Titel: | Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. |
Autor: | Weeren |
Fundstelle: | Band 297, Jahrgang 1895, S. 277 |
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Neuerungen in der Technik der
Glasindustrie.
Von Dr. Weeren in
Charlottenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 254 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Technik der Glasindustrie.
Gasglühofen mit Vorwärmung der Verbrennungsluft von Daniel Kegler in Mannheim. Dieser Ofen soll einerseits
eine gut vorgewärmte Verbrennungsluft liefern, um höhere Temperaturen als gewöhnlich
zu erzielen, andererseits aber trotz dieser grösseren Ofenhitze ein Arbeiten in
seiner unmittelbaren Nähe gestatten. Diese Aufgaben sind in der Weise gelöst, dass
der Ofen auf seiner Aussenseite zwei über einander liegende eiserne Mäntel erhält,
von denen die heissen abziehenden Verbrennungsproducte den inneren, die zur
Verbrennung der Heizgase erforderliche Luft den äusseren durchstreicht.
Hierdurch tritt einerseits eine gute Vorwärmung der Luft ein, andererseits aber ist
die Aussenseite des Ofens, weil hier stets kalte, frisch angesaugte Luft circulirt,
nicht erheblich warm.
Textabbildung Bd. 297, S. 278
Gasglühofen mit Vorwärmung der Verbrennungsluft von Kegler.
Fig. 16 und 17 zeigen die nähere
Anordnung dieser Einrichtungen: Die innere Kammer A
wird von der Ummauerung B gebildet, deren Decke für den
Abgang der Verbrennungsproducte durchbrochen ist, und deren Boden in Oeffnungen die
Brenner V aufnimmt. An der Vorderseite ist die Kammer
durch eine Schiebethür geschlossen.
Die Verbrennungsgase nehmen ihren Weg durch die Deckenöffnungen M, umströmen dann zunächst die Decke und fallen hierauf
gleichmässig an der Hinterwand und den beiden Längswänden des Ofens nieder, treten
vorn in den doppelten Boden G ein, durchziehen
denselben und gelangen durch H in den Kamin K Auf diese Weise ist die Ofenkammer auf fünf Seiten
von den heissen Verbrennungsproducten umgeben, wird also auch von aussen sehr
intensiv geheizt.
Die zuströmende Luft tritt durch Oeffnungen O in den
äusseren Mantel ein, strömt zwischen den Wänden C und
D nach unten und tritt hochgradig erhitzt um die
Brenner V herum aus. Beim Anheizen des Ofens, welches
etwa ¾ Stunden dauert, ist anfänglich nicht der nöthige Zug vorhanden, um die Luft
durch die Oeffnungen O anzusaugen. In diesem Falle wird
der Schieber L geöffnet, und die Luft tritt zunächst
hier ein.
In Folge der Vorwärmung der Luft und der Beheizung der Ofenkammer auch von aussen
lassen sich selbst in kleineren Oefen dieser Art Temperaturen dauernd erreichen, wie
sie in anderen Oefen derselben Grösse nicht erzielbar sind, während die aussen
hinstreichende frische Verbrennungsluft die lästige Ausstrahlung von Wärme nach
aussen verhindert. (D. R. P. Kl. 48 Nr. 75858 vom 6. August 1893.)
Glühofen mit Vorwärmung der Verbrennungsluft von Daniel Kegler in Mannheim. Bei einem späteren Glühofen
hat Kegler das vorerwähnte Princip noch wesentlich
besser verwerthet und nicht nur den äusseren Luftmantel überall um den inneren
Mantel angeordnet, sondern auch die Wege für die abziehenden Verbrennungsproducte
und der zuströmenden Luft derartig angelegt, dass die letztere nach dem
Gegenstromprincip in dem Maasse, wie sie vorgewärmt wird, mit immer heisseren
Abgasen in (indirecte) Berührung kommt. Ausserdem ist der Ofen mit Generatorfeuerung
versehen.
