Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photographischen Reproductionsverfahren. |
Autor: | J. M. Eder, E. Valenta |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 15 |
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Ueber die Fortschritte der Photographie und
der photographischen Reproductionsverfahren.
Von J. M. Eder und E. Valenta.
(Letzter Bericht 1894 Bd. 291 S. 18, 41, 93 und
116.)
Mit Abbildungen.
Ueