Titel: | Fiedler's elektrisch betriebenes Signalstellwerk. |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 82 |
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Fiedler's elektrisch betriebenes
Signalstellwerk.
Mit Abbildungen.
Fiedler's elektrisch betriebenes Signalstellwerk.
Bei der. Fiedler'schen Signaleinrichtung (D. R. P. Nr.
78350) tritt an die Stelle des bisherigen mechanischen Betriebes der elektrische, wodurch der Wegfall der Drahtzüge und ein
von allen Witterungs- und Temperaturverhältnissen unbeeinträchtigter Gang des
gebräuchlichen grossen Flügel- (Mast-) Signals ermöglicht wird. Ausser diesen
und den sonstigen bekannten allgemeinen Vortheilen des elektrischen Signalbetriebes
bietet die nachstehend zu schildernde Anordnung noch den besonderen, dass sich mit
Hilfe nur einer einzigen Leitung für jedes Signal ohne weiteres eine selbsthätige
Zugdeckung durchführen lässt, und dass die gewählte eigenthümliche Betriebsweise
sowohl an centralisirten Signalstellwerken als für automatische Blockeinrichtungen
auf Strecken mit besonders dichtem Verkehr, wie beispielsweise auf Hoch- und
Untergrundbahnen, auf Stadt-, Ring- oder Gürtelbahnen o. dgl., vortheilhaft
verwendet werden kann.
Die einfache elektrische Stellvorrichtung und deren Anbringung an einem einflügeligen
Abschlussignal lässt sich aus den Fig. 1 bis 5 ersehen. An dem Mäste des Flügelsignals (Fig. 1 und 2) ist in einem
wetterdichten Kasten die elektrische Stellvorrichtung S
angebracht, welche mittels der Antriebscheibe Q und der
Zugstange Z auf den kürzeren Arm des Signalflügels F einwirkt. Die als Stromquelle dienende
Accumulatorenbatterie B (Fig. 3 und 4) steht mit dem am
Stellorte vorhandenen Stromschliesser G und durch die
Leitungen L1 und L2
– von welchen die eine durch Erdleitung ersetzt werden
kann – mit den elektrischen Theilen der beim Signal befindlichen Stellvorrichtung,
nämlich mit den Klemmen k1 und k2, einer Anzahl von Anschlussdrähten, den Elektromotor
M und den Elektromagneten E in leitender Verbindung. Die Antriebscheibe Q (Fig. 1 bis
4) sitzt ebenso wie
das Zahnrad R3 (Fig. 3 und 4) auf der Achse x3 eines Laufwerkes,
welches aus den weiteren Zahnrädern R2, R1 und den Getrieben t2t1 gebildet ist und schliesslich in das auf der
verlängerten Elektromotorachse angebrachte Trieb t0 eingreift. In das Laufwerk ist auf der Achse x2 ein Gesperre
eingeschaltet, welches zur Deutlichkeit in Fig.
5 besonders dargestellt erscheint; dasselbe besteht aus dem Sperrkegel K, der in das auf x2 festgekeilte Sperrad D eingreift, während das den Drehzapfen von K
tragende Rad B2 nur
lose auf x2 sitzt. Auf
derselben Achse ist auch noch eine Hülse verstellbar festgeklemmt, aus der ein
Fangarm g vorsteht. Wichtige Theile der
Stellvorrichtung bilden dann noch die eigenthümliche Hemmung, welche aus dem auf einer Achse x0 drehbaren, steifen Hebelsystem h1h2h3 besteht, dann ein
Stromunterbrecher c, welcher isolirt an dem Arm h3 befestigt ist, und
die Ankerhebelanordnung TIq des Elektromagnetes E.
Textabbildung Bd. 297, S. 82
Fiedler's Signaleinrichtung.