Die Ofenkammer A (Fig. 18 und 19) ist aus
Chamotteplatten hergestellt, die von eisernen Platten zusammengehalten werden. Der
an diesen Raum aus Chamottesteinen angebaute Generatorraum S wird gleichfalls von den Eisenplatten zusammengehalten. In der Rückwand
A1 befinden sich
Brennöffnungen O, durch welche die heissen
Generatorgase, sowie die vorgewärmte Verbrennungsluft in der Glühkammer eintreten.
Hier werden sie durch die vor den Schlitzen O
aufgebaute Chamottewand A2 (in Fig. 19
weggenommen gedacht), die nicht ganz so hoch wie der Innenraum ist, gezwungen, den
oberen Theil der Glühkammer zu durchstreichen. Ausserdem verhindert diese Wand, dass
mitgerissene feste Brennstofftheilchen in den vorderen, mit Gegenständen angefüllten
Theil der Glühkammer gelangen. Letztere verlassen die Verbrennungsgase durch die
seitlichen Oeffnungen b und treten hierauf in den
inneren Mantelraum, durchziehen zunächst die vordere Hälfte der beiden Längswände,
die durch eine Wand w getheilt ist, ziehen durch
Oeffnungen b1 unter den
Boden des Ofens, dann in die hintere Hälfte des seitlichen Mantelraumes, von wo sie
zur Ofendecke gelangen; hier erst strömen sie wesentlich abgekühlt durch den Kamin
G ab.
Textabbildung Bd. 297, S. 278
Gasglühofen mit Vorwärmung der Verbrennungsluft von Kegler.
Der innere Mantelraum für die Verbrennungsgase wird in allen Theilen von dem äusseren Mantel für die
Verbrennungsluft umgeben, die durch den Luftschacht H
eintritt.
Der weitere Weg der Verbrennungsluft ist im Wesentlichen dem der Abgase
entgegengesetzt angeordnet, wie die Pfeile erkennen lassen. Dieselben werden deshalb
wesentlich besser vorgewärmt werden, als bei der früheren Construction (Patent Nr.
75858). Schliesslich findet nach beendeter Vorwärmung eine Theilung derselben statt.
Die eine Hälfte wird unter den Rost R der
Generatorfeuerung geleitet, die andere steigt in Luftschächten P der Wand A1 hoch und tritt durch Kanäle p wieder aus, um die von der Feuerung S durch Schlitze O
übertretenden Generatorgase vollständig zu verbrennen. (D. R. P. Kl. 48 Nr. 77699
vom 6. März 1894.)
Textabbildung Bd. 297, S. 279
Fig. 20.Glanzofen von Pitt.
Textabbildung Bd. 297, S. 279
Fig. 21.Glanzofen von Pitt.
Glanzofen von Henry Harley
Pitt in Gateshead am Tyne. Mittels dieses Ofens (Fig. 20 und 21) soll gepressten oder
abgesprengten Glasgegenständen, wie Gläsern, Bechern u. dgl., Feuerpolitur gegeben
werden. Derselbe besteht im Wesentlichen aus einem Transportbande mit Trägern für
die Glasgegenstände, welches durch den Ofenraum bewegt wird. Q ist der Ofen von retortenähnlicher Gestalt, welcher auf einem auf Rollen
r fahrbaren Rahmen B
angeordnet ist. Von beiden Seiten ragen Gasbrenner w in
den Ofenraum hinein; sie werden von einer gemeinsamen Leitung w1 gespeist. Diese
Brenner senden ihre Flammen direct auf die zu polirenden Gegenstände v, die auf den Trägern t
aufgesetzt sind. Die Träger t sind auf einer endlosen
Gelenkkette S mit einander verbunden, die über je zwei
auf Achsen a befestigte Rollen k geführt wird. Die letzteren und damit auch die endlose Kette erhalten
durch ein Sperrrad s mit Sperrklinke s1 eine absatzweise
Bewegung. Ausser dieser Vorwärtsbewegung erfahren nun die Träger t noch zwei andere Bewegungen. Dieselben sind nämlich
mit Zahnrädern z versehen, die wiederum mit einer im
Ofenraum angeordneten Zahnstange z1 während ihres Gleitens durch denselben in Eingriff
