das Schälgut
gelangt durch ein Einlaufrohr an das eine Ende des Raumes zwischen Walzen und
Blechprisma und wird durch die Wirkung der Walzen um das Blechprisma herumgeführt.
Der allmähliche Vorschub bezieh. die Weiterbewegung des Schälgutes in der Richtung
der Achsen erfolgt nach der Patentbeschreibung durch Einwirkung eines Schiebers,
welcher, unter der Mündung des Einlaufrohres angebracht, durch seine hin und her
gehende Bewegung ein Vorschieben der Schälgutkörnchen bewirken soll. Der Raum
zwischen Prisma und Trommeln ist nach aussen zu durch stellbare Abschlusstücke a begrenzt, natürlich auch sowohl an der Einlauf- wie
Auslaufseite entsprechend abgeschlossen.
Eine Netzvorrichtung mit selbsthätiger Einstellung der
Spritzöffnung von Stephan Steinmetz in Leipzig-Gohlis
(D. R. P. Nr. 60839) bezweckt, „die abfliessende Wassermenge entsprechend der vor
der Spritzöffnung vorbeifallenden Getreidemenge“ zu regeln. Dieser Zweck ist
dadurch erreicht, dass die Achse der Gossenklappe durch ein Hebelwerk mit dem
Kegelventil der Spritzöffnung so in Verbindung steht, dass bei weiterer Oeffnung der
Klappe bezieh. mächtigerem Getreidestrom auch das Ventil weiter geöffnet ist.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass Odeon Horace Titus
in Wilmington, Nordamerika (D. R. P. Nr. 73277), eine gerippte Schälwalze dadurch
bildet, dass er Winkeleisen auf gerippte Scheiben, welche mit der Achse verkeilt
sind, aufschraubt; während Rudolf Müller in Kiew (D. R.
P. Nr. 70817) statt der Raspelbleche Stahldrahtgewebe herstellt, deren Schuss aus
gleichseitig dreieckigem Draht besteht.
2) Zerkleinerungsmaschinen.
Weizenschneidmaschinen, Walzenstühle, Mahlgänge,
Speisevorrichtungen.
Getreidequerschneidmaschine. Unter der unrichtigen
Benennung „Getreidespaltmaschine“ haben A.
Kühnemann und Joseph Winter in Aschersleben
(D. R. P. Nr. 61939) eine Getreideschneidmaschine patentirt, welche für die
Erzeugung der sogen. Perlgraupen vorarbeiten, d.h. die Gerstenkörner in zwei oder
mehrere kürzere Stücke theilen soll.
Das Princip der Maschine ist folgendes: Das Getreide (Gerste o. dgl.) wird durch ein
Zuführungsrohr centrisch auf eine mit etwa 200 minutlichen Umdrehungen laufende
Scheibe gebracht. Diese Scheibe besitzt auf der oberen Fläche gegen den Aussenrand
radiale Rillen, welche so bemessen sind, dass sich die Körner nur in ihrer
Längsrichtung einlegen können. Damit die Bewegung der Körner nur längs der Rillen
erfolgen kann, verhindert ein fixer, darüber befindlicher Bürstenring das Ausfliegen
über die Rillenseitenwände.
Indem nun die Körner gezwungen sind, in den radialen Rillen sich nach auswärts zu
schieben, werden sie schliesslich mit einem Theile ihrer Länge noch in der Rille
liegen, mit dem restlichen Theile aber über die Scheibe vorragen, um endlich
auszufliegen. Bevor das Ausfliegen der ganzen Körner erfolgen kann, stossen sie an
Messer, welche das Querschneiden bewirken.
Textabbildung Bd. 296, S. 161
Fig. 8.Weizenspaltmaschine von Kraus.
Die Messer sind in einen die Scheibe umschliessenden Ring eingesetzt und durch einen
Deckring gehalten. Ihr Abstand von der rotirenden Scheibe lässt sich nach der
beabsichtigten Grösse der Theilstücke verändern.
