Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 196 |
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Fahrräder.
(Fortsetzung des Berichtes S. 172 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
II. Antrieb.
Erfahrungsmässig ist beim Fahrrad die möglichst enge Stellung der Tretkurbeln
vortheilhaft, weil ein um so ruhigeres Treten erfolgt, je weniger der Fuss von der
Mittelebene des Rades entfernt ist. Durch die in Bd. 296 S. 139 beschriebene
Pedalbefestigung von W. Bown sind durch Fortfall der
Pedalmuttern etwa 25 mm gewonnen.
Textabbildung Bd. 299, S. 196
Fig. 28.Pedalbefestigung d. Ormonde Cycle Co.
The New Ormonde Cycle Co. in London behält die
Pedalmutter bei, erreicht aber denselben Zweck dadurch, dass sie Fig. 28. die Pedalmutter, wie Fig. 28 zeigt, in der Tretkurbel versenkt.
Schlick und Hinkelmann in Dresden verwenden ein
Tretkurbellager (Fig. 29) von nur 75 mm Breite. Um
das Lager nachzustellen, wird die Mutter a um 2 bis 3
mm zurückgedreht, wodurch das Lager locker wird und sich leicht nachstellen lässt,
sodann wird die Mutter a wieder festgezogen.
Durch Anwendung des direct mit der Kurbel verbundenen Kettenrades (Fig. 30) der Firma Claes und
Flentje in Mühlhausen in Thüringen wird das Tretkurbellager noch etwas
schmäler. Dieses Kettenrad bietet den Vortheil, dass es durch einfaches Aufstecken
auf die Achse und Einschlagen des Kurbelkeils befestigt und ebenso leicht
abgenommen und ausgewechselt werden kann.
Textabbildung Bd. 299, S. 196
Fig. 29.Tretkurbellager von Schlick und Hinkelmann.
Um ein möglichst enges Tretkurbellager zu erzielen, macht A.
A. Pope in Cohasset (Massachusetts, Nordamerika) nach seinem D. R. P. Nr.
82936 die Achse zweitheilig. Die Kurbeln sind mit den Achsentheilen aus einem Stück
geschmiedet und stehen von der Achse mit einem scharfen Knick rechtwinklig ab, so
dass neben dem Lager nur die Nabe des Kettenrades vorhanden ist. Zur Verbindung der
Achsentheile dient eine Verzapfung, die durch Rechts- und Linksschrauben angezogen
wird.
Textabbildung Bd. 299, S. 196
Fig. 30.Kettenradverbindung von Claes und Flentje.
Es wurde schon lange angestrebt, die Fahrräder so einzurichten, dass der Fahrer die
Möglichkeit hat, bergauf mit geringerer Uebersetzung, bergab dagegen ganz ohne
Kurbeltreten zu fahren, ohne dabei die Füsse von den Pedalen zu nehmen. Bisher
scheiterten die Versuche daran, dass die Constructionen zu umfangreich oder zu
schwer ausfielen. Bei der in Fig. 31 dargestellten
Neuerung von H. Nowigk in Köln (D. R. P. Nr. 81547)
liegt der ganze Mechanismus im Tretkurbellager. In Bohrungen einer mit der
Tretkurbelachse fest verbundenen Hülse J sind Bolzen
M gelagert, welche bei der Drehung der Tretkurbeln
in der Curvennuth p einer feststellbaren Hülse K geführt sind und durch die hierdurch bewirkte
Längsverschiebung abwechselnd mit ihren vorderen Enden in die Zähne einer mit dem
Antriebkettenrad H zu kuppelnden Hülse in Eingriff
kommen. Ist nun die Führungshülse K festgehalten, so
ergibt sich zwischen Tretkurbeln und Kettenrad eine Uebersetzung, die von der Zahl
der Bolzen und der Zähne u der Hülse N abhängig ist. Wird die Hülse K dagegen nicht festgehalten, so wirken die Bolzen M als Kuppelung zwischen Tretkurbelachse und Kettenrad, und dieses dreht
sich mit der Geschwindigkeit der Tretkurbeln.
