Titel: | Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der Gerberei. |
Autor: | Johannes Pässler |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 40 |
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Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der
Gerberei.
Von Dr. Johannes
Pässler in Freiberg i. S.
(Fortsetzung des Berichtes S. 19 d.
Bd.)
Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der Gerberei.
In der Litteratur sind eine grosse Anzahl von Monographien der einzelnen
Gerbmaterialien, sowie wissenschaftliche Untersuchungen über dieselben erschienen,
von denen hier nicht alle, sondern nur die wichtigsten aufgeführt werden sollen. KunzGerberzeitung, 1891 S. 100.
bespricht ausführlich die Gerbmaterialien, welche Chile selbst producirt (Lingue-,
Ulmo- und Prumorinde, Algarobilla). ArnaudonMonit. scient.,
1893 Bd. 5 S. 107. stellt in einer kleinen Publication die
Reactionen des Algarobillagerbstoffes zusammen und ZölffelBerlin, 1891,
Norddeutsche Buchdruckerei und Verlagsanstalt. veröffentlicht in
seiner Promotionsschrift die Resultate seiner Studien über die Gerbstoffe der
Algarobilla und der Myrobalanen. Der BerichterstatterTharandter forstl.
Jahrbuch, 1891 Bd. 41 Heft 2. kommt bei seinen
Untersuchungen der Eichentriebe mit den Blättern und der schwächsten Zweige zu dem
Ergebniss, dass es falsch ist, die Eichenschälschläge vor Ausbruch der Blätter zu
führen, wie dies jetzt meistens geschieht. Bei späterer Schälung, etwa Ende Mai bis
Ende Juni, ist es nämlich möglich, ausser der ebenso gerbstoffreichen Rinde noch die
jungen Triebe mit den Blättern zu gewinnen, deren Gerbstoffgehalt fast einer
Eichenrinde mittlerer Qualität gleichkommt. Diese jugendlichen Gebilde könnten mit
den schwächeren Zweigen entweder als nahrhaftes Viehfutter oder zur Herstellung von
Gerbebrühen verwendet werden. Lack und LandsbergerDeutsche Gerberzeitung, 1893 Nr. 9.
analysirten die Eicheln und deren einzelne Theile unserer heimischen Eiche und
fanden, dass der Gerbstoffgehalt derselben wesentlich geringer ist als bei den
Valoneen und noch nicht dem einer Eichenrinde mittlerer Qualität gleichkommt. Als
der gerbstoffreichste Tb eil erwiesen sich die Kerne, während die Becher viel
gerbstoffärmer waren. Die Eicheln unserer heimischen Eiche werden sich nach diesen
Ergebnissen kaum als Gerbmaterial verwenden lassen, besonders wegen des hohen
Gehaltes der Kerne an Stärkemehl, welches bei der heissen Extraction störend wirken
würde. A. BartelTharandter forstl. Jahrbuch, 1891 Bd. 41 Heft
2. findet bei seinen Untersuchungen, dass der Gerbstoffgehalt der
Eichenrinde während der verschiedenen Monate des Jahres nicht variirt, was bereits
auch von anderer SeiteDie Schälung von Eichenrinden zu jeder Jahreszeit
mittels Dampf nach dem System von J. Maitre, von W. Wohmann, Neubauer
und. C C. A. Lotichius. Wiesbaden, 1873, C. W. Kreidel.
wiederholt ermittelt und ausgesprochen worden ist, aber leider von vielen
Forstleuten und den meisten Gerbern nicht als richtig anerkannt wird. Da die
Unveränderlichkeit des Gerbstoffgehaltes der Rinde innerhalb der verschiedenen
Jahreszeiten thatsächlich erwiesen ist, wäre es rationell, aus bereits erörterten
Gründen die Schalung erst nach Ausbruch und Entwickelung der Blätter vorzunehmen.
Bartel findet ferner, dass der Gerbstoffgehalt in
der Stammrinde der Eiche, solange selbige noch nicht rissig oder borkig ist, vom
Fusse des Stammes aus nach oben hin procentisch ziemlich regelmässig abnimmt und
dass diese Abnahme des Gerbstoffes sich dann auch weiter bei der Astrinde bemerkbar
macht. Die gleichen Resultate hatte v. SchroederDie Schälung von
Eichenrinden zu jeder Jahreszeit mittels Dampf nach dem System von J.