Eine Weizenspaltmaschine, mit Walzen arbeitend,
bestimmt, der Länge der Falte oder des Einschnittes nach zu spalten, stammt aus der
Maschinenfabrik von Ferdinand Kraus in Neuss a. Rh. (D.
R. P. Nr. 60148). Fig. 8 zeigt die Anordnung. A und B sind geriffelte
Hartgusswalzen, C und D sind Walzen aus
elastischem Material (Kautschuk, Tuch o. dgl.), bestimmt, die Körner in die Riffel
zu streifen, so dass sie der Länge nach in denselben liegen und darüber etwas
vorragen; die rascher bewegte Walze A kann sie spalten
(der Länge nach theilen).
Die interessanteste Neuerung in der Gruppe der Zerkleinerungsmaschinen für
Müllereizwecke ist der Walzenstuhl mit nachgiebig mit
einander verbundenen Lagerarmen von Jos. Lewis Willford
in Minneapolis, Minnesota (D. R. P. Nr. 55463). Der Erfinder bezweckt mit seiner
Neuerung eine genauere Einstellung der Walzen, unter Beseitigung jener
Ungenauigkeiten der Einstellung, welche von dem Spiele in den Achsenlagern der die
beweglich gelagerte Walze tragenden Hebel herrühren.
Textabbildung Bd. 296, S. 162
Walzenstuhl von Willford.
Der Erfinder bezeichnet das erwähnte Spiel in den Hebelachsenlagern als „verlorene
Bewegung“, eine etwas sonderbare, irreführende Benennung.
Aus Fig. 9 bis 12 ist zu ersehen, dass
die Walzen I II in den Armen A1 und A2 ruhen, welche mit einander durch eine federnde,
kräftige Schiene s verbunden sind. Dieselbe Anordnung
ist natürlich auch auf der Rückseite zu denken, so dass I und II je in zwei Armen A1A1 und A2A2 ruhen. Diese Arme
sind in verschiedener Weise gestützt. Der Arm A1 liegt mit einer kurzen Rippe in entsprechender
Nuth der Stütze a und unten mit der Schiene s auf dem Blocke b; der
Arm A2 ruht gleichfalls
mit s auf dem Blocke b,
liegt aber andererseits oben mittels eines verstellbaren cylindrischen Stückes c an dem Excenter e an
(Fig. 10).
Beide durch die Federschiene s verbundenen Arme sind
durch s und die Schraube x
mit dem Blocke b verbunden und zugleich der Wirkung der
Feder F ausgesetzt, durch welche die Arme gegen ihre
Stützen a, b und e
gedrückt werden.
Bei dieser Stützung ist die Walze II, bezieh. ihre
beiden Arme A2, als festgestellt (unbeweglich) zu betrachten; während
die Walze I und ihre Arme A1 insofern beweglich ist bezieh. sind,
als bei einem sehr bedeutenden Walzendrucke A1 sich um die Stütze a
etwas drehen kann, bei welcher Drehung das untere Ende von A1 aufsteigt, hierbei den Federdruck von
s und F
überwindend.
Zum Zwecke des Wagerechtstellens der Walzen ist der Block b mittels Schrauben, welche an dem Fortsatze des Gestelles g ihre Stütze finden, etwas verschiebbar. Um diese
Verschiebbarkeit zu ermöglichen, passirt die Schraube x
in g ein Langloch, wie dies auch in Fig. 9 angedeutet
ist.
Wird der Block b gegen links geschoben, so muss A1 an a aufsteigen, zugleich A2 an e etwas
sinken, hierdurch steigt Walze I und sinkt II, und zwar auf der vorderen Seite des Walzenstuhles.
Durch Verschieben des auf der Rückseite des Walzenstuhles befindlichen gleichen
Blockes gegen rechts sinkt Walze I und steigt Walze II auf der Rückseite. Durch entsprechende Verschiebung
der Blöcke b auf beiden Maschinenseiten ist daher
Wagerechtstellung leicht möglich.
