Titel: | Ein Pferdekraft-Planimeter. |
Autor: | Ernst Fischer |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 41 |
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Ein Pferdekraft-Planimeter.
Mit Abbildungen.
Ein Pferdekraft-Planimeter.
Fig. 1 bis 5 zeigen Abbildungen
eines Planimeters, welches die Leistung in Pferdestärken direct aus dem
Indicatordiagramm abzulesen gestattet. Die Methode, durch welche dieses erreicht
wird, lässt sich am besten durch Vergleich mit dem gewöhnlichen Instrument
ersehen.
Das gewöhnliche Polarplanimeter (Fig. 1) hat eine
Zählrolle W, deren Achse parallel mit dem Fahrarm AB ist. Diese Rolle schleift auf dem Papier bei allen Bewegungen parallel zum Fahrarm, während sie bei
allen Bewegungen senkrecht zu demselben rollt. Nach dem Umfahren der Figur wird das
Resultat dieser senkrechten Bewegung an dem mit Theilung versehenen Umfang der Rolle
W abgelesen. Das Instrument, auf welches wir hier
die Aufmerksamkeit lenken wollen, arbeitet nach einem ganz anderen Princip. Die
Rolle W desselben (Fig. 2) rollt und gleitet
auf ihrer Achse, welche mit dem Fahrarm AB einen rechten Winkel einschliesst. Sie rollt für
alle zum Fahrarm parallelen Bewegungen und gleitet auf ihrer Achse für alle zu
demselben senkrechten Bewegungen. Nach dem Umfahren der Figur wird das Resultat
dieser senkrechten Bewegung an der dicht bei der Rolle befindlichen Scala abgelesen
(Fig. 2). Diese
Scala ist prismatisch dreiseitig und an den Kanten mit je zwei verschiedenen
Theilungen versehen, deren jede in unmittelbare Nähe der Rolle gebracht werden kann,
so dass die Bewegung letzterer in der für die Arbeit geeignetsten Einheit abgelesen
werden kann und alle Coëfficienten oder Correcturen vermieden werden.
Die allgemeine Gleichung des Polarplanimeters ist wiederholt aufgestellt worden.
Vielleicht der eleganteste, für beide Constructionen gültige Beweis ist der von
Prof. Wm. H. Echols in den Annals of Mathematics, August 1889 Bd. 5 S. 11, veröffentlichte. Diese
allgemeine Gleichung lautet dahin, dass bei jedem Polarplanimeter nach dem Umfahren
der Figur die Rollenbewegung gleich ist dem Flächeninhalt der Figur dividirt durch
die Länge des Fahrarmes. Diese Gleichung ist unabhängig von der Stellung der Rolle
W oder der Länge des Polarms AC, ihre einzige Bedingung ist die, dass die abgelesene
Bewegung senkrecht zum Fahrarm erfolgt.
Die endgültige Ablesung oder das Resultat ist gleich der Scalenablesung multiplicirt
mit der Anzahl der Rollenumdrehungen, und da letztere gleich ist Flächeninhalt
dividirt durch \overline{AB}, so folgt
\mbox{Resultat }=\frac{\mbox{Scalenablesung }\times\mbox{
Fläche}}{\overline{AB}}
Dies ist die Grundgleichung des Instrumentes, auf welcher
alle Operationen beruhen.
Textabbildung Bd. 298, S. 41
Pferdekraft-Planimeter.
Um Quadratzoll abzulesen, bringen wir die Punkte A und
B in eine mit der der Rolle zunächst liegenden
Scala correspondirende Entfernung; wenn z.B. die Scala 40 nächst der Rolle sich
befindet, wäre der Abstand AB = 4 Zoll zu nehmen. Das
Instrument würde dann Quadratzoll und die erste Decimalstelle ergeben, da die
Ablesung beim Umfahren eines Quadratzolls =40\,.\,\frac{1}{4}=10.
Ist die Figur gross und wünschen wir der Bequemlichkeit halber einen längeren
Fahrarm, so würden wir einfach die Scala 100 an die Rolle bringen und A und B 10 Zoll weit aus
einander rücken, um noch dieselbe Einheit abzulesen. Bei geeigneter Wahl der Scala
und der Armlänge gibt das Instrument jede beliebige Einheit, z.B. Quadratfuss oder
Quadratelle abgelesen an den verschiedenen Scalentheilungen. Um z.B. Quadratfuss
mittels einer Theilung ½ Zoll = 1 Fuss abzulesen, benutzen wir die Scala 30 und
machen den Abstand \overline{AB}=7,5 Zoll oder für Quadratellen
auf einem Maasstab ⅜ Zoll = 1 Fuss Scala 60 und \overline{AB}=7,6
Zoll, wie sich aus der dem Instrument beigegebenen Tabelle ergibt.
