Titel: | Zur Controle des Dampfkesselbetriebes. |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 37 |
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Zur Controle des
Dampfkesselbetriebes.
Mit Abbildungen.
Zur Controle des Dampfkesselbetriebes.
In der Zeitschrift des internationalen Verbandes der
Kesselüberwachungsvereine bespricht Oberingenieur C. Haage in Chemnitz die Wichtigkeit eines Verfahrens, welches jederzeit
gestattet, die Aufmerksamkeit des Wärters, und insbesondere die jedesmalige
Brennmaterialaufgabe zu verfolgen, um ein genaues Bild des ganzen
Verbrennungsvorganges zu erhalten. Das der Controle zu Grunde liegende Verfahren
gründet sich auf die stetige Aufzeichnung des Dampfdruckes, die mittels eines
Federmanometers mit Schreibzeug aus der Armaturenfabrik von Dreyer, Rosenkranz und Droop bewirkt wird. Der Verfasser zieht diese Art
der Controle allen bisher angewandten Verfahren vor, da die Bewegungen in der
Dampfspannung abhängig sind von dem Verhältniss der Wärmeentwickelung auf dem Roste
zur Dampfabnahme aus dem Kessel und daher in directem Zusammenhange stehen mit der
Wartung des Feuers. Wird der Kohlenabbrand auf dem Roste dem Dampfverbrauche gut
angepasst, erfolgt die Kohlenaufgabe regelmässig und in kurzen Zeitabschnitten, wird
die Stellung des Schiebers immer nach erforderlicher Lebhaftigkeit des Feuers
geregelt, so wird die Dampfspannung im Kessel nur geringen Schwankungen unterworfen
sein. Die Bewegungen des Dampfdruckes in einem Kessel geben daher ein vorzügliches Bild von
der Güte der Bedienung des Kessels. Die Erzielung von Gleichmässigkeit in der
Dampfspannung erfordert eine regelrechte, sachgemässe Wartung des Feuers, was eben
jeder Dampfkesselbesitzer haben möchte.
Manometer, welche die Spannung des Dampfes fortlaufend auf Papier aufzeichnen, gibt
es schon lange. Wenn dieselben noch nicht die erwünschte Verbreitung gefunden haben,
so liegt dies wohl darin, dass der Werth dieser Instrumente noch nicht genügend
gewürdigt, der Preis derselben hoch und die Empfindlichkeit in den Angaben oft zu
gering war. Der Verfasser hat daher Veranlassung genommen, für die genannten Zwecke
ein Instrument zu erhalten, welches einfach ist, grosse Empfindlichkeit besitzt und
ein grosses Diagramm schreibt. Die Einrichtung dieses Manometers mit
Schreibvorrichtung setzen wir als bekannt voraus.
Der Dampf wirkt auf eine Bourdon-Feder, deren Bewegung mittels Hebelübersetzung auf
einen Zeiger übertragen wird. An dem Ende desselben ist eine Scala angeordnet zum
Ablesen des Dampfdruckes. Hinter der Scala befindet sich zur Aufnahme des
Diagrammpapiers eine Trommel von 90 mm Durchmesser und 120 mm Höhe, welche, mittels
Uhrwerk betrieben, in 24 Stunden eine Umdrehung vollendet. Der Zeiger trägt eine
Schreibvorrichtung, welche das Diagramm aufzeichnet. Letzteres zeigt in wagerechten
Linien die Atmosphären mit Unterabtheilung in ⅓ at an und hat in senkrechter
Richtung die Stundenlinien aufgetragen, so dass für jede Zeit des Tages oder der
Nacht die Dampfspannung aus der Aufzeichnung zu finden ist. Der Apparat ist in einem
staubdichten, leichten eisernen Kasten mit Glasthür untergebracht, welcher mittels
Consoles an einer Wand oder Säule zu befestigen ist. Die Verbindung mit dem Kessel
oder Dampfrohr erfolgt durch Rohr und Verschraubung.
Um das Papier auflegen, das Uhrwerk der 8 Tage gehenden Trommel aufziehen zu können,
ist der Rahmen, auf dem die Trommel sitzt, zum Herausdrehen eingerichtet.
In Nachstehendem sind von Aufzeichnungen dieses Manometers einzelne Abschnitte
wiedergegeben. Der Verlauf der Linien zeigt, dass in denselben jedes Beschicken der
Rostfläche durch einen Zickzack gekennzeichnet wird, weil nach jeder Kohlenaufgabe
eine grössere Wärme- und damit Dampfentwickelung eintritt. Das Diagramm gibt daher
an, wie oft der Heizer die Bedienung der Rostfläche durchführte. Die Speisung des
Kessels markirt sich ebenfalls durch einen grösseren Zickzack, besonders wenn zu
viel Wasser auf einmal in den Kessel eingeführt wird. Nr.
1 ist von einer Anlage, in welcher der erzeugte Dampf nur für
Maschinenbetrieb verwendet wurde und der Dampfverbrauch sehr gleichmässig war, nur
dass von 4 Uhr ab die Einhaltung einer höheren Dampfspannung wegen Einrücken der
Dynamomaschine erforderlich wurde. Das Diagramm lässt erkennen, wie schlecht der
Heizer seinen Dienst versah. Der Rost wurde zu selten, alle Viertelstunden mit
Kohlen beschickt, der Schieber nicht gehandhabt. Die Nutzwirkung der Anlage konnte
trotz massiger Inanspruchnahme des Kessels unter diesen Umständen keine
befriedigende sein.
