Titel: | Die Entwickelung des Heizungs- und Lüftungsfaches in Deutschland. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 275 |
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Die Entwickelung des Heizungs- und
Lüftungsfaches in Deutschland.
Von Ingenieur F. H.
Haase in Berlin.
Mit Abbildungen.
Die Entwickelung des Heizungs- und Lüftungsfaches in
Deutschland.
Wenn man die neueren palastähnlichen Gebäude der Behörden in Berlin besucht, so
gewinnt man in jedem derselben den Eindruck, dass es schwierig ist, sich darin
zurecht zu finden, und dass auch der Baumeister sich dieses Umstandes wohl bewusst
war, da er es nicht versäumte, in Treppenhäusern oder in Vorhallen grosse
Grundrisspläne als Wegweiser an der Wand zu befestigen. Vergleicht man damit alte
Bauten, welche nach und nach für erweiterte Zwecke im Inneren umgebaut wurden, wie
beispielsweise die alte Börse in Frankfurt a. M., so ist man geneigt anzunehmen,
dass die Baukunst ganz andere Wege wandle als der Maschinenbau, bei welchem
Einfachheit das erstrebenswerteste Ziel ist; denn die alten, nach und nach
umgebauten grossen Häuser erscheinen um nichts complicirter als die neuesten
Paläste. Dass bei solch complicirter Gestaltung des Bauwerks die Centralheizungs-
und Lüftungsanlagen für dasselbe auf mancherlei Schwierigkeiten stösst, ist
selbstverständlich; aber dass die Bedienung und Ueberwachung dieser Anlagen auch zu
einer complicirten wird, ist nicht nothwendig, sondern liegt theils an
Nachforderungen und Aenderungen betreffs der Bestimmung von Gebäudeabtheilungen –
insbesondere in Folge der fast regelmässig auftretenden Erkenntniss, dass manche
Abtheilungen bei der ursprünglichen Anlage zu kurz gekommen sind –, theils aber auch
an der Ausbildung der Heizungs- und Lüftungssysteme selbst. Ohne Studium des
Heizungs- und Lüftungsplanes, in welchem sich nicht selten überhaupt nur wenige
Personen zurecht finden, ist es in den in Frage stehenden Gebäuden oft nicht einmal
möglich, die einfachsten Aufgaben, wie z.B. das Füllen eines Wasserheizstranges, zu
erledigen. Dass die Complicirtheit dem Instandhalten der Anlagen und sonstigen
Aufgaben an denselben nicht zu gut kommt, ist selbstverständlich.
Ich habe bereits erwähnt, dass eine wesentliche Ursache solcher Vorkommnisse in der
Ausbildung bezieh. Entwickelung der Heizungs- und Lüftungssysteme zu suchen ist. Man
beabsichtigt vielleicht zu viel des Guten und erreicht, bei der grossen Menge von
Hindernissen, welche die Ausführung in den verwickelten Gebäuden erschweren, in
diesen schliesslich doch nur eine Zusammenreihung von Anordnungen, welche allerhand
Misslichkeiten Thür und Thor öffnet und schliesslich dahin führt, dass man entweder
einen grossen Bedienungsapparat benöthigt, oder sehr viel weniger Vorzüge erreicht,
als sie durch sehr viel einfachere Einrichtung erreichbar gewesen wären.
Die Zeit der Feuer Ofenheizung in jedem einzelnen Baume
der grössten Bauwerke kann als endgültig überschritten erachtet werden, und die Feuerluftheizung wird in Deutschland mehr und mehr
durch die Erkenntniss verdrängt, dass dem Heizer zu viel die Möglichkeit geboten
ist, auch die allervortheilhaftesten und sorgfältigst durchgeführten Einrichtungen
zu entwerthen, und dass deren einwandfreie Wirkung nicht nur von eingehender
Sachkenntniss, sondern auch von einem sehr grossen Maasse der Sorgfältigkeit des
Heizers abhängt.