Die Stellvorrichtung hat eine Anfangstellung (Fig. 1a) und eine
Endstellung (Fig. 2b);
die erstere besteht während der Haltlage, die letztere während der Freilage des
Signalflügels. Würde durch Umlegen von G (Fig. 3 und 4) der Stromkreis
geschlossen, so wird der Elektromotor thätig, da von B
der Strom über G, L1,
k1, l1, M, l2, l3, b1, c, b2, l4, k2 und L2 seinen Weg nimmt.
Gleichzeitig tritt innerhalb der Stellvorrichtung von der Klemme k1 aus über l5, E, l6 und k2 eine Stromabzweigung
ein, vermöge welcher der Elektromagnet E seinen Anker
anzieht. Indessen dreht der vom Hauptstrom bewegte Motor durch Vermittelung des
Laufwerkes die Antriebscheibe Q so lange, bis die
selbsthätige Hemmung in Kraft tritt. Dies geschieht, indem der aus dem Rade R3 seitlich vorstehende
halbrunde Stift n den Arm h1 anläuft und nach rechts verschiebt, so
dass sich das Stahlende p des Armes h3 an der Nase q des Ankerhebels fängt; zur gleichen Zeit hat auch der
Arm g den Arm h2 erreicht und ist der durch M gehende Strom unterbrochen worden, weil bei der Drehung des Hebelsystems
h1, h2, h3 die Feder c von den Contactschrauben b1 und b2 abgehoben wurde. Eine Weiterbewegung der
Stellvorrichtung kann also nicht mehr erfolgen, nicht nur weil M stromlos geworden ist, sondern auch deshalb, weil das
hakenförmige Ende von h2 den Arm g festhält. Dieser Zustand bleibt
so lange aufrecht, als E von dem beiläufig 0,05 des
Hauptstromes betragenden Zweigstrom durchflössen wird. Erst durch das Zurücklegen
des Stromschliessers (Signalgebers) G in die Normallage
erfolgt wieder die Unterbrechung des Zweigstromes; dann lässt E seinen Anker los, p wird
von q frei und g kann
ungehindert an h2
vorüber. Diese Vorgänge sind es, welche die verschiedenen Signalwechsel von Halt auf Frei und
umgekehrt bewirken oder ermöglichen und, um die erste dieser Signalumwandelungen zu
bewerkstelligen, dreht sich die Antriebscheibe Q um
240° in der Pfeilrichtung, wobei der Kurbelzapfen s
(Fig. 1a) nach s3 (Fig. 2b) gelangt,
wogegen Q für die Rückstellung des Signals von Frei auf Halt sich
allerdings auch in derselben Richtung wie früher weiterdrehen muss, aber nur mehr
einen Weg von 120° zurückzulegen braucht. Beide Signal Wechsel zusammen erfordern
also eine volle Umdrehung der Antriebscheibe Q, deren
Anfangstellung so gewählt ist, dass der Zapfen s genau
30° hinter dem todten Punkt liegt. Auf dem Wege von der Anfangsstellung bis zur
Endstellung findet im ersten Viertel des zurückzulegenden Weges (⅙ der vollen
Umdrehung), d. i. bis zur Zapfenlage s1 (Fig. 1b) zunächst ein
Leerlauf statt, indem sich s im geschlitzten
Anschlussbügel der Zugstange Z bewegt, dann erst tritt
die ziehende Wirkung auf Z ein, welche derart bemessen
ist, dass bei der Zapfenlage s2, nämlich nach
zurückgelegtem ¾-Weg (180° Drehung von Q) die
Flügellage für Frei vollends erreicht wurde.
Nichtsdestoweniger geht Q noch 60° weiter, damit die
Stellvorrichtung für die Signalrückstellung vorbereitet sei. Auf diesem letzten Wege
hebt s den Signalflügel ein wenig über die richtige
Freilage hinaus, welche aber wieder genau erreicht wird, wenn der Zugzapfen in der
Stellung s3 (Fig. 2b) einlangt, in
welchem Momente die schon früher angedeutete automatische Arretirung des Laufwerkes
eintritt. Damit der auf Frei stehende Flügel auf Halt zurückkehre, muss der Kurbelzapfen s sich aus der Endstellung (Fig. 2b) in die
Anfangstellung (Fig.