Maitre, von W. Wohmann, Neubauer und. C C. A. Lotichius. Wiesbaden,
1873, C. W. Kreidel. bereits früher gefunden. Da durch
wiederholte Untersuchungen definitiv festgestellt war, dass sich während der
verschiedenen Jahreszeiten der Gerbstoffgehalt der Rinde nicht ändert, so würde auch
das Maitre'sche SystemTharandter forstl.
Jahrbuch, 1890 Bd. 40 S. 203. der Schälung der Rinden zu
jeder Jahreszeit mittels Dampf bei Eichenrinden anwendbar sein. Dasselbe hat jedoch
bis jetzt keine ausgedehnte Verwendung gefunden, weil die Schälkosten ziemlich hoch
sind und die Vortheile dieser Methode dadurch illusorisch werden.
EitnerDer Gerber, 1892 S. 51. untersuchte
die Blätter des Sumachbaumes während der verschiedenen Monate des Jahres und fand,
dass der Gerbstoff zunächst mit fortschreitender Entwickelung der Blätter zu einem
Maximum ansteigt, dann aber wieder fällt und stationär bleibt. Die Zeit des
Gerbstoffmaximums fällt Anfang Juli, vor Eintritt der Blüte, weswegen Eitner vorschlägt, den Sumach stets zu dieser Zeit zu
ernten; ferner empfiehlt er, die Trocknung nicht bei directem Sonnenlichte
vorzunehmen, da durch dasselbe eine Zersetzung des Gerbstoffes stattfinden soll. EitnerDer Gerber, 1892 S. 245; 1893 S. 1.
hat auch Untersuchungen über die Veränderungen der Gerbmaterialien bei verschiedener
Behandlung und Aufbewahrung ausgeführt und findet, dass die Gerbmaterialien im
feuchten Zustande bei Berührung mit Luft eine Abnahme des Gehaltes an Gerbstoff und
löslichen Nichtgerbstoffen erfahren. Bei Wiederholung dieser Versuche mit
sterilisirtem Material ergab sich eine viel geringere Abnahme dieser Stoffe, woraus
geschlossen werden muss, dass diese Zersetzungen hauptsächlich durch Fermente
bewirkt werden. Die Abnahme des Gerbstoffgehaltes trotz Sterilisation glaubt Eitner der Einwirkung der Wärme beim Sterilisiren
zuschreiben zu müssen. Bei weiteren Versuchen studirte Eitner die Einwirkung des Lichtes auf lufttrockene und auf befeuchtete
Gerbmaterialien, wobei sich ergab, dass das Licht auf den Gerbstoffgehalt trockenen
Materials keinen Einfluss hat, bei feuchtem Material dagegen bewirkt es eine
unverkennbare starke Abnahme des Gerbstoffgehaltes und eine bedeutende
Nachdunkelung. Das Verhalten des Gerbstoffes in Gerbebrühen, in denen in Folge von
Gährungserscheinungen sich Säuren bilden, untersuchten v.
Schroeder und BartelDeutsche
Gerberzeitung, 1890 Nr. 67, 69, 71, 73, 74 und 75.;
diese Autoren fanden, dass dabei innerhalb der Versuchsdauer keine Abnahme des
Gerbstoffes, wohl aber eine mit der Vermehrung von Säure gleichen Schritt haltende
Abnahme der Nichtgerbstoffe eintrat. Diese und die Eitner'schen Resultate sind nicht vollständig mit einander in Einklang zu
bringen, da angenommen werden muss, dass dieselben Fermente, die sich auf den
Gerbmaterialien vorfinden und nach Eitner bei Gegenwart
von Feuchtigkeit den Gerbstoff theilweise zersetzen, bei kalter Extraction in die
Brühen gelangen und daselbst ebenfalls eine Zersetzung des Gerbstoffes bewirken
müssen; nach den Versuchen der genannten Autoren konnte aber eine Abnahme des
Gerbstoffgehaltes in den Brühen während der Gährung nicht nachgewiesen werden. HaenleinD. p. J. 1894 291 *
186 209. Tharandter forstl. Jahrbuch. 1893 Bd.