Die hinsichtlich der Anlagekosten der Feuerluftheizung zunächst kommende Hochdruckheisswasserheizung ist, obwohl ihre Bedienung
einfach ist und fast allgemein zuverlässig genug erfolgt, als nicht ganz
ungefährlich, als schädigend für den Heizschlangen benachbarte Wände, als dem
Einfrieren ausgesetzt, wo sie ausser Betrieb gesetzt wird, und als zu wenig nach
Wärmebedürfniss regulirbar, vielen nicht sympathisch. Wenn die Heizrohre gut gegen
Einfrieren geschützt liegen können, oder dem Wasser ein Mittel gegen Einfrieren
beigegeben ist, wird die Hochdruckwasserheizung sehr zweckentsprechend gefunden, wo
rasches Anheizen oder nur zeitweilige Heizung zu erfolgen hat und Zerstörung
benachbarter Wandung durch rasche Erhitzung nicht zu besorgen ist.
Die Mitteldruckheisswasserheizung, deren
Existenzberechtigung vielfach verfochten wird, findet als Mittelding, welchem die
Untugenden der Hochdruckheisswasserheizung ankleben, ohne die Vorzüge der Niederdruckwasserheizung zu bieten, nur wenig Anklang
bei den Auftraggebern, wohingegen die letztere Heizung sehr viele Anhänger besitzt.
Die Anlagekosten der Niederdruckwarmwasserheizung sind zwar relativ sehr hoch, ihre
Betriebskosten aber sind wegen der schwachen Abkühlungsfähigkeit des grossen
Wassergehaltes der Anlagen verhältnissmässig niedrig. Die Möglichkeit, jeden
einzelnen Wasserheizkörper (entgegen der Heisswasserheizung) für sich aus dem
allgemeinen Betrieb ausschalten zu können, gewährt bei geringem Wassergehalt dieser
Heizkörper eine Regulirbarkeit der Wärmeabgabe, wie sie für alle diejenigen Räume,
in welchen man annähernd gleichmässige Wärme beliebt, allgemein genügend befunden.
Die angenehmen Eigenschaften der Niederdruckwarmwasserheizung lassen vielfach
darüber hinwegsehen, dass bei ungenügender Vorsichtsmaassnahme hin und wieder ein
Heizkörper oder ein Rohr, der kalten Winterluft ausgesetzt, über Nacht zerfriert.
Immerhin ist dieser Uebelstand und fast mehr noch der Umstand, dass die strahlende
Wärme bei Niederdruckwasserheizung vollständig fehlt, für viele bestimmend, einem
neueren System der Niederdruckdampfheizung den Vorzug
einzuräumen.
Die Dampfheizung hat im Laufe der letzten 15 Jahre
merkwürdige Veränderungen erfahren. Bisher kam als niedrig gespannter Dampf für eine
Heizungsanlage nur derjenige in Betracht, welchen Hochdruckdampfmaschinen als
Auspuffdampf liefern, d. i. Dampf von etwa 1,25 at Spannung. Sonst liess man
allgemein den Dampf entweder so, wie er sich gerade darbot, oder bis auf 2 at Druck
entlastet, in die Heizkörper einströmen und führte das Niederschlagwasser aus diesen
durch eine Sammelleitung (mit Einschaltung einer selbsthätigen Vorrichtung zum
Abscheiden des Wassers von dem nachfolgenden Dampf „Dampfwasserableiter“,
oder auch mit Einschaltung eines demselben Zweck dienenden einfachen Ventils) ab.
