Titel: | Neuere Turbinen. |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 270 |
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Neuere Turbinen.
(Vorhergehender Bericht 1892 285 175 193.)
Mit Abbildungen.
Neuere Turbinen.
Zur Milderung der Schläge bei langen Wasserzuleitungen, wie bei den Zuleitungen zu
Pumpen, hat man auch bei den Zuleitungen zu den Turbinen versucht, durch Anbringung
von Druckwindkesseln die Schläge auf die Turbine zu mildern. Die erwähnten Schläge
und die Schwankungen entstehen meistens aus der Einwirkung der Regulirapparate auf
den Wasserzufluss und wiederholen sich in manchen Fällen in regelmässigen
Zeitabständen, so dass es nicht selten vorkommt, dass diese Schwingungen sich
regelmässig wiederholen, sich addiren, so dass ihre Wirkungen sich verstärken, also
gerade das Gegentheil der beabsichtigten Wirkung erzielen. Dadurch wird der Gang der
Turbine unregelmässig und die Möglichkeit eines Bruches derselben wird näher
gerückt.
Textabbildung Bd. 298, S. 270
Fig. 1.Windkessel für Turbinenzuleitungen.
Textabbildung Bd. 298, S. 270
Turbine von Brault, Teisset und Gillet.
Nach Revue industrielle vom 5. August 1895 hat Paul Piccard in Genf den beregten Uebelstand durch die
in Fig. 1 angedeutete Anordnung zu beheben gesucht.
In der Nähe der Turbine ist ein doppelter Windkessel angebracht, bestehend aus den
beiden Theilen A und B,
die mittels eines weiten Rohres an die Hauptwasserzuleitung C angeschlossen sind. In der Zuleitung a
liegt ein Rückschlagventil s, die Leitung a1 ist mit einem
Regulirhahn r versehen. Das Rückschlagventil s schliesst sich sofort selbsthätig, so dass das in A eingedrungene Wasser nur allmählich durch a1 seinen Rückweg
finden kann, je nach der Stellung des Regulirhahnes r.
Auf diese Weise sind schädliche Schläge in der Rohrleitung C beseitigt. Der Windkessel B hat nun
folgende Einrichtung: er ist an die Hauptleitung G
durch das weite Rohr b und das in demselben liegende
Rückschlagventil t angeschlossen, ferner an dieselbe
Hauptleitung durch das engere Rohr b1 (mit dem darin liegenden Regulirhahn r1). Wird nun die
Regulirklappe D geschlossen, so steigt der Druck in dem
Zuleitungsrohre C, das Ventil s lässt das Wasser in die Windkammer A
eintreten, durch den sofort erfolgenden Schluss des Ventils s wird der Rückstoss behoben. Wenn sich aber die Regulirklappe öffnet, so
fliesst das Wasser aus dem Windkessel B durch Ventil
t sofort in die Rohrleitung, um dort die zu grosse
Druckabnahme zu verhindern. Auf diese Weise ist jede Druckschwankung vermieden. Die
Windkessel sind mit irgend einem der bekannten Füllapparate versehen, um die
Spannung der Luft stets in derselben Höhe zu halten. Bei der jetzt vielfach zur
Verwendung kommenden bedeutenden Druckhöhe wird die Piccard'sche Druckregulirung empfehlenswerth sein, sowohl für den hier
angeführten Zweck als auch bei Pumpenanlagen, insbesondere wenn rascher Hubwechsel
vorhanden ist.
