Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 221 |
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Fahrräder.
(Schluss des Berichtes S. 196 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
III. Steuerung.
Bis jetzt wurden die Lenkstangen starr aus einem Stück hergestellt. Nach einer
Erfindung von P. Lowell Arms und Co. in Boston wird die
Lenkstange, wie Fig. 60 zeigt, welche wir Scientific American entnehmen, neuerdings auf dem
kurzen ⊺-förmigen Stück nebst Scharnieren befestigt, und
zwar liegen diese Scharniere dicht am Winkelstück. Die gezahnten Flächen in den
einzelnen Scharniertheilen ermöglichen ein gutes Arretiren der Klemmschraube, um ein
Verschieben der Lenkstange zu verhindern. Diese Neuerung hat den Vorzug, dass es dem
Fahrer möglich ist, seine Lenkstange hoch und niedrig nach seiner Bequemlichkeit
einzustellen, ohne das Mittelstück mit Bremse verstellen zu müssen.
Textabbildung Bd. 299, S. 221
Fig. 60.Lenkstange von Lowell.
Die verstellbare Lenkstange von A. O. Very in
Springfield, Mass. (Amerikanisches Patent Nr. 526333), besteht, wie Fig. 61 zeigt, aus einer Muffe b, welche den Versteller c trägt, und einem
Stück i und e. Ersteres
ist mittels eines Bolzens h mit dem Führungsrohre k und der Lenkstange a
verbunden, letzteres nur mit dem Führungsrohre. Um die Lenkstange zu verstellen,
wird der Versteller c, welcher durch Feder d mit dem Führungsrohre k
verbunden ist, in der Pfeilrichtung gedreht. Hierdurch schiebt sich die geahnte
Muffe b mittels der Excentervorrichtung f aus den Zähnen g des
Stückes e, somit kann die Lenkstange je nach Bedarf
höher oder tiefer gestellt werden. Durch Loslassen des Verstellers c schnappt die Muffe wieder in die Zähne g ein und die Lenkstange steht fest.
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Fig. 61.Lenkstange von Very.
Gebrüder Forcke in Hannover verfertigen eine Lenkstange
aus gebogenem Holz (G. M. Nr. 44394), die das Rad bei einem Sturz schützt, da
gewöhnlich die Lenkstange den Stoss auf den Erdboden aufzufangen hat. Zugleich fängt
diese Lenkstange die beim Fahren entstehenden Stösse und Erschütterungen ab, welche
man sonst in Armen und Händen verspürt.
IV. Bremse.
Textabbildung Bd. 299, S. 221
Fig. 62.Löffelbremse der Pope Mfg. Co.
Die Pope Mfg. Co. verwendet zu ihren Rädern eine
Löffelbremse (Fig. 62), deren Bremslöffel ⊂-förmig und nach hinten offen ist, um ein Verstopfen
desselben durch Strassenkoth zu vermeiden. Verletzungen des Reifens sind dadurch
gemindert, dass die Kanten des Bremslöffels aufwärts gebogen sind, so dass
Steinchen, welche am Reifen sitzen, über den Bremslöffel gleiten.
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Fig. 63.Rollenbremse von Addy.
Fig. 63, welche wir aus Scientific American vom 31. August 1895 entnehmen, zeigt die patentirte
Bremse von T. Addy in Wallingford, Conn. Dieselbe
besteht aus einem Gehäuse a und einem Rahmen a1, in welch beiden die
Bremsrollen bc gelagert sind. Diese Rollen werden sammt
dem Gehäuse, welches den Hebel d trägt, mittels
Zugstange e durch Bremshebel f so gegen den Pneumatikreifen gedrückt, dass zuerst Rolle b, welche im Theile a1 gelagert ist, mit dem Pneumatikreifen in Berührung
kommt. Bei stärkerem Anziehen des Bremshebels drückt sich die Rolle c sammt Gehäuse a, welches
mit dem Lagerrahmen a1
beweglich verbunden ist, gegen die Rolle b, so dass
Rolle c in entgegengesetzter Richtung läuft, wodurch
grosse Bremswirkung erzielt ist.
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Fig. 64.Tellerbremse von Hengstenberg und Co.
Die Tellerbremse der Firma Hengstenberg und Co. in
Bielefeld besteht, wie Fig. 64 zeigt, aus zwei
tellerförmigen Scheiben a, welche mittels Bolzen b drehbar mit dem Bremsgestänge c so verbunden sind, dass sich die äusseren Kanten der Teller beim Bremsen
an beiden Seiten des Pneumatikreifens anlegen. Ein Verletzen des Reifens durch
Reibung ist dadurch gemindert, dass die Teller nicht feststehen, sondern rollen.
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Fig. 65.Glockenbremse von Powell.
Bremse aus zwei glockenförmigen Bremskörpern, welche sich um eine gemeinsame Achse
drehen und in der Längsrichtung verschieben lassen, von R.