Nr. 2 und 3, welche in
einer Anlage mit ebenfalls gleichmässigem Dampfverbrauch erhalten wurden, geben
schon das Bild einer besseren Kessel Wartung als bei Nr.
1. Die Kohlenaufgabe erfolgte 8mal in der Stunde. Die Bedienung war
bei Nr. 3 schon viel sorgfältiger als bei 2.
Das Diagramm Nr. 4 ist einer Anlage mit
unregelmässigem Dampfverbrauche, aber mehreren Kesseln entnommen. Die Anlage wird
gut überwacht.
Das Manometer mit Schreib Vorrichtung gibt durch seine Aufzeichnungen vollständigen
Aufschluss über die Bedienung des Feuers und des Schiebers von Seiten des Heizers,
über das An- und Abfeuern, sowie über die Vorgänge im Kessel während der Nacht.
Textabbildung Bd. 297, S. 38
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 297, S. 38
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 297, S. 38
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 297, S. 38
Fig. 4.
Die Einhaltung gleichmässiger Dampfspannung ist aber auch bei der Verwendung des Dampfes von Werth und von vortheilhaftem
Einfluss, ganz besonders bei Dampfmaschinenbetrieb. Der Gang der Dampfmaschine wird
gleichmässiger, der Verbrauch von Dampf am niedrigsten, wenn der letztere immer in
der für die Verhältnisse vortheilhaftesten Spannung erhalten wird.
Das Manometer mit Schreibvorrichtung ist daher für den Dampfbetrieb ein sehr
werthvoller Apparat, dessen Anwendung bestens empfohlen werden kann. Die Handhabung
ist einfach, es ist nur nöthig, alle Tage ein neues Papier aufzuspannen und
wöchentlich einmal das Uhrwerk aufzuziehen.
Der Apparat bietet auch auf höchst einfache Weise ein Mittel, den Heizer für
regelrechte Bedienung der Feuerungsanlage zu interessiren, da es nur nöthig ist, für jede
Tagesaufzeichnung des Manometern, in welchem die Dampfspannung nur geringe
Schwankungen zeigt, dem Heizer eine Prämie zu gewähren, welche also bei regelmässig
guter Arbeit einer Erhöhung des Lohnes gleichkommt, aber in Abhängigkeit von der
Leistung. Das Maass der als zulässig zuzugebenden Schwankung der Spannung muss sich
nach der Art des Betriebes richten und lässt sich in jeder Anlage nach kurzer Zeit
der Beobachtung bestimmen.
Das Manometer mit Schreibvorrichtung kann auch noch zu anderen Zwecken Verwendung
finden. In manchen Anlagen mit stark wechselndem Kraftbedarf ist es für den Besitzer
von Interesse zu erfahren, wie viel Kraft die Maschine täglich im Mittel zu erzeugen
hat. Zur Ermittelung dieser Werthe würde es am nächsten liegen, die Stellung des
Regulators, von der die Füllung im ersten Cylinder und damit die Leistung der
Maschine abhängt, durch einen Apparat laufend aufzeichnen zu lassen. Leider ist aber
dieses Mittel in den meisten Fällen nicht anwendbar, da bei sehr vielen Maschinen
der Regulator zu unruhig geht (in Folge der Rückwirkung von der Steuerung aus), um
eine brauchbare Aufzeichnung zu erhalten. Der Verfasser benutzt deshalb bei den
Zwei- und Dreicylindermaschinen zur Erreichung des gewünschten Zieles die
Dampfspannung in der Zwischenkammer (Receiver), da bei gleicher Anfangspannung des
Dampfes und unveränderter Füllung im zweiten und bezieh. dritten Cylinder bei
derselben Geschwindigkeit jeder Leistung der Maschine eine bestimmte Dampfspannung
in der Zwischenkammer (Receiver) entspricht. Ist daher das Verhältniss dieser Werthe
durch eine Reihe von Indicatorversuchen dargelegt und in einer Tabelle
zusammengestellt oder als Curve aufgezeichnet, so bleibt nur noch nöthig, den
mittleren Druck der Zwischenkammer während der Versuchszeit zu bestimmen, um auch
sofort die mittlere Kraftäusserung der Maschine zu derselben zu kennen. Zur
Feststellung der Bewegung der Dampfspannung in der Zwischenkammer wird das Manometer
mit Schreibvorrichtung verwendet. Dasselbe muss jedoch auch für Spannungen unter dem
Atmosphärendruck eingerichtet sein. Der Verfasser verwendet ferner für diese Zwecke
eine Trommel, welche schon in 12 Stunden eine Umdrehung ausführt, um ein möglichst
gedehntes Diagramm zu erhalten.
Textabbildung Bd. 297, S. 39
Fig. 5.
In der nachstehenden Skizze (Fig. 5) sind von einer
Maschine, für welche der Verfasser die Abhängigkeit der Spannung in der Dampfkammer
von der Leistung durch Versuche bestimmte, die betreffenden Curven eingezeichnet für
einen Dampfdruck im Kessel von 7 at.
Den Verhältnissen der Anlage entsprechend, ist die eine Curve (ausgezogene Linie) für
54 Umdrehungen der Maschine in der Minute, die andere (punktirte Linie) für 50
Umdrehungen in der Minute genommen. An der Hand dieser Linien kann bei dieser
Maschine für jeden sich ergebenden Mitteldruck in der Dampfkammer sofort die
Leistung der Maschine gefunden werden, Ist der Dampfdruck grösseren Schwankungen
unterworfen, so würde noch eine Curve für 6 at Kesselspannung zu bestimmen oder eine
entsprechende Tabelle auszuarbeiten sein.