Eine neue Turbine nach amerikanischem System von Brault,
Teisset und Gillet in Paris-Chartres (Fig. 2 und 3) beschreibt Revue industrielle vom 4. August 1894. Als eine
Besonderheit derselben wird ein Oberwasserzapfen angeführt, der sich auf einer
Stützsäule G befindet. Letztere ist in dem Armkreuze
F befestigt. Die Stützsäule ist von der hohlen
Welle K umgeben, welche unten an der Stützsäule ihre
Führung hat und an dem oberen Ende den Oberwasserzapfen trägt. Mittels der
aufgekeilten Scheibe B sind die Schaufeln A zu dem Schaufelrade der Turbine zusammengefügt. Das
ganze Schaufelrad ist von dem als Schützen Vorrichtung dienenden Rohrstücke C eingeschlossen, welches selbst wieder von dem als
Leitrad benutzten Gussstück D umgeben ist. Dem Ganzen
dient als Untersatz das den Auslauf bildende Gusstück E. Die obere Führung der Welle K wird von der
Zapfenbüchse O und dem Zapfen L bewirkt. Dieser trägt einen Zapfen mit rechteckigem Gewinde und eine
Mutter, mittels deren die Turbine nach ihrer Höhe eingestellt werden kann. Die
Turbine I ist durch einen Deckel I1 geschlossen, der die
äussere Führung der hohlen Welle K bildet. Die Hülsen
Q, sowie die zugehörigen Hülsen P nebst der zugehörigen konischen Räder dienen zum
Heben oder Senken der Schütze C.
Textabbildung Bd. 298, S. 271
Turbine, System Vigreux.
Die Radial-Axialturbine, System Vigreux (Fig. 4 und 5), vereinigt nach Uhland's praktischem Maschinenconstructeur in sich die
Vortheile der aussen beaufschlagten Radialturbine und der Axialturbine. Das
Leitgehäuse i ist mit einem Theile der Leitschaufeln,
nämlich b, und mit der Decke in einem Stück
hergestellt. Von den Leitschaufeln b ist wieder ein
Theil bis an den Flanschenrand des Gehäuses i
verlängert, um das letztere gehörig abzusteifen. Die übrigen Leitschaufeln c sind um senkrechte Achsen d drehbar, um dem Wasser den Einlauf zu eröffnen oder zu versperren. Die
Achsen d werden in den oberen Lagern durch konische
Ansätze gegen Verschiebungen gesichert und tragen an den oberen Enden Hebel l. Diese befinden sich für die eine Hälfte des
Leitgehäuses unter und für die andere Hälfte über dem Kranze der Scheibe n und greifen mittels Zapfen in dessen Nuthen p ein. Die Scheibe n sitzt
drehbar auf der oberen Verlängerung des unteren Wellenlagers und ist mit einem
Zahnkranz w ausgerüstet. Die auf der oberen und unteren
Kranzseite der Scheibe n befindlichen Nuthen p sind einander congruent, jedoch entgegengesetzt, und
so geformt, dass bei der gezeichneten Lage der Scheibe n die Hebel l durch sämmtliche Leitschaufeln
c die Einlaufkanäle zwischen den Schaufeln b verschliessen. Dreht man die Scheibe n um 180°, so werden durch die Hebel l sämmtliche Leitschaufeln c in die offene Stellung gebracht. Wird die Scheibe n durch die Welle f
mittels des in den Zahnkranz w eingreifenden Getriebes
nur um den Winkel zwischen zwei Achsen d gedreht, so
werden nur zwei einander gegenüber liegende Leitschaufeln c in die offene oder geschlossene Lage gebracht. Man kann also die
Beaufschlagung zwischen Null und Voll so abstufen, dass stets volle Wasserstrahlen
aus den geöffneten Leitkanälen in das Rad e treten. Aus
der äusseren Beaufschlagung der Turbine in radialem Sinne ergibt sich eine grosse
Regelmässigkeit des Ganges, welche derartigen Turbinen im Allgemeinen eigen ist. Das
in das Laufrad e eingetretene Wasser ändert seine
Richtung allmählich, bis es in Folge der unteren Verbreiterung des Rades etwas von
der Achse abwärts austritt. Das Laufrad e ist an der
Welle auf und nieder verschiebbar und wird mittels Mutter und Gegenmutter
eingestellt. Als Spurzapfen dient eine Muffe t, welche
an der Welle mittels eines durchgehenden Keiles festgemacht ist. Zur Sicherung des
Keiles ist eine Blechhülse über die Muffe geschoben. Das Spurlager bildet einen
Theil des die Scheibe n sammt Antrieb einschliessenden
Gehäuses. Wenn die Turbine über dem Unterwasser arbeiten soll, wird dem Gehäuse i ein Rohr angeschlossen, welches bis unter den Spiegel
des Unterwassers herabreicht.