kommen. Die Folge hiervon ist die, dass, da die Zahnstange fest gelagert ist, die
Zahnräder und Träger t aber drehbar sind, diese
zugleich mit ihrer Vorwärtsbewegung auch eine Drehbewegung um sich selbst
erleiden. Diese Einrichtung hat den Zweck, die Aussenseiten der zu behandelnden
Glasgegenstände gleichmässig auf jedem Punkte mit den Flammen der Brenner w in Berührung zu bringen. Die dritte Bewegung der
Glasgegenstände ist eine Bewegung auf und nieder, um auch die untere gepresste oder
abgesprengte Kante durch die Flammen zu verschmelzen. Zu diesem Zwecke ist jeder
Träger t mit einer kleinen Platte p versehen, die an einer senkrechten Spindel c sitzt. Letztere trägt einen Ring d, welcher die Bewegung einer Spiralfeder f begrenzt, die sich im hohlen Theile des Trägers t um die Spindel c
befindet. An den festen Theilen des Ofens ist unter den Tragplatten g eine festliegende Gleitfläche h mit abwechselnden Erhöhungen und Vertiefungen angeordnet, denen zufolge
die Spindeln c mit den darauf ruhenden Glasgegenständen
beim Bewegen durch den Ofen zeitweise von den Trägern t
etwas hoch gehoben werden. Hierdurch ist den Brennerflammen genügende Gelegenheit
gegeben, einerseits die Ränder des Glases zu verschmelzen, andererseits aber die
Innenseite desselben zu bespülen und ebenso wie die Aussenseite glänzend zu machen.
Die Verbrennungsproducte verlassen den Ofenraum durch den Kamin l. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 75507 vom 22. Juli 1892.)
Textabbildung Bd. 297, S. 279
Fig. 22.Schwenkgrube mit Drehbrücke von Hatscher.
Schwenkgrube mit Drehbrücke von Emil Hatscher in Radeberg (Sachsen). Dieselbe bezweckt, die an der
Schwenkgrube angebrachten Arbeitsbühnen periodisch zu verbinden, um das gefährliche
Springen der Arbeiter über die Schwenkgruben zu verhindern. Eine diesem Zwecke
dienende Drehbrücke ist in den Fig. 22 und 23 dargestellt, a und c sind die beiden Arbeitsbühnen, zwischen denen sich
die Schwenkgrube s befindet, b ist die Drehbrücke, die in der Pfeilrichtung zurückgedreht wird, sobald
die Schwenkgrube als solche benutzt wird. Auf der Arbeitsbühne c sind zwei Säulen x und
d vorgesehen, die von den Kreuzplatten o gehalten werden. An ihrem oberen Theil sind Hülsen
c1 und d1 aufgesetzt, von
denen c1 eine Platte
c2 trägt. Auf
dieser ist die Brücke b befestigt, während die Hülse
d1 am oberen Ende
einen Hebel d2 mit
Kurbel i besitzt. Das oberste Ende der Säule d trägt eine Sperriegelscheibe l, in deren Einschnitte die federnde Kurbel i
bei der Drehung der letzteren einspringt und arretirt wird. Am unteren Ende der drehbaren Hülsen
c1 und d1 sind Doppelhebel c3 und d3 befestigt und durch
Zugstangen m und m1 mit einander verbunden. Demzufolge wird die durch
die Kurbel i bewirkte Drehung der Hülse d1 durch die Zugstangen
m und m1 auf die Hülse c1 übertragen und damit auch die Brücke b in der einen oder anderen Richtung gedreht, wobei sie
durch die beiden Einschnitte der Sperriegelscheibe l in
ihren beiden Endstellungen festgehalten wird.
Textabbildung Bd. 297, S. 280
Fig. 23.Schwenkgrube mit Drehbrücke von Hatscher.
Statt durch Zugstangen kann die zwangläufige Bewegung auch durch eine zwischen beiden
Hülsen angeordnete endlose Kette übertragen werden; alle anderen Einrichtungen
bleiben aber dieselben. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 77814 vom 18. October 1893.)