43 S. 56. hat übrigens direct den Nachweis geliefert, dass,
zunächst in Bezug auf Eichen- und Fichtenrinde, auf dem Gerbmaterial und in den
daraus hergestellten Gerbebrühen sich dieselben Mikroorganismen vorfinden, und
hat aus denselben eine grössere Anzahl theils bekannter, theils unbekannter
Mikroorganismen isolirt, von welchen er vor allem eine noch unbekannte, sehr
charakteristische Bakterienart eingehend studirte. Diese Art, welche Haenlein als Bacillus corticalis bezeichnete, zersetzt
die zuckerartigen Stoffe der Fichtenrinde und bildet aus denselben organische Säuren
unter gleichzeitiger Entwickelung von Wasserstoff und Kohlensäure. Es muss mit
Freuden begrüsst werden, dass dieser Autor seine Untersuchungen nach dieser Richtung
fortsetzt, denn es ist zu hoffen, dass gerade die Bakteriologie auf dem Gebiete der
Gerberei noch viel leisten wird. Haenlein hat mit
seinen Studien ein Gebiet betreten, welches bis jetzt vollständig vernachlässigt
war.
Eine werthvolle Zusammenstellung über die verschiedensten Gerbmaterialien und über
die gesammte Litteratur, aus welcher an dieser Stelle nur die wichtigsten Arbeiten
der letzten Jahre aufgeführt worden sind, ist in dem Trimble'schenPhiladelphia, J. B.
Lippincott Company, Band I: 1892; Band II: 1894. Werke The Tannins erschienen.
Seit Einführung der Brühengerbung, welche später noch behandelt werden wird, hat man
aus ökonomischen Rücksichten die verschiedensten Gerbmaterialien auf rationelle
Weise extrahirt und die erhaltenen Auszüge concentrirt; auf diese Weise werden
meistens in besonderen Fabriken die sogen. „Gerbextracte“ hergestellt, welche
entweder flüssig, teigförmig oder fest in den Handel kommen und gewissermaassen
„concentrirte Gerbmaterialien“ darstellen, da sie procentisch
gerbstoffreicher als die betreffenden Rohmaterialien sind. Solche Extracte, welche
sich aus obigem Grunde namentlich für den Versandt eignen, werden vorzugsweise
hergestellt aus Eichen- und Kastanienholz, Quebrachoholz und Fichtenlohe, seltener
aus anderen Gerbmaterialien. Der grössten Beliebtheit erfreut sich der flüssige
Eichenholzextract, welcher fast ausschliesslich in Slavonien aus dem Kernholze der
dort in grossen Mengen vorhandenen Eichen hergestellt wird; derselbe zeichnet sich
vor allen Dingen durch seine Leichtlöslichkeit aus und kann deswegen auch von
Gerbern, die primitive Einrichtungen besitzen, zum Verstärken der Brühen benutzt
werden. Der Fichtenloheextract wurde bis jetzt von einer Fabrik in Klagenfurt
hergestellt, welche aber nicht zu reüssiren vermochte, weil sich dieser Extract zu
hoch im Preise stellte. Der Kastanienholzextract, welcher fast ausschliesslich in
Frankreich erzeugt wird, ist billiger als der Eichenholzextract und wird deswegen
oft unter diesem Namen in den Handel gebracht. Quebrachoextract wird in grossen
Mengen in der Gerberei verwendet. Zwei Extracte, welche schon lange für Färbezwecke
in Europa importirt werden, dienen jetzt auch Gerbezwecken, und zwar sind dies der
Gambier oder Würfelkatechu und der Katechu oder Terra
japonica. Neuerdings bringt Amerika auch Canaigreextract in den Handel, über welchen vorläufig nur wenig
Erfahrungen vorliegen. Die übrigen Extracte, wie die des Sumachs, der Myrobalanen,
des Dividivi u.s.w., spielen in der Gerberei eine nur untergeordnete Rolle.