Um nun die Verbindung zwischen Kettenrad und Tretkurbelachse nach Belieben
herstellen oder lösen zu können, wird die das Kettenrad H tragende Hülse F, welche mit der gezahnten
Hülse N durch Feder O
gekuppelt ist, durch Verschieben einer unter die Feder O greifenden Stufenscheibe P gelöst. Durch
Stange R, welche zum Feststellen der Führungshülse K dient und an ihrem oberen Ende einen Handgriff hat,
wird die Stufenscheibe durch Führung eines Ansatzes S
in einer mit ihr verbundenen Nuth T verschoben, und
kann hierdurch die Uebersetzung nach Belieben geregelt, eventuell ganz ausgeschaltet
werden, indem das Kettenrad H mit der Hülse N lösbar gekuppelt ist.
Textabbildung Bd. 299, S. 197
Fig. 31.Vorrichtung zum Aendern der Fahrgeschwindigkeit von
Nowigk.
Bei der Vorrichtung zum Aendern der Fahrgeschwindigkeit von W. Meyer in Hutzel (D. R. P. Nr. 84630) trägt die Tretkurbelachse eine
Scheibe, auf der sich der Kettenradkranz seitlich verschieben lässt, um dadurch
jedem der auf der Hinterradachse festsitzenden Kettenräder von verschiedenem
Durchmesser gegenüber zu stehen. Die Feststellung des Kettenradkranzes auf der
Scheibe geschieht durch Zapfen, die durch Bohrungen beider Theile
hindurchführen.
Textabbildung Bd. 299, S. 197
Vorrichtung zum Ausschalten der Tretkurbelachse von Steudel.
Vorrichtung zum Ausschalten der Tretkurbelachse und Treibkette von H. Steudel in Dresden. (D. R. P. Nr. 81260.) Mit Hilfe
dieser Vorrichtung kann der Fahrer beim Bergabfahren die Tretkurbeln in Ruhe setzen
und die Füsse auf denselben lassen, bis er die Reibungskuppelung, welche das
Kettenrad mit der Laufradnabe verbindet, wieder einschaltet. Auf der festliegenden
Hinterradachse a (Fig. 32) ist in üblicher
Weise die Nabe b des Hinterrades gelagert, welche eine
concentrische Rinne b1
mit keilförmigem Profil hat, welche vom Kranze c des
naben- und speichenlosen Kettenrades umfasst wird. Auf radialen Bolzen c1, die bis auf
den Grund der Rinne b1
durchgehen, sind die Backen d der Klauenkuppelung
verschiebbar. Auf diese Backen wirken Federn d1 mit dem Bestreben ein, dieselben in die Rinne b1 zu drücken. In der
Ruhelage bildet die Nabe mit dem Kettenrad ein starres Stück. Um nun die Kuppelung
auszurücken, also die Verbindung zwischen Kettenrad und Nabe lösen zu können, sind
an die Backen d gegabelte, winkelförmige Hebel e, bei e1 drehbar, angebracht. Diese Hebel tragen Federn e2, welche die Wirkung der Federn d1 unterstützen, indem sie die oberhalb
der Drehpunkte liegenden Nasen von e unter den Kranz
c zu zwängen streben (Fig. 32), wodurch sie
zunächst ihre Stützpunkte verlassen; die Hebel finden dann auf dem Rande der Scheibe
f eine Auflage, und schliesslich werden durch
dieselben die Backen d ausgehoben (Fig. 32a). Diese
Scheibe f ist auf einem Ansatz a1 der Achse lose drehbar, um sich, wenn
bei ausgerückter Kuppelung die Hebel auf ihrem Rande ruhen und das Kettenrad noch
nicht zur Ruhe gekommen ist, drehen zu können. Um sämmtliche Hebel vom Sitz aus
zugleich bethätigen zu können, ist ein weiteres Stück a2 der Achse mit steilgängigem
Schraubengewinde und einer auf demselben laufenden Mutter g mit einem Flansch versehen, in dessen Bereich die Hebel hineinragen. Die
Steigung des Gewindes ist so bemessen, dass die durch eine Viertelumdrehung der
Mutter hervorgebrachte Verschiebung zur Bewegung der Hebel genügt. Diese Drehung
wird der Mutter durch Hebel g1, Stange h und einen Winkelhebel, der bis
zum oberen Gestellrohr führt, verliehen. Hält nun der Fahrer bei ausgerückter
Stellung die Füsse auf den Pedalen fest, so kann er durch entsprechendes Nachlassen
des Hebels die Bremsbacken in die Rinne b1 so weit eintreten lassen, dass eine mehr oder
minder starke Bremsung, aber keine Mitnahme des Kettenrades erfolgt. Letztere
erfolgt erst, wenn der Hebel ganz nachgelassen wird und sich die Bremsbacken fest
mit der Rinne b1
kuppeln.