1a) zurückdrehen, was durch das Uebergewicht des längeren Flügelarmes
mechanisch bewirkt wird, sobald in der schon früher geschilderten Weise zufolge
einer vollständigen Stromunterbrechung die Hemmvorrichtung den Arretirungsarm g des Laufwerkes loslässt.
Textabbildung Bd. 297, S. 83
Fiedler's Signaleinrichtung.
Die Thätigkeit der ganzen Vorrichtung ist also folgende: Für gewöhnlich steht das
Signal auf Halt (Fig. 1), während die
weitere Einrichtung die in Fig. 3 dargestellte Lage besitzt. Wird aber am Stellorte der Geber G geschlossen, dann gelangt B zur Wirksamkeit und der Elektromotor bewegt das Laufwerk, wobei Q in der Pfeilrichtung gedreht, der Zapfen s nach einander in die Stellungen s1, s2 und s3 gebracht und also
der Signalflügel 45° schräg nach aufwärts gestellt wird. Indessen hat die Arretirung
stattgefunden und es ist nunmehr, während das Signal auf Frei steht, die in Fig. 4 dargestellte Lage der Apparate und Stromwege eingetreten. Soll
wieder auf Halt zurückgestellt werden, ist nur der
Stromschliesser G wieder zu öffnen. Dann hört in E der Strom auf, ebenso wie die bestandene Arretirung
des Laufwerkes, weil der Anker T zufolge des Einflusses
der Spirale f2
abreisst; nunmehr kann das Uebergewicht des Signalflügels wirksam werden und die
Antriebscheibe Q aus der innegehabten Stellung (Fig. 2b) in die Lage
(Fig. 1a)
zurückbringen, wobei auch die Achse x2 mit dem Daumen g die
ursprüngliche Ruhelage wiedergewinnt. Auf die weiteren Theile des Laufwerkes und auf
die Motorachse übt aber diese Signalrückstellung vermöge des zwischengeschalteten
Gesperres keinen Einfluss, da in Folge des veränderten Antriebes die Sperrklinke K über die Zähne des Rades D hinweggleitet. Da nach der Aufhebung der Laufwerkarretirung die
dreiarmige Hemmvorrichtung durch die Feder f1 gleichfalls in ihre Ruhelage zurückgelangt, wobei
sich die Contactfeder c wieder auf die Contacte b1 und b2 legt und den Strom
weg l3, l4 herstellt, so ist
mithin in allen Theilen das ursprüngliche Verhältniss, wie es Fig. 3 zeigt,
wiedergewonnen und die ganze Anordnung wieder für eine nächste Gebrauchsnahme
vorbereitet.
Textabbildung Bd. 297, S. 83
Fig. 5.Fiedler's Signaleinrichtung.