Durch Drehung der Achse des Excenters e werden Arm A2 und Walze II gegen Walze I genähert
oder entfernt, je nach der Drehungsrichtung. Aber auch durch Drehen des Handrades
B kann auf die Stellung der Walzen eingewirkt
werden, denn die frei durch den Kopf des Armes A1 gehende Stange Z
trägt am Ende ein Gewinde, mit welchem sie sich in ein Muttergewinde des Kopfes von
A2 einschraubt und
hierbei das Stück c verstellt, wie dies durch Fig. 10 noch deutlicher
wird. Die beigegebenen Detailfiguren (Fig. 10 bis 12), deren Theile mit
denselben Buchstaben bezeichnet sind, welche früher für die gleichen Theile benutzt
wurden, dürften das Verständniss erleichtern, wenn sie auch gleich den Zeichnungen
der Patentbeschreibung einiges zu wünschen übrig lassen.
Es lässt sich nicht verkennen, dass die vorliegende Erfindung Vortheile bietet. Als
ein constructiver Uebelstand muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Federschiene
s durchlocht ist, um der Schraube x den Durchgang zu gestatten. Es brechen Federn
erfahrungsgemäss an solchen Stellen sehr leicht, und wäre daher eine solche
Gestaltsänderung der Schraube x angezeigt, dass sie die
Federschiene beiderseits umgreift, statt durchdringt.
Das in Fig. 10
gezeichnete Excenter e ist ein Doppelexcenter, da der
Walzenstuhl als zweipaariger gedacht ist.
Textabbildung Bd. 296, S. 162
Walzenstuhl von Häffner.
Walzenstuhl mit Ventilation. Jacob Häffner in Hof i. B.
(D. R. P. Nr. 69526) setzt in das Innere des Walzenstuhles ein mit Filtertuch F überspanntes Gerippe G
(Fig. 13 und 14), welches in langsame
Drehung versetzt wird. In das Filtergerippe G sind zwei
festliegende Rohre RR1
gelegt, in welchen die mit Lüftungsschrauben armirte Achse A kreist. Bei x befindet sich ein Abklopfer.
Der Patentanspruch betrifft die symmetrisch zur Mittelachse angeordneten
Lüftungsschrauben.
Joh. Gottlieb Zeidler in Görlitz patentirte unter D. R.
P. Nr. 73265 Mahlscheiben mit aus Schneidschienen
hergestellter Mahlbahn. Die Schneidschienen sind aus Stahlblech, hochkantig
neben einander
in den Mahlkranz der oberen und unteren Scheibe eingesetzt, und zwar Schiene an
Schiene. Dieselben sind verschieden hoch, so dass die Mahlbahn Stufen aufweist,
deren rechtwinkelige Kanten schneidend auf das Mahlgut wirken. Entsprechende
Krümmung der Schienen befördert das Ausstreifen des Mahlgutes.
Speisevorrichtungen. Die vorliegenden,
Speisevorrichtungen betreffenden Patente sind zwar mit Rücksicht auf Bekanntes von
keinem besonderen Belang, aber immerhin erwähnenswerth.
Textabbildung Bd. 296, S. 163
Fig. 15.
K. J. Neuenfeld in Landsberg a. d. W. (D. R. P. Nr.
55794) hat sich die Aufgabe gestellt, für Windmühlen eine Speisevorrichtung zu
construiren, welche bei plötzlichem bedeutendem Nachlassen des Windes die Speisung
ganz einstellt. Er treibt zu diesem Zwecke die Speisewalze durch die
Frictionsscheiben ff1
(Fig. 16) an, macht die Stellung der
Frictionsscheibe f von einem Schwungkugelregler R abhängig und schrägt die Scheibe f1 so ab, dass, wenn
bei sinkender Geschwindigkeit die Regulatorkugeln und dadurch f sinkt, keine Berührung zwischen f und f1 stattfindet, daher auch die an der Achse von f1 sitzende Speisewalze
w ausser Wirkung tritt.
Textabbildung Bd. 296, S. 163
Fig. 16.Neuenfeld's Speisevorrichtung.