a) Nabe.
Die elastische Radnabe von C. Fetteroll in Annweiler
(Pfalz) besteht aus zwei in einander geschobenen Nabenhälften, in welche
Gummiringe a (Fig.
33) eingelegt werden. Die Radnabe ist in der gewöhnlichen Weise mit
einem Gewinde angeordnet. Eine Federung der Fahrradnabe in axialer Richtung wird
dadurch noch erreicht, dass die beiden, auf die Fahrradachse aufgeschraubten
Muttern auf den nach aussen gekehrten Seiten Flanschen erhalten, zwischen
welchen und der Fahrradnabe ebenfalls Gummiringe i
eingelegt werden. Die beiden Kugellager sind durch diese Construction nach
aussen vollständig abgeschlossen. Zum Zwecke der Schmierung ist die Fahrradachse
zur Hälfte durchbohrt, nach aussen durch eine Schraube o. dgl. abgeschlossen,
innen jedoch durch eine Querbohrung begrenzt.
Textabbildung Bd. 299, S. 197
Fig. 33.Radnabe von Fetteroll.
Bei der Construction der unter Nr. 45724 gesetzlich geschützten Fahrradnabe
beseitigt C. W. Kappe in Hannover die den
verschiedenen Nabensystemen mehr oder weniger anhaftenden Mängel dadurch, dass
er den das Eindringen von Staubtheilchen begünstigenden Raum zwischen Konus und
Lagerschale möglichst beseitigt. Diese Nabe (Fig.
34) kann bis an die untere Grenze der seitlichen Konusöffnung mit einem
Vorrath von Schmiermaterial gefüllt werden und die unteren Kugeln liegen
beständig in Oel. Bei etwaigem Springen einer Kugel werden die Bruchstücke in
die Büchse hineingeschleudert und unschädlich gemacht.
Textabbildung Bd. 299, S. 198
Fig. 34.Radnabe von Kappe.
b) Kette.
Die Kette ist derjenige Theil der Maschine, welcher am meisten dem Schmutz und
Staub ausgesetzt ist; und dennoch darf sie sich auch bei längerem Gebrauch nicht
strecken, da sonst die einzelnen Glieder nicht mehr genau in die Zähne passen,
sondern die Kettenglieder gewaltsam in die Zähne gedrückt werden müssen. Fig. 35 und 36 sind englische
Rollenketten. Letztere hat gebohrte Innenrollen und gehärtete Aussenrollen. Fig. 37 ist eine
gefräste Rollenkette, Fig. 38 und 39 sind englische Blockketten. Die Blockkette (Fig. 40) von Perry und Co. in Birmingham hat glasharte
Mittelglieder, deren Stifte mit einer gehärteten Blechhülse überzogen sind, so
dass ein Auslaufen und Strecken fast nicht vorkommen kann. Die Rollenkette (Fig. 41) ist bei
gleicher Anzahl von Zähnen auf Kettenrad und Nabenkranz dem Gewichte nach um
weniges leichter, doch lässt sich bei der Blockkette, ohne die Reibung zu
vergrössern, die Zahl der Zähne auf beiden Kettenrädern vermindern, z.B. auf dem
Nabenkranz lassen sich statt acht Zähnen sechs anbringen, wodurch die
Gewichtsvermehrung wieder wegfällt.