Diese einfache Einrichtung kann nun bei entsprechender Anpassung oder auch unter
Beifügung geeigneter Nebeneinrichtungen in den verschiedensten Fällen zur Anwendung
gelangen. So liegt beispielsweise in Fig. 6, wo die
bereits bekannten Theile mit denselben Buchstaben bezeichnet sind, wie in den Fig. 1 bis 5, die Voraussetzung zu Grunde, dass mit einem
Hauptsignal ein zweites – etwa ein Vorsignal – gleichwirkend zu verbinden sei. Zu
dem Ende befindet sich sowohl beim Haupt- wie beim Vorsignal je eine oben
geschilderte elektrische Stellvorrichtung, von welcher die erstere noch durch einige Theile
ergänzt wird, nämlich durch einen auf der Achse x3 festsitzenden Arm H1, dann einen Elektromagnet E1 sammt Anker, sowie
den um eine Achse x4
beweglichen, in seiner normalen Ruhelage ausgelösten zweiarmigen Winkelhebel h4, h5 und die isolirt
daran befestigte Contactfeder i. Der Arm h5 wird, wenn das in
Lauf gerathene Stellwerk des Hauptsignals den Arm H1 an h4 vorüberführt, in das Bereich der Sperrnase q1 gerückt und von
dieser festgehalten, sobald E1 stromdurchflossen ist. Die Lage des Armes H1 auf x3 ist dabei so gewählt, dass die soeben betrachtete
Einlösung des Hebels h4, h5
gleichzeitig mit der Einlösung der Hemmvorrichtung h1, h2, h3, das heisst also erst dann erfolgen kann, nachdem
das Hauptsignal bereits auf Frei gebracht wurde. Es hat
sich dann auch die Contactfeder i auf die Contacte m1 und m gelegt und den Strom weg zur Stellvorrichtung S1 des Vorsignals
hergestellt, welche ihren Strom von derselben Accumulatorenbatterie B erhält, wie die Stellvorrichtung des Hauptsignals.
Die Stellinie für S1
zweigt von der Hauptleitung L1 an der Klemme k1 ab, gelangt sodann über l7, k3, l8, m1, i, m, l9, E1, l10, k4 und L4 nach S1
– wo von den Anschlussklemmen an die Stromlaufanordnung
wieder ganz dieselbe ist, wie in Fig. 3 – und von dort
über L5, Erde und L2 zur Batterie B. Wenn
der Signalgeber G umgelegt wird, findet der Strom
seinen Weg zunächst nur über G, L1, k1, Stellvorrichtung, k2, Erde und
L2; derselbe
bewirkt die Freistellung des Hauptsignales und kann sodann auch zu S1 gelangen, um dort
gleichfalls die Freistellung zu bewirken. Wird später durch Zurückstellen des
Signalgebers G die Stellinie wieder unterbrochen, dann
werden die Arretirungen der beiden Stellwerke, und zwar
gleichzeitig, ausgelöst und sonach die beiden
Signale im gleichen Moment auf Halt zurückgebracht.
Textabbildung Bd. 297, S. 84
Fig. 6.Fiedler's Signaleinrichtung.
Wäre in der Leitung L4 ein eigener Unterbrechungstaster eingeschaltet, so
würde dieser es ermöglichen, das Signal S nach
Befinden schon früher auf Halt zu stellen als das
Hauptsignal oder ebensowohl die Freistellung von S1
ganz zu verwehren. Die durch Fig. 6 erläuterte Abhängigkeit zwischen zwei Stellvorrichtungen lässt
sich selbstverständlich in vielen praktischen Fällen bestens verwerthen,
insbesondere bei mehrflügeligen deutschen
Bahnhofabschlussignalen. Würde in diesem Sinne allenfalls ein dreiflügeliges Signal
(Fig. 7)
eingerichtet, so hätten die Stellvorrichtungen D2 und D3 der zwei untersten Flügel je einen
Stromunterbrecher i, m1, m2 (Fig. 6) zu erhalten, demzufolge der unterste Flügel
durch D3 zuerst auf Frei gestellt werden müsste, damit D2 Strom erhalten kann
und desgleichen D2 die
Freistellung des zweiten Flügels vollzogen haben muss, damit D1 Strom bekommt. Sollte abhängig hiervon
auch noch ein Vorsignal betrieben werden, dann würde schliesslich D1 ebenfalls einen
Unterbrecher erhalten müssen. Diese Betriebsform ist denn auch bei der in Fig. 12 bis 14 dargestellten
Signalanlage angenommen und wird später noch des Näheren besprochen werden.
Eine einfache Verschlussvorrichtung einer Weichenstrasse, wie sie mit einem Fiedler'schen Einfahrtsignal in Verbindung gebracht
werden könnte, zeigt Fig.