Wenn diese Extracte bei ihrer Herstellung keinem weiteren Reinigungsprocesse
unterworfen werden, so liefern dieselben beim Auflösen fast immer trübe und sehr
dunkle Brühen, welche dem Gerber nicht erwünscht sind. Zur Verhütung dieser
Erscheinung klärt und entfärbt der Extractfabrikant seine Brühen, für welchen Process eine grosse Menge
verschiedener, zum Theil patentirter Methoden vorgeschlagen worden sind, die
theilweise als recht unzweckmässige zu bezeichnen sind. Viele glauben nämlich, dass
in den Extracten neben farblosen Gerbstoffen mehr oder minder beträchtliche Mengen
Farbstoffe enthalten sind, welche beide durch chemische Mittel von einander getrennt
werden können. Es ist dies eine ganz falsche Ansicht; es muss angenommen werden,
dass die Gerbstoffe der verschiedenen Gerbmaterialien eben verschieden gefärbt sind
und dass im Allgemeinen der schwerlösliche Gerbstoff eines Gerbmaterials stärker
gefärbt ist als der leichtlösliche: die Gerbstoffe sind also zugleich die
Farbstoffe. Sucht man demnach in einer Gerbebrühe mit Hilfe chemischer Mittel eine
Entfärbung bezieh. Aufhellung herbeizuführen, so werden stets auch Gerbstoffverluste
eintreten, wie dies auch bei den meisten Entfärbungsmethoden der Fall ist. Es wird
also unmöglich sein, Gerbmaterialauszüge ohne bedeutenden
Gerbstoff vertust wesentlich aufzuhellen; es empfiehlt sich aber, aus
derartigen Gerbstofflösungen durch Bildung eines geringen, sich schnell absetzenden
Niederschlages und nachherige Filtration die feinen suspendirten Substanzen, wie
Holzfäserchen und den ausgeschiedenen schwerlöslichen Gerbstoff zu entfernen; geringe Gerbstoffverluste werden auch selbst hier nicht
umgangen. Die bei den folgenden Verfahren benutzten Substanzen sind meist solche,
welche mit Gerbstoffen unlösliche Niederschläge geben, die die übrigen suspendirten
Substanzen mit zu Boden reissen. Gillard, P. Monnet und
CartierFranzösisches Patent Nr. 206060. klären mit dem wässerigen
Auszuge der Kleie von Cerealien. DelvauxFranzösisches Patent Nr. 210204.
benutzt zur Klärung Strontianverbindungen, LandiniD. R. P. Nr. 56304. Bleinitrat und
FölsingD. R. P.
Nr. 53398. Kaliumantimonoxalat oder ein anderes wasserlösliches
Antimonsalz. SchenkD. R.
P. Nr. 71309. setzt behufs Entfärbung dem Gerbmaterialauszuge
erst eine Lösung von schwefelsaurer Thonerde und dann eine Barythydratlösung zu. RoyD. R. P. Nr.
71638. entfärbt mit Ferro- oder Ferricyankaliumlösung und Fontenilles und DesormeauxD. R. P. Nr.
71777. verwenden für diesen Zweck Oxalsäure und Eiweisslösung.
A. und H. SinanEnglisches Patent Nr. 22480.
schlagen vor, die Entfärbung durch Zusatz von Blut oder einer Eiweissubstanzlösung
zu bewirken, was früher bereits Gondolo empfohlen hat.
Nach AustenAmerikanisches Patent Nr. 495768. sollen helle
Gerbmaterialextracte erhalten werden, wenn man zu den Auszügen ein Alkalinitrit
hinzusetzt. Alle diese zur Entfärbung von Extracten vorgeschlagenen chemischen
Methoden sind demnach solche, bei welchen grosse Verluste an Gerbstoff auftreten
werden.
Fölsing (D. R. P. Nr. 55114) löst zur Entfärbung der
Gerbebrühen Chlornatrium und Oxalsäure in denselben auf und leitet alsdann einen
elektrischen Strom durch die Flüssigkeit.
