Titel: | Neuere Bestrebungen im Dynamomaschinenbau. |
Autor: | G. Klingenberg |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 213 |
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Neuere Bestrebungen im
Dynamomaschinenbau.
Von G. Klingenberg,
Ingenieur.
(Fortsetzung des Berichtes S. 15 d.
Bd.)
Neuere Bestrebungen im Dynamomaschinenbau.
Wechselstromdynamomaschinen erfordern eine Erregung der Feldmagnete durch
Gleichstrom, man braucht demnach in Wechselstromcentralen Gleichstrommaschinen,
welche den Erregerstrom liefern. Entweder sind diese Erregermaschinen fest mit den
Wechselstrommaschinen gekuppelt (das ist meistens der Fall, wenn auch die
Wechselstrommaschine -mit der Dampfmaschine fest gekuppelt ist), oder dieselbe
erhält von einer Transmission oder durch einen Dampfmotor einen besonderen Antrieb.
Erstere Anordnung ist naturgemäss einfacher und gibt, weil Transmissionsverluste
vermieden sind, einen besseren Wirkungsgrad, dagegen fallen direct gekuppelte
Erregermaschinen wegen der geringen Tourenzahl meistens sehr gross aus und sind
nicht voll ausgenutzt. Sind mehrere Wechselstromdynamos vorhanden, so genügt
meistens eine Gleichstromdynamo, um alle zu speisen. Natürlich kann bei dieser
Anordnung die Dynamo erst dann voll erregt werden, wenn beide normale Tourenzahl
haben; in manchen Fällen, die später näher erörtert werden sollen, ist es jedoch
vortheilhaft, das Feld der Dynamo schon beim Anlaufen in voller Stärke herzustellen.
Dies lässt sich natürlich nur erreichen, wenn für die Erregermaschine eine besondere
Kraftquelle vorhanden ist. Man könnte den erforderlichen Strom auch von einer
kleinen Accumulatorenbatterie nehmen, die später wieder geladen wird, doch sind
derartige Anlagen meines Wissens noch nicht ausgeführt, wahrscheinlich weil sie zu
theuer werden.
Dadurch, dass Wechselstromanlagen besondere Erregermaschinen erfordern, erscheinen
diese auf den ersten Blick complicirter als Gleichstromanlagen zu sein; man darf
jedoch nicht vergessen, dass diese Erregermaschinen kaum für Spannungen über 120
Volt ausgeführt werden, während die Wechselstrommaschinen gewöhnlich nur bei
Anwendung höherer Spannung vortheilhaft sind und meistens nur dann mit niederer
Spannung ausgeführt werden, wenn diese durch besondere Transformatoren ohnehin
erhöht werden soll. Für Motorenbetrieb auf kurze Entfernung werden allerdings in
neuerer Zeit vielfach mit Vortheil Drehstromanlagen mit niederer Spannung ausgewählt. Da die Spulen des
Ankers meistens hohe, die Feldmagnete dagegen stets niedrige Spannung führen, trifft
man im Gegensatz zu Gleichstrommaschinen die Anordnung meistens so, dass der Anker
fest steht und das Feld rotirt. Man erreicht dadurch den grossen Vortheil, dass man
den hochgespannten Wechselstrom nicht durch bewegliche Theile zu führen braucht, die
natürlich schwerer zu controliren sind als feststehende; die schwierige Isolation
der anderenfalls erforderlichen Schleifringe und Bürsten, durch die der Wechselstrom
fortgeführt werden müsste, und die eine stete Gefahr für den Wärter bilden würden,
wird dadurch umgangen. Bei modernen Maschinen zieht man es daher in den meisten
Fällen vor, den Erregerstrom durch Schleifringe und Bürsten zuzuführen, wenn man
nicht durch Anwendung feststehender Erregerspulen überhaupt bewegliche stromführende
Theile vermeidet.