8. Dieselbe besteht einerseits aus dem Elektromagneten E3, seinem Anker T3 und einem Signalgeber (Stromschliesser) Gs, sowie
andererseits aus der Fahrstrassenverriegelungsschiene V1 mit dem Stellhebel H2, der Falle v1 und dem aus isolirendem Material hergestellten
Stege N. Soll mit dem auf die Leitung LL geschalteten elektrischen Signal die Fahrt
freigegeben werden können, so muss vorerst der durch die Feder f3 stets offen gehaltene Contact m3 geschlossen sein, was N bewirkt, wenn der Fahrstrassenriegel mit H2 aus der offenen, in der Zeichnung
dargestellten Lage in die richtige Verschlusslage gebracht wird. Erfolgt nun vom
Stellorte aus durch Umlegen des Gebers G (Fig. 3 und 4) die Signalumstellung
auf Frei, so legt sich, noch bevor der Signalflügel die
Freilage erreicht hat, der von E3 angezogene Anker mit dem Riegel c3 in die Falle v1 und eine Verschiebung von V1, d.h. eine Abänderung der Fahrstrasse
ist nunmehr so lange unmöglich, als das Signal nicht wieder auf Halt zurückgebracht wird. Es unterliegt natürlich nicht
der geringsten Schwierigkeit, dem Stellwerks Wärter auch noch die Möglichkeit zu
gewähren, vorkommenden Falles ein vom Stationsbeamten ausgegangenes Fahrtsignal
zurückzunehmen, und braucht hierzu nur ein unter Controlverschluss stehender
Unterbrechungstaster U eingeschaltet zu werden. Wie der
Verschluss einer einzelnen, von Hand zu stellenden Weiche anzuordnen wäre, lässt
Fig. 9 ersehen. Das
mit dem Weichenbock durch Vermittelung der Weichenzugstange verbundene
Weichenschloss ist im vorliegenden Falle für die beiden
Weichenlagen eingerichtet, d.h. es ist die Voraussetzung zu Grunde gelegt, dass
sowohl für die Fahrt in die „Gerade“ als für die Fahrt in die
„Abzweigung“ je ein eigenes Signal vorhanden sei, von welchen das eine mit der
Leitung L6, das andere
mit der Leitung L7
betrieben wird. Die Einzelheiten des Verschlusses gleichen ganz den früheren, und
die Schubstange V2
bezieh. die Weiche selbst kann unbehindert umgestellt werden, so lange in keinem der
Elektromagnete Strom vorhanden ist, d.h. so lange beide Signale auf Halt stehen. Da der isolirte Steg N1, wenn sich die Weiche in der Normallage befindet, nur
den Unterbrecher G4,
und wenn die Weiche auf Abzweigung steht, nur den Unterbrecher G5 schliessen kann, ist
ersterenfalls ein Strom auch nur in der Leitung L6, letzterenfalls
lediglich in L7
möglich; zugleich kommt die in der Verriegelungsstange V2 angebrachte Falle v2 bei der
erstgedachten Weichenlage der Ankerklinke e4, bei der zweitgedachten der Ankerklinke e5 gegenüber zu liegen.
Es kann sonach die Freigebung des einen oder des anderen Signals unbedingt nur bei
richtiger Weichenlage erfolgen, gerade so wie eine
Gebrauchsnahme der Weiche von dem Augenblick an nicht mehr möglich ist, wo die
Freigebung eines der Signale erfolgte, weil sich in diesem Falle die betreffende
Verschlussklinke e4
oder e5 in die Falle
v2 eingelegt
hat.
Ganz einfach macht sich ferner die Anordnung für eine selbsthätige Signalrückstellung
durch den Zug, indem etwa eine Zuglänge hinter dem Signal (Fig. 10) in das Gleise
der betreffenden Fahrstrasse ein als Unterbrechungstaster eingerichteter
Streckencontact C eingelegt und in die Leitung L, welche die Stellvorrichtung S des Signals mit dem am Stellorte befindlichen Stromschliesser G verbindet, eingeschaltet wird. Alles Uebrige bleibt
wie im einfachsten Falle (Fig.