Textabbildung Bd. 299, S. 198
Fig. 35 bis 37: Englische Rollenketten. Fig. 38 bis 40: Englische
Blockketten. Fig. 41: Englische Rollenkette. Fig. 42: Hall's
Pivotkette.
Fig. 42 zeigt Hall's Pivotkette mit gehärteten Mittelstücken,
welche dadurch, dass keine runden, sondern Bolzen mit Schneiden in die
Mittelstücke eingreifen, weniger Reibung und daher einen bedeutend
leichteren Gang hat. Eine französische Anordnung ersetzt die Kette durch ein
glattes Stahlband (Fig. 43), welches, mit den
Enden zusammengeschweisst, über die an Stelle der Kettenräder tretenden Scheiben
läuft, die auf den Umfangen mit Zähnen versehen sind, welche in entsprechende
Löcher des treibenden Stahlbandes greifen. Der Antrieb soll wenig Reibung
ergeben, das Fahrrad billiger und leichter machen und durch den Staub nicht so
nachtheilig beeinflusst werden, wie die Gelenkketten.
Textabbildung Bd. 299, S. 198
Fig. 43.Glattes Stahlband.
Die in Fig. 44 bis
51 dargestellte
Kette von J. Schulz in Berlin ist eine Gelenkkette,
welche gestattet, Reparaturen und Auswechseln sofort ohne jedes Werkzeug
auszuführen.
Diese Kette besteht aus der äusseren Gliederplatte a
(Fig. 47) und
der inneren b (Fig. 46), von denen
die erstere mit Löchern c versehen ist, deren Form
den Nasen d der Bolzen f angepasst ist.
Die Gliederplatte b besitzt Schlitzlöcher g (Fig. 46), welche mit
dem Theil h des Bolzens f correspondiren und auf demselben festsitzen, während die
Gelenkigkeit der Kette durch die äusseren Gliederplatten a dadurch hergestellt wird, dass sich dieselben auf dem Theil c des Bolzens f drehen
können, in Folge dessen schliesst sich die Kette der Rundung der Kettenscheiben
an.
In Fig. 51 ist die
Stellung einer Gliederplatte dargestellt, wenn dieselbe vom Bolzen f genommen oder aufgesteckt werden soll. Damit nun
beim Drehen der Gliederplatte nicht ebenfalls die an entgegengesetzter Seite
liegende abfallen kann, sind die Nasen d des
Bolzens f um einen bestimmten Winkel zu einander
verschoben (Fig.
50), so dass nur eine Nase d in die analoge
Form des Loches c einfällt, während die Nase auf
der anderen Seite des Bolzens f die betreffende
Gliederplatte etwas überdeckt, also nicht willkürlich abfallen kann.
Textabbildung Bd. 299, S. 198
Gelenkkette von Schulz.
In die Kette ist eine gekröpfte Gliederplatte k
eingeschaltet, durch welche das Verkürzen derselben um ein Glied möglich ist.
Bei dieser gekröpften Platte k (Fig. 45) liegt das
eine Ende derselben ausserhalb, das andere aber innerhalb, in Folge dessen sind
die Platten k auch mit verschieden geformten
Löchern c und g (Fig. 48)
ausgestattet, weil das Loch g auf den Theil h des Bolzens fund Loch c auf i sitzt. Nach
Abheben der Gliederplatte a, welche den innen
liegenden Theil von k überdeckt, kann letztere
entfernt werden, wodurch die Kürzung um ein Glied stattfindet, darum die
Gliederplatte a direct auf b (linker Theil Fig. 45) geschoben werden kann, indem das betreffende Glied in die in
Fig. 51
gezeichnete Stellung gebracht wird. (Nach Radfahr-Chronik, Jahrg. 1895 S. 2007.)
Textabbildung Bd. 299, S. 199
Fig. 52.Achshalter von Höfer.