Dabei konnte man wohl die Heizkörper an die Dampfleitung anschliessen und ausser
Betrieb setzen, von einem Reguliren der Wärmeabgabe der Heizkörper aber konnte nicht
die Rede sein; denn durch Niederschrauben des Dampfeinlassventils in geringem Betrag
bis zu einer gewissen Grenze erreichte man keine merkliche Verminderung der
Dampfzuströmung und bei Ueberschreitung der gar nicht feststellbaren Grenze erfolgte
fast momentane Abkühlung des Heizkörpers (die Ursache dieser eigenthümlichen
Erscheinung wird bekanntlich wesentlich vermehrter Condensirung mit Vermehrung des
Vacuums im Heizkörper einerseits bei schwachem Drosseln, und zu starker Condensirung im Ventil
selbst bei Ueberschreitung einer gewissen Drosselung zugeschrieben). Nachdem die
Firma Bechern und Post dann für Heizungszwecke
besondere Niederdruckdampfkessel einführte, welche sich bei Ueberschreitung eines
absoluten Dampfdrucks von höchstens 1,5 at (entsprechend 0,5 at Ueberdruck) durch
ein manometrisches Wasserstandsrohr (von 5 m Höhe) entleeren und aus diesem Grunde
als explosionssicher im Kellergeschoss bewohnter Gebäude untergebracht werden
konnten, gelangte man alsbald dahin, den Dampf von unten in die Heizkörper
einzuführen und das Niederschlagwasser durch die Dampfleitung selbst dem Kessel
unmittelbar wieder zufliessen zu lassen. Dampfwasserableiter waren nun entbehrlich
und Ventile wurden ebenfalls überflüssig befunden; um aber doch die Wärmeabgabe der
Heizkörper wenigstens einigermaassen regeln zu können, umhüllte man diese mit
Mänteln aus einer Masse, welche die Wärme möglichst wenig durchlassen sollte, und
brachte daran Oeffnungen an, welche zum Zweck der Wärmeregulirung mehr oder weniger
weit verdeckt werden sollten. Es entstanden hiernach Heizungsanlagen von der in Fig. 1 dargestellten Art.In der Figur bezeichnet h die Heizkörper und K den Kessel. Lange Zeit war man für diese Einrichtung
so sehr eingenommen, dass man dem höchst mangelhaften Grundprincip der
Wärmeregulirung auf die genannte Weise wenig Beachtung schenkte und nur darauf
bedacht war, das Material und die Einrichtung der Wärmeisolirmäntel zu verbessern,
bis man sich schliesslich doch eingestehen musste, dass die in dem Mantelraum
befindliche Luft zwar als schlechter Wärmeleiter zur Geltung kommen konnte, so lange
sie vollständig eingeschlossen war, aber dafür mit um so höherer Temperatur aus der
Reguliröffnung in den Raum einströmen musste, je weiter diese Oeffnung verdeckt war.
Auch verhinderte der Isolirmantel die vielen beliebte Wärmestrahlung der Heizkörper
nach dem Raume hin und bot zudem Veranlassung, die Heizkörper recht schmutzig werden
zu lassen, weil deren Reinigung die Wegnahme des Mantels erforderte. Der Bestäubung
der sehr verschieden schnell aus dem Mantel in den Raum einströmenden Luft war
hiermit natürlich Vorschub geleistet.
Textabbildung Bd. 297, S. 276
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 297, S. 276
Fig. 2.
Es muss übrigens bemerkt werden, dass das Reinigen von
Heizkörpern allgemein ein wunder Punkt ist, durch jede Art der Verkleidung erschwert
wird und bei sehr vielen Heizkörperconstructionen auch ohne jede Verkleidung
schwierig, wenn nicht praktisch unmöglich ist. Man sollte darum, wenn man
Staubablagerung auf stark erhitzten Flächen für gesundheitswidrig hält,
Dampfheizkörper überhaupt nicht hinter Verkleidungen setzen und auch nicht anders
als mit rippenloser Oberfläche wählen. Damit unvorsichtige Personen sich an den
heissen Flächen nicht verletzen, genügt es, vor den Heizkörpern einige Gitterstäbe
zu befestigen, welche das Reinigen der ersteren nicht behindern.
Um dem Bedürfniss nach Regulirung der Wärmeabgabe der Dampfheizkörper besser Rechnung
tragen zu können, hat man zu der Anordnung getrennter Dampf- und
Niederschlagwasserleitung zurück gegriffen und für jeden Heizkörper wie früher
wieder ein Dampfeinlassventil vorgesehen, zugleich aber verschiedene Einrichtungen
getroffen, welche bezwecken, den Dampfraum in dem Heizkörper durch den Druck des
einströmenden Dampfes selbst derart zu regeln, dass der Dampf sich jedesmal selbst
seinen Wirkungsraum schafft, indem er unter schwachem Gegendruck stehende Wasser-
oder Luftmassen um so mehr aus dem Heizkörper hinausdrängt, je weniger er in dem
Dampfeinlassventil gedrosselt wird. Die erstere Art, bei welcher das
Niederschlagwasser durch einen etwas über dem Heizkörperfusse stehenden
Wasserbehälter hindurch in den Dampfkessel abläuft (vgl. Fig. 2)In den Figuren
bezeichnet h die Heizkörper, K den Kessel, R
und R1
Reservoire für Wasser bezieh. für Luft., ist heute schon durch
die zweite Art verdrängt, bei welcher Luft aus Heizkörpern verschiedener Geschosse
durch die Niederschlagwasserleitung hindurch nach einem einzigen Luftbehälter
gedrängt werden kann und aus diesem wieder in die Heizkörper zurückkehrt, ohne dass
hierbei der Abfluss des Niederschlagwassers zum Kessel hin gehemmt wird.