Herstellung hohler Obelisken und Pyramiden aus farbigen
Glasflüssen durch Giessen in Formen von Hilarius
Drescher in Dresden. Dieses Verfahren besteht im Wesentlichen darin, dass
die Glasflüsse in oben offenen Formen über einen elastischen Kern gegossen und dass
dann durch Rühren in der eingegossenen, zu erstarren beginnenden Glasmasse Aderungen
hervorgebracht werden. Das Verfahren gestattet somit marmorartige Gebilde, für
Grabmale und Gärten passend, zu erzeugen. Drescher hat
für diese Zwecke zwei besondere Glassätze, von ihm „Marmorglassätze“ genannt,
zusammengestellt, die einen schwarzen und einen weissen Fluss liefern und durch
weiter unten genannte Beisätze in den verschiedensten Farbenabstufungen erhalten
werden können.
Es sind dies:
a) Für Schwarz:
Granit
100
Gewichtstheile
Kalkstein
28
„
Soda
40
„
Potasche
20
„
Kalk
20
„
Braunstein
30
„
b) Für Weiss:
Syenit
60
Gewichtstheile
Kiessand
80
„
Quarzsand
30
„
Feldspath
30
„
Flusspath
30
„
Potasche
20
„
Soda
25
„
Durch den Gehalt an natürlichen Gemengen, wie Granit und Syenit, wird den
Glassätzen das eigenthümliche marmorartige Aussehen verliehen. Es versteht sich von
selbst, dass die Gemische beim Fertigmachen fein gepulvert sein müssen.
Drescher empfiehlt dann noch die folgenden Beisätze zu
den unter a) und b) angegebenen Grundmischungen, durch welche bei vollständiger
Mischung verschiedene Farben, bei minder vollkommener Durchmischung Aderungen und
schillernde Stellen erzielt werden:
c) Für Elfenbein:
Braunstein
10
Gewichtstheile
Eisenoxyd
2
„
d) Für Rothbraun:
Braunstein
30
Gewichtstheile
Eisenoxyd
4
„
Ziegelmehl
3
„
e) Für Chamois bis Violett:
Braunstein
20
Gewichtstheile
Eisenoxyd
3
„
f) Für Aschgrau:
Braunstein
10
Gewichtstheile
Eisenoxyd
3
„
Kobalt
0,2
„
Textabbildung Bd. 297, S. 280
Herstellung hohler Obelisken und Pyramiden aus farbigen Glasflüssen von
Drescher.
Zum Zweck des Giessens wird zunächst die Form hergerichtet, die eine stehende oder
liegende sein kann. Letzterer Fall ist in den Fig. 24 und 25 angenommen. Dieselbe
besteht aus der geneigten Grundplatte d, die mit einem
Theil ihrer Oberfläche den Boden der Form bildet, ferner aus den beiden
Seitentheilen e, den beiden Fusstheilen f, dem Kopftheile g und
dem Kern h. Dieser wird zunächst hergestellt, d.h. mit
einer nachgiebigen Umhüllung versehen, um dem Schwinden der erkaltenden Glasmasse
Rechnung tragen zu können. Der Kern besteht aus einer Eisenplatte h, auf deren schmalen Seiten Eisenstücke i und auf letzteren wiederum Schienen h zu liegen kommen; das Ganze wird durch Schrauben oder
in anderer Weise zusammengehalten. Dieses Eisengerippe umgibt man sodann mit
Strohflechten bis zu einer Dicke von 10 bis 15 cm; die Strohumwickelung wird durch
Eisendraht festgehalten. Nunmehr wird die aus einem in Wasser angerührten Gemisch von
2
Th.
Lehm,
1
„
zerkleinertem Koks und
1
„
Häcksel oder Sägespänen
bestehende Kernmasse aufgetragen und damit dem Kern seine
endgültige Gestalt gegeben.