Die Wickelung der Feldmagnete ist gewöhnlich in mehrere Spulen getheilt, die
entsprechend der Polzahl der Feldmagnete entweder direct aufgewickelt oder für sich
hergestellt und später aufgeschoben werden. Eine sehr einfache Construction, die
meines Wissens zuerst in grossem Maasstabe bei der Frankfurt-Lauffener
Kraftübertragung für die Erregung der Drehstromdynamos angewandt wurde, ist die mit
nur einer Erregerspule. Bei diesen Maschinen bestand das Feldmagnetsystem nur aus
vier Theilen: Ein Mittelstück trägt die Erregerspule, die also nicht radial
magnetisirt, sondern in der Richtung der Achse; auf beiden Seiten ist dasselbe von
verzahnten Platten bedeckt, deren Zähne um die Erregerwickelung herumgebogen sind
und mit grossen Luftzwischenräumen in einander greifen, so dass an der äusseren
Peripherie ein Nordpol mit einem Südpol abwechselt. Es genügt demnach die eine
Wickelung, um sämmtliche Pole zu magnetisiren. Die Stromzuführung erfolgt durch
Schleifringe. Ein Nachtheil ist jedoch Maschinen dieser Construction eigen, das ist
eine verhältnissmässig grosse Streuung. Die Pole liegen nahe an einander, ihre
Streuflächen, d.h. diejenigen Flächen, welche den Kraftlinien Gelegenheit zum
Austritt geben, ohne das Ankereisen zu schneiden, sind gross, demnach ist der
Luftwiderstand zwischen den einzelnen Polen verhältnissmässig klein, viele
Kraftlinien werden sich direct schliessen, es ist also ein relativ grosser
Energieaufwand zur Erregung nöthig. Diese Nachtheile haben zur Construction der
Wechselstrommaschinen mit feststehender Erregerwickelung geführt. Will man den
Vortheil obiger einfachen Construction nicht aufgeben, gleichzeitig, aber den
Nachtheil der grossen Streuung vermeiden, so bleibt als einziges Mittel übrig, die
Luftzwischenräume zwischen den Polen zu vergrössern. Das gelingt aber nur, wenn man
die Nordpole und Südpole je in einem Ringe für sich anordnet, wenn man also die
Zähne der beiden Platten obiger Construction gewissermaassen aus einander biegt, so
dass sich auf der einen Seite nur Nordpole, auf der anderen nur Südpole befinden.
Natürlich muss der feststehende Anker jetzt eine entsprechend abgeänderte Form
erhalten, so dass die Kraftlinien ihren Weg durch denselben nehmen. Da die
Erregerspule nur in der Richtung der Achse zu magnetisiren hat, kann dieselbe aber
ebenso gut feststehen als mitrotiren, man kann die Erregerwickelung also fest am
Anker anbringen, da die Zähne der Feldmagnete nicht mehr im Wege stehen. Dadurch ist
der weitere Vortheil erreicht, dass man Schleifringe für den Erregerstrom nicht
mehr nöthig hat; es rotirt jetzt ein Theil, der nur aus Eisen ohne jede
Kupferbewickelung besteht. Dabei ist zu beachten, dass bei dieser Anordnung der
Anker stets nur in einer Richtung magnetisirt wird; während also in anderen
Maschinen die Induction im Anker zwischen + B0 und – B0 wechselt, schwankt dieselbe bei diesen zwischen +
B1 und + B2. Will man also
dieselbe mittlere elektromotorische Kraft in jeder Ankerwindung erhalten wie bei
ersterer, so muss man B1 entsprechend höher als B0 nehmen. Man kann diese Anordnung auch so
auffassen, dass durch die am Anker vorbei bewegten Polstücke jedesmal ein
magnetischer Kreis geschlossen wird, während der Kreis offen bezieh. durch den
Luftwiderstand geschlossen ist, wenn das Schlusstück sich an der betreffenden Stelle
des Ankers vorbei bewegt hat. Danach ist klar, dass sich die Erregerwickelung
keineswegs über diesen Schlusstücken zu befinden
braucht, sondern sie kann auch an anderer Stelle, z.B. seitlich, liegen, wenn nur
beim Passiren der Schlussstücke jedesmal ein geschlossener magnetischer Kreis
gebildet wird. Eine derartige Anordnung ist z.B. bei den Maschinen der kürzlich
installirten Strassburger Anlage getroffen worden. Hier sind die Schlusstücke
seitlich direct am Schwungrad der Betriebsdampfmaschinen angebracht; der Anker hat
im Schnitt die Gestalt eines seitlich aufgebogenen Ringes, in dessen Innerem die
Erregerwickelung liegt, und durch dessen Ausschnitt die magnetischen Schlussstücke
des Schwungrades passiren.
Trotzdem die Verwendung feststehender Erregerwickelungen ohne Frage besonders in
constructiver Hinsicht viele Vortheile bietet, sind doch die Vortheile, die durch
das Vermeiden von Schleifringen und Bürsten in Bezug auf Betriebssicherheit erreicht
werden, keineswegs so hoch, wie stets von vielen Seiten behauptet wird. Man darf
eben nie vergessen, dass die Erregerwickelung stets nur absolut ungefährliche
niedrige Spannung führt, die Isolation ist also mit einfachsten Mitteln zu
erreichen; es hat sich denn auch gezeigt, dass die Schleifringe nach jahrelangem
Betriebe kaum einmal der Nacharbeitung bedürfen. Im Gegentheil muss man bemerken,
dass durch die räumliche Trennung der Erregerwickelung von der
Hochspannungswickelung des Ankers insofern andererseits eine grössere
Betriebssicherheit erzielt wird, als es völlig ausgeschlossen ist, dass die hohe
Spannung einmal nach der Erregerwickelung durchschlägt und in die
Niederspannungsleitungen der Schalttafel gelangt, und auf diese Weise das
Bedienungspersonal gefährdet. Wäre die Vermeidung von Schleifringen thatsächlich ein
solcher Vortheil, wie vielfach behauptet wird, so dürfte man Gleichstrommaschinen
mit Commutatoren überhaupt nicht bauen.
Vorstehende Bemerkungen betreffs der Erregung der Maschinen gelten für jede Gattung
von Wechselstromdynamos; einerlei, ob man Einphasen- oder Mehrphasenstrom erzielen
will, kann man die Erregung auf eine der vorher angegebenen Arten ausführen. Auch
für Motoren lassen sich einige allgemeine Bemerkungen, unabhängig vom System,
vorausschicken.
Bei Motoren rotirt im Gegensatz zu den Maschinen meistens der Anker, denn bei diesen
ist es das Feld, dem der Wechselstrom zugeführt wird; bei directer Anwendung von
hoher Spannung muss also auch bei diesen alle Rücksicht auf gute Isolation genommen
werden. Nur bei Synchronmotoren, die man als umgekehrte Generatoren auffassen kann und die
demnach eine Gleichstromerregung erfordern, lässt man in den meisten Fällen aus den
schon bei den Generatoren angeführten Gründen das Feld rotiren; nur in den Fällen,
wo der erforderliche Gleichstrom mittels eines besonderen Commutators vom Motor
selbst erzeugt wird, rotirt auch hier der Anker.
Man kann die Wechselstrommotoren unabhängig vom System in synchrone und asynchrone
Motoren eintheilen; synchrone Motoren laufen mit derselben Periodenzahl wie die
Primärmaschinen, ihre Tourenzahl ist also völlig unabhängig von der Belastung. Da
die Pole des Feldes dieser Motoren durch Gleichstrom erregt werden, kann nur dann
eine Anziehung stattfinden, wenn momentan gegenüberstehende Pole des Ankers
ungleichnamig sind; das bedingt, dass der Motor nur mit solcher Geschwindigkeit
laufen kann, bei der dieser Wechsel der Polstellung mit der Periodenzahl des
zugeführten Stromes identisch ist. Daraus resultiren sofort zwei Haupteigen'
Schäften aller Synchronmotoren: 1) Bei Ueberlastung erfolgt Stillstand; 2) zur
Inbetriebsetzung muss derselbe vor Belastung durch äussere Kräfte auf normale
Tourenzahl gebracht werden. Hieraus ergibt sich, dass der Synchronmotor nur in
wenigen Fällen mit Gleichstrommotoren concurriren kann.
Die grösste Verbreitung haben dagegen die asynchronen Motoren gefunden. Diese kann
man nach den Ankern entweder in solche mit Pol- oder Phasen ankern und ohne
Phasenanker, oder nach den Anlassmethoden in Motoren mit Kurzschlussankern und mit
Ankern, die Schleifringe und Bürsten haben, theilen. Bei Polankern ist die Wickelung
so ausgeführt, dass im Anker Pole entstehen, wenn ein Strom die Windungen
durchfliesst; sind die Windungen direct im Anker kurz geschlossen, so hat man einen
Polanker mit Kurzschluss; sind die Enden der Windungen zu Schleifringen geführt, so
kann man beim Anlassen Widerstände einschalten, deren Zweck später erläutert werden
soll. Beim Betriebe sind jedoch die Windungen auch hier stets kurz geschlossen, nur
dass in letzterem Falle der Kurzschluss ausserhalb des Ankers liegt.
Motoren ohne Schleifringe und Bürsten sind also besonders da am Platze, wo durch
zufällig entstehende Funken Explosionen entstehen könnten. Die Verwendung von
Schleifringen und Bürsten bei letzteren kann in allen anderen Fällen aus den schon
oben für die Erregerwickelungen der Dynamos angeführten Gründen nur dort Bedenken
erregen, wo im Anker hochgespannte Ströme vorkommen könnten; man baut dieselben
daher stets so, dass in ihnen hohe Spannungen überhaupt nicht inducirt werden
können. Wie der Name schon andeutet, sind bei Kurzschlussankern sämmtliche Windungen
in sich oder gemeinschaftlich kurz geschlossen; diese Windungen haben den Zweck, den
Strömen innerhalb des Eisens bestimmte Bahnen vorzuschreiben, das Eisen der Anker
muss also ebenso wie bei Gleichstrommaschinen untertheilt sein, um schädliche
Wirbelströme auszuschliessen. Bekanntlich hatte man bei den ersten Drehstrommotoren
die Anordnung so getroffen, dass ein massiver Eisenblock im Drehfelde rotirte; es
zeigte sich aber bald, dass ausser den nützlichen Strömen in der Richtung der Achse
auch Wirbelströme anderer Richtung auftraten, die ihrerseits natürlich wiederum eine
schädliche inducirende Wirkung auf die nützlichen Ströme und auf das Feld
ausübten und einen Energieverlust bedingten, der sich durch über massige Erwärmung
des Ankers zuerst bemerkbar machte. Es kommt also nur darauf an, die Ströme im Eisen
in Bahnen zu zwingen, die parallel zur Achse verlaufen; wie dieselben im Uebrigen
verlaufen, ist ziemlich gleichgültig. Daraus resultirt als einfachste Construction
ein Kurzschlussanker, bei dem die Wickelung aus Stäben oder Drähten besteht, die an
ihren Enden vorn und hinten in einem gemeinschaftlichen Ringe endigen. Damit soll
jedoch nicht gesagt sein, dass für die inducirten Ströme jede beliebige Bahn
parallel der Achse günstig wäre; natürlich kann man die Ströme auch so führen, dass
sie schädlich wirken. Im Allgemeinen geht aber aus dieser Betrachtung hervor, dass
es für den Betrieb ziemlich gleichgültig in Bezug auf den Wirkungsgrad ist, ob man
Anker mit oder ohne Polwickelung verwendet. Für das Anlassen der Motoren bestehen
jedoch charakteristische Unterschiede, die an späterer Stelle erläutert werden
sollen.
Für die verschiedenen Wechselstromsysteme wird gewöhnlich folgende Eintheilung
gemacht: 1) Einphasenstrom, 2) Zweiphasenstrom, 3) Dreiphasen- oder Drehstrom, dazu
ist als 4) in neuester Zeit das sogen. monocyclische System hinzugetreten. Es gibt
zwar noch andere Systeme, dieselben sollen hier aber, weil sie bis jetzt noch keinen
Eingang in die Praxis gefunden haben, übergangen werden. Es erübrigt noch, die
charakteristischen Eigenschaften jedes dieser Systeme hervorzuheben.
Bei allen Anlagen für reine Beleuchtung verdient das Einphasensystem vor allen
anderen wegen seiner Einfachheit unbedingt den Vorzug. Wie schon aus dem Namen
hervorgeht, ist bei diesem System nur ein einfacher Stromkreis mit nur einer Phase
des Stromes vorhanden, d.h. der Strom steigt bis zu einem Maximum, nimmt wieder ab,
wird negativ (wechselt seine Richtung) und erreicht nach einem negativen Maximum
seinen früheren Werth wieder. Für sämmtliche Anschlüsse von Lampen u.s.w. sind also
nur zwei Leiter erforderlich, was wegen der leichteren Isolation der Leitungen sehr
vortheilhaft ist. Die Spannung lässt sich in einfachster Weise durch Transformatoren
auf jeden beliebigen Werth reduciren, alle verwandten Apparate und Einrichtungen
sind einfach und können sehr betriebssicher hergestellt werden; das ist auch der
Grund, weshalb in England reine Wechselstrom anlagen einen derartig grossen Eingang
gefunden haben. Grösse Nachtheile sind aber vorhanden, sobald gleichzeitig Motoren
angeschlossen werden sollen. Es gibt bis jetzt noch keinen Motor für reinen
Wechselstrom, der im Betriebe einem Gleichstrommotor gleichkäme, und zwar liegt der
grosse Nachtheil in der Schwierigkeit ihres Anlassens. Es lässt sich durch
Einphasenwechselstrom in einfacher Weise nur ein schwingendes Feld, das nach
denselben Gesetzen wie der Strom selbst ab- und zunimmt, erzeugen; es kann also auf
den Anker kein Drehmoment ausgeübt werden, so lange derselbe noch steht, da der im
Anker inducirte Strom stets in gleicher Phase mit dem Felde ist; erst wenn der Anker
durch irgend eine äussere mechanische Kraft in Rotation versetzt ist, kann ein
Drehmoment auftreten, und zwar muss die Wechselzahl des Motors mit der des
Generators bei Synchronmotoren genau, bei asynchronen Motoren wenigstens annähernd
übereinstimmen. Es ist also der grosse Nachtheil mit in Kauf zu nehmen, dass der
Wechselstrommotor zuerst auf eine hohe Tourenzahl gebracht werden muss, ehe
er überhaupt Arbeit verrichten kann; dadurch ist derselbe natürlich für die meisten
Betriebe überhaupt ungeeignet, da bei grösseren Motoren zum Anlassen ein Hilfsmotor
erforderlich wird. In einigen besonderen Fällen können jedoch Synchronmotoren ganz
vortheilhaft verwandt werden, und zwar erstens in denen, bei welchen absolut
constante Tourenzahl Bedingung ist, und zweitens zur Ladung von
Accumulatorenunterstationen. Bei letzteren ist der Wechselstrommotor direct mit
einem Gleichstromgenerator gekuppelt, welcher zur Ladung von Accumulatoren dient.
Zum Anlassen des Wechselstrommotors lässt man den Gleichstromgenerator einfach als
Motor laufen und entnimmt den erforderlichen Strom aus der Accumulatorenbatterie,
welche gleichzeitig den Erregerstrom für den Synchronmotor liefert. Man vereinigt
auf diese Weise die Vortheile des Wechselstroms: billige Fernleitung, leichte
Transformation, mit denen des Gleichstroms: Möglichkeit der Aufspeicherung,
Anschluss von Motoren, und kann auf diese Weise eine gute Ausnutzung einer fern
gelegenen Kraftquelle bei günstigem Wirkungsgrade erreichen. Dieses Princip ist für
Zweiphasenstrom in Budapest, für Drehstrom in Leipzig, für Einphasenstrom in Cassel
in grösserem Maasstabe durchgeführt. Natürlich hat man vielfach versucht, auch für
reinen Wechselstrom selbst anlaufende Motoren zu bauen; diese Bemühungen haben zur
Construction der asynchronen Motoren geführt; es wird bei diesen ein Drehmoment
dadurch erzeugt, dass der Einphasenstrom in Zwei- oder Dreiphasenstrom zum Zweck des
Anlassens umgewandelt wird; solche Motoren laufen wohl an, jedoch nicht unter voller
Belastung; diese darf erst gegeben werden, wenn der Motor normale Tourenzahl erlangt
hat und auf Einphasenstrom umgeschaltet ist. Alle Einphasenmotoren besitzen die
Eigenthümlichkeit, dass momentane Ueberlastung die Motoren, z.B. durch auftretende
Stösse, sofort zum Stehen bringt; es sind Fälle denkbar, bei welchen dieses
Verhalten von grossem Vortheil sein kann; in den meisten Fällen ist es jedoch nicht
erwünscht; bis zu einem gewissen Grade gewähren nur grosse Schwungmassen Sicherheit
hiergegen. Die Schwierigkeit des Anlassens von Einphasenmotoren und ihr Verhalten
bei Ueberlastung haben zur Anwendung der Mehrphasenstromsysteme geführt. Zuerst
tauchte bei der Projectirung der Frankfurter Centrale diese Frage auf und führte zur
Einführung des Dreiphasen- oder Drehstromes. Der Drehstrom besteht ebenso wie alle
Mehrphasenströme in einer Combination mehrerer Wechselströme und hat den Zweck, ein
rotirendes Feld (Drehfeld) zu erzeugen. Der Name Drehstrom für Dreiphasenstrom
speciell ist recht unglücklich gewählt, da die Anzahl der Phasen keineswegs bei der
Erzeugung eines Drehfeldes eine Rolle spielt; ein Drehfeld zu erzeugen, ist eben der
Zweck aller Mehrphasenströme. Demnach besteht der Dreiphasenstrom aus drei
Wechselströmen, deren Phase um 120° gegen einander verschoben ist, d.h. betrachtet
man den Anker eines Generators oder Motors und setzt die Zeit einer Umdrehung = 1,
so wird in den drei Leitungen der Maximalwerth des Stromes nach ⅓, ⅔ und 3/3 der Einheit
erreicht, das ist auf die Stellung des Ankers bezogen nach 120°, 240° und 360°; bei
mehrpoligen Maschinen ist für diese Betrachtung der Umfang des Ankers durch die Zahl
der Polpaare zu theilen. Die Magnetisirung verläuft in gleicher Phase mit dem
Strome; trägt man die Momentanwerthe ein, so erhält man bei sinusartigem
Verlauf derselben ein Feld, das sich annähernd ebenso verhält, als wenn ein
constantes Feld mit der Geschwindigkeit des Ankers rotirte. Wird nun in ein solches
Feld eine Eisenmasse gebracht, so werden in derselben Ströme inducirt, die das Eisen
so magnetisiren, dass ein Drehmoment entsteht; weshalb es vortheilhaft ist, diesen
Strömen bestimmte Bahnen zu geben, ist schon früher erläutert worden. Aus dieser
Betrachtung geht auch die Erzeugungsweise des Drehstromes hervor: man lässt ein
constantes Feld, das natürlich nur durch Gleichstrom erregt werden kann, rotiren und
nimmt die Ströme an drei Stellen des Ankers ab, die gleichmässig zwischen den
gleichnamigen Polen vertheilt sind; man erhält also drei Leiter, welche drei Ströme
führen, deren Phase um 120° verschoben ist. Auf dieselbe Weise kann man natürlich
auch Mehrphasenströme erzeugen, doch hat nur noch der Zweiphasenstrom eine
ausgedehnte Anwendung gefunden.