3 und 4), und
nur der Geber G erhält noch eine kleine Abänderung,
nämlich eine elektrische Sperrvorrichtung, welche zur Wirksamkeit gelangt, sobald
die Handhabe H für Frei umgelegt wird, weil hierdurch
der Arm a unter die Nase w
schlüpft und von derselben bis auf weiteres festgehalten bleibt, da bei der
Herstellung des Contactes in m gleichzeitig Strom in
den Elektromagnet E6
eintritt und der letztere seinen Anker T6 anzieht. Der Geber ist auf diese Weise nach jeder
Freigebung des Signals so lange einer neuerlichen Gebrauchnahme entrückt, bis der
einfahrende Zug den Streckencontact C unterbricht.
Zufolge dieser kurzen Unterbrechung wird E6 stromlos, T6 reisst ab, w lässt
a los und die Spiralfeder f3 drückt den ganzen Geber wieder in die
normale Unterbrechungslage zurück. Die vom Zuge bei C
erzeugte vorübergehende Stromunterbrechung zieht somit die dauernde Unterbrechung
nach sich und bewirkt zugleich auch die Rückkehr des Signals von Frei auf Halt. Würde ein
ertheiltes Fahrtsignal vor dem Eintreffen des Zuges zurückzunehmen sein, so
geschieht dies mit Hilfe des am Stellorte vorhandenen, unter Controlverschluss
stehenden gewöhnlichen Unterbrechungstasters W. Als
Streckencontact kann selbstverständlich jede beliebige solche Vorrichtung Verwendung
finden, wenn sie für Stromunterbrechung angeordnet ist; die einfachste solche
Form wäre etwa ein in der Mitte zwischen zwei Gleisschwellen sich gegen den
Schienenfuss lehnender Fühlhebel, dessen langer Arm
einen Federcontact löst oder einen Quecksilbercontact aushebt, zu dem die
Betriebsleitung des Signals anschliesst.
Textabbildung Bd. 297, S. 85
Fiedler's Signaleinrichtung.
Schliesslich möge noch die Vereinigung aller vorstehend beschriebenen Anordnungen an
einem praktischen Beispiele erläutert werden. Die Gleisskizze (Fig. 12) stellt die
Einfahrt eines Bahnhofes dar, deren Signalsicherungsanlage aus einem im Sinne der
Fig. 11 als
Klappscheibe ausgeführten Vorsignal V, einem nach Fig. 7 eingerichteten
dreiflügeligen Deckungssignal D und schliesslich aus
den beiden nach Fig. 1
und 2 angeordneten
einflügeligen Wegesignalen W1 und W2
besteht. Das Vorsignal V wird bei jeder Zugseinfahrt
auf Frei gestellt; mit dem Signal D wird hingegen, je nachdem ein, zwei oder drei Flügel gezogen sind, die
Einfahrt nach Gleis I, II oder III angezeigt. Das Gleis I theilt sich im
Inneren des Bahnhofes bei der Weiche 4 in die beiden
Perrongleise Ia
und Ib; der
jeweilig freigegebene Fahrweg wird durch das bezügliche auf Frei gestellte Wegesignal W1 oder W2 gekennzeichnet. Im Ganzen sind also vier Fahrstrassen vorhanden; welche Signale für jede
dieser Fahrstrassen gelten und welche Weichen hierbei verschlossen gehalten werden
müssen, lässt die Verschlusstafel (Fig. 13) ersehen. Die
Weichen 1, 2 und 3 werden
von dem Stellwerke Stw aus bedient. Die Weiche 4 wird von Hand gestellt und die sämmtlichen Signale
werden lediglich vom Stationsbureau Stb aus gehandhabt.