Derselbe wird sofort nach dem Auftragen der Kernmasse mittels Schrauben s auf der Grundplatte d
befestigt, und die Form selbst zusammengestellt: Der untere Fusstheil f wird unter k geschoben,
darauf die Seitentheile e mit ihren Zapfen e1 in entsprechende
Löcher der Grundplatte d eingesetzt und sodann der
zweite Fusstheil f und der Kopftheil g angefügt. Die Kernplatte h kommt hierbei in zwei Ausschnitte der beiden Fusstheile f zu liegen. Die starre Verbindung aller Theile wird
dann noch durch Bolzen und Keile e2e2 verstärkt, so dass ein Verziehen der Form beim
nachherigen Giessen ausgeschlossen ist. Oben bleibt die Form offen.
Nachdem man die Luftlöcher f1f1
sorgfältig verstopft hat, wird die Form in den Temperofen geschoben und hier behufs
Trocknung langsam erhitzt. Hierbei wird der Zutritt der Luft ins Innere des Kernes
verhindert, um einem vorzeitigen Ausbrennen und Zusammenfallen desselben
vorzubeugen. Nach geschehener Austrocknung wird die stark erhitzte Form mittels
Wagen an den Glasofen heran gefahren und nun sofort mit dem Giessen der wie oben
beschrieben zusammengesetzten Glassätze begonnen. Je nach den Dimensionen des
Werkstückes erfolgt der Guss auf einmal oder absatzweise in dem Maasse, als neuer
Glassatz geschmolzen wird. Von Wichtigkeit für das Zustandekommen der marmorartigen
Structur des Gusstückes ist nun das Rühren der eingefüllten Glasmasse in dem Moment
ihrer beginnenden Erstarrung. Dasselbe geschieht mittels Eisenkrücken, muss aber
sehr sorgfältig ausgeführt werden, um die Kernmasse nicht zu beschädigen. Ist die
Form gefüllt und hat man wegen zu gross gewordener Starrheit der erkaltenden Masse
mit dem Rühren wieder aufgehört, so wird mittels einer Walze die zu Tage liegende
Oberfläche der Masse geglättet und nunmehr die Form mit sammt dem Werkstück zur
langsamen Abkühlung in den Kühlofen gebracht. Zu dieser Zeit können auch die
Luftlöcher f1 geöffnet
werden. Die Abkühlung ist durchschnittlich in 48 Stunden beendet. Dann wird die Form
zerlegt und hierauf der Kern aus dem erkalteten Gusstück gezogen. Dieses lange
Verweilen des Kernes in dem Gussstück ist von wesentlicher Bedeutung, aber nur
deshalb möglich, weil der Kern in sich sehr nachgiebig ist. Anderenfalls würden,
falls der Kern aus Mangel an Elasticität nicht bis zur vollständigen Abkühlung im
Gusstück verbleiben könnte, Einsenkungen und Deformationen an dem Gussstück
unvermeidlich sein. Zum Schluss erfolgt noch ein Schleifen und Poliren sämmtlicher
Flächen des Gusstückes, wodurch dasselbe Hochglanz und ein vorzügliches
marmorartiges Aussehen erhält. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 73558 vom 4. März 1893.)
Herstellung rosenrothen und orangerothen Glases von Franz Welz in Klosterberg (Böhmen). Wird Selen der im
Hafen befindlichen Glasmasse zugesetzt, so erhält die Glasmasse eine rosenrothe
Farbe, deren Intensität bei gleicher Zusammensetzung der Glasmasse von der Menge des
Selenzusatzes abhängt. Derselbe wechselt je nach der Art der Glasmasse, je
nachdem ein härteres oder weicheres Glas erzeugt werden soll.
Eine Beimengung von Kadmiumsulfit zu dem der Glasmasse zuzusetzenden Selen gibt nach
Welz derselben eine orangerothe Farbe. Je grösser
der Kadmiumsulfitzusatz, desto mehr spielt die Farbe des Glases ins Orangegelbe.
Von technischer Wichtigkeit für diese neuen farbigen Gläser ist der Umstand, dass die
Glasmasse direct aus dem Hafen zu rosenrothen oder orangerothen Gegenständen
verarbeitet werden kann, die keines Anwärmens oder Anlaufenlassens mehr bedürfen, um
in den beabsichtigten Farben zu erscheinen. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 63558 vom 6.