Der Wirkungswerth der verschiedenen Gerbmaterialien wurde früher nach Methoden
ermittelt, die sich in den letzten Jahren meistens als vollständig unbrauchbar
erwiesen haben, und zwar weil sie nicht unter einander übereinstimmende
Resultate und auch nicht wirkliche Gewichtsprocente lieferten. Zu diesen Methoden,
welche jetzt nicht mehr angewendet werden und welchen wir eine grosse Anzahl
falscher Gerbstoffgehalte in der Litteratur verdanken, gehören die von Davy, Hammer, Fehling (mit den Abänderungen von Müller, Hartig, Schulze), Wagner, Handtke, Fleck, Mittenzwei, Jean u.s.w. Einigermaassen
zufriedenstellende Resultate lieferte schliesslich die modificirte sogen. Löwenthal'sche Methode, die im Princip eigentlich von
Monier herrührt. Die Modifikation zu dieser Methode
erfolgte von Seiten Neubauer's und später durch v. Schroeder.Bericht über die Verhandlungen der Commission zur
Feststellung einer einheitlichen Methode der Gerbstoffbestimmung:
Cassel, 1885, Theodor Fischer. Mit Hilfe der v. Schroeder'schen Abänderung der Löwenthal'schen Titrirmethode, bei welcher der Titer
auf ein sehr reines Tannin gestellt wird, können bei peinlicher Einhaltung der
Vorschrift Resultate erhalten werden, welche für ein und dasselbe Gerbmaterial sehr
wohl vergleichbar sind, aber wirkliche Gewichtsprocente sind die Procente
Gerbstoff-Löwenthal nicht. Dieselben können erst
durch Ermittelung gewisser Umrechnungsfactoren in solche übergeführt werden. Solange
keine bessere Methode existirte, musste man sich mit derselben behelfen, so gut es
eben ging. Diese Methode verlangt vor allen Dingen, dass derjenige, der nach ihr
arbeitet, sich eine gewisse Fertigkeit im Titriren erworben hat; dennoch zeigten die
von verschiedenen Chemikern gefundenen Resultate bei gleichem Material mitunter
beträchtliche Differenzen.
Dem Bestreben, eine wirklich zuverlässige Gerbstoffbestimmungsmethode auszuarbeiten,
ist es gelungen, eine solche in der sogen. „indirectgewichtsanalytischen
Methode“ zu finden, deren einwurfsfreies Princip ist: man bestimmt in einer
gerbstoffhaltigen Lösung die darin enthaltene organische Trockensubstanz vor und
nach dem Ausfällen mit Haut und bringt die Differenz als gerbende Substanzen in
Rechnung. Diese Methode rührt ursprünglich von Simand
und WeissDer Gerber, 1886 S. 1 bis 3, S. 26 bis 28, S.
39 bis 41. her und ist später von diesen und anderen wesentlich
verbessert worden, so dass mit derselben jetzt sehr gute Resultate erhalten werden.
Zur Vorbereitung für die Analyse ist es nothwendig, die Gerbmaterialien vollständig
zu extrahiren, was am vortheilhaftesten im Koch'schen
ExtractionsapparatDeutsche Gerberzeitung, 1893 Nr. 1.
vorgenommen wird; die sonstigen, für diesen Zweck empfohlenen Apparate besitzen
verschiedene Nachtheile. Näheres darüber und über die ganze Methode findet sich in
Böckmann, Chemisch-technische Untersuchungsmethoden
(Berlin, Julius Springer, 3. Aufl.). Ueber die Art der Extraction der
Gerbmaterialien für die Analyse haben v. Schroeder und
BartelD. p. J. 1893 289
113; 1894 291 259. umfangreiche
Untersuchungen angestellt. Es wäre wünschenswerth, wenn in die neue Litteratur nur
Angaben über Gerbstoffgehalte aufgenommen würden, die nach der indirect
gewichtsanalytischen Methode ermittelt worden sind. Es ist bei diesem Verfahren
nothwendig, dass das zum Ausfällen des Gerbstoffes verwendete Hautpulver eine
gewisse Reinheit besitzt und möglichst wenig lösliche Bestandtheile enthält; darauf
hat KochD. p. J. 1891 280
141, 159. ganz besonders hingewiesen und wiederholt sind in den
Fachschriften Methoden zur Herstellung solcher reinen Producte angegeben worden.Deutsche
Gerberzeitung, 1892 Nr. 56.
