Titel: | Elektrolytische Kupferraffinirung in Nordamerika. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 285 |
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Elektrolytische Kupferraffinirung in
Nordamerika.Aus einem Reisebericht
von Erik Sederholm (Teknisk
Tidskrift, Afdelu. för kemisch Metallurgi, 1895
1.)
Elektrolytische Kupferraffinirung in Nordamerika.
Zur Zeit der Chicago-Ausstellung gab es in Nordamerika neun grössere
Kupferraffinerien in Betrieb, eine zehnte, bei Salt Lake City, Utah, war im Bau
begriffen; drei der ersteren: Chicago Copper Refining Co.,
Anaçanda Mining Co., Anaçanda, Mont., und Boston
and Montana Copper et Silver Mining Co., Great Falls, Mont., hat Sederholm besucht, bei der letzteren sogar 5 Monate
lang als Beamter fungirt.
Direct aus Erzen oder aus Rohstein raffinirt man in Nordamerika Kupfer nicht: nur
„Converter Kupfer“ mit 98 bis 99,3 Proc. oder „Blister Kupfer“ mit
99,5 Proc. Kupfer.
Man elektrolysirt Kupfer, indem man Anoden aus dem zu behandelnden Kupfer in eine
schwefelsaure Lösung von Kupfervitriol einführt, und Kathoden aus dünnem
Kupferblech. Wird ein elektrischer Strom durch die Lösung geleitet, so spaltet sich
das Kupfersulfat in derselben, es fällt reines Kupfer aus auf der Kathode, während
Schwefelsäure und Sauerstoff bei der Anode frei werden, eine äquivalente Menge
Kupfer daselbst lösen und damit aufs Neue Kupfersulfat nach folgender Gleichung
bilden:
1) CuSO4 × H2O = Cu + H2SO4 + O
2) Cu + H2SO4 × O = CuSO4.
Wenn man somit dafür sorgt, dass, indem man die Lösung der angewendeten Stromdichte
entsprechend sauer hält, die Reaction gleich rasch an Anode und Kathode vor sich
geht (was in der Praxis grosse Aufmerksamkeit bedingt), so hält sich die
Zusammensetzung des Elektrolyts unverändert; Reinheit des Anodenkupfers
vorausgesetzt, kann dasselbe beliebig lange Zeit benutzt werden und würde, weil die
Schlussproducte die gleichen sind wie die anfänglich erzielten, theoretisch auch
kein Stromverbrauch erfordert werden. Die mit dem Kupfer vergesellschafteten fremden
Metalle – Gold, Silber, Arsenik, Antimon, Selen, Tellur, Wismuth, Eisen, Zink und
Nickel – fallen hierbei theils als Schlamm zu Boden, theils gehen sie in die Lösung
über, bei aufmerksamer Leitung der Elektrolyse aber gehen sie nur in Spuren zur
Kathode.
Die edlen Metalle – Gold und Silber – finden sich vollständig im Anodenschlamm (nur
bei sehr grosser Stromdichte kann Silber unter bestimmten Umständen in geringer
Menge zur Kathode übergehen) und darauf gerade beruht der ökonomische Fortschritt
der elektrolytischen Raffinirung, dass es keine andere passendere Methode zur
Abscheidung kleiner Mengen von Gold und Silber vom Kupfer gibt.
Die amerikanischen Kupfererze sind in der Regel silberund oft auch goldhaltig; der
Gehalt an Silber schwankt zwischen 750 und 4500 g in der Tonne und zuweilen ist er
noch grösser. Durch elektrolytische Raffinirung wird die Qualität des Kupfers eine
um so viel bessere, dass der dafür erzielte höhere Preis die Kosten des Verfahrens
ungefähr mit deckt und das im Schlamm gewonnene Gold und Silber als Gewinn durch
dasselbe zu betrachten ist. Während der letzten Jahre sind die Verhältnisse in Folge
der gemehrten Concurrenz beim Einkaufe des Rohkupfers andere geworden – das darin
enthaltene Gold und Silber muss besonders bezahlt werden.