Textabbildung Bd. 298, S. 271
Fig. 6.Doppelturbine von Faesch und Piccard.
Bei der Doppelturbine mit vier hinter einander geschalteten Centrifugalpumpen von Faesch und Piccard in Genf (Fig. 6 und 7) lag nach Uhland's technischer Rundschau die Aufgabe vor, für die
Wasserleitung der Stadt Neuchâtel rasch eine Maschine zu erstellen, durch welche
2400 l in der Minute auf 52 m Höhe in das Reservoir gehoben werden konnten. Zur
Gewinnung der Betriebskraft sollte in einer Entfernung von 470 m dem Flusse Reuse
Wasser durch eine Rohrleitung von 400 mm Durchmesser entnommen und der Doppelturbine
zugeführt werden. Ausserdem durften des schwer zugänglichen Aufstellungsortes wegen
keine schwereren Maschinentheile als solche von 400 k Gewicht genommen werden.
Deshalb entschied man sich für eine Doppelturbine (Fig.
7) und vier Centrifugalpumpen h-h3 (Fig. 6), welche
auf einer gemeinschaftlichen Grundplatte aufgestellt sind. Das Druckrohr der ersten
Pumpe h dient als Saugrohr der zweiten h1, das Druckrohr
dieser Pumpe wiederum als Saugrohr der dritten h2, und das Druckrohr der letzteren gleichfalls als
Saugrohr der vierten. Auf diese Weise gelingt es, die Förderhöhe, welche für jede
Pumpe an und für sich etwa 13 m bei 1065 Umdrehungen in der Minute beträgt, auf 4 .
13 = 52 m zu erhöhen. Um dies zu verstehen, denke man sich eine Centrifugalpumpe,
welche Wasser aus einem höher gelegenen Behälter empfängt. Wenn sie bei 1065
Umdrehungen eine gewisse Wassermenge 13 m hoch hebt, so muss sie jetzt das Wasser um
13 m höher als der Behälter heben. Dabei macht es keinen Unterschied, wie hoch
der Behälter über der Pumpe gelegen ist. Es befindet sich nun die zweite Pumpe h1, welche Wasser von
der ersten empfängt, in demselben Zustande, als wenn sie das Wasser aus einem
Behälter in der Höhe von 13 m empfinge. Aehnliches gilt von der dritten Pumpe h2 und der vierten h3. Der Wirkungsgrad
der vier Centrifugalpumpen zusammengenommen wird auf 50 Proc. angegeben, was
allerdings nicht mit demjenigen einer gewöhnlichen Pumpe zu vergleichen ist. Allein
die Pumpen sind leicht, nehmen wenig Raum ein und lassen sich rasch bauen. Die Länge
der Saugrohrleitung beträgt 90 m und die der Druckrohrleitung 200 m, der lichte
Durchmesser 225 mm. Die Doppelturbine befindet sich in der Höhe von 2 bis 2,5 m über
dem Unterwasser und hebt bei einem Gefälle von 40 m durchschnittlich 3000 l Wasser
in der Minute 52 m hoch. Das Kreuzstück c (Fig. 7), in welches die Zuführungsrohrleitung mündet,
ist mit Flanschen versehen, an welchen die Leiträder bb1 mit den Wellenrohrstücken verschraubt
sind. Der mittlere Durchmesser der Laufräder beträgt, um eine genügend hohe
Geschwindigkeit der Turbine zu erzielen, kaum 250 mm. Die Abflussröhren gg1 haben 300 mm
lichten Durchmesser. An den Deckeln ff1 sind Stopfbüchsen zur Abhaltung der Luft und
Kammlager ee1 zum
Schütze gegen axiale Verschiebungen angebracht. Die beschriebene
Wasserhebungsmaschine hat den Vorzug, dass sie fast gar keine Wartung erfordert.