Powell in Abergavement (D. R. P. Nr. 81739). Die Bremsstange A (Fig. 65) trägt in der
Oese a die Spindel B, auf
der die Bremskörper
C in Kugellagern DD1 ruhen. Auf dieser Spindel B befinden sich Spiralfedern b, welche den
Glockenkörper beständig an das Lager a andrücken. Die
äussere Form der Glocken entspricht der Rundung des zu bremsenden Reifens, jedoch
ist ihr Krümmungsradius ein etwas geringerer, so dass beim Aufpressen der Bremse an
den Reifen nach und nach die ganze Bremsfläche zur Anlage kommt.
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Fig. 66.Pneumatische Bremse von Wallace.
Dr. Wm. B. Wallace in New York, City, hat sich eine
pneumatische Bremse patentiren lassen, bei welcher die Luftröhren a (Fig. 66) innerhalb
der Lenkstange und des Steuerrohres liegen und so vor äusseren Einflüssen geschützt
sind. Am Gabelkopf ist eine Platte b befestigt, welche
mittels Scharnier eine zweite Platte c trägt, an
welcher der Bremsschuh h sitzt. Ist nun die Bremse
ausser Thätigkeit, so wird die Platte c durch Feder d sammt dem Bremsschuh in die Höhe gehalten. Zwischen
diesen Platten ist ein Gummibeutel e mit den Luftröhren
a, welche durch Platte b gehen und an der Lenkstange einen Gummiball f haben, verbunden. Soll die Bremse in Thätigkeit treten, so wird
wiederholt auf den Gummiball gedrückt, welcher Luft in den Gummibeutel presst, der
sich dadurch aufbläht und so den Bremsschuh an den Reifen andrückt. Um die Bremse
ausser Thätigkeit zu setzen, genügt ein Druck auf das Auslassventil g am Gummiball f, wodurch
der Luftdruck sofort aufgehoben wird. (Nach Scientific
American vom 26. Januar 1895.)
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Fig. 67.Automatische Bremse von Bailey.
Automatische Bremse von H. L. Bailey, Bailey Mfg. Co. in
Chicago (D. R. P. Nr. 81793). Dieselbe besteht, wie Fig.
67 zeigt, aus einem Hebel a, welcher mit
einer Muffe b gelenkig verbunden ist; an dieser sitzt
ein verstellbarer Anschlag c, durch welchen die
Bremsvorrichtung so eingestellt wird, dass beim Fahren die Rolle des Hebels f nicht mit der Kette in Berührung kommt. Am unteren
Ende des Hebels a ist der Bremsbacken e der Rollenhebel f mit
der Rolle angebracht. Da nun der untere Theil der Kette beim Vorwärtstreten stets
nach unten hängt, während der obere Theil gespannt ist, so liegt die Rolle nicht
auf. Will der Fahrer langsamer fahren oder die Maschine anhalten, so bringt er
dadurch, dass er rückwärts in die Pedale tritt, die Rolle mit dem unteren Theil der
Kette in Berührung, wodurch die Bremse bethätigt wird.
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Fig. 68.Fussbremse von Litchfield.
Bei der Fussbremse von J. W. Litchfield und T. W. Sanford in Warwick, New York (Amerikanisches
Patent Nr. 531050), sind an der Vorderradgabel a (Fig. 68) zwei Klammen b
mittels Schrauben c befestigt. An diesen Klammen ist
die Bremsfeder d, welche in entsprechender Höhe über
dem Reifen f steht, bei e
angeschraubt. Auf dieser Feder sitzt eine Platte g, auf
welche beim Bremsen der Fuss gesetzt wird. Durch diese Anordnung kann durch
stärkeren oder schwächeren Druck mehr oder weniger gebremst werden, auch ist
dadurch, dass Bremsgestänge und Bremshebel wegfällt, eine Gewichtsverringerung
erzielt. Ebenso ist, wie aus der Zeichnung ersichtlich, die Bremse bei e leicht abnehmbar.
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Fig. 69.Fussbremse von Porter.
Auf ähnlichem Principe beruht eine Bremse von C. F.
Porter in Brockton, Mass. (Amerikanisches Patent Nr. 529627). Dieselbe ist
ebenfalls mittels Klammen a (Fig. 69) an die Vorderradgabel b befestigt
und wird mittels Spiralfedern c in die Hohe gehalten.
Beim Bremsen wird der Fuss auf die gezackte, nach oben gebogene Kante d des Bremsschuhes e
gestellt. Zur bequemeren Bethätigung sind diese Bremsen hinter der Gabel
angebracht.
V. Felgen, Kissen- und Pneumatikreifen.
Textabbildung Bd. 299, S. 222
Fig. 70.Hohlfelge der Nottingham Machinists Co.
Die Nottingham Machinists Co. fabricirt eine hohle
sogen. Herkulesfelge (Fig. 70) aus sehr dünnem
Stahlblech. Ein Vorzug derselben ist, dass an der Stelle, wo die Speichenlöcher zu
stehen kommen, eine fünffache Blechschicht vorhanden ist, welche der Felge grosse
Stabilität verleiht; dabei ist diese Felge leichter als alle anderen.
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Fig. 71.Doppelhohlfelge von Post.