Die chemische Reaction consumirt, wie gesagt, keine Energie; die Energie, welche
verbraucht wird, wird verbraucht bei Ueberwindung des elektrischen
Leitungswiderstandes bei den Leitungen und beim Bad, und ausserdem (bei Anwendung
raffinirten Kupfers zur Anode nur unwesentlich) bei Ueberwindung der
gegenelektromotorischen Kraft einiger das Kupfer verunreinigenden Stoffe.
Den aus dem Widerstände des Bades resultirenden Energie Verlust sucht man zu
ermässigen, indem man dem Elektrolyt grösstmögliches Leitungsvermögen gibt und die
Elektroden einander nach Möglichkeit nähert; dadurch erreicht man gleichzeitig eine
Verkleinerung der Lösungsmenge und des Volums der Gefässe; letzteres ist von
Bedeutung wegen des grossen Kapitals, welches in der Kupferlösung und in der
Bleiauskleidung der Gefässe angelegt werden muss. Bei Great Falls hat man damit
recht gute Resultate erreicht.
Durch Vergrösserung der Querschnittsfläche der metallischen Leiter und der
Flüssigkeitssäule im Bade, die der Strom durchdringen muss, was gleichbedeutend mit
einer Minderung der Stromdichte wäre, setzt man allerdings den Energieverlust, nach
dem Gewichte des erzeugten Kupfers berechnet, herab, man vergrössert aber
andererseits dadurch das Gewicht des Kupfers in den Leitungen, vermehrt das in
Bearbeitung stehende Kupfer und vergrössert das Volum der Lösung, alles im
Verhältniss zur Menge der Tagesherstellung raffinirten Kupfers. Hierdurch bedingt
sich für ein bestimmtes Werk eine bestimmte Stromdichte allezeit als ökonomisch
vortheilhaftest je nach den Kosten der Elektricität, der Arbeit am Platze und der
Verzinsung des Anlagekapitals. Der Nachtheil aus der Ueberschreitung einer gewissen
Grenze der Strom dichte resultirt aus der Neigung des Arseniks, des Antimons und des Silbers,
bei hoher Stromdichte in zu grosser Menge an die Kathode überzugehen, wodurch das
gefällte Kathodenkupfer leicht spröd und schwammig wird, so dass es aus einander
fällt und die Platten unverpackt nicht zur Versendung kommen können, nachdem sie aus
dem Bade genommen worden, vielmehr vorerst umgeschmolzen oder verpackt werden
müssen, wodurch bei den theuren Löhnen in Amerika die Waare wesentlich vertheuert
wird. Bei hoher Stromdichte entstehen ausserdem leicht Auswachsungen oder
Efflorescenzen auf den Kathodenplatten, die rasch sich vergrössern und bald
Kurzschlüsse bilden, wonach nur erübrigt, die Platten aus dem Bade herauszunehmen
und dieselben abzumeisseln.
Es wird öfter behauptet, dass die Sprödigkeit bei hoher Stromdichte ausgefällten
elektrolytischen Kupfers auf seinen grösseren Gehalt an Arsenik, Antimon und Wismuth
zurückzuführen sei – nach Analysen, welche der Berichterstatter auszuführen
Gelegenheit hatte, trifft dies wenigstens nicht immer zu. Solches Kupfer erwies sich
oftmals als vollkommen rein; seine Sprödigkeit dürfte wohl aus rein physikalischen
Umständen resultiren, unter denen neben Kupfer unter gewissen Bedingungen an der
Kathode Wasserstoffgas sich bildet; diese Bildung tritt natürlich bei hoher
Stromdichte in grösserem Maasse ein, weil die Vitriolschicht zunächst der Kathode
rascher zerlegt wird, als sich neue Lösung dahin diffundiren kann, und bei Mangel an
Kupfersulfat die freie Schwefelsäure schneller sich zerlegt.
Die Bedingungen für Erzeugung erstklassiger Waare bei hoher Stromdichte sind:
1) Man muss für eine gute Circulation sorgen und so schnell als möglich die
kupferarme Lösung von der Kathode fortschaffen.
2) Um den Uebergang von Arsenik, Antimon und Wismuth, die das Leitungsvermögen am
stärksten herabsetzen, zur Kathode möglichst zu beschränken, ist der Elektrolyt
einigermaassen rein davon zu halten; der Eisengehalt des Elektrolyts kann dagegen
ziemlich bedeutend sein.
