Titel: | Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe. |
Autor: | Weeren |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 34 |
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Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
Von Dr. Weeren in
Charlottenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 9 d.
Bd.)
Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
B. Silicium und Bor.
Ueber den Einfluss des Bors auf Eisen, den man bislang aus dem Grunde nicht hat
studiren können, weil man noch keine Methoden hatte, Bor in reinem Zustande
darzustellen, liegen Untersuchungen von Moissan vor.
Diesem gelang es 1892 reines Bor darzustellen. 10 g eines grauen Roheisens von St. Chamond mit 3,18 Proc. Gesammtkohlenstoff wurden
in einem mit 2,5 g Bor ausgestrichenen Porzellan Schiffchen in einem mit trockenem
Wasserstoff gefüllten Porzellanrohr in einem Flammofen stark geglüht. Man fand nach
dem Erkalten in dem Schiffchen einen gut geschmolzenen Regulus, der mit einem
schwarzen, ganz aus Graphit bestehenden Filz bedeckt war. Das Metall hatte einen
gelblichen Farbenton und zeigte an der Oberfläche einige lange, gut krystallisirte
Prismen; die Analyse ergab 8 bis 9 Proc. Bor. Das Metall erwies sich als ein
Borroheisen mit krystallisirtem Eisenborid gemengt. Es enthielt nur noch 0,27 Proc.
Kohlenstoff. Die Verbrennung des in Sauerstoff verbrannten Kohlenstoffs ergab keinen
Rückstand, was vor der Behandlung des Eisens mit Bor der Fall gewesen war. Vier
weitere Proben mit 3,24 Proc. Kohlenstoff und 0,418 Proc. Verbrennungsrückstand
ergaben nach der Boreinwirkung
I
II
III
IV
Kohlenstoff
0,36
0,28
0,17
0,14
Proc.
Rückstand (Schlacke)
0,02
–
0,03
0,01
„
Ein weisses Roheisen mit 3,85 Proc. Gesammtkohlenstoff
und 0,36 Proc. Schlacke besass nach der Behandlung mit Bor nur noch 0,24 Proc.
Kohlenstoff und 0,06 Proc. Schlacke. Bor vermindert hiernach sehr energisch den
Kohlenstoffgehalt des Eisens und bildet ausserdem mit den Verunreinigungen desselben
leicht Verbindungen, die verschlackt werden.
Aehnliche Versuche wurden auch mit Silicium ausgeführt. Moissan bereitete zunächst aus weichem Eisen mit Hilfe von Zuckerkohle im
elektrischen Ofen ein kohlenstoffreiches Eisen und setzte diesem im flüssigen
Zustande einige mehrere Gramm schwere Kügelchen von geschmolzenem Silicium zu. Der
erkaltete, an der Oberfläche glatte Regulus hatte das Aussehen eines Siliciumeisens
mit weissem glänzenden Bruch. Dasselbe enthielt nur noch sehr wenig gebundenen
Kohlenstoff und gar keinen Graphit. In der Mitte des Regulus zeigte sich beim
Zerschlagen eine grosse Aushöhlung, die viel glänzenden und sehr gut krystallisirten
Graphit enthielt.
Hiernach ersetzen Bor und Silicium den Kohlenstoff im flüssigen Roheisen oder
Eisencarbid sehr kräftig. (Compt. rend., 1895.)
C. Aluminium.Ueber Silicium und
Aluminium in der Metallurgie des Stahles (Berg- und Hüttenmännische
Zeitung, 1893 S. 81 und 82).L'affinage des Métaux par l'Aluminium par J. Faugan
(Revue universelle des mines, de la métallurgie etc., 1894 S. 249
u. ff.)Aluminium als Reinigungsmittel für andere Metalle von
Knut-Styffe (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1893 Nr. 21).Ueber Aluminium als Zusatzmittel zum Flusseisen von
Carl v. Geijerstam (Jernkontorets Annalen, 1893 S. 362 bis 369,
auszugsweise Stahl und Eisen, 1894 S. 395 bis
397).Versuche über den Zusatz von Aluminium zum Roheisen
von A. Borsig (Stahl und Eisen, 1894 S. 6 bis
16).