December 1891.)
Weitere Versuche mit Selen führten Welz dazu, das
Kadmiumsulfit durch andere Farbmittel zu ersetzen und diese dem Selen zuzusetzen.
Von besonderer Bedeutung für diese Zwecke erwies sich ein Zusatz von Uranoxyd. Wird nämlich der Glasmasse neben Selen noch
Uranoxyd zugesetzt, so erhält das unmittelbar aus dem Hafen ohne nachherige
Anwärmung oder Anlaufenlassen verarbeitbare Glas einen im durchscheinenden Lichte
orangegelben, im auffallenden Lichte grünlichen Farbenton.
So hergestelltes Glas unterscheidet sich wesentlich von den bekannten Urangläsern. Während letztere sowohl im auffallenden,
als auch im durchscheinenden Lichte stets denselben Farbenton, nämlich einen
grünlichen, aufweisen, zeigen mit Selen und Uranoxyd hergestellte Gläser nur im
auffallenden Lichte die vom Uran herrührende grünliche Farbe, und nur im
durchscheinenden Lichte den orangegelben, vom Selen stammenden Farbenton. (D. R. P.
Kl. 32 Nr. 73348 vom 29. Januar 1893, Zusatz zu Nr. 63558.)
Weitere Verbesserungen hat dieses von Welz geschaffene,
augenscheinlich bedeutungsvolle Färbeverfahren durch Dr. Alfons Spitzer in Wien erfahren. Das Welz'sche Verfahren leidet nämlich an dem Uebelstande, dass bedeutend mehr
Selen, als eigentlich erforderlich ist, dem Glassatze zugesetzt werden muss. Ein
grosser Theil dieses kostspieligen Materials verbrennt nämlich, falls er bereits dem
Glassatzgemenge zugesetzt war, beim Einschmelzen desselben oder aber bei seinem
Zusätze zum schon geschmolzenen Glase zu seleniger Säure und verflüchtigt sich in
dieser Form. Dieser Uebelstand hatte den weiteren im Gefolge, dass sich niemals eine
beabsichtigte Stärke der Farbe erzielen liess, da die Menge des wirklich ins Glas
übergehenden Selens ganz unbestimmt war.
Diesen Fehler des Welz'schen Verfahrens hat Dr. Spitzer dadurch beseitigt, dass er das Selen nicht in
einfacher Form, sondern in Form von Seleniten oder Selenaten zusetzt, die nach ihrer vollständigen Lösung
in der geschmolzenen Glasmasse in bekannter Weise reducirt werden. Vorzugsweise sind
die Selenite oder Selenate von Alkalien oder alkalischen Erden verwendbar; doch
können auch andere selenig- oder selensaure Salze benutzt werden, nur dürfen deren
Basen dem Glase keine andere Färbung geben.
Das gewählte Selenit oder Selenat, gewöhnlich das Natrium-, Kalium- oder Calciumsalz,
wird entweder dem ungeschmolzenen oder auch dem geschmolzenen Glassatz zugesetzt. In
beiden Fällen muss zur Erzielung einer gleichmässigen Färbung sehr sorgfältig
vermengt bezieh. gerührt werden. Sobald eine vollständige Auflösung des Selenites
bezieh. Selenates in der Glasmasse erfolgt ist, wird eine entsprechende
Menge eines Reductionsmittels, wie z.B. arsenige Säure, arsenigsaures Natrium oder
Kalium oder schwefligsaures Natrium zugesetzt. Dieses scheidet das Selen als solches
aus und verursacht erst die färbende Wirkung desselben. Der Verbrauch an Selen soll
durch diese Abänderung des Welz'schen Verfahrens in
Folge der geringen Flüchtigkeit der selenig- oder selensauren Salze ein beträchtlich
geringerer sein. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 74565 vom 24. Februar 1893, von Nr. 63558
abhängiges Patent.)