3) Um das Leitungsvermögen der Lösung und die Diffusion möglichst zu begünstigen,
muss dieselbe warm gehalten werden.
4) Da die Gegenwart freier Säure dem Uebergange fremder Metalle an die Kathode
entgegenwirkt, so muss eine gewisse Menge derselben jederzeit vorhanden sein, um so
mehr, je höher die Stromdichte. Dieser Gehalt an Säure ist auch nothwendig, weil es
sich ergibt, dass die Menge Säure, welche durch die Reaction frei wird, bei der
Anode nicht schnell genug die ihr äquivalente Menge Kupfer löst; wäre die Lösung
neutral, so würde ihr Kupfergehalt schnell sinken.
5) Die Elektroden müssen rein gehalten werden, sie sind deshalb von Zeit zu Zeit
aufzunehmen und der auf ihnen abgesetzte Anodenschlamm ist davon zu entfernen;
hauptsächlich sind Silber und basische Salze von Arsenik, Antimon und Wismuth
abzuspülen, geschieht dies nicht, so gehen sie in zu grosser Menge in die Lösung
über und verunreinigen dieselbe.
6) Das Bad muss so angeordnet sein, dass der von den Anoden losgelöste Schlamm
möglichst schnell aus dem Stromkreise entfernt werden kann; ist die Lösung trüb,
so setzen sich die aufgerührten kleinsten Theilchen ganz mechanisch auf der
Kathode fest.
Die Anordnung des Bades.
Das Bad ist enthalten in parallelepipedischen oder mit halbrunden Böden versehenen
Holzbehältern, die mit Asphaltfirniss, Steinkohlentheer, Paraffin oder ähnlichen
Stoffen gut durchtränkt und gewöhnlich innen mit zusammengelötheten Bleiplatten
ausgekleidet sind. Neuerdings hat man versucht, das theure Bleifutter wegzulassen,
und verwendet bei einigen Werken nur noch mit Theer durchtränkte Holzkästen aus
zusammengespundeten Bohlen. Das zuletzt angelegte und sehr gut ausgerüstete Werk an
den Great Falls benutzt nur bleigefütterte Gefässe, weil nur solche durchaus gegen
Leckage sichern und geringere Reparaturkosten veranlassen; bei Salt Lake City stehen
nur ungefütterte Holzkästen in Gebrauch.
Die Gefässe sind am Boden mit durch Hahn verschlossenen Ablaufrohren versehen zum
Ablassen des Schlammes; an einem Ende derselben ist ausserdem ein Ueberlaufrohr
angebracht zum Abzapfen der erschöpften Lösung in einen für alle Gefässe gemeinsamen
Behälter. Neue Lösung wird von oben durch ein anderes Rohr am anderen Ende
zugeführt. Die untere Kante der Elektrodenplatten liegt 30 bis 60 cm über dem Boden
des Gefässes, so dass genügender Raum für den Anodenschlamm vorhanden ist und
dasselbe nicht zu oft geräumt werden muss. Man wendet bei den besuchten Werken das
Multipelsystem bei der Anordnung der Elektroden an, dasselbe, wenn auch in den
Details in etwa verändert, welches Marchesi
ursprünglich anwendete.
Alle Anoden und Kathoden in einem Bade sind unter einander parallel geschaltet und
hängen senkrecht ins Bad hinab; die Bäder dagegen sind seriengeschaltet, so dass der
Strom von den Kathoden des einen Bades zu der Anode des nächsten geleitet wird
u.s.f. Längs des Bades Langseiten liegen zwei Stück Kupferschienen mit rectangulärem
Querschnitt, eine auf jeder Seite des Bades; auf diesen Kupfer schienen ruhen die
Elektroden. Die Anoden sind zu diesem Zweck mit einem Ausbug versehen. Die Kathoden
bestehen aus dünnen Blechen aus elektrolytischem Kupfer, die um runde Kupferstangen
gebogen sind und von diesen getragen werden. Auf des Bades einer Seite ruht die
Anode direct auf der Kupferschiene, auf der anderen ist ein Holzklotz als Unterlage
auf der Schiene angebracht und isolirt dieselbe davon; die Kathode dagegen ist von
der Schiene durch einen Holzklotz ganz isolirt, mit der die Anode in Contact steht,
und ruht direct auf der anderen.