Das Aluminium ist in seiner Wirkung auf Roheisen dem Silicium ähnlich, wirkt aber ungleich
kräftiger als dieses. Dasselbe vermag Mangan, Silicium und Kohlenstoff durch
eigene Oxydation zu schützen und vorhandene Oxyde dieser Elemente zu reduciren, so
dass bei allen Oxydationsprocessen etwa vorhandenes Aluminium vor den übrigen
Begleitern oxydirt und ausgeschieden werden muss. Das Aluminium begünstigt die
Ausscheidung des Graphits und vermindert in stärkerem Maasse als Silicium die
Neigung des Roheisens zum Abschrecken, selbst bei zunehmendem Mangangehalte. Durch
die Graphitausscheidung wirkt das Aluminium mittelbar auf das Grossgefüge des Eisens
ein und verringert die glattwandigen von Gasblasen herrührenden Hohlräume. Durch
einen grösseren Zusatz an Aluminium wird das Roheisen dickflüssig und matt, nach Borsig's Ansicht in Folge der directen Oxydation des
ersteren durch den Sauerstoff der Luft, indem sich eine Haut von Thonerde um das
Eisen legt und seine Bewegungen hemmt. Aus diesem Grunde vereinigen sich zwei neben
und an einander laufende Ströme aluminiumhaltigen Eisens nicht, sondern erstarren
völlig getrennt von einander. Die Schwindung des Roheisens nimmt deutlich ab. Ein
Aluminiumgehalt von 0,1 Proc. hat auf die Biegungsfestigkeit keinen unmittelbaren
Einfluss. Eine Verwendung des Aluminiums in der Eisengiesserei wird erst dann
stattfinden können, wenn es gelingt, in einer im Grossbetriebe ausführbaren Weise
kleine Mengen des Metalles ohne grosse Verluste in das Eisen überzuführen. Die
chemische Natur des Aluminiums macht indessen die Auffindung eines derartigen
Verfahrens unwahrscheinlich.
Ein Aluminiumzusatz zu Bessemer- und Martinflusseisen, sowie Gusstahl bezweckt sowohl die Zersetzung von im Metall enthaltenen Oxyden,
als auch die Beseitigung der darin gelösten Gase (Kohlenoxyd und Wasserstoff). Die
Wirkung des Aluminiums auf diese Substanzen ist jetzt vielleicht mit alleiniger
Ausnahme des Wasserstoffgases vollkommen aufgeklärt. Sie beruht auf der grossen
Oxydationsfähigkeit des Aluminiums und seinem Vermögen, sich sehr rasch in dem
flüssigen Eisen aufzulösen und sich fast augenblicklich in demselben zu vertheilen.
War das Eisenbad in Folge der Entkohlung stark oxydhaltig und deshalb dickflüssig
geworden, in welchem Zustande aufgenommene Gase sehr schwer entweichen können, so
wird dasselbe nach dem Zusatz von Aluminium fast augenblicklich wieder dünnflüssig;
verhielt sich dasselbe in Folge Gasentwickelung sehr unruhig, so hört auch diese
sofort auf; das Bad wird ruhig und der Guss ist vollkommen blasenfrei. Die im Eisen
gelösten Oxyde werden durch das Aluminium, indem dieses sich selbst oxydirt, zu
Metall reducirt. Dasselbe geschieht mit dem Kohlenoxydgas, welches zu Kohlenstoff,
der von dem Eisen gelöst wird, reducirt wird. Es ist die durch den Aluminiumzusatz
fast stets bewirkte Dünnflüssigkeit des Eisenbades auch durch die Oxydationswärme
des Aluminiums erklärt worden; indessen liegen hierüber noch keine beweisende
Untersuchungen vor.
Weniger aufgeklärt als der zersetzende Einfluss des Aluminiums auf Metalloxyde
und Kohlenoxyd ist seine Wirkung auf die gleichfalls im flüssigen Eisen gelösten
Gase Stickstoff und Wasserstoff.