Für die Reparatur an dem Pneumatik des Hinterrades ist es gewöhnlich nothwendig,
das Rad aus dem Gestell herauszunehmen. Für den Fahrer ist es stets mit
Schwierigkeiten verbunden, die Lagerstellung und die Kettenstellung wieder in
Ordnung zu bringen, da bei den gewöhnlichen Constructionen die Herausnahme des
Hinterrades stets eine Neueinstellung der Kettenlänge und meistens auch der
Lager zur Folge hat. Diesen Uebelstand beseitigt die Firma Rob. Höfer und Co. in Nordhausen durch eine
Construction (Fig. 52), bei welcher nach
Entfernung zweier Muttern bei d das Hinterrad sammt
den Achshaltern b abgenommen werden kann, ohne die
Kette in ihrer Verbindung zu lösen, oder die Nachstelleinrichtung a der Nabe zu beeinflussen. Gleichzeitig ist die
Nachstellbarkeit der Kette wieder, wie früher, durch eine Regulirschraube c nach dem Kurbellager verlegt, so dass also ein
Schiefstehen im Lager nach erfolgter Herausnahme des Rades nicht zu befürchten
ist. (Nach Radmarkt vom 1. Jan. 1896.)
c) Pedale.
Allmählich machen die plumpen Pedale den leichteren Platz, so bringt die Diamond Pedal Co. in Chicago ein staubdichtes,
ovales Pedal, während Weiss und Upman in Chicago
ihr Pedal in dreieckiger Form fabriciren.
Das von der Quadrant Cycle Co. in Birmingham
construirte Pedal unterscheidet sich besonders dadurch, dass Fig. 53. es nur in einem Lager läuft.
Textabbildung Bd. 299, S. 199
Fig. 53.Pedal von Richards.
Das Rennpedal der Bostedo Co. in Chicago besteht aus
einer durchbrochenen Platte, deren vorne und hinten abwärts gebogenen Enden als
Lager ausgebildet sind, während die Seitentheile aufwärts gebogen und mit Zacken
versehen sind.
Th. Smith in Birmingham stellt sein Rennpedal nur
aus Achse und Nabe her; mit letzterer ist ein Fusshaken, der mit Zähnen versehen
ist, verbunden.
Ein federndes Pedal (Fig. 53) von grosser
Leichtigkeit bringt die Firma Edw. S. Richards in
Chicago. Dasselbe soll die auf die Füsse des Fahrers wirkenden
Erschütterungen aufnehmen, welche sich besonders bei gepflasterten Strassen
unangenehm fühlbar machen. (Radfahr-Chronik vom 21.
Dec. 1895.)
d) Kugellager.
Kugellager für Pedale mit kegelförmigem Zapfen (D. R. P. Nr. 80571) von Hengstenberg und Co. in Bielefeld. Am hinteren Ende
des Zapfens A (Fig.
54) befindet sich neben der Lagerfläche a
eine tiefere, ringförmige Auskehlung b, in welche
die Kugeln beim Einbringen und Herausnehmen des Zapfens zu liegen kommen. Diese
Anordnung ermöglicht, den Zapfen ein- und auszubringen, ohne das Lagergehäuse zu
zerlegen.
Textabbildung Bd. 299, S. 199
Fig. 54.Kugellager von Hengstenberg.
Das Kugellager von F. v. Handorff in Handorf hat den
Vorzug, dass die Achse, wenn sich die Kugeln in die Schalen und in die Achse
eingelaufen haben, in axialer Richtung verschoben werden kann, so dass die
Kugeln eine völlig neue Lauffläche erhalten. An den Laufflächen der Kugeln d (Fig. 55) ist die
von einer Hülse a1
umgebene Achse a bogenförmig ausgedreht und an
ihren Enden mit Gewinde versehen, auf welches die Ringe c aufgeschraubt werden, deren vordere Ansätze c1 den seitlich festen Lauf der Kugeln
bedingen. Die Kränze k der Ringe c dienen einerseits dazu, um das Eindringen von
Staub zu erschweren, andererseits sollen sie zur Drehung der Ringe dienen. Ueber
den Kugeln liegen die Schalen b und auf diesen sind
die Hülsen a2
angeordnet, auf welche dann die Kapseln g
aufgeschoben werden, welche das Lager zu einem vollständig staubsicheren machen.