Für die Bäder ist eine schematische Anordnung zweckmässig, welche gestattet, alle
Theile leicht zu erreichen. Längs der Gefässe laufen Metallschienen, welche als
Stromleiter dienen; dieselben sind bei jedem zweiten Gefässe unterbrochen und es
hängt auf ihnen eine Anzahl Kathoden und Anoden (von jeder Sorte etwa 20 für das
einzelne Gefäss). Neue Lösung wird den Gefässen aus einem gemeinsamen Reservoir
zugeführt durch ein Rohr für je vier Gefässe. Am entgegengesetzten Ende des Gefässes
ist ein Ueberlaufrohr angebracht, durch welches die erschöpfte Lösung nach einer im
Fussboden angebrachten Rinne und ans dieser in ein gemeinschaftliches Reservoir
abläuft, um in diesem aufs Neue ihren nöthigen Gehalt an Schwefelsäure und Vitriol zugesetzt zu
erhalten. Stand dieselbe schon zu lange Zeit in Benutzung und steigerte sich während
dem ihr Gehalt an Eisen, Wismuth und Antimon zu sehr, so wird aus ihr das Kupfer in
besonderen Behältern elektrolytisch gefällt oder mit Eisen, und das alsdann sehr
unreine Kupfer wird auf trockenem Wege raffinirt und zu Anodenplatten vergossen.
Die Chicago Copper Refining Co. verarbeitet die
Abfallauge durch Eindunstung zu Kupfervitriol – Kupfersulfat und arsenige Säure
krystallisiren dabei gleichzeitig aus, letztere in Form von gelbrothen Krystallen;
die Krystallmasse wird sodann mit warmem Wasser behandelt, worin das Sulfat sich
löst, die arsenige Säure aber ungelöst bleibt und so in den Handel gebracht wird.
Eine solche Anordnung des Bades hat bei Great Falls statt. Bei einem anderen Werke
ist dasselbe in zwei parallelen Keinen angeordnet mit Ablaufvorrichtung für die
erschöpfte Lösung bei jedem Behälter. Bei einem dritten Werke passirt die Lösung
durch drei Behälter, bevor sie nach dem Reinigungsraume gelangt; dabei stehen die
Gefässe ungleich hoch und sind mit Siphons versehen, so dass die Lösung durch
eigenen Druck von einem zum anderen rinnt, wobei ein Höhenunterschied von 2 bis 4 cm
zur Unterhaltung der Circulation genügt. Vom letzten Behälter gelangt sie endlich
auf vorher beschriebene Weise nach dem Reinigungsraume. Von da aus wird die Lösung
auf die eine oder andere Weise nach erfolgter Reinigung in ein unter dem Dache
stehendes Reservoir gepumpt, um aufs Neue den Lauf durch die Behälter anzutreten und
ihres Kupfers auf elektrolytischem Wege entledigt zu werden. Ersichtlich ist es am
besten, frische Lösung in jedes Bad laufen zu lassen, im anderen Falle wird
natürlich die Zusammensetzung im ersten und letzten Behälter stets eine verschiedene
sein und ungleichmässigeres Product liefern.
Die zur Erzeugung der Elektricität angewendeten Dynamos zeigen keine besonderen
Eigenthümlichkeiten; es sind die gewöhnlich für Beleuchtung angewendeten und alle
möglichen Typen darunter vertreten. Bei grösseren Anlagen wendet man meist einen
„Special-Exciter“ an, einen besonderen kleinen Motor zur Magnetisirung
der Elektromagnete, man erhält dadurch einen constanteren Strom. Die anzuwendende
Spannung hängt selbstverständlich davon ab, wie viele Bäder man in einer Reihe
aufstellt; bei den neueren Anlagen hat man die Anzahl derselben in einer Reihe immer
mehr vergrössert, um die relative Kupfermenge in den Leitungen zu mindern. Die
älteren Anlagen führen Maschinen für Spannungen von 6 bis 30, die neueren für solche
von 100 bis 200 Volt. Bei Great Falls z.B. sind vier vierpolige Maschinen (System
Thomson-Houston) vorhanden, jede für 1000 Ampère
und 200 Volt, daneben zwei kleine Dynamo zur Magnetisirung; die Anzahl der Bäder ist
288. Die Spannung im Bade kann durch Aenderung der Totalspannung bei der Maschine
geändert werden, aber auch für das einzelne Bad durch Näherung bezieh. Entfernung
der Elektroden unter sich, dies erfolgt bei der beschriebenen Anordnung mit
Kupferschienen längs des Bades sehr bequem. Bei reiner Lösung kann man die Spannung
im Bade und die Stromdichte hoch halten und doch ein erstklassiges Product erzeugen;
bei unreiner Lösung dagegen muss die Stromdichte vermindert werden, damit mit dem
Kupfer zusammen nicht fremde Metalle gefällt werden.