Vor einigen Jahren schlug GantterZeitschrift für
angewandte Chemie, 1889 Heft 20 S. 377 bis 380. eine
neue Titrirmethode vor, bei welcher er die Gerbmaterialauszüge in saurer Lösung mit
Chamäleonlösung titrirte und den Titer der letzteren auf reines Tannin stellte, v. Schroeder und der BerichterstatterD. p. J. 1890 277 361. unterzogen dieses Verfahren
einer genauen Prüfung und fanden, dass dieselbe der modificirten Löwenthal'schen Methode mindestens gleichkommt, aber
nicht die gewichtsanalytische Methode ersetzen kann.
Früher wurde allgemein angenommen, dass die gewichtsanalytische Methode sich nur in
frisch hergestellten Gerbstofflösungen, aber nicht in solchen, in welchen sich durch
Gährung Säuren gebildet haben, also in sauren Gerbebrühen, ausführen lässt. MeerkatzDer Gerber, 1889 Nr. 350. hat
deswegen empfohlen, die Sauerbrühen nach der Neutralisation mit einem Ueberschuss
von Bariumcarbonat nach der gewichtsanalytischen Methode zu untersuchen, indem er
annahm, dass dadurch keine Ausfällung von Gerbstoff erfolge. BartelD. p. J. 1891 280
233. weist jedoch nach, dass dabei bedeutende Mengen von
Gerbstoff ausgefällt werden und deswegen das Meerkatz'sche Verfahren unbrauchbar sei. Der BerichterstatterD. p. J. 1895 295 141. hat durch eine Versuchsreihe
festgestellt, wie gross überhaupt die Fehler sind, wenn man Sauerbrühen nach
theilweiser Entfernung der freien Säuren durch Eindampfen nach der
gewichtsanalytischen Methode analysirt, und kommt dabei zu dem Resultate, dass die
Fehler gar nicht bedeutend sind, weswegen diese Methode mit der erwähnten
Modification auch auf saure Gerbebrühen angewandt werden kann.
Da der Gehalt der Gerbebrühen an Säure von grosser praktischer Bedeutung ist, so hat
man zur Bestimmung desselben verschiedene Methoden ausgearbeitet. Kohnstein und SimandDer Gerber, 1885
S. 98. schlagen eine gewichtsanalytische Bestimmung der freien
Säuren vor, während KochD. p. J. 1887 264 395. dies für zu zeitraubend und
nicht den Bedürfnissen entsprechend hält. Koch hat
deswegen ein titrimetrisches Verfahren empfohlen, welches sich gut bewährt und sehr
rasch zum Ziele führt; trotzdem ist dasselbe ungerechtfertigter Weise von Meerkatz und SimandDer Gerber, 1887
Nr. 316; 1888 Nr. 323 und 324. bemängelt worden, welche Angriffe
jedoch KochD. p. J. 1887 267
459. zurückweist.
Ein einfaches Verfahren gibt v. SchroederSelbstverlag des Verfassers, 1890.
den Praktikern in der sogen. „Spindelmethode“ (oder einfachen Methode zur
Bewerthung der Gerbmaterialien) in die Hand, mit welcher auch der Gerber selbst
arbeiten kann und welche ihn in den Stand setzt, die Qualität unserer
gebräuchlichsten Gerbmaterialien auf einfache und schnelle Weise zu bestimmen. Diese
Methode hat sich in der Praxis sehr gut bewährt.
Ueber den durchschnittlichen Wassergehalt der verschiedenen Gerbmaterialien, auf
welchen die übrigen Analysenresultate stets berechnet werden sollen, liegen die
umfassenden Untersuchungen von v. SchroederD. p. J. 1894 292 284. und über die Zuckerbestimmung
und über die Zuckergehalte der Gerbmaterialien, Gerbextracte, Gerbebrühen u.s.w. die
von v. Schroeder; Bartel
und Schmitz-DumontD. p. J. 1894 293
229, 252, 281, 297. vor. Die letztere Arbeit enthält eine
kritische Besprechung der bis jetzt vorgeschlagenen Zuckerbestimmungsmethoden,
bespricht den Werth der Zuckerbestimmung in Gerbmaterialien für die gerberische
Praxis und gibt die mittleren Zuckergehalte der verschiedenen Gerbmaterialien
an.