Die Firma Adolf Bühler, Maschinenfabrik in Uzwil,
Schweiz (D. R. P. Nr. 64048), und Schmid und Weyermann
in Barcelona (D. R. P. Nr. 67692) liessen sich Speisevorrichtungen patentiren,
welche die Speisung erhöhen, wenn mehr Mahlgut in der Gosse sich befindet, dieselbe
vermindern, wenn weniger Mahlgut vorhanden.
Textabbildung Bd. 296, S. 163
Fig. 17.Speisevorrichtung von Bühler.
Innerhalb gewisser, bescheidener Grenzen mag eine solche Regelung ohne ungünstige
Beeinflussung des Productes wohl möglich sein; für richtig geführte Hochmüllerei mit
genügender Aufsicht halten wir sie weder für erforderlich, noch für empfehlenswerth;
anders stellt sich die Sache allerdings bei der sogen. automatischen Müllerei, bei
welcher die Aufsicht auf ein Minimum beschränkt ist und die Qualität der Producte
gegen Quantität und Billigkeit mehr zurücktritt.
Bei der Speisevorrichtung von Bühler hängt ein
Gefäss A (Fig. 17) an
den kurzen Armen zweier Hebel H, getragen durch
Gegengewichte G. Nimmt die Füllung zu, so sinkt A und die Mahlgutbewegung im Sinne des Pfeiles wächst.
A erhält von der Excenterwelle e Schwingungen, welche den Auslauf des Mahlgutes
veranlassen. Damit die Bewegung von A langsam erfolge,
ist mit dem Hebel H eine Flüssigkeitsbremse B verbunden.
Bei der Construction von Schmid und Weyermann ist eine
Klappe mit einem Gewichtshebel so verbunden, dass bei stärkerer Füllung diese Klappe
etwas weiter von der schiefen Ebene eines Rüttelschuhes abgehoben wird, wodurch mehr
Mahlgut austritt.
Bei der Speisevorrichtung von Friedr. Sperling in Berlin
(D. R. P. Nr. 65636) stösst der Rüttelschuh mittels Federdruck gegen einen Zwei-
oder Vielschlag. Die Feder, eine Schraubenfeder, ist auf einen Bolzen gesteckt,
welcher, wenn zurückgeschoben, die Feder mit verschiebt, sie ausser Spannung setzt
und zugleich den Rüttelschuh vom Vielschlag zurückdrückt, so dass ersterer keine
Stösse mehr empfängt. Bei abgestellter Speisung ist daher die Feder ausser Spannung.
Diese Abstellung erfolgt selbsthätig dadurch, dass, wenn kein Mahlgut die Gosse
füllt, eine Klappe durch Wirkung eines Gewichtes sich in gehobener Lage befindet.
Die Hebung der Klappe bezieh. die Drehung der Klappenachse vermittelt die
Verschiebung des vorerwähnten, die Ausrückung des Schuhes bewirkenden Bolzens.
Um das Verlegen der Speisevorrichtung, welches bei blätterigem, feuchtem Mahlgute
leicht eintritt, zu verhindern, führt Aug. Mebert und
Bernh. Gerber in Augsburg (D. R. P. Nr. 69298)
zwischen Speisewalze und Schuber einen „Räumer“ (ein abgebogenes
Blechstreifchen) hin und her. Diese Hin- und Herbewegung des Räumers wird durch eine
Schraube mit rechtem und linkem Gewinde (ähnlich der Bewegung von Schleifscheiben
bei den Krempelschleifvorrichtungen) erzielt.
Zum Schlusse dieses Theiles sei auf eine grössere, sehr sachgemässe Abhandlung über
Eigenschaften der Walzenstühle hingewiesen, welche
Ingenieur A. RoederIngenieur der Firma Gebr. Böhmer in
Magdeburg. in der Zeitschrift Der Müller, Berlin, 1893 Nr. 14 bis 20, veröffentlichte und in welcher er
insbesondere über Walzenstellung, Speisung, Abstellung und Ausrückung sehr
beachtenswerthe Mittheilungen macht.
(Schluss folgt.)