Bei diesem sind die Stromwellen um je 90° verschoben, man erhält demnach vier Leiter
und zwei von einander unabhängige Stromkreise; deshalb
lässt sich ein Leiter doppelt benutzen, so dass man die Zahl derselben auf drei
reduciren kann. Während man also beim Drehstrom drei gleich starke Leiter hat, sind
beim Zweiphasenstrom drei Leiter vorhanden, von denen zwei gleich stark, der dritte
aber stärker ist, und zwar ist derselbe, wie sich leicht überschauen lässt, √2mal so
stark als der andere. Die Leitungsausnutzung ist etwas schlechter als beim
Dreiphasenstrom, doch hat man den Vortheil, dass man ähnlich wie beim
Gleichstrom-Dreileitersystem die vorhandenen Lampen in zwei Gruppen anschliessen und
dadurch eine gleichmässigere Belastung jeder Phase erzielen kann, während beim
Dreiphasenstrom die Lichtbelastung in drei Gruppen getheilt werden muss. In Folge
dessen lässt sich eine gleichmässige Belastung aller Zweige bei letzterem
schwieriger erreichen, die am stärksten belasteten haben demgemäss einen grösseren
Spannungsabfall als die anderen; man kann dies vermeiden, indem man künstliche
Belastung durch Widerstände in den minderbelasteten Zweigen anbringt, die natürlich
desto mehr Energie verzehren, je ungleichmässiger die Belastung ist. Bei beiden
Systemen kann man diesen Nachtheil jedoch umgehen, indem man das Licht
ausschliesslich zwischen zwei Leitern brennt, bei Zweiphasenstrom natürlich zwischen
zwei gegenüberliegenden, die Motoren liegen dann allein zwischen den drei Leitern.
Man regulirt die Spannung so, dass das Licht richtig brennt, und kümmert sich gar
nicht um die Spannung der anderen Leiter, da die Spannungsschwankungen für Motoren
von geringem Einfluss sind. Dies System ist für Drehstrom in grösserem Maasstabe für
die Kraftversorgung und Beleuchtung der Dresdener Bahnhöfe durchgeführt. Hier ist
die Einrichtung sogar so getroffen, dass die Energie für Licht und Motoren von
verschiedenen Primärmaschinen geliefert wird; nimmt man nämlich von einer
Drehstromprimärmaschine den einen Leiter einfach fort, so arbeitet sie als
Einphasenwechselstrommaschine, die in diesem Falle an die beiden Leitungen
angeschlossen ist, zwischen denen ausschliesslich Licht liegt. Die Motoren beziehen
ihre Energie aber aus allen drei Leitern gleichmässig; auf der Centrale kann
demgemäss nur diejenige Maschine Energie hierfür liefern, die an alle drei Leiter
angeschlossen ist; dadurch ist aber die Regulirbarkeit des ganzen Systems in
weitestem Maasse gesichert.
Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass die Nachtheile des Drehstromes dem
Zweiphasenstrom ebenfalls eigenthümlich sind; ersterer hat aber den Vortheil einer
besseren Leitungsausnutzung und verdient deshalb den Vorzug. In Deutschland hat man
dieses längst eingesehen und es hat hier deshalb grosses Erstaunen hervorgerufen,
als für die riesige Niagarakraftübertragung das Zweiphasensystem gewählt wurde; es
ist längst erwiesen, dass für diese Anlage das Dreiphasensystem den Vorzug verdient
hätte.
(Fortsetzung folgt.)