In Fig. 14 sind der
vollständige Stromlauf, ferner sämmtliche Signalstellvorrichtungen, die
Weichenverschlüsse und Streckencontacte, sowie alle sonst erforderlichen
Einrichtungen der in Frage kommenden Anlage schematisch dargestellt. Danach befinden
sich im Stationsbureau nebst der gemeinschaftlichen Accumulatorenbatterie B die vier Signalstelltaster U1, U2, U3 und U4 mit den nach Fig. 10 angeordneten
Sperrvorrichtungen w1,
w2, w3 und w4, sowie die
Fahrtsignalrücknahmetaster u1 bis u4. Die
Weiche 4 hat ein doppeltes Weichenschloss nach Fig. 9, während im
Centralweichenstellwerk für jede der Weichen 1, 2 und
3 je eine einfache Verschlussvorrichtung nach Fig. 8 eingeschaltet ist.
Für die drei Flügel des Deckungssignals D und ebenso
für die Wegesignale W1
und W2 sind die
elektrischen Stellwerke mit Stromschalter versehen, wie ein solcher in Fig. 6 dargestellt wurde; nur das Stellwerk des
Vorsignales entbehrt dieser Nebeneinrichtung und ist so einfach angeordnet, wie das
Signal in Fig. 1 bis
4. Die Art der
Leitungsführung, insbesondere auch die Einschaltung der sechs Streckencontacte C1 bis C6 und die gesammten
Stromläufe lassen sich aus Fig. 14 ohne weitere Erläuterung ersehen. Wäre nun beispielsweise die
Einfahrt nach Gleis Ia freizugeben, so müssen zunächst in Stw die
Weichen richtig gestellt sein und durch Umlegen des Handgriffs der
Verschlussvorrichtung 1 verriegelt werden, desgleichen
muss die Weiche 4 richtig auf „Gerade“ stehen;
unter diesen Voraussetzungen kann dann der Stationsbeamte den Signalgeber U1 schliessen und
hierdurch Strom in die Stellinie L6 entsenden. In Folge dessen wird zuerst W1 auf Frei gestellt, sodann aber durch den Stromschliesser
i1 auch die Leitung
L10 geschlossen,
also auch das Stellwerk des obersten Armes am Deckungssignal auf Frei gebracht, und schliesslich durch Vermittelung des
Stromschliessers J1
auch noch das Vorsignal in die gleiche Signallage umgestellt. Der einfahrende Zug
passirt zunächst den Streckencontact C1 und bewirkt dadurch die Unterbrechung des in L10 vorhandenen Stromes
und also die Rückstellung des Vorsignals von Frei auf
Halt; fährt dann der Zug über C2 weg, so wird D1 und beim Passiren
von C5 endlich auch W1 auf Halt zurückgebracht. Würde das links ertheilte
Fahrtsignal vor Ankunft des Zuges zurückzunehmen sein, so geschieht dies durch
Anwendung des Tasters u1 wobei ersichtlichermaassen die mit u1 bewirkte Unterbrechung der Leitung L6 alle drei Signale
W1, D1 und V gleichzeitig auf Halt
zurückbringt. Ganz übereinstimmend wird für das Gleis h
mit dem Signalgeber U2
das Fahrtsignal bei W2,
D1 und V ertheilt und dieses Signal durch den Zug selbst beim
Befahren der Streckencontacte C1, C2 und C6 wieder aufgehoben. Bei Einfahrten nach Gleis II oder III werden die
Wegsignale nicht benutzt, sondern die Stellvorrichtungen D1 oder D2 durch Umlegen der Signalgeber U3 bezieh. U4 direct auf Frei gebracht, selbstverständlich unter der
Vorbedingung, dass die betreffenden Weichen richtig gestellt waren und die
Fahrstrasse verriegelt worden ist. Für die Einfahrt des Zuges auf Gleis II gelangt nach Umlegen von U3 vorerst das Stellwerk von D2 in die Freilage,
alsdann stellt der Apparat mittels des Stromschliessers J2 das Stellwerk D1 und letzteres mittels J1 wieder das Vorsignal
auf Frei, der Zug bringt V
beim Passiren von C1
und die beiden Flügel D2 und D1
gleichzeitig beim Befahren des Contactes C3 auf Halt zurück. In
ähnlicher Weise tritt beim Freigeben für Gleis III der
Strom beim Schliessen von U4 zuerst in das Stellwerk D3, dann durch den Stromschliesser J3 in D2, durch J2 in D1, durch J1 in V ein und stellt alle diese Flügel auf Frei, während der einfahrende Zug wieder bei C1 das Vorsignal und
bei C4 die drei Flügel
des Deckungssignals gleichzeitig auf Halt
zurückbringt.