Textabbildung Bd. 297, S. 276
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 297, S. 276
Fig. 4.
Nach der letzteren Regulirungsart sind besonders zwei Systeme zu unterscheiden,
welche in den Fig. 3 und 4 dargestellt sind.In den
Figuren bezeichnet h die Heizkörper, K den Kessel, R
und R1
Reservoire für Wasser bezieh. für Luft. Bei dem in Fig. 3 dargestellten System von Käuffer und Co. in Mainz befindet sich die Luft unter
dem Gegendruck einer durch Luftring theilweise entlasteten Gasometerglocke und bei
dem in Fig. 4 dargestellten System von Gebrüder Körting in Hannover befindet sich die Luft
unter dem Gegendruck einer geringen Wassersäulenhöhe, um welche der Wasserspiegel
von zwei Behältern A und B
verschieden hoch steht.
Bei Regulirung der Wärmeabgabe mit Zuhilfenahme einer verschiebbaren Luftmenge findet
zwar keine bestimmt begrenzte Schichtung des Dampfes gegenüber der Luft in den Heizkörpern
statt, sondern mehr oder weniger eine Vermischung beider Medien mit einander, aber
der Widerstand, welcher sich dem Eindringen des Dampfes in den Heizkörper
entgegensetzt, nimmt nicht, wie vordem im leeren Heizkörper, mit der Drosselung des
Dampfes durch das Einlassventil ab, die Einströmungsgeschwindigkeit bleibt vielmehr
ungefähr constant; die einströmende Dampfmenge nimmt deshalb mit der Ventilöffnung
fast gleichmässig ab und die Wirkung ist annähernd die gleiche, als wenn wirklich
dem Dampf ein veränderlicher Raum im Heizkörper dargeboten wäre, wie es bei
Regulirung mit Zuhilfenahme einer verschiebbaren Wassermenge thatsächlich der Fall
ist; doch ist in diesem Falle der Gegendruck, den das Wasser ausübt, veränderlich
mit der Höhenstellung desselben in allen zusammenhängenden Heizkörpern und in dem
besonderen Wasserbehälter. Darum und weil Wasserbewegung grösseren Widerstand
darbietet als Luftbewegung, und insbesondere weil Luftfüllung der Heizkörper dem
Zerfrieren derselben keinen Vorschub leistet, wie dies bei Wasserfüllung der Fall
ist, verdient die Regulirung mit verschiebbarer Luftmenge den Vorzug gegenüber der
Regulirung mit Zuhilfenahme verschiebbarer Wassermenge.
Obwohl der beschriebenen Entwickelung der Dampfheizung in theoretischer Hinsicht
gewiss alle Achtung gebührt, muss es doch in praktischer Hinsicht als ein Mangel
erkannt werden, dass der verzeichnete Fortschritt das Heizungssystem in so
complicirte Bahnen gelenkt hat, deren Verständniss dem Laien sehr schwer fällt, und
auch manche grosse Schwierigkeit in der Ausführung im Gefolge hat. Und schliesslich
muss man sich doch fragen, ob denn das erreichte Ziel des Erstrebens werth war; denn
die Wirkung bleibt im Grunde doch die gleiche, wenn man einfach mehr und dafür
kleinere Heizkörper aufstellt und einen Theil davon aus dem Leitungsstrange
ausschaltet, wenn man weniger Wärme benöthigt, als alle zusammen liefern können,
anstatt für die Regulirungsfähigkeit weniger einzelner Heizkörper zu sorgen.