Die amerikanischen Werke wenden in der Regel höhere Stromdichte an, als in der
Litteratur angegeben wird, dieselbe mag zwischen 70 und 150 Ampère wechseln.
Ausser dem eben beschriebenen Multipelsysteme werden in Amerika noch drei andere
Systeme angewendet: das von Stalmann, Smith und Hayden, von denen jedoch der Berichterstatter keines
sah, wo es in Verwendung stand.
Während beim Multipelsysteme die Anoden innerhalb desselben Bades parallel angeordnet
sind, stehen sie bei den übrigen Systemen in Reihen, so dass die Pole der Dynamo nur
mit der ersten und letzten Platte in jedem Bade in metallischem Contact sich
befinden, während die übrigen zugleich als Anoden und Kathoden dienen. Die Platten
werden aus demselben Kupfer hergestellt, welches raffinirt werden soll; die
Kathodseite wird mit Graphit überzogen oder es wird nach Stalmann eine Anodplatte mit einer Platte aus bereits elektrisch
raffinirtem Kupfer zusammengenietet. Wenn der Strom das Bad passirt, wird auf der
Kathodseite aus der Lösung reines Kupfer ausgefällt, während auf der Anodseite eine
äquivalente Menge Kupfer gelöst wird. Unter einander unterscheiden sich diese
Systeme dadurch, dass bei dem von Hayden und Stalmann die Platten senkrecht hängen, während sie beim
Smith'schen wagerecht angeordnet sind mit
Diaphragmen zum Auffangen des Schlammes. Hayden's und
Stalmann's Systeme unterscheiden sich darin, dass
ersterer auf einer Seite graphitirte Platten anwendet, der letztere Platten aus
Anodkupfer, zusammengenietet mit dünnen Kathodplatten aus elektrolytisch raffinirtem
Kupfer, die in derselben Art hergestellt sind wie die nachher zu beschreibenden des
Multipelsystems. Hayden giesst ausserdem seine Anoden
nicht, sondern walzt sie aus raffinirtem Kupfer, er erhält sie dadurch dünner – etwa
8 mm dick –, auch wird das gewalzte Kupfer gleichmässiger zerfressen, so dass man
die unter Arbeit stehende Kupfermenge bedeutend verkleinern kann.
Smith's System dürfte nur allein bei seinem eigenen
Werke in Ansonia, Con., in Anwendung stehen, Hayden's
dagegen wird recht vielfach angewendet, unter anderen bei den grossen Raffinerien in
Baltimore und Bridgeport.
Die Herstellung der Elektroden.
Die beim Multipelsystem verwendeten Anoden sind 2,5 bis 3 mm dick und werden vom
Raffinirofen oder auch vom Converter aus direct gegossen. In letzterem Falle
verfährt man nach Thoferus und legt die Formen in eine
Reihe auf Wagen, die nach einander unter den Converter geschoben werden. Man erspart
allerdings dabei an Arbeit, indem man den Raffinirprocess umgeht, andererseits aber
verliert man durch das Giessen der Anoden vom Converter aus dadurch, dass dieselben
spröder und wesentlich ungleicher ausfallen, beim Elektrolysiren ungleich
angegriffen werden, so dass grosse Kupferstücke abfallen, in den Schlamm gerathen,
den Gang der Elektrolyse verschlechtern und unreineres Kupfer liefern. Dabei wird
auch die Production, auf die Pferdekraft berechnet, geringer, der Elektrolyt wird
schneller verunreinigt und muss in kürzerer Zeit erneuert werden, so dass jene
Ersparung an Arbeit ziemlich imaginär wird.