Textabbildung Bd. 297, S. 86
Fiedler's Signaleinrichtung.
Es braucht kaum erst besonders hervorgehoben zu werden, dass sich, so wie im
vorgeführten Beispiele, auch die Signalsicherungsanlagen grosser Bahnhöfe unschwer
durchführen lassen, und dass das geschilderte elektrische Signalsystem im Falle
eines Versagens höchstens Verzögerungen im Zugsverkehre verursachen, nie aber Gefahren
herbeiführen kann, sowie dass bei demselben auch jegliche Signalfälschung durch
atmosphärische Ströme unmöglich ist.
Hinsichtlich des Betriebsverhältnisses gibt der Constructeur noch nachfolgende Daten:
Für jede Signalumstellung wird auf etwa 8 Secunden eine Leistung von 150 Volt-Ampère
erforderlich, wenn man beim Motor 50 Proc. Nutzeffect voraussetzt. Hierzu kommt noch
der Strombedarf für den Arretirungselektromagneten (E
in Fig. 3 und 4) während der Umstellung
und so lange das Signal auf Frei steht; hierfür würde
etwa 1/20 des
Hauptstromes, d.h. 7,5 Volt-Ampère genügen. Demgemäss stellt sich das Erforderniss
für eine Signalstellung und ein etwa 10 Minuten langes Andauern der Freilage auf
150\mbox{ Volt-Amp.}\,\times\,\frac{8}{3600}\mbox{ Std.}+7,5\mbox{
Volt-Amp.}\,\times\,\frac{10}{60}\mbox{ Std. }=1,6\mbox{
Watt-Stunden.}
Bei einer Betriebsspannung von 50 Volt, wozu noch 5 Volt für Spannungsverluste in den
Leitungen hinzugerechnet werden mögen, würde die Aufstellung einer
Accumulatorenbatterie von 30 Tudor'schen Zellen kleinster Nummer nothwendig sein, welche hinter
einander geschaltet 6 Stunden 40 Minuten lang 6 Ampère, also zusammen 38,40 Ampère –
Stunden liefern. Für eine vollständige Signalstellung
sind 3 Ampère auf 8 Secunden und 0,15 Ampère auf 10 Minuten, also
3\,\times\,\frac{8}{3600}+0,15\,\times\,\frac{10}{60}=\mbox{ rot.
}0,025\mbox{ Ampère-Stunden}
erforderlich, so dass mit einer
Ladung der obgedachten Accumulatorenbatterie 38,40 : 0,025 = 1536 Signalumstellungen
ausgeführt werden können. Diese Batterie würde sonach bei einmaliger täglicher
Ladung, z.B. für 15 Signalflügel, welche je 100mal im Tage auf Frei zu stellen wären, mehr als genügen. Ein einzelnes
Signal würde allerdings unökonomisch arbeiten, und das wirthschaftliche Verhältniss
stellt sich um so günstiger, je grösser die Zahl der Signale wird, welche von einer
gemeinschaftlichen Batterie betrieben werden.