Die Achse wird an den Gabeln e des Fahrradgestelles
mittels Muttern f befestigt. Bei der Belastung
haben die Kugeln d einen senkrechten und einen
seitlichen Druck auszuhalten, so dass die Kugeln in der Richtung der Resultante
gedreht werden.
Textabbildung Bd. 299, S. 199
Fig. 55.Kugellager von Handorff.
Laufen sich nun die Kugeln nach einiger Zeit in Achse und
Schale ein, so schraubt man den einen Ring c1 (z.B. den rechten) vor und den anderen
(linken) zurück, so dass sich die Achse in axialer Richtung verschiebt und an
Stelle der alten Lauffläche eine vollständig neue tritt. Die Achse nimmt nun an
der linken Seite eines jeden Lagers allmählich an Stärke zu, um, wenn die Schale
ausgeschliffen ist, den Kugeln wieder einen geschlossenen Lauf zu geben. Deshalb
muss auch die Achse auf der einen Seite eines jeden Lagers über die Mutter f hervorragen. Nach Angabe des Erfinders kann man
auch die Lagerschale b aus mehreren in einander geschobenen
Ringen zusammensetzen. (Nach Radwelt vom 11. Aug.
1895.)
Textabbildung Bd. 299, S. 200
Kugellager von Hiller.
Das Phänomenkugellager (Fig. 56) von G. Hiller in Zittau in
Sachsen (D. R. P. Nr. 62733 und 72885) ist nach dem Princip construirt, durch
eine möglichst kleine Kugellaufbahn den Drehwiderstand möglichst zu verringern.
Zu diesem Zwecke sind die Konusse nicht aufgeschraubt, sondern bestehen mit der
Achse aus einem Stücke. Aus dieser Construction ergibt sich ausser der
Verkleinerung der Reibungsfläche noch der Vortheil,
dass ein Konusbruch ausgeschlossen ist. Zum Zwecke des Nachstellens besteht die
Achse aus zwei Theilen (Fig. 57), welche bei g teleskopförmig in
einander verschraubt sind. Das Nachstellen der Lager geschieht von aussen, indem
die Achse nach rechts gedreht und darauf die Contremutter wieder festgezogen
wird. Da die Reibungsflächen verkleinert sind, so werden auch weniger Kugeln
nothwendig, und ist dieses Lager nur mit sieben viertelzölligen Kugeln
versehen.
Textabbildung Bd. 299, S. 200
Fig. 58.Kugellager von Sachs.
Das Kugellager (Fig. 58) von E. Sachs in Schweinfurt am Main (D. R. P. Nr.
84193) unterscheidet sich von den bekannten Kugellagern dadurch, dass die
Laufkugeln auf Verdickungen der Tragachse laufen. Durch eine besondere
Nachstellvorrichtung ist es ermöglicht, alle Kugelreihen zum Tragen
heranzuziehen und sowohl das seitliche als das radiale Spiel, welches durch
Abnutzung entstanden ist, zu beseitigen. Zu diesem Zwecke ist eine der
Verdickungen auf der Tragachse verschiebbar befestigt, so dass sie sich bei der
Nachstellung durch die Schraubendeckel der Kugelkammern auf der Achse so weit
verschieben kann, bis auch die innere Kugelreihe mit den Laufflächen zur
Berührung gebracht ist. Weil nun eine Drehung der auf der Achse sitzenden Kugel
nicht stattfinden soll, so ist dieselbe entweder durch einen Streifstift daran
gehindert, der jedoch die Verschiebung ermöglicht, oder es wird „Feder und
Nuth“ angewendet. Die Kugelform der Laufflächen hat noch gegen den sonst
gebräuchlichen Konus den Vortheil, dass beim Verbiegen der Tragachse ein Klemmen
der Laufkugeln nicht zu befürchten ist.