In neuerer Zeit sind zwei Verfahren patentirt worden, nach welchen aus den
Sulfitcelluloselaugen angeblich der aus dem Holze stammende Gerbstoff für die
Gerberei nutzbar gemacht werden soll. Man ist hierbei von der falschen Ansicht
ausgegangen, dass jedes Holz nicht unwesentliche Mengen
Gerbstoff enthalte, welche bei der Behandlung nach dem Sulfitverfahren bei der
Cellulosefabrikation in Lösung gehen müssten; aber gerade das für die
Cellulosefabrikation am meisten verwendete Fichtenholz ist im technischen Sinne als
gerbstoffrei zu betrachten. Es ist deswegen unerklärlich, dass die Sulfitlaugen
wesentliche Mengen Gerbstoff enthalten sollen, zumal auf die Entfernung der
gerbstoffhaltigen Rinde vor der Zerkleinerung des Holzes grosse Sorgfalt gelegt
wird, und die Bildung von Substanzen, welche auf die thierische Haut gerbend wirken,
während des Sulfitprocesses, ist auch kaum anzunehmen. Vorläufig muss erst
abgewartet werden, wie diese neuen vegetabilischen Gerbstoffe sich bewähren; bis
jetzt ist wenig darüber berichtet worden. Nach MitscherlichD. R. P. Nr.
72161., von welchem das eine dieser Patente herrührt und welcher
aus diesen Abfall äugen zugleich auch einen Klebstoff und einen gährungsfähigen
Körper gewinnen will, werden die Sulfitlaugen direct oder nach der Neutralisation
mit Kalk der Osmose unterworfen, wobei der Gerbstoff nicht durch die Membran geht.
Nach Bindung des mit dem Gerbstoffe gebundenen Kalkes durch Schwefelsäure oder
Oxalsäure verwendet man die rückständige Lösung direct zum Gerben oder man
concentrirt dieselbe durch Eindampfen und verwerthet das erhaltene Product wie einen
Gerbextract. Die anderen Stoffe werden auf besondere Weise gewonnen. Nach den
Angaben des Inhabers des zweiten Patentes, Carl
OplD. R. P. Nr.
75351., sollen die in den Sulfitlaugen enthaltenen Gerbstoffe im
Gegensatze zu unseren gewöhnlichen Gerbstoffen wasserlösliche Verbindungen mit
Thonerde, Eisen- und Chromoxyd bilden, die gerbende Eigenschaften besitzen. Diese
Verbindungen werden durch Zusatz der schwefelsauren Salze der obigen Metalle
erhalten und die dabei entstehenden Lösungen sollen direct oder im eingedickten
Zustande wie die gebräuchlichen Gerbstoffextracte verwendet werden. Ein endgültiges
Urtheil über die Tauglichkeit dieser Gerbstoffe lässt sich noch nicht fällen, weil
zu wenig praktische Erfahrungen darüber vorliegen.
b) Weissgerberei
(Gerbmaterialien).
Die ursprünglichen Gerbmaterialien in der Weissgerberei und in den ihr
nahestehenden Zweigen (Glacé- und Kidgerberei) sind der Kalialaun, das Kochsalz,
Mehl und Eidotter. Es machte sich auch hier wie überall das Bestreben geltend,
diese Hilfsstoffe durch billigere Surrogate zu ersetzen. Nachdem von Knapp nachgewiesen worden war, dass der gerbende
Bestandtheil des Alauns die Thonerde bezieh. die schwefelsaure Thonerde ist,
wurden als Ersatzmittel Ammonalaun, Natronalaun und schwefelsaure Thonerde
vorgeschlagen. Die ersten beiden eignen sich nicht für den gewünschten Zweck,
weil sie eben nicht billiger sind und theilweise unvortheilhafte Eigenschaften
besitzen; wohl aber sollte die wohlfeile schwefelsaure Thonerde, seitdem
dieselbe schon seit einer Reihe von Jahren frei von Schwefelsäure und Eisen
Verbindungen im Handel zu haben ist, mehr als bis jetzt anstatt des Alauns in
der Weissgerberei verwendet werden. Die essigsaure Thonerde, welche auch von
verschiedenen Seiten empfohlen wurde, ist vorläufig noch zu theuer.