Textabbildung Bd. 298, S. 272
Fig. 7.Doppelturbine von Faesch und Piccard.
Textabbildung Bd. 298, S. 272
Turbine von Tyler.
Ein Bericht über die Ausstellung in Chicago von G. Richard
– in dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1894 S. 638 u. f., enthalten – verbreitet sich eingehend
über amerikanische Turbinen. Wie gross die Verbreitung der Turbinen dort ist, sehen
wir daraus, dass der Verfasser die nutzbar gemachten Turbinen auf eine Leistung
von 1200000 veranschlagt, die etwa einem Viertel der ganzen amerikanischen
Kohlengewinnung entsprechen würde. Es übersteigt die Gesammtleistung der Turbinen
die Gesammtleistung der Dampfmaschinen, mit Ausschluss der Locomotiven und der
Schiffsmaschinen. Aus dieser Thatsache geht die hervorragende wirthschaftliche
Wichtigkeit der amerikanischen Turbinen hervor, und es ist die Sorgfalt erklärlich,
welche dieser Klasse von Motoren zu Theil wird. Es sind dort fast alle besseren
Systeme vertreten und es hat sich mitunter ein Wirkungsgrad von 0,85 bis 0,90
ergeben, wobei allerdings die Art und Weise der Kraftbestimmung ihren Antheil daran
haben mag, den Wirkungsgrad etwas höher erscheinen zu lassen; bei den europäischen
Maschinen übersteigt er selten 0,82. Wir wollen indess dem Verfasser in den
einschlägigen Rechnungen nicht folgen.
Am verbreitetsten sind in Amerika die Turbinen nach dem System Leffel, von dem zu Ende des Jahres 1893 angeblich 13000
Ausführungen vorhanden sind, mit einer Gesammtleistung von 550000 Die von
Leffel bevorzugten Ausführungen sind nach dem
„Standard“- und dem „New Special“-System. Einen guten Ruf
geniessen auch die Zwillings- und Doppelturbinen von Rodney
Hunt. Von diesen werden als Beispiele zwei Ausführungen dargestellt; die
erste derselben wird aus einem in sich abgeschlossenen System gebildet, die zweite
besteht aus zwei für sich bestehenden Systemen mit getrennten Zu- und
Ableitungen.
Für geringes Gefälle und wechselnden Wasserzufluss construirt Tyler (Ingenieur des Hauses Leffel) die in
Fig. 8 und 9 dargestellte Turbine.
Der Turbinenkörper FE ist von einer Art Glocke 2, 3 eingehüllt. Fällt das Zuflusswasser bis auf 19, so öffnet man die Schütze 4; dies hat zur Folge, dass das Wasser in den Raum E eindringt und hier, durch das Schnüffelventil 8 hindurch, einen luftverdünnten Raum herstellt, so dass das Wasser bis
auf die Höhe des Schwimmers 9 hoch gezogen wird und die
Turbine bespült. Bei mittlerem Stande (21) verhindert
die Glocke, dass sich bei der geringen Belastung Wirbel und Lufträume bilden. Auf
diese Weise lassen sich Fallhöhen von 1,5 bis 3 m mit gutem Wirkungsgrade verwenden.
Die
Riemenscheibe G ist in eine Aussparung verlegt, damit
die Turbinenachse möglichst tief gelegt werden kann.
Die Schützenvorrichtung wird durch die Handräder V
geregelt. In der Figur bezeichnet 2 3 die an 14 befestigte Glocke, C
das gemeinschaftliche Abfallrohr, 9 und 10 das Schnüffelventil, P
Wassereinlauf mit Stellvorrichtung Q.