Um die mittlere effective Spannung eines Diagramms zu bestimmen, bringen wir an die
Rolle jene Scala, welche dem Federmaasstab des betreffenden Diagramms entspricht,
und stellen AB auf die Basis des Diagramms ein (Fig. 3).
Beim Umfahren des Diagramms ist die Ablesung
=\frac{\mbox{Fläche}}{\overline{AB}}\,\times\,\mbox{Scala}
=\frac{\mbox{Fläche des Diagramms}}{\mbox{Basis des
Diagramms}}\,\times\,\mbox{Federmaasstab}
=\mbox{M. E. P.}
Die „Vorrichtung zur Bestimmung der Pferdestärken“ (Fig. 5) besteht aus einer
mit Doppelscharnier versehenen Scala, welche an jedem Arm einen gleitenden Zeiger
trägt. Dem Instrument sind Tabellen beigegeben, welche den Werth von
\frac{33000}{\mbox{Kolbenfläche}\,\times\,\mbox{Hub}}
für Maschinen von 8'' × 8'' bis 110'' × 72'' enthalten. Da
diese Tabellen den Kolbendurchmesser in Intervallen von 0,5 Zoll und den Kolbenhub
in solchen von ganzen Zoll angeben, kann man behaupten, dass sie die betreffenden
Werthe für jede Maschine enthalten. Um Pferdestärken abzulesen, werden die Striche
p und q (Fig. 4) auf den
Theilstrich eingestellt, welcher der minutlichen Tourenzahl der Maschine entspricht,
während die Punkte G und H
auf die Basis des Diagramms eingestellt werden (Fig. 5). Die Scala,
welche dem Federmaasstab des Diagramms entspricht, wird an die Rolle gebracht und
die Punkte A und B werden
auf den Theilstrich eingestellt, der dem Werth
\frac{33000}{\mbox{Kolbenfläche}\,\times\,\mbox{Hub}}, wie er
sich aus den Tabellen ergibt, entspricht. Dann wird die „Vorrichtung zur
Bestimmung der Pferdestärken“ entfernt und das Diagramm umfahren. Die
Ablesung ergibt dann die Anzahl Pferdekräfte. Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke
(Fig. 5) folgt:
\overline{AB}=\frac{33000\,\times\,\mbox{Basis}}{\mbox{Kolbenfläche}\,\times\,\mbox{Hub}\,\times\,\mbox{Umdrehungen
per Min.}};
das Resultat ist:
=\mbox{Ablesung an der
Scala}\,\times\,\frac{\mbox{Fläche}}{\overline{AB}}
=\mbox{Federmaasstab}\,\times\,\frac{\mbox{Diagrammfläche}}{\overline{AB}}
Durch Substitution von \overline{AB} wird
dieses Resultat
=\frac{\mbox{Federmaasst.}\,\times\,\mbox{Diagr.fl.}\,\times\,\mbox{Kolb.fl.}\,\times\,\mbox{Hub}\,\times\,\mbox{Umdr.p.M.}}{33000\,\times\,\mbox{Basis}}
=\frac{\mbox{Kolbenfl.}\,\times\,\mbox{Hub}\,\times\,\mbox{Umdr.p.M.}}{33000}\,\times\,\frac{\mbox{Diagr.fl.}\,\times\,\mbox{Federm.}}{\mbox{Basis}}
= c . M. E. P. = Anzahl der
Pferdestärken,
worin c = Constante der
betreffenden Maschine.
Wenn sich beide Diagramme wie gewöhnlich auf dem gleichen Blatt befinden, beginnen
wir die Umfahrung beim Schnittpunkt der beiden Expansionscurven, planimetriren
zuerst das eine und dann das andere Diagramm und lesen die Totalleistung in
Pferdekräften direct an der Scala ab. Auf diese Weise führt das Instrument alle bei
der gewöhnlichen Formel für die Berechnung von Pferdestärken nöthigen Operationen
automatisch aus, und das ohne Beinträchtigung der Genauigkeit, Einfachheit und
Bequemlichkeit.
Eines der Instrumente, welches wir einer sehr genauen Prüfung unterzogen haben,
erwies sich als sehr zuverlässig, und ist es nach seiner Construction evident, dass
Abnutzung, die seine Genauigkeit beeinträchtigen könnte, nur sehr allmählich,
wenn überhaupt, eintreten wird. Die Rolle sitzt auf einer Glasachse und bedarf
keiner Schmierung. Die Scala ist aus Buxbaumholz gefertigt und mit feiner Theilung
versehen, während die übrigen Theile des Instruments aus nickelplattirtem Messing
und Stahl bestehen. Es ist zu beziehen durch seinen Erfinder E. J. Willis, M. E., 211 East Franklin street, Richmond, Va. (Aus dem American Machinist vom 11. Juli 1895.)
Ernst Fischer.