Schliesslich ist auch noch Wilhelm Kralik Sohn in
Eleonorenhain bei Strakowitz (Oesterreich) zu nennen, der gleichfalls den von Welz angeregten Gedanken weiter entwickelt hat.
Derselbe fand nämlich, dass ausser den im Patent Nr. 74565 angegebenen selenig- und
selensauren Salzen der Alkalien und alkalischen Erden noch eine ganze Reihe von
Selenverbindungen in Frage kommen und sich hierdurch zahlreiche neue Farbennuancen
erzeugen lassen; an Seleniten und Selenaten nennt Kralik:
Selenig-
und
selensaures
Kupferoxyd
„
„
„
Uranoxyd
„
„
„
Chromoxyd
„
„
„
Eisenoxyd.
Ferner kommen eine Anzahl von Selenmetallen in Frage, wie Selennatrium, Selenkalium,
Selencyankalium und ähnliche. Auch Combinationen von Selen oder Selenverbindungen
mit anderen Substanzen, wie z.B. mit Gold, Silber, mit Metalloxyden, Knochen,
Kryolith, Fluss- und Feldspath, sollen hierfür geeignet sein. (D. R. P. Kl. 32 Nr.
77737 vom 16. December 1893, von Nr. 74565 abhängiges Patent.)
Brillantglas von Peter Stang
sen. in Stolberg (Rheinland). Stang erzielt
dadurch, dass er den gewöhnlichen Glassatz mit Chlorsilber in trockenem oder
gelöstem Zustande versetzt, schmilzt und das gelöste Chlorsilber an der Oberfläche
des fertiggestellten Gegenstandes durch einen Strom von Kohlenoxydgas, Leuchtgas
oder ein ähnlich wirkendes Gas zu metallischem Silber reducirt, einen äusserst
brillanten Glanz, der denjenigen des Krystallglases erheblich übertrifft.
Stang empfiehlt folgende Mengenverhältnisse als
besonders zweckmässig:
Sand
32
k
Mennige
32
k
Soda
12
k
Antimonregulus
2
k
Chlorsilber
0,4
k.
Das Ganze wird wie gewöhnliches Glas geschmolzen und die erhaltene Glasmasse wie alle
anderen Glassorten verarbeitet oder als Ueberfangglas verwendet. Dann wird auf die
heisse Oberfläche des fertiggestellten Gegenstandes aus einem Rohr oder
Gummischlauch ein reducirendes Gas geleitet, bis das in dem Glase enthaltene
äusserst fein vertheilte Chlorsilber an der Oberfläche zu metallischem Silber
reducirt worden ist. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 68241 vom 5. Juli 1892.)
Herstellung marmorirter Gläser von Karl Franz Emil Grosse in Berlin. Marmor glas wurde bisher fast nur in der Glasschmelze
erzeugt, wodurch es sowohl schwierig herzustellen, als auch theuer im Preise war,
und nur in der Luxushohlglasfabrikation, nicht aber als Planglas Anwendung finden
konnte. Gerade als letzteres würde es für Wand- und Deckenbelag, falls es sich
billiger herstellen liesse, ausserordentlich eignen. Diese Lücke will Grosse
mit seinem Verfahren ausfüllen. Bei den von ihm fabricirten Marmorgläsern liegt
die Marmorirung nicht in der Masse des Glases, sondern nur als Ueberzug auf dem in
beliebigem Grundton gefärbten Glaskörper oder der Glastafel. Zur Grundfarbe wählt
Grosse gewöhnlich ein gefärbtes oder aber ein
getrübtes Glas. Der Bläser nimmt dasselbe wie üblich an die Pfeife und wolpert,
nachdem er die letzte Glaspost aufgenommen hat, die ganze Masse regelmässig. Dann
wird in unregelmässiger Art verschieden gefärbter, fein pulverisirter Glasfluss
entweder mit Hilfe eines Gebläses oder mittels einer Siebvorrichtung auf die noch
flüssige Glasmasse aufgebracht und nun, sobald eine genügend dicke Schicht davon
aufgestreut ist, die inzwischen etwas abgekühlte Glasmasse von Neuem so lange in das
Ofenfeuer gebracht, bis der aufgebrachte farbige Glasfluss vollständig angeschmolzen
und glasirt ist. Ist dies erreicht, so beendet der Glasbläser wie gewöhnlich seine
Arbeit. Durch die Ausdehnung und Schwenkung der Glasmasse zieht sich der auf ihrer
Oberfläche befindliche Glasfluss in den verschiedensten und unregelmässigsten
Aderungen und geflammten Figuren so aus einander, dass das Product als ein auf der
Oberfläche eigenartig marmorirtes, dem natürlichen Gestein in der Erscheinung
ähnliches und in der Mannigfaltigkeit noch übertreffendes Phantasieglas erscheint.
