Titel: | Neuerungen an Jacquardmaschinen. |
Autor: | d.h. |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 51 |
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Neuerungen an Jacquardmaschinen.
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Jacquardmaschinen.
Bei der Herstellung von Stoffen mit Querbordüren oder Querstreifen, z.B. von Decken
und Handtüchern, macht sich ein beständiges Auswechseln der Kartenspiele nöthig,
wenn man mit einfachen Jacquards arbeitet. Man wendet für diese Webart auch
Doppel-Jacquardmaschinen und andere Vorrichtungen an, welche die beiden Kartenspiele
selbsthätig ein- und ausschalten.
Fig. 1 gibt die Einrichtung einer neueren
Doppel-Jacquardmaschine wieder, welche V. Lacasse in
Chemnitz patentirt wurde (* D. R. P.
Nr. 70569 vom 9. Juni 1892). Die beiden Prismen (Cylinder) a und a1 stehen an gegenüberliegenden Seiten der
Jacquardmaschine und kommen auf ein und dasselbe Nadelsystem zur Wirkung. Die Nadeln
n arbeiten mit Doppelplatinen p, deren federnde Schenkel sich gegen einen Drahtrost
r stützen. Das linke Prisma a correspondirt mit dem linken Schenkel der Platine und sind die
beweglichen Messer c in dem Falle nach rechts geneigt;
der rechte Cylinder a1
bethätigt den rechten Platinenschenkel und liegen die Messer alsdann nach links.
Das Arbeiten der Cylinder ist abhängig von der Stellung des Excenters x auf dem Bolzen k. Der
Maschinenhebel b erhält constante schwingende Bewegung.
In Schlitzen dieses Hebels geführt sind die Bolzen e
und e1, welche durch einen Bügel d mit einander verbunden sind und kleine Rollen tragen, die sich gegen das
Excenter x anlegen. Andererseits greifen die Bolzen e und e1 mittels Schubstangen g und g1 an die Cylinderladen
an. Steht das Excenter x wie in der Zeichnung, so
arbeitet das rechte Prisma a1, denn es schwingt der Bolzen e1, mit seiner Rolle am
grösseren Excenterdurchmesser laufend, weit aus, während der Bolzen e dem Drehpunkt k des
Maschinenhebels b stark genähert ist, und demnach nur
geringe Bewegung erhält. Um den Cylinder a arbeiten zu
lassen, muss das Excenter x eine halbe Tour gedreht
werden. Dieses geschieht durch Kettenräderbetrieb vom Hilfsprisma a2 aus, welches um ¼
Tour gedreht wird, jedoch nur dann, wenn die Art des Musters ein Wechseln verlangt.
Die letzte Karte der in Thätigkeit befindlichen Kartenkette bewirkt ein Anheben der
Platine p, welche ihrerseits den Klinkenhebel f hebt, dessen Klinke in ein Sperrad s der Daumenwelle h
eingreift. Ein Pederhebel verhindert das Ueberdrehen des Sperrades s. Ein hoher Daumen der Welle h stellt den am auf und nieder gehenden Messerkasten angebolzten
Wendehaken l nach vorn zum Eingreifen in die Laterne
des Hilfscylinders a2.
Es findet sofort ein Arbeitswechsel der Hauptcylinder statt. Damit der Wendehaken
l nicht schon beim nächsten Arbeitsgang ein
abermaliges Umstellen bewirkt, muss durch die erste Karte des zweiten Kartenspiels
die Platine p ebenfalls gezogen werden, damit ein
niedriges Glied der Daumenwelle h dem Wendehaken l vorgelegt wird und dieser zurückfedert.
Textabbildung Bd. 299, S. 52
Fig. 1.Lacasse'sche Doppel-Jacquardmaschine.
Mit dem Wechsel der Cylinder a und a1 zugleich muss ein
Wenden der Messer c erfolgen. Dieses geschieht
ebenfalls vom Hilfscylinder a2 aus. An demselben ist ein Anschlag m
befestigt, welcher den Doppelhebel n links gesenkt
lässt oder anhebt. Es trifft im ersten Falle die mit dem Hebel n verbundene und senkrecht geführte Stange o nicht gegen den Ansatz t
des Winkelhebels w und werden die Messer c durch eine Feder u in
ihrer nach rechts geneigten Lage gehalten. Wird der Doppelhebel n links angehoben, so stösst die Stange o gegen den Winkelhebel w
und stellt die Messerschiene v nach links. Als
Sicherung gegen das Zurückfedern derselben stellt sich zugleich ein Bolzen y hinter den Ansatz z der
Schiene v so lange, bis beim nächsten Wechseln durch
eine zweite an dem Doppelhebel n sitzende Stange o1 der Bolzen y angehoben und somit die Schiene v frei gegeben wird.
Textabbildung Bd. 299, S. 52
Fig. 2.Messerwendevorrichtung an Doppeljacquards.
Dieser letztgenannte Messerwendeapparat kann auch durch die in Fig. 2 abgebildete einfache Vorrichtung ersetzt
werden. Die arbeitende Cylinderlade b trifft gegen den
Stossarm r der Messerschiene v, treibt diese somit zurück. Die Stellung wird durch eine am Messerkasten
u1 angebrachte und
in Kerben der Schiene v eingreifende Blattfeder f1 gesichert. Beim
Arbeitswechsel wird die Schiene v auf gleiche Weise von
der zweiten Cylinderlade b1 aus nach links gedrückt und durch dieselbe Feder f1 gegen unbeabsichtigte Verschiebung
gesichert.
Textabbildung Bd. 299, S. 52
Fig. 3.Schroers'sche Repetirvorrichtung.
Die Repetirvorrichtungen der in D. p. J. 1893 290 61 beschriebenen Art entbehren der für mechanische
Betriebe nöthigen Sicherheit. Die wenn auch kräftig gebaute Platine p1 (s. Fig. 16 daselbst) versagt zuweilen. Die
Maschinenfabrik von Herrn. Schroers in Crefeld hat
deshalb diesen Apparat wie folgt abgeändert:
Der achttheilige Hilfscylinder a1 (Fig. 3) dient wie
früher zur Aufnahme einer Daumenkette mit verschieden hohen Gliedern, welche auf den
Rollenhebel f1
einwirken und bestimmen, ob der Wendehaken x2 oder x3 mit dem Prisma a
arbeiten soll Die Drehung des Hilfscylinders a1erfolgt mittels Stosshakens x5. Dieser ist durch den Doppelhebel b2 mit der
Flacheisenstossplatine p3 verbunden. Findet durch die auf dem Cylinder a liegende Karte ein Zurückdrängen der zur Stossplatine p3 gehörigen Nadel
statt, so greift die an der Stossplatine drehbar gelagerte Falle c hinter den festen Anschlag t im Maschinengestell und verhindert das Vorschnellen der Platine p3, sobald sich die Karte wieder vom Nadelbrett n entfernt. Der steigende Hochfachmesserrahmen o2 gleitet mit seinem
Winkel d2 an der
federnden Nase s2
vorbei und trifft beim nächsten Niedergang auf die Nase s2, bewirkt
demnach mit Sicherheit den Niedergang der Stossplatine p3 und hieraus folgend auch das Wenden des
Hilfscylinders a1.
Gleichzeitig wird die Falle c wieder frei und stellt
sich die Stossplatine p3 mit ihrer Nadel nach vorn.
Textabbildung Bd. 299, S. 53
Fig. 4.Reuter'sche Repetirvorrichtung.
Textabbildung Bd. 299, S. 53
Fig. 5.Reuter'sche Repetirvorrichtung.
Mit der in D. p. J. 1893 290
58 beschriebenen Kartensparvorrichtung verbindet P. K. G.
Reuter in Elberfeld noch eine Repetirvorrichtung, welche durch die Fig. 4 und 5
wiedergegeben ist (* D. R. P. Nr. 80786 vom 7. Juni 1894). Es handelt sich darum,
nicht nur den Vorwärtswendehaken h auszulösen, sondern
auch den Rückwärtswendehaken h1 nötigenfalls in das Prisma a eingreifen zu lassen, wodurch die Anwendung der Maschine vielseitiger
wird. Zu dem Zweck sind neben einander drei Daumenketten kk1k2 angebracht, k und k2 haben gleiche
Gliederhöhe und lassen den Wendehaken h arbeiten, ist
hingegen k1 zur
Einwirkung auf die Rolle m gebracht, so arbeitet der
Wendehaken h1. Die
Verschiebung der Daumenketten wird durch eine Platine p
bethätigt. Durch Anheben derselben wird das Prisma i1 mit Kurbelscheibe um ¼ gewendet. Die Kurbel v, welche in einer Schleife des Doppelhebels w läuft, nimmt diesen um eine solche Weglänge mit, dass
dessen oberer Arm die Daumenkette k um die Breite eines
Gliedes verschiebt. Damit die Rolle m
am Wendehaken h dieser Bewegung nicht hinderlich
ist, wird der Wendehaken durch eine Schnur x mit dem
Hebel y verbunden und demzufolge so hoch gehoben, dass
das höchste Glied der Kette k1 unter der Rolle m hinweg geführt werden
kann.
Textabbildung Bd. 299, S. 53
Fig. 6.Holthaus'sche Kartensparvorrichtung.
Eine Vorrichtung an Jacquardmaschinen, um Karten zu sparen, ist Wilh.
Holthaus und Co. in Elberfeld
patentirt worden (* D. R. P. Nr. 73631 vom 21. Juli
1891). Es soll die Figurkarte beim Grundschuss gleichzeitig als Grundkarte
arbeiten. Die Platinen zur Bethätigung der Grundschäfte u.s.w. stehen in den
äusseren Reihen, dementsprechend auch die zugehörigen Nadeln, während die
Figurnadeln die Mitte der Jacquardmaschine einnehmen. In jede Karte ist das Muster
für den Grundschuss sowohl als auch für den Figurschuss geschlagen. Soll ersterer in
das Gewebe eingetragen werden, so hat die zwischen Nadeln und Prisma a (Fig. 6) geschobene
Blindkarte k die in Fig.
7 gezeichnete Stellung. Es treten die Nadelspitzen durch die Schlitze s der Blindkarte hindurch und arbeiten bei
vorschlagendem Prisma a, während sämmtliche Figurnadeln
und deren Platinen zurückgedrängt werden. Folgt diesem Schuss ein Figurschuss, so
wird durch Auslösen der Wendehaken des Prismas a eine
Drehung desselben verhindert und gleichzeitig die Blindkarte k gesenkt, wie in Fig. 6 angenommen.
Hierdurch werden die Nadeln der Figurplatinen frei gelegt und die Nadeln der
Grundplatinen durch Lappen t der Blindkarte
bedeckt.
Textabbildung Bd. 299, S. 53
Fig. 7.Holthaus'sche Kartensparvorrichtung.
Die Verschiebung der Blindkarte k kann durch
entsprechende Daumenanordnung auf der Welle w geregelt
werden. In der Fig. 6 ist die Reihenfolge: ein
Grundschuss, ein
Figurschuss angenommen. Zu dem Zweck trägt die Welle w
auf jeder Seite zwei gleichgerichtete Daumen bezieh. Rollen r und r1.
Diese wirken auf beiderseits angebrachte, um y drehbare
Hebel c ein, welche eine mit der Blindkarte k verbundene Stange z
tragen. An der Cylinderlade b ist ein Wendehaken i angebracht, welcher die Daumen welle w mit Hilfe eines vierseitigen Prismas für jeden Schuss
dreht. Die Blindkarte gleitet leicht an zwei Führungsstangen o und o1, die
in ihren Fusslagern nach aussen federnd angeordnet sind, damit die Blindkarte bei
ihrer Verschiebung die Nadelspitzen nicht berührt.
Textabbildung Bd. 299, S. 54
Fig. 8.Neuwinger'scher Platineneinsatz.
Die in Fig. 8 gezeichnete Neuerung betrifft die
federnde Lagerung der Nadeln und Platinen an Doppeljacquards mit Holzplatinen. Sie
wurde Heinrich Neuwinger in Lettowitz
patentirt (* D. R. P. Nr. 73256 vom 22. Juni 1893). Die
Spiralfedern auf den Nadeln kommen in Wegfall. Dafür wird für jede Platine p eine Blattfeder f
angebracht. Diese Federn sind reihenweise in hölzerne Wellen v eingesteckt, die leicht beweglich zwischen den Platinenreihen gelagert
sind. Seitlich sind die Wellen v derart mit einander
verbunden, dass die Blattfedern f insgesammt nach links
oder nach rechts geneigt werden können. Soll das Prisma a arbeiten, so ist eine Wendung nach links geboten, und arbeitet das
Prisma a1, so müssen
die Federn nach rechts Gegendruck leisten. Diese Bewegung erzielt man selbsthätig
durch Agende Einrichtung. An der Cylinderlade b1 ist ein Zugarm z
befestigt, welcher den Doppelhebel c bewegt. Schwingt
die Cylinderlade b1
nach aussen, so wird der Hebel c unten so weit nach
links gezogen, dass die Abstufung desselben kurz vor dem Einfallen der Maschine auf
den Zapfen d eines Balanciers am Federrahmen stösst,
demnach eine Schwingung des Federrahmens nach links herbeiführt. Die Nadeln arbeiten
alsdann wie gewöhnlich mit dem Cylinder a. Schlägt die
Cylinderlade b1 vor, so
wird der Hebel c durch die Feder e angezogen und führt durch Aufstossen auf den Zapfen
d1 bei
niedergehendem Messerkasten i die Umstellung des
Federrahmens herbei. Damit die Platinen p nicht
ausgleiten, sind die Füsse derselben in das Bodenbrett eingelassen. Immerhin
erhalten die Platinen und Nadeln zu wenig Führung während des Aushebens des
Messerkastens, so dass ein sicheres Arbeiten nicht immer möglich erscheint.
Rud.
Beck in Wien sucht eine jede
Jacquardmaschine dadurch in eine Feinstichmaschine umzuändern (* D. R. P. Nr. 69574 vom 25. October 1892), dass er dem gewöhnlichen
Nadelbrett ein besonderes Nadelsystem vorlegt, wie solches die Fig. 9 und 10 angeben.
Die Hauptnadeln n
werden durch Hilfsnadeln n1 eingestellt. Letztere sind so stark zu biegen,
dass ihre Spitzen auf die neue Cylinderbohrung passen und die anderen Nadelenden der
Grobtheilung der Jacquardmaschine entsprechen. Die Hilfsnadeln n1 erhalten vorn und
hinten Führung in geeigneten Platten c und d und werden durch Nadelfedern f nach vorn gestellt. Um möglichste Verjüngung des Nadelfeldes zu
erreichen, kann ferner die Anzahl von Hauptnadeln einer Reihe auf zwei Reihen der
Hilfsmaschine vertheilt werden.
Textabbildung Bd. 299, S. 54
Fig. 9.Hilfsnadeln von Beck.
Die Karten haben beim Zurückdrücken der Nadeln die doppelte Federkraft zu überwinden,
nämlich die Feder f der Hilfsnadel und diejenige der
Hauptnadel, auch werden die Seitennadeln sich bei starker Reducirung biegen, anstatt
die Hauptnadeln zu bethätigen. Werden, wie vorher erwähnt, die Nadelreihen
verdoppelt, so wird der Kartenschlag erschwert, bezieh. machen sich besondere
Kartenschlagmaschinen nöthig.
Textabbildung Bd. 299, S. 54
Fig. 10.Hilfsnadeln von Beck.
Textabbildung Bd. 299, S. 54
Kartensparvorrichtung von David.
L. und T. David in Lyon ersparen dadurch die Hälfte des
Kartenmaterials, dass sie jede Karte für zwei auf einander folgende Schüsse benutzen
(Fig. 11 bis 14). Zu dem Zweck wird die Lochweite der Karten k nur um ein Geringes verkleinert und arbeiten für den
ersten Schuss die Reihen 1, 3, 5 u.s.f., für den
zweiten Schuss die Reihen 2, 4, 6 u.s.f. Die
Hauptnadeln n und ihre Einwirkung auf die Platinen,
gleichwie die Unterbringung des Kartenprismas und dessen Bewegung können irgend
welcher Art sein, nur dass das Prisma nach jedem zweiten Schuss gewendet wird. Dem
Nadelbrett c sind zwei verschiebbare Platten d und e vorgelegt. Die
Platte d ist weit gebohrt zur Aufnahme kleiner Kolben
f und die Platte e
dient zur Führung der kurzen Hilfsnadeln n1.
Letztere werden von der Karte k zurückgedrückt und
vermitteln die leicht beweglichen Kolben f die
Verbindung mit den Hauptnadeln n. Wenn die mit
ungerader Nummer belegten Lochreihen arbeiten, so haben die Führungsbretter und
zugehörigen Theile die in Fig. 11 gezeichnete Stellung. Um die Nadeln n1 mit den geraden Lochreihen
correspondiren zu lassen (Fig. 12), erhalten die Platten d und e eine Verschiebung in schräger Richtung, und zwar
verschiebt sich die Platte e um die Entfernung der
Kartenlochmitten von einander, während die Platte d
sich nur um einen geringeren Grad in derselben Richtung bewegt. Weil die Platte d einen Theil des Weges von e mit zurücklegt, so bleibt der Druck der Hilfsnadeln n1 mehr centrisch auf
die Kolben f gerichtet und erhalten diese keinen zu
grossen Durchmesser.
Textabbildung Bd. 299, S. 55
Fig. 14.Kartensparvorrichtung von David.
Die Bewegung der beiden Nadelbretter d und e erfolgt durch Excenter g
und i einer Welle h (Fig. 14), und dienen zur Führung sowie Befestigung der
Platten die Bolzen r, welche am Nadelbrett c angebracht sind und durch Schlitze der beiden Platten
d und e
hindurchtreten.
Textabbildung Bd. 299, S. 55
Fig. 15.Platinensicherung von Schulz.
Eine Schutzvorrichtung gegen das Krummschlagen der Drahtplatinen, wie solche
Vorrichtung bereits in D. p. J. 1893 290 62 beschrieben wurde, hat Wilhelm Schulz in Crefeld als Gebrauchsmuster eintragen lassen (D. R. G.
M. Nr. 29020 vom 27. Juli 1894). Die langen Schenkel der Platinen p (Fig. 15) sind über
die Nasen s hinaus um ein solches Stück
verlängert, dass der Messerkasten m niemals bis über
die Platinenspitzen hinaus gehoben wird. Es können die Platinen demnach weder unter
das rückwärts noch vorwärts liegende Messer gelangen. Hiermit wird aber der
Uebelstand der Drahtplatinen erhöht, dass der obere Theil zu stark federt, die
Platinen also nicht schnell genug zur Ruhe kommen. Ferner bieten die Platinennasen
nicht genügende Angriffsfläche für die Messer und ebenso tritt durch das
fortwährende Gleiten des Platinendrahtes an den Messerkanten ein äusserst starker
Verschleiss auf.
Textabbildung Bd. 299, S. 55
Fig. 16.Platinensicherung von Schulz und Oudille.
Besser ist die zu demselben Zweck an Jacquardmaschinen angebrachte Neuerung von Gustav Schulz und Wilhelm
Oudille in Crefeld (D. R. G. M. Nr. 30814 vom 3. September 1894). Der dicht
oberhalb der Nadeln n (Fig.
16) angebrachte eiserne Rost c verhütet
ebenfalls zu weites Vor- oder Zurückbiegen der Platinenenden und daraus folgendes
Krummschlagen der Platinen p durch die niedergehenden
Messer. Diese Möglichkeit liegt namentlich vor, wenn der Cylinder seine ¼- oder
⅙-Wendung nicht vollenden konnte und mit der Kante gegen die Nadeln n treffend diese gänzlich in das Nadelbrett b zurücktreibt.
Textabbildung Bd. 299, S. 55
Fig. 17.Platinen einer Doppelhubmaschine.
Textabbildung Bd. 299, S. 55
Fig. 18.Platinen einer Doppelhubmaschine von Hancock.
Doppelhubmaschinen kommen bekanntlich namentlich dann zur Anwendung, wenn ein
schneller Gang des Webstuhles erwünscht ist. Die gewöhnliche englische Construction
ist die, dass ein Cylinder und zwei Messerkasten angewandt werden. Jede Nadel
umfasst zwei Platinen, entsprechend der doppelten Hebevorrichtung. Das Platinenpaar
ist unten durch die Strippen e und f (Fig. 17) mit der
gemeinsamen Platinenschnur s verbunden. Diese Anordnung
hat jedoch den Nachtheil, dass die Platinenschnur beim Reissen einer Strippe noch
durch die von Hancock. andere Strippe gehalten wird. Der Arbeiter bemerkt dieses
nicht so bald und entsteht somit ein fehlerhaftes Muster. Hancock, Rennie und Hudson in Morley beseitigen den Nachtheil, indem sie,
wie Fig. 18 zeigt, die zu einem Paar gehörigen
Platinen p und p1 durch einen Winkel b
mit einander verbinden, welcher die Platinenschnur 5 trägt. Beim Hochgang einer
Einzelplatine p oder p1 stellt sich der Winkel b mit anhängender Schnur, wie Fig. 18
rechts angibt. Reisst die Platinenschnur s, so fällt sie herunter, was der
Arbeiter sofort bemerken wird.
Wendet man Doppelplatinen aus einem Stück an und hängt die Platinenschnur direct in
die untere Drahtumbiegung, so muss das Kartenprisma so lange vor dem Nadelbrett
liegen bleiben, bis die beiden Messerkasten über ihren Kreuzungspunkt hinweg sind,
da sonst die hochgehenden Messer falsche Platinennasen fassen würden. Man erhält
hierdurch eine unzweckmässige Cylinderbewegung.
Textabbildung Bd. 299, S. 56
Fig. 19.Thomis und Priestley's Doppelhubmaschine.
Thomis und Priestley in Bradford wenden nun eine
dreitheilige Platine an, um die einfache Bewegung der Cylinderlade mittels Kurbel o.
dgl. beibehalten zu können (Fig. 19). Die mittlere
kurze Platine p, welche die Platinenschnur s trägt, ist mit einer Lasche b fest verbunden, während die beiden Seitenplatinen q und r nur durch die
Lasche b hindurchgeführt sind. Die letztgenannten
Platinen werden demnach bei ihrem Hochgang stets die Hilfsplatine p mitnehmen, deren Nase sich auf einen feststehenden
Messerrost c auflegt, sofern für den zweiten Schuss der
zugehörige Kettenfaden im Oberfach verbleiben sollte. Wurde die unten stehende
Seitenplatine jedoch durch ihre Nadel vom Messer a oder
d zurückgestellt, so tritt auch die Mittelplatine
p vom Rost c zurück
und geht mit der sich senkenden Seitenplatine q oder
r abwärts. Es bleibt also die Platinenschnur s so lange angehoben, bis, durch das Kartenmuster
bedingt, der Niedergang herbeigeführt wird. Fig. 19
gibt die verschiedenen Platinenstellungen an. Der Messerkasten v ist angehoben, während der Messerkasten w sich in seiner tiefsten Stellung befindet. In
Position 1 wird die rechte Seitenplatine und die
Hilfsplatine angehoben; in Stellung 2 bleiben
sämmtliche Platinen auf dem Bodenbrett g stehen; in
Stellung 3 bleibt die Hilfsplatine auf dem Rost c hängen, während die beiden Seitenplatinen ihre
Stellung wechseln; in Stellung 4 ist die Nadel n durch die Karte zurückgedrückt, weshalb die rechte
Platine, sowie die Hilfsplatine von ihren Messern zurücktreten und die Hilfsplatine
sich mit der linken Seitenplatine senken wird.
Textabbildung Bd. 299, S. 56
Fig. 20.Doppelhubmaschine von Fleming.
Die in Fig. 20 gezeichnete Neuerung betrifft ebenfalls
eine Doppelhubmaschine mit Offenfach und wurde von Francis Fleming in
Halifax erfunden (* D. R. P. Nr.
75878 vom 24. März 1893). v und w sind die abwechselnd anzuhebenden Messerkasten,
während c der feststehende Messerrahmen zum Halten der
angehoben bleibenden Platinen p ist. Die eigenthümliche
Form der Platinen p und ihre Aufhängung in dem
feststehenden Rost r gestatten ein Arbeiten wie folgt:
Die Wirkung der Pappkarten auf die Nadeln n und deren
Platinen p bleibt für beide Hebemesserkasten v und w dieselbe.
Angehobene und durch die vorliegende Pappkarte nicht beeinflusste Platinen 1 bleiben zufolge Eingreifens in die Messer des festen
Rahmens c gehoben; gesenkte Platinen 2 werden bei gelochter Karte angehoben; gehobene
Platinen 3 müssen sich, sobald die zugehörige Nadel
zurückgedrückt wird, mit dem niedergehenden Messer v
oder w senken; ebenso bleiben durch die Pappkarte
bezieh. Nadel beeinflusste Platinen 4, welche zuvor
gesenkt waren, auf dem Rost r hängen. Die Nadelfedern
sollen bei dieser Maschine in Wegfall kommen, was die Art der Platinenaufhängung und
ein entsprechend schwerer Zug der Harnischgewichte zulässt. Weiterhin sollen die in
Coulissen f und g
geführten Hilfsmesser t und u dazu dienen, die Haken der wechselnden Platinen p vor dem Aufhängen auf die Hebemesser der Rahmen v und w zu bewahren. Die Hilfsmesser t und u erhalten zu dem
Zweck eine Seitenverschiebung durch in den Coulissen f
und g laufende Rollen d
und e und verdecken die Messerkanten, wenn die
Platinenhaken in die Nähe der Hebemesserkasten v und
w gelangt sind.
Ein scharfes Anpressen der Nadeln n gegen die Pappkarte
ist neben dem Durchbiegen der Platinen in Stellung 3
und 4, sowie starker Inanspruchnahme der
Platinenschnüre im Bodenbrett b bei dieser Maschine
unvermeidlich.
Um in solchen Fällen, wo mehr als die Hälfte der Kettenfäden in das Oberfach gebracht werden muss, an
Betriebskraft zu sparen, construirte die Société Anonyme des Mécaniques
Verdol in Lyon eine
Tieffach-Jacquardmaschine (* D. R. P. Nr. 82992 vom 30. December
1894). Die Einrichtung derselben entspricht im Ganzen der in D. p. J. 1885 257 * 96
gegebenen Beschreibung. Das Muster ist in die Papierkarte o (Fig. 21) geschlagen, welche mittels
Scheiben f der Welle g
fortbewegt wird. Das Papier o stellt die Nadeln c ein und diese wirken auf die Stossplatinen s, welche ihrerseits die Hauptnadeln n und die Platinen p
einstellen. Während jedoch bisher die Stossbleche der Pressplatte k die Platinen s in der
Ruhestellung liessen, wenn die Platinenenden links gesenkt blieben, werden dieselben
jetzt mitgenommen und drücken die Hauptplatinen p von
ihren Messern a ab. Auf dem sich senkenden
Platinenboden b stehend, bilden solche Platinen p das Unterfach.
Textabbildung Bd. 299, S. 57
Fig. 21.Tieffachmaschine von Verdol.
Die sonst mit dem Messerkasten d verbundene
Schieberstange m greift hier mittels einer Verzahnung
in die beiderseits gezahnten Bogenhebel v, welche auf
Zahnstangen des Platinenbodens b arbeiten, letzteren
demnach senkrecht auf und ab führen. Der Messerkasten d
erhält nur bei angehobenem Bodenbrett b behufs
leichteren Wechselns der Platinen p eine kleine
Verticalverschiebung, indem die am Bodenbrett befestigte Stange i mit ihrem Ansatz r den
Hebel h anhebt. Es gibt die Scheibe e alsdann den Messerkasten d frei, welcher sich durch seine eigene Schwere senkt. Bei sich senkendem
Boden b hebt die Feder z
den Messerkasten d wieder an.
J. Leemann in St. Gallen versucht in dem * D. R. P. Nr.
65427 vom 25. Februar 1892 die Einführung einer Drahtsiebtrommel als Ersatz für die
Pappkarten. Die Maschen des Siebes sind dem Muster entsprechend mit einer geeigneten
erhärtenden Masse auszufüllen. Schon vor langen Jahren sind ähnliche Versuche mit
Drahtnetzen vorgenommen, doch treten so viele Hindernisse auf, dass die Einführung
solcher Apparate stets ohne Erfolg betrieben wurde.
Siemens und
Halske in Berlin liessen sich eine
elektrische Schaft- oder Jacquardmaschine patentiren (* D. R. P.
Nr. 78495 vom 3. Januar 1893). In Fig. 22
und 23 ist die Vorrichtung als Schaftmaschine
arbeitend gedacht. Auf eine Trommel a, welche an
geeigneter Stelle im Webstuhl angebracht sein kann, wird eine aus den elektrischen
Strom leitenden und nichtleitenden Gliedern zusammengesetzte Rollenkarte gelegt,
ähnlich derjenigen an manchen anderen Schaftmaschinen. Die Glieder arbeiten auf
Contactfedern c. Diese stehen durch Leitungsdrähte mit
den Solenoiden s der Schaftmaschine in Verbindung.
Durch Kurzschliessen der Contactfedern c werden die
Solenoide s aus dem elektrischen Hauptstrom d ausgeschaltet und halten die gegen sie geführten
Anker k nicht fest. Die Folge davon ist, dass die
zugehörigen Platinen p gehoben werden. Nach Fig. 22 sind die Platinen p mit Nadeln n verbunden, auf welche Anker
k aufgeschoben sind. Durch eine mit dem auf und ab
schwingenden Messerhebel h verbundene Schiene b werden sämmtliche Platinen p zurückgedrückt und mit ihnen die Nadeln n,
so dass die Anker k gegen die Pole der Elektromagnete
s treffen. Die Platinen und Nadeln setzen die
Rückwärtsbewegung noch etwas fort, so dass die Anker k
eine längere Zeit vor den Polen der Elektromagnete liegen bleiben. War der Magnet
erregt, so wird die Nadel n bei anhebendem Messerhebel
h nur bis zum Anstossen an den Anker k vorgehen, die Platine p
wird aber nicht vom Messer i erfasst werden. War der
Elektromagnet s ausgeschaltet, so geht der Anker k mit der Nadel n vor,
weil die Spannkraft in den Platinenschenkeln grösser ist als wie die entgegen
wirkende Kraft der Feder v. Die Platine p wird in dem Falle durch das Messer i angehoben.
Textabbildung Bd. 299, S. 57
Fig. 22.Elektrische Schaftmaschine von Siemens und Halske.
Textabbildung Bd. 299, S. 57
Fig. 23.Elektrische Schaftmaschine von Siemens und Halske.
Darin, dass die Elektromagnete s nur den gegen die Pole
gedrückten Anker k zu halten haben, denselben aber
nicht anzuziehen brauchen, liegt ein grosser Vortheil vor früheren Versuchen zur
Einführung von elektrischen Schafthebewerkzeugen. Es können vor allem kleinere
Elektromagnete s zur Verwendung kommen.
In Fig. 24 sind von der gebräuchlichen Bauweise
abweichende Anordnungen einer Jacquardmaschine von Schaum
und Uhlinger in Philadelphia wiedergegeben. Es ist dieses eine Hoch- und
Tieffachmaschine. Der Messerkorb m wird senkrecht
angehoben, während der Rost r sich senkt. Auffallend
ist hierbei, dass die Messer a, sowie die Oeffnungen im
Rost r und ebenso die Bohrungen im feststehenden
Führungsbrett f von 1 nach
12 hin immer dichter stehen. Es soll damit dem
verschiedenen Ausschlag der Platinenspitzen Rechnung getragen werden, indem bei der
angewandten groben Theilung die oberste Nadel ihre Platine weit weniger zurückdrängt
als wie die untere Nadel die zugehörige bei 1 stehende
Platine.
Textabbildung Bd. 299, S. 58
Fig. 24.Jacquardmaschine von Schaum und Uhlinger.
Textabbildung Bd. 299, S. 58
Fig. 25.Jacquardmaschine von Schönherr.
Abweichend ist besonders die Kartenzuführung, welche zufolge ihrer zwangweisen
Bewegungen eine höhere Tourenzahl der Maschine zulassen soll. Mehrere auf der Welle
w sitzende Scheiben c
tragen und transportiren mittels der Warzen u die
Kartenkette. Breite Blattfedern e und l sichern eine feste Auflage der Karten auf den
Scheiben c. Die nach der Maschinenseite hin liegende
Karte wird durch die gelochte Pressplatte d, welche mit
ihren Armen auf der Welle w geführt und an die Schiene
b angeschraubt ist, gegen das Nadelbrett g gepresst. Dieses ist vorwärtsfedernd angeordnet,
so dass bei zurückgezogener Pressplatte d die
Nadelspitzen in das Brett g zurücktreten und somit die
in diesem Augenblick daran vorbeigeführte Karte nicht hängen bleibt.
Die Vor- und Zurückbewegung des Kartencylinders vermittelt die mit gleichbleibender
Geschwindigkeit durch Kettenräder vom Webstuhl aus angetriebene Welle i. Auf dieser sitzen zwei Kreisexcenter h, deren Excenterstangen k
am Maschinengestell angebolzt sind. Da ferner die Welle i in dem den Kartencylinder tragenden Rahmen n gelagert ist, so kann sie nur eine Hin- und Herbewegung erleiden, welche
auf den Rahmen n mit Führungsbolzen o und damit verbundene Theile übertragen wird. Die
Stelze s stützt das äussere Ende des hin und her
gehenden Rahmens n. Auf der Welle i sitzt ferner ein Stift x, der, eingreifend in den zwölftheiligen Stern v des Kartenhalters, das Vorlegen einer neuen Karte besorgt.
Die in Fig. 25 gezeichnete Neuerung von Paul Schönherr in Chemnitz (D. R. G. M. Nr. 41106 vom
10. Mai 1895) betrifft eine Specialeinrichtung für Doppelplüsch-Jacquardwebstühle.
Die eine Abtheilung Platinen kann nur gehoben, die andere, in der Zeichnung die
rechte Abtheilung, kann nur gesenkt werden. Die Platinen p arbeiten genau so, wie in einer gewöhnlichen Jacquardmaschine. Bei
gesenktem Messerkasten i ruhen sämmtliche Platinen p auf dem unbeweglichen Bodenbrett c. Die Platinen q hingegen
werden wegen ihrer eigenthümlichen Aufhängung auf die Messer a beim Hochgang des Messerrahmens r
mitgenommen und durch einen feststehenden Messerrost o
in der angehobenen Stellung gehalten, sofern nicht mittels Karte und Nadel der eine
Platinenschenkel von dem Rost o abgedrückt wird. In
diesem Falle senkt sich die betreffende Platine q mit
dem niedergehenden Messerkorb r.
d.h.