Soll für eine Niederdruckdampfheizung Hochdruckdampf verwendet werden, wie in allen
denjenigen Fällen, in welchen man zugleich Hochdruckdampf zur Arbeitsleistung
benöthigt und der Abdampf der Maschinen zur Heizung nicht ausreicht, so wird die
Anwendung von Dampfdruckverminderungsvorrichtungen
erforderlich. Alle bisher in weiteren Kreisen bekannt gewordenen Vorrichtungen
dieser Art, mag man sonst darüber urtheilen wie man will, müssen als Vernichter
grosser mechanischer Arbeit in Rechnung gebracht werden. Nimmt man einen solchen
Misstand mit in den Kauf, so sollte man meinen, dass dem einfachsten und billigsten
Apparat unter allen Umständen der Vorzug eingeräumt werden müsse; alle
Verbesserungen, welche in den letzten Jahren zum Zweck leichterer Sicherung der
gewünschten Dampfdruckverminderung an Ventilapparaten gemacht worden sind, haben
aber nur zu immer grösserer Complicirtheit geführt und können darum jedenfalls nicht
als vortheilhaft gelten. Jeder ausübende Fachmann weiss zudem, dass die
Dampfdruckverminderungsventile ihrer Bestimmung durchweg zufriedenstellend nur unter
Voraussetzungen genügen, wie sie sehr oft nicht vorliegen, und dass insbesondere die
unter Federdruck functionirenden Ventilapparate dem Mangel unterliegen, dass die
Regulirung der Federspannung schwierig und leicht unzuverlässig ist.
Unter solchen Umständen verdient eine seit kurzer Zeit von der Firma Emil Kelling in Dresden, Filiale Berlin, eingeführte
Dampfdruckverminderungsvorrichtung, bei welcher weder ein belastetes Ventil, noch
überhaupt ein Vernichten mechanischer Arbeit erfolgt, besondere Beachtung. Diese
Vorrichtung besteht aus einem secundären Niederdruckdampfkessel, welcher durch den
zur Verfügung stehenden Hochdruckdampf mittels eingelegter Dampfleitung geheizt wird
und dessen Wasserraum mit einem höher liegenden Gegendruckkessel communicirt. Dabei
bewirkt ein Anwachsen des Dampfdrucks im secundären Niederdruckdampfkessel ein
theilweises Verdrängen des Kesselwassers in den Gegendruckkessel hinein, wobei ein
Theil der Dampfleitung in dem ersteren Kessel von Wasser entblösst wird, so dass
diese sofort und so lange weniger Wärme abgibt, bis der Dampfdruck im secundären
Kessel wieder abnimmt und demzufolge wieder mehr Wasser aus dem Gegendruckkessel in
ihn zurücktritt.
Auch die Niederdruckwarmwasserheizung hat in den letzten
Jahren in Deutschland in gewissem Sinne eine Erweiterung erfahren, indem – meines
Wissens zuerst durch die Firma Rietschel und Henneberg
in Berlin – Niederdruckwarmwassererzeuger eingeführt wurden, in welchen Dampf in
einer Anzahl im Kessel liegender Röhren als Heizmittel dient. Man hat hiermit den
Vortheil gewonnen, an verschiedenen Stellen grosser Gebäulichkeiten
Warmwassererzeuger aufstellen zu können, ohne daselbst einer Feuerstelle zu
benöthigen, und ist in Folge dessen in der Lage, getrennte und deshalb vereinfachte
Heizungsstränge für einzelne von einander entfernt liegende Gebäudetheile
einzurichten, während der heizende Dampf an irgend einer einzigen anderen Stelle
erzeugt wird. Hiermit ist ein Mittel geboten, welches dem Princip nach geeignet
erscheint, die Heizungsanlagen grosser Gebäulichkeiten, trotz complicirter
Bauausführung, in übersichtlichere Form zu bringen. Es ist dieses System auch bei
dem neuen deutschen Reichstagsgebäude zur Anwendung gebracht, ohne jedoch dazu
Veranlassung geboten zu haben, dessen Einrichtung zu einer leicht übersichtlichen zu
gestalten; die Heizungsanlage des Reichstagsgebäudes zeichnet sich vielmehr gerade
durch ausserordentliche Complicirtheit aus, welche indessen nicht vorwiegend durch
die Niederdruckwarmwasserheizung, sondern besonders durch die Art der Luftvorwärmung
für zahlreiche Einzelräume durch Dampfheizspiralen herbeigeführt wurde.
(Fortsetzung folgt.)