Die Doppelhohlfelge (Fig. 71) für
Continental-Rennpneumatik von E. J. Post in
Ehrenfeld-Köln (G. M. S. Nr. 45609) besteht aus schwedischem Holzkohlenstahl. Der
Mittelsteg ist 0,4 mm und die Seitenstange 0,3 mm dick; der Boden, welcher den
Speichenköpfen als Unterlage dient, ist in einer Breite von 15 bis 17 mm auf 0,7 mm
verstärkt, um ein Durchziehen der Speichenköpfe unmöglich zu machen. Da die
Wülste rund sind, ist ein Zerschneiden der Pneumatiks unmöglich gemacht. Jeder Wulst
enthält zur Versteifung einen 2 mm starken Aluminiumdraht. Diese Doppelhohlfelgen
werden auch für beliebige andere Pneumatiksysteme fabricirt.
Die Holzfelge von J. Dörr in Frankfurt a. M. (G. M. S.
Nr. 40833) hat eine Aluminiumeinlage, die das Platzen derselben verhütet, dabei ist
diese Einlage sehr leicht.
Bei der Verbundfelge von A. Knubel in Münster, Westfalen
(D. R. G. M. Nr. 41041), ist in der Stahlfelge eine Holzschicht eingelegt oder,
umgekehrt, auf die Holzfelge ist ein Stahlreif gelegt. Hierdurch sind die Vortheile
der leichten Holzfelge mit denjenigen der stabilen Stahlfelge verbunden. In
ähnlicher Weise kann auch Holz und Papiermache oder Stahl und Papiermaché combinirt
werden.
Um dem Pneumatikreifen mehr Elasticität zu geben, dienen dehnbare Gewebeeinlagen. Die
Vereinigten Gummiwaarenfabriken Harburg-Wien in
Harburg a. d. Elbe bringen einen Reifen mit geflochtener Einlage in den Handel,
dessen Fäden aus extra starkem Material lose über einander geflochten und dann
gummirt sind. Die hohe Elasticität des Reifens schont das Rad, und selbst stark
aufgepumpt federt der Reifen vorzüglich; es kann derselbe durch die eigenartige
Anordnung der einzelnen Fäden nur der Länge nach federn, während der Reifen nach den
Seiten hin ganz steif ist.
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Fig. 72.Kissenreifen von Braun.
Um der leichten Verletzbarkeit des Luftschlauches vorzubeugen, verwendet S. Herz in Berlin als Einlage ein feines Drahtgewebe
aus Aluminium. Das Drahtgewebe ist mit Gummi bezogen, wodurch die Reibstellen
geschützt sind. Zwischen dem Aluminiumgewebe und dem Mantel liegt ein leichtes
Baumwollgewebe, während ein stärkeres den Mantel nach innen abschliesst.
Braun's Dauerreifen-Gesellschaft in Dresden-Striesen will die bisher
gebräuchlichen Pneumatikreifen durch Fig. 72
ersetzen, woraus dessen Zusammensetzung und Beschaffenheit ersichtlich ist. Dieser
Reifen soll nicht schwerer als ein Pneumatikreifen sein.
Fig. 73 zeigt uns Kretzschmar's Universalhohlgummireifen, welcher die Vortheile der Kissen-
und Pneumatikreifen in sich vereinigt.
Textabbildung Bd. 299, S. 223
Fig. 73.Kissenreifen von Kretzschmar.
Bei den bisher bekannten Kissenreifen war es unmöglich, den Durchmesser des inneren
Loches grösser als 7 mm zu halten, oder aber man hatte ein Zerschneiden des Gummis
seitens der Stahlfelge zu befürchten. Der Universalhohlgummireifen hat dagegen einen
Durchmesser des inneren Loches von 15 bezieh. 17 mm, ist daher bedeutend
elastischer, dabei aber für den schwersten Fahrer ohne Nachtheil zu fahren. Der
Gesammtdurchmesser des Reifens ist 2 Zoll engl. Durch Wegfall des fast halben Gummis
(Fläche zwischen Felge und dem punktirten Umfange) ist eine bedeutende
Gewichtsersparniss ermöglicht.
Der federnde Reifen von C. J. Spofford in
Dolgeville, N. Y. (Amerikanisches Patent Nr. 519976), besteht aus einer
geschlossenen Gummiröhre A (Fig. 74) und einzelnen Spiralfedern C,
welche durch elastische Bänder B unter einander
verbunden sind und so den Reifen in Spannung halten.
Textabbildung Bd. 299, S. 223
Fig. 74.Federreifen von Spofford.
A. Honrath in St. John, Kansas, liess sich einen Reifen
aus Federdraht patentiren, welcher die Eigenschaft des Pneumatikreifens besitzt,
jedoch nicht aufgepumpt wird. Derselbe besteht, wie Fig. 75 zeigt, aus
einzelnen Stücken, welche mittels eines Drahtringes, der auf der Oberfläche des
Reifens in einer Nuth liegt, zusammengehalten werden. Zum Schütze kann über dieses
Federsystem noch ein Mantel aus Gummi, Leder u.s.w. gezogen werden. Fig. 76 und 77 zeigen weitere
Ausführungsformen. Nach Scientific American vom 25. Mai
1895.
Textabbildung Bd. 299, S. 223
Federdrahtreifen von Honrath.