Nach Geijerstam muss der Aluminiumzusatz um so grösser
sein, je kohlenstoffärmer und je heisser das Eisen ist. Die Gründe hierfür liegen
auf der Hand. Ein zu hoher Zusatz macht das Eisen hart und spröde.
Die Wirkungen des Aluminiums auf Eisen sind somit im Wesentlichen auch die des
Ferrosiliciums; letzteres dürfte sogar noch stärkere reducirende Eigenschaften haben
und ist im Verhältniss zum Aluminium billiger. Es kommt ferner hinzu, dass die mit
Aluminiumzusatz gegossenen Blöcke meistens eine unschöne und unegale Oberfläche
erhalten, insbesondere am oberen Theil, was offenbar darauf zurückzuführen ist, dass
die durch die Oxydation des Aluminiums entstandene Thonerde sich zum Theil in Form
eines grauen Häutchens auf der Blockoberfläche ablagert. Schliesslich ist es nicht
leicht, den richtigen Augenblick zum Giessen abzupassen; denn erfolgt dasselbe zu
spät, so ist das Aluminium zum grössten Theil verbrannt, während bei zu frühem
Giessen die Mischung und Einwirkung des Aluminiums auf das Eisen noch nicht beendet
ist. v. Geijerstam schlägt deshalb vor, während des
Giessens in gleichen Zeiträumen kleine, genau abgewogene Stücke von Reinaluminium in
die Coquille zu werfen. Die Oberfläche der Blöcke bleibt dann bedeutend glatter und
schöner als sonst, und überdies hat man vollkommene Sicherheit, dichten Stahl zu
erhalten, weil ein viel geringerer und mehr berechenbarer Theil des Zusatzes oxydirt
wird. Allerdings muss man dabei wieder den Uebelstand mit in den Kauf nehmen, dass
dichtes Material grosse Neigung zum Lunkern hat; die Pfeifen erstrecken sich oft
über ein Drittel der Blocklänge und selbst noch mehr. In Hinsicht auf die dabei
entstehenden grossen Abfälle hält v. Geijerstam diese
Methode für unökonomisch, da es praktisch nicht möglich sei, den erforderlichen
Aluminiumzusatz von vornherein so genau auszumitteln, dass die Blöcke gleichzeitig
dicht werden und keine Pfeifen zeigen.
Nach Untersuchungen von Dr. Karl HilgenstockDer Schwefel im
Eisen (Erlangen, k. b. Hof- und Univ.-Buchdruckerei von Fr. Junge,
1893 S. 18 u. ff.). wirkt das Aluminium auf schwefelhaltiges Eisen auch entschwefelnd ein. Es sind indessen hierzu wesentlich grössere Zusätze
erforderlich, so dass auch bei dem jetzigen Preise des Aluminiums eine praktische
Verwerthung desselben für diesen Zweck ausgeschlossen erscheint.
D. Arsen.
John Stead legte der Frühlingsmeeting des Iron and Steel Institute 1895 eine umfangreiche
Arbeit über den Einfluss des Arsens auf Stahl vor, in der er einleitend erinnerte,
dass F. W. Harbord und A. E.
Tucker in ihren Mittheilungen aus dem Jahre 1888 festgestellt haben, dass
ein höherer Procentgehalt an Arsen den Stahl nachtheilig beeinflusse; ob geringere
Mengen in ähnlicher Weise wirkten, sei bislang nicht festgestellt worden. Im
Hinblick auf die grosse Wichtigkeit dieser letzteren noch offenen Frage hat Stead auf den Easton
Steelworks sehr eingehende Versuche mit den verschiedensten
Flusseisensorten ausgeführt, um festzustellen, welchen Einfluss ein Arsengehalt von
0,1 bis 0,25 Proc. auf das Metall ausübe. Die Versuche erstreckten sich
1)
auf
Bessemerstahl
mit
0,395 C, 0,864 Mn, 0,093 Si
und
0,127 As
2)
„
„
„
0,185 C, 0,374 Mn, 0,018 Si
„
0,158 As
3)
„
„
„
0,320 C, 0,662 Mn, 0,028 Si
„
0,242 As
4)
„
Siemens-Martin-stahl mit
0,185 C, 0,345 Mn, 0,032 Si
„
0,136 As
5) auf Siemens-Tiegel- gusstahl mit
0,830 C, 0,431 Mn, 0,139 Si
0,210 As
Stead zieht aus seinen Versuchen folgende
Schlussfolgerungen:
Ein Arsengehalt von 0,15 Proc. hat keinen nachtheiligen Einfluss auf die mechanischen
Eigenschaften des Materials. Die Bruchfestigkeit nimmt unbedeutend zu; die Dehnung
wird scheinbar nicht beeinflusst und die Contraction bleibt in den meisten Fällen
dieselbe.