Die Kathoden werden aus Blech von reinem Kupfer gefertigt. Gewalzte Bleche wurden bei
keiner der besuchten Raffinerien dazu verwendet; man verfuhr bei der Herstellung der
Kathodenbleche vielmehr wie folgt: Eine Kupferplatte wurde mit Paraffin überzogen
und die Paraffinhaut mit Graphit überstrichen, so dass ein leitender Ueberzug
entstand. Man setzte dieselbe alsdann in ein Bad von besonderer Zusammensetzung ein
und verband sie mit dem negativen Pole; beim Durchgange des Stromes wird auf dem
Graphitüberzuge eine Kupferhaut ausgefüllt. Ist die Kupferschicht dick genug
geworden, so schält man sie ab, biegt sie um die früher erwähnte Kupferstange und
hängt sie als Kathode in das Bad.
Die Stromdichte soll bei der Herstellung dieser Bleche nicht zu gross sein, wenn
doch, so wird das Kupfer spröd und krystallinisch; bei gut geleiteter Herstellung
sind die Bleche weich, zäh und biegbar, nahezu blank, mit etwas matter Oberfläche,
und das Kupfer schlägt sich auf denselben gleichmässiger nieder als auf den
gewalzten Platten.
Sobald das niederfallende Kupfer die Dicke der Kathoden auf 8 bis 12 mm gebracht hat,
werden dieselben gegen neue ausgewechselt.
Die Anoden werden nur im Nothfalle ausgewechselt; bei solchen aus Converterkupfer
kann man zuweilen nur die Hälfte des Niederschlages ablösen; man läuft sonst Gefahr,
grosse Stücke loszubrechen, welche gegen die Kathoden fallen und Kurzschlüsse
veranlassen können. Bei nach Hayden aus gewalztem
Raffinadkupfer gefertigten Kathoden kann man nahezu den gesammten Niederschlag
ablösen.
Die Lösung.
Der Elektrolyt besteht aus Kupfersulfat und freier Schwefelsäure in ziemlich
wechselnden Verhältnissen nebst einigen anderen Zusätzen, welche jedes Werk geheim
zu halten sucht. Die Verhältnisse sind etwa 150 bis 200 g krystallisirtes
Kupfervitriol und 50 g freie Schwefelsäure per Liter, bei hoher Stromdichte von
beiden mehr. Wie bereits gesagt, ist es von grösstem Gewicht, die Lösung in der
einmal als gut befundenen Zusammensetzung genau zu erhalten; man muss durch oft
wiederholte Analysen sich überzeugen, dass sie keine Veränderung erlitt. Im Uebrigen
geht die Elektrolyse leicht von statten und verursacht wenig Arbeit. Jeden zweiten
Tag werden Anoden und Kathoden herausgenommen; die Anoden werden auf einer unter dem
Dache hängenden Schiene zu einem Bassin geschoben, wo sie abgespült und von
anhängendem Schlamm gereinigt werden, der den Widerstand vergrössert und bei
allmählicher Ablösung die Lösung verunreinigen würde. Die Kathoden werden
nötigenfalls von vorstehenden Kanten befreit, die abgemeisselt werden, und alsdann
ins Bad zurückgebracht. Wenn die Anoden soweit zerfressen sind, dass man Anstand
nimmt, sie ins Bad zurückzubringen, kommen dieselben zum Umschmelzen.
Die Bearbeitung des Anodenschlammes.
Der bei der Elektrolyse gefallene Anodenschlamm enthält alle edlen Metalle; dieselben
auf billigste Weise zu gute zu machen, sind eine Menge von Verfahren vorgeschlagen
und experimentell versucht worden. Der Schlamm enthält: Gold (Platina und
Platinametalle), Silber, Arsenik, Antimon (Zinn hat dagegen im amerikanischen
Anodenschlamm noch nicht nachgewiesen werden können), Wismuth, Kupfer, Blei,
Schwefel, Selen und Tellur.
Die grösseren Werke haben eine ganze Menge von Auslaugungsmethoden versucht, die bei
Erzen angewendet werden: Auslaugung mit Hyposulfit, Cyanid u. dgl. m., alle mit
wenig Erfolg. Wo man auslaugt, behandelt man den Schlamm mit concentrirter
Schwefelsäure in der Wärme und fällt das Silber aus der Lösung, indem man dieselbe
durch granulirtes Kupfer rinnen lässt, worauf die Umsetzung entsprechend der Formel
AgSO4 + Cu = CuSO4 + Ag vor sich geht.