Das Hauptbestreben der Weissgerber ging dahin, die in der Glacé- und Kidgerberei
in ausserordentlich grossen Mengen erforderlichen Eidotter durch eine billigere
Substanz zu ersetzen. Es wäre wünschenswerth, wenn dies gelingen würde, damit
nicht ein so wichtiges und vorzügliches Nahrungsmittel für einen derartigen
technischen Zweck in so grossen Mengen verwendet werden müsste. Bis jetzt ist
diese Frage jedoch noch nicht endgültig gelöst und immer daran gescheitert, dass
es nicht gelungen ist, eine künstliche, so günstige Fettemulsion
hervorzubringen, wie wir sie in dem natürlichen Eidotter besitzen. Als
Ersatzmittel für Eidotter wurden vorzugsweise Oele, wie Mandelöl, Olivenöl
u.s.w., vorgeschlagen, welche zur besseren Emulsionirung mit Lösungen von
Dextrin, Leim, Gummi arabicum oder ähnlichen Substanzen gut verrührt werden
sollen. Man verwendet in manchen Fabriken derartige Gemische zum theilweisen
oder vollständigen Ersatz der Eidotter, erzielt damit aber nie Primaqualitäten.
Es lassen sich derartige Surrogate wohl ganz gut zur Herstellung geringer
Qualitäten der genannten Lederarten verwerthen, aber höhere Ansprüche dürfen
nicht an sie gestellt werden. Vor etwa 2 Jahren ist unter dem Namen
„Eitnerin“ ein Eidotterersatz auf dem Markte erschienen. Trotz der
grossen Bedeutung, welche die Erfindung eines derartigen Surrogates für die
Weissgerberei haben würde, hat man selbst in Fachkreisen über eventuelle Erfolge
oder Misserfolge mit diesem Präparate nichts in Erfahrung bringen können. Die
betreffende Fabrik, welche das Eitnerin herstellte, hat inzwischen liquidirt und
es scheint sich Niemand gefunden zu haben, welcher die Fabrikation
fortsetzt.
c) Sämischgerberei.
Die Gerbmaterialien der Sämischgerberei, also die verschiedenen Thrane, sind in
der Hauptsache dieselben geblieben wie früher, wie überhaupt das ganze Gebiet
der Sämischgerberei in der Neuzeit wenigen Aenderungen unterworfen gewesen ist.
Von wissenschaftlicher Seite sind durch Eitner
mehrere Arbeiten über Thrane als Gerbmaterialien für Sämischgerberei geliefert
worden, von denen die eine erwähnt sein soll. EitnerDer Gerber, 1893 S. 243 und 256.
prüfte das Gerbevermögen von Robben-, Dorsch-, Wal- und Haithran und fand, dass
sich nur Dorschthran vollkommen zur Sämischledererzeugung eigne, während der
Robben- und Walthran ein minderwerthiges Product und Haithran überhaupt kein
Leder liefere. Eitner machte hierbei auch Versuche,
den Thran durch Elaïn, Vaselinöl und reinen Moëllon zu ersetzen; mit Hilfe
der ersten beiden wurde ein Product erhalten, welches sich durch ein
Fettlösungsmittel wieder entgerben lässt, was bei einem mit Moëllon, ebenso wie
bei einem mit Thran gegerbten Leder nicht der Fall ist.
d) Mineralgerberei
(Gerbmaterialien)unde) Gerberei diverser
Lederarten, wie Fettgarleder, Crownleder, Transparentleder
u.s.w.
Die in der Ueberschrift aufgeführten Zweige der Gerberei sind erst neueren
Ursprunges, weswegen wir auf die daselbst verwendeten Gerbmaterialien zugleich
bei der weiter unten folgenden Besprechung der zugehörigen Gerbeverfahren
zurückkommen werden.
(Fortsetzung folgt.)