Bei höherem Arsengehalte steigt die Festigkeit des Stahles, doch gehen Dehnung und
Contraction zurück. Die Biegefähigkeit desselben ist keine schlechte; sie nimmt aber
ab, sobald der Arsengehalt 1,5 Proc. übersteigt. Bei 4 Proc. Arsen sind Dehnung und
Contraction gleich Null. Die Versuche ergaben ferner, dass Arsen nicht die geringste
Fähigkeit besitzt, Rothbruch zu erzeugen. Arsen scheint die Neigung des Stahles zum
Rosten herabzumindern. Die elektrische Leitungsfähigkeit desselben wird bereits
durch geringe Mengen Arsen geschädigt.
Die Stead'schen Versuche dürften beweisen, dass zwar ein
geringer Arsengehalt dem Eisen nicht so nachtheilig ist, wie man bisher anzunehmen
glaubte, dass aber auch kein Grund vorliegt, Arsen als Begleiter des Flusseisens zu
wünschen.
Ueber den Kleingehalt des Eisens an verschiedenen
Körpern liegt eine Abhandlung von A. LedeburStahl und
Eisen, 1894 S. 810 u. ff.). vor. Derselbe hält
Untersuchungen darüber, welche Elemente neben dem gewöhnlich analytisch bestimmten
Kohlenstoff, Silicium, Mangan, Phosphor, Schwefel, Nickel, Kupfer und Antimon im
Eisen vorkommen, für sehr wünschenswerth, da nach seiner Meinung nicht zu bezweifeln
ist, dass eine wahrnehmbare Veränderung der Eigenschaften des Eisens wohl
hervorgerufen werden kann, wenn mehrere Fremdkörper neben einander zugegen sind und
ihre Wirkung vereinigen. Es gelang Ledebur neben den
obengenannten Elementen noch folgende im Eisen zu ermitteln: Zinn, Blei, Zink,
Chrom, Kobalt, Titan, Vanadium. Zink fand sich nur in einer Roheisenprobe
spurenweise. Calcium und Aluminium konnten jedoch trotz sorgfältigsten Arbeitens
niemals festgestellt werden; dasselbe gilt von Kalium und Natrium. Das Fehlen dieser
letzteren fünf Elemente erklärt Ledebur theils als eine
Folge der hohen Temperatur des Hochofens und der grossen Flüchtigkeit der Metalle
(Zink, Kalium, Natrium), theils wegen der ausserordentlich hohen
Reductionstemperatur von Calcium und Aluminium, die bis jetzt nur durch den
elektrischen Strom erzeugt werden kann. Dass trotzdem das thatsächliche
Vorhandensein des einen oder anderen dieser Elemente bereits mehrfach behauptet
worden ist, hat nach Ledebur seinen Grund in nicht
sorgfältigem analytischem Arbeiten (Benutzung von calcium- und aluminiumhaltigen
Filtrirpapier) oder aber z.B. bei der Bessemerflamme mittels des Spectralapparates
in einer falschen Schlussfolgerung. Das Auftreten der Kalium- und Natriumlinien ist
hierfür durchaus nicht beweisend, da diese Körper sich auch im Birnenfutter, den Zuschlägen, dem
Staub des Arbeitsraumes u.s.w. vorfinden und bereits in ausserordentlich geringen
Mengen ein deutliches Spectrum ergeben.
(Fortsetzung folgt.)