Das auf diese Weise erlangte Cementsilber ist sehr rein; man brennt es in Tiegeln
fein und giesst es in Zaine; es hält 995 ‰ fein Silber. Aber es wird nicht alles
Silber von der Schwefelsäure gelöst, ein Theil desselben – in Form von selensauren
und antimonsauren Salzen – bleibt mit dem Golde ungelöst und muss besonders
behandelt werden. Uebrigens stellt sich diese Methode ziemlich theuer in Folge des
grossen Säureverbrauches, wenn der Schlamm viel Kupfer enthält, wie bei den Anoden
aus Converterkupfer. Nach einem Verfahren von T. Ulke
extrahirt man das Kupfer aus dem Schlamme, indem man denselben nicht direct mit
concentrirter Schwefelsäure, sondern zuerst mit verdünnter warmer Lösung behandelt
und dabei Luft durch die Lösung führt. Das Kupfer löst sich dabei vor dem Silber
entsprechend der Formel
Cu + H2SO4 + O = CuSO4 + H2O.
Das Kupfer kann auf diese Weise vollständig abgetrennt werden, so, dass der
verbleibende Schlammrest bei 90 Proc. Silber hält. Die Kupferlösung erhält man
nahezu so rein, dass dieselbe als Elektrolyt beim Raffiniren verwendbar ist.
Gewöhnlich begnügt man sich bei den Kupferwerken mit Niederschmelzen des Schlammes,
wobei das Kupfer grösstentheils in die Schlacke übergeht, die bei der Beschickung
der Schachtöfen verwendet wird; das dabei fallende Metall hält 60 bis 90 Proc.
Silber und wird in Zaine gegossen, die an die Silberwerke übergehen und mit Blei
abgetrieben werden. Das beim Abtreiben resultirende goldhaltige Silber – „Doré
bouillon“ – wird mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, wobei das Silber
in Lösung geht, das Gold aber ungelöst bleibt. In letzter Zeit hat man angefangen,
dasselbe elektrolytisch zu raffiniren; ein paar grosse Werke – St. Louis Smelting and Refining Co. und ein Werk bei
Pittsburg – wenden das von Moebius erfundene Verfahren
an. Das Silber wird zu Anodplatten vergossen, die ½ Zoll dick sind; dieselben werden
auf Aluminiumdrähten in einem Wasserbade aufgehängt, welches mit 1/10 Proc.
Salpetersäure angesäuert wird; man sagt, dass die Aluminiumdrähte bei der
Elektrolyse nicht im mindesten angegriffen werden. Als Kathode wird zu Blech
ausgewalztes Feinsilber angewendet. Das Silber fällt nicht compact, sondern in
grossen Krystallen, welche Kurzschlüsse veranlassen würden, wenn sie nicht durch ein
automatisches Rührwerk aus Holz abgebrochen werden und zu Boden fallen. Um den
Anodenschlamm aufzusammeln, sind die Anoden mit Leinensäcken umgeben. Das Silber
fällt in einen Holzkasten unter den Elektroden, der mit einem Leinenfilter und
doppeltem Boden versehen ist. Das so erhaltene Silber ist frei von allen Metallen
mit Ausnahme von Kupfer; die Verunreinigung damit ist meist unschädlich, weil das
Silber meist doch damit legirt wird.
Der gesammelte Anodenschlamm wird durch Kochen mit Salpetersäure entsilbert und mit
Borax oder Glas niedergeschmolzen, wobei reines Gold resultirt.
Mit einer Stromstärke von 180 Ampère, einer Polspannung von 100 Volt und 70
Behältern in einer Reihe werden in 24 Stunden 14 k Silber in jedem Behälter
ausgefällt oder zusammen 980 k. Die Stromdichte ist etwa 300 Ampère auf 1 qm.
Das elektrolytische Raffiniren hat neben dem geringen Verbrauch an Chemikalien noch
den Vortheil vor den gewöhnlichen Reinigungsverfahren, dass keinerlei lästige Gase
entwickelt werden, dass es schneller vor sich geht und dass Silberverluste dabei
nicht erlitten werden.
Dr. Leo.