Titel: | Der Elektromotor, verglichen mit dem Gasmotor in Bezug auf die Verwendung im Kleingewerbe. |
Autor: | Aug. Schwabe |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 17 |
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Der Elektromotor, verglichen mit dem Gasmotor in
Bezug auf die Verwendung im Kleingewerbe.
Mit Abbildungen.
Der Elektromotor, verglichen mit dem Gasmotor in Bezug auf die
Verwendung im Kleingewerbe.
Der Elektromotor soll nach den bisweilen etwas zu weit gehenden Empfehlungen mancher
Elektrotechniker das ersehnte Ideal eines allen Anforderungen entsprechenden Motors
für das Kleingewerbe sein.
Wir wollen an der Hand nachstehender Erwägungen – auf möglichst neutralem Boden
stehend – untersuchen, inwieweit die Empfehlung berechtigt ist und inwieweit sie auf
Ueberschätzung beruht; kann doch eine solche Ueberschätzung für Kleinhandwerker eine
recht bittere Enttäuschung bedeuten.
Textabbildung Bd. 297, S. 16
Fig. 1.Körting's Elektromotor.
Der Elektromotor ist zweifellos bestimmt und berufen, den Gasmotor und seine Abarten
zum Theil zu verdrängen; wir müssen daher beide Motoren vergleichend betrachten. –
Der erstere hat den unbestreitbaren Vorzug der niedrigeren Anschaffungskosten. Er
ist einfacher und übersichtlicher im Betriebe, erfordert weniger Reparaturen und
Wartung und ist überaus bequem in Gang zu setzen.
Weiter benöthigt er auch weniger Platz zur Aufstellung als sein Nebenbuhler und
schliesslich eignet sich der Elektromotor wegen seiner hohen Tourenzahl in
hervorragender Weise zum directen Antrieb von schnell laufenden Maschinen, als
wie Schleuderpumpen, Ventilatoren u.s.w., wobei er ohne Verwendung von Riemen oder
Vorgelege direct an die Welle der anzutreibenden Maschine gekuppelt werden kann.
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Fig. 2.Körting's Elektromotor.
Dem Elektromotor steht also unzweifelhaft eine mannigfaltige Anwendung in der Praxis
bevor; aber weit gefehlt wäre es, daraus schliessen zu wollen, dass derselbe nunmehr
allein segenbringend sei.
Die wesentlichste Rolle bei der Beurtheilung der Motoren spielen schliesslich die
Betriebskosten.
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Fig. 3.Körting's Elektromotor mit Pumpe.
Das Stuttgarter Elektricitätswerk verlangt z.B. für den Strom, welcher zum Betriebe
eines 2pferdigen Elektromotors nöthig ist, für die Stunde 38 Pf., wozu noch die
Miethe für den Elektricitätszähler kommt, die jährlich 20 M. beträgt. Ein Gasmotor
der gleichen Leistung aus der Fabrik von Gebr. Körting
in Körtingsdorf bei Hannover benöthigt dagegen stündlich 1,6 cbm Gas zu 16 Pf., d.
i. 25,6 Pf. in der Stunde. Der Gasmesser wird von der Gasanstalt zumeist ohne
Berechnung geliefert und es ist anzunehmen, dass auch der Gaspreis unter dem Drucke
der Verhältnisse etwas sinken dürfte. Betragen doch die Selbstkosten des Gases nur etwa 6 Pf. für 1 cbm.
Dagegen sind allerdings die Kosten für Reparatur, sowie der Betrag für Schmieröl beim
Gasmotor höher als beim Elektromotor.
Die Kosten des Kühlwassers beim Gasmotor können dort nicht in Anrechnung gebracht
werden, wo ein Kühlgefäss Verwendung findet. Auch ist aus praktischen Gründen die Verwendung eines
Kühlapparates dem Anschluss des Motors, an die Wasserleitung stets vorzuziehen.
In der That stellen sich die Gesammtbetriebskosten des Gasmotors unter
Berücksichtigung aller Umstände bislang noch wesentlich billiger als die seines
Concurrenten. Noch günstiger stellt sich aber das Verhältniss für den Gasmotor, wenn
es sich um den Antrieb von Maschinen mit geringer Tourenzahl handelt. In diesem
Falle benöthigt der Elektromotor ein Vorgelege, welches an und für sich unbequem
ist, auch die Anlagekosten unliebsam erhöht und, was das Wesentlichste ist, auf die
Dauer kraftverzehrend in Anrechnung zu bringen ist.
Textabbildung Bd. 297, S. 17
Fig. 4.Körting's Elektromotor.
Vorzugsweise eignet sich jedoch wiederum der Elektromotor, wenn es sich um
Kraftlieferung für eine vorübergehende Arbeitsleistung oder auch um nur geringe
Betriebskräfte, etwa von 1 abwärts, handelt.
Die Abbildungen Fig. 1 bis 4 zeigen die zwei Ausführungsformen des Körting'schen Elektromotors, sowie einige Anwendungsarten desselben. Fig. 1 stellt insofern einen eigenartigen und sehr
glücklich gewählten Typus vor, als der Motor von dem die Polschuhe verbindenden
Eisenkörper in ein schützendes Kugelgehäuse eingehüllt ist, welches diesen Motor
vorzüglich dort angebracht erscheinen lässt, wo eine sorgfältige Wartung und vor dem
Verschmutzen geschützte Aufstellung nicht zu ermöglichen ist. Für interimistischen
Betrieb von Aufzügen, Mörtelmaschinen, Pumpen (Fig.
3) u.s.w., sowie jedoch auch für jeden anderen Dauerbetrieb ist dieser nach
aussen völlig abgeschlossene Typus gut geeignet.
Es erübrigt noch, zu betonen, dass die Inbetriebsetzung des Elektromotors in sehr
einfacher Weise vor sich geht, indem dazu einfach die Bewegung eines Handhebels am
sogen. Anlasswiderstande genügt. Ein Andrehen wie beim Gasmotor ist nicht
erforderlich, da der Elektromotor von selbst anläuft, sobald ihm genügend Strom
zugeführt wird.
Aug. Schwabe, Ingenieur.