Das Kugellager der Firma Wm. Brown in
Birmingham mit seitlich nachstellbarem Konus, bestehend aus Konus, Kugeln und
Tasse, hat – wie der Radmarkt vom 20. Juni 1895
schreibt – in neuerer Zeit in England eine Verbesserung erfahren, welche in der
Art der Bethätigung der Nachstellung liegt. Bisher war es stets ein
Schraubengewinde, welches die Nachstellung vermittelte; die Ausführung der neuen
Construction zeigt indessen, dass dieses Schraubengewinde in Bezug auf
Einfachheit übertroffen werden kann.
Die Nachstellung geschieht durch Zusammenrückung der Lagertassen, und zwar ohne
Gewinde. Der gebräuchliche Kurbellagerkloben am Gestell ist cylindrisch
angedreht, die Lagertassen sind dementsprechend aussen cylindrisch abgedreht und
haben eine so grosse Länge, dass für die nothwendige feste Stellung dadurch
Gewähr geleistet wird. Die eine der beiden Tassen wird durch irgend eine
bekannte Einrichtung im Lager festgeklemmt, während die andere eine gleiche
Einrichtung zum Festklemmen, aber ausserdem noch eine sehr einfache Vorrichtung
zum Nachstellen hat. Innerhalb der concentrischen Bohrung ist eine Spirallinie
von ziemlich starker Steigung, und längs dieser Spirallinie ein etwa 30 mm
langer und 7 mm breiter Schlitz in die Wandung eingefräst, ausserdem ist an der
Lagertasse ein Bolzen befestigt, welcher in diesen Schlitz passt. Dieser Bolzen
kann in dem Schlitz verschoben werden; dadurch wird die Tasse gedreht und die
Entfernung zwischen den beiden Tassen verändert. Es wird dabei eine Wirkung
erzeugt, als ob die Tasse mit einem sehr steilen Gewinde in dem Gestelltheil
eingeschraubt wäre. Es genügt also, mittels des Bolzens die Lagertasse so weit
seitlich zu befördern, dass die Kugeln fest liegen, und in dieser Position
mittels der Feststellvorrichtung die Position der Lagertasse zu sichern, um ein
genau justirtes Lager zu haben. Während man bei den bisher gebräuchlichen
Gewinden befürchten musste, durch festes Andrehen des Konus bezieh. der
Lagertasse das Kugellager zu fest zu stellen, weil man in Folge des engen
Gewindes einen sehr grossen Druck auf die Kugeln hervorbringen konnte, ist bei
der neuen Construction wegen der viel grösseren Steigung der Spirallinie eine
solche Befürchtung ausgeschlossen und, wie erwähnt, durch einfache Anrückung der
Tasse an die Kugeln die richtige Stellung erreicht.
Textabbildung Bd. 299, S. 200
Fig. 59.Kugellager von Hall.
Anstatt der Spirallinie ordnet R. F. Hall in
Ferndale, Moseley bei Birmingham (D. R. P. Nr. 82458), einen excentrischen
Zapfen J1 (Fig. 59) an, welcher in eine Bohrung K der Büchse A
eingreift und an einer Scheibe J sitzt, welche mit
einem Vierkant J2
zum Aufsetzen eines Schlüssels versehen ist. Die Scheibe J ist in einer entsprechenden Ausbohrung in einer Warze B2 des Lagers B gelagert und wird durch eine darüber geschraubte
Platte L am Herausfallen verhindert. Sind nun die
Klemmschrauben EE1, durch welche die Büchsen AA1 festgeklemmt
sind, gelockert, so lassen sich durch Drehung des Vierkantes J2 die beiden Kugellager so lange
nachstellen, bis die in Fig. 59 gezeichnete Lage
erreicht ist. Anstatt durch Verschiebung nur einer der beiden Laufbüchsen beide
Lager nachzustellen, können auch beide Büchsen mit Stellvorrichtungen versehen
sein.
(Schluss folgt.)