(D. R. P. Kl. 32 Nr. 66199 vom 29. October 1891.)
Verfahren zur Herstellung von opaken Gläsern bezieh.
Milchgläsern von Wilhelm Hirsch in Radeberg
und Adolf Tedesco in Mügeln bei Dresden. Die Gläser
dieser Art, bei denen Flusspath und ein thonerdehaltiges Material allein oder in
Gemeinschaft mit Kryolith, künstlichen Fluoriden und anderen Trübungsmitteln dem
Glassatze zugesetzt werden, tritt leicht eine Rauheit auf der Oberfläche der Gläser
zu Tage, die sich namentlich dann besonders stark geltend macht, wenn das Glas zur
Formgebung und zum Verschmelzen des Randes wiederholt erwärmt wird; es treten dann
meistens Stellen hervor, die statt der glänzenden Oberfläche blinde Flecke und
Streifen zeigen, welche das Durchscheinen zwar nicht beeinträchtigen, die aber den
Gegenständen, wie Lampenglocken, Kugeln u. dgl. ein sehr wenig vortheilhaftes
Aeussere geben.
Man besitzt nun allerdings Mittel, dieses Ausschlagen des opaken Glases, unter
welchem Namen die vorstehende Erscheinung in der Praxis bekannt ist, zu vermeiden.
Sie bestehen in dem Zusatz von Metalloxyden, namentlich von Blei- und Zinkoxyd.
Diese beseitigen nicht nur, in geeigneter Menge dem Glassatze zugesetzt, jenes
Ausschlagen des Glases, sondern sie machen das Glas auch leicht form- und
bearbeitbar.
Daneben besitzen sie aber einen ganz wesentlichen Nachtheil, der die oben genannten
Vortheile wieder aufhebt. Die schweren Metalloxyde (Zink- und Bleioxyd) greifen die
Hafenböden ganz ausserordentlich an, wodurch die Häfen bedeutend schneller als
gewöhnlich unbrauchbar werden.
Hirsch und Tedesco fanden
nun, dass Aluminium, und zwar in metallischer Form, die Vortheile jener Metalloxyde
ohne deren Nachtheile besitzt. Sie setzen dasselbe in fein zertheiltem Zustande dem
Glassatze zu. Nach ihren Angaben genügen für einen Glassatz mit 100 k Sand schon 100
g Aluminium, um das Ausschlagen des Glases vollständig zu vermeiden. Die Abnutzung
des Hafenbodens ist keine grössere, als ohne den Aluminiumzusatz, was nach ihrer
Ansicht seinen Grund in dem geringen specifischen Gewicht dieses Metalles haben
soll.
Weitere Schmelzversuche führten zu der Entdeckung, dass an Stelle des metallischen
Aluminiums auch Kohlenstoff, und zwar in Form von gepulverter Holzkohle, im
Verhältniss von 250 g Holzkohle auf einen Glassatz von 100 k Sand dem Glassatze mit
denselben Wirkungen zugesetzt werden könne. Das nachherige Ausschlagen der
Glasoberfläche beim Wiederanwärmen desselben blieb gänzlich aus, desgleichen machte
sich keinerlei schädliche Einwirkung dieses Zusatzes auf den Hafen geltend. (D. R.
P. Kl. 32 Nr. 69979 vom 12. Februar 1892.)
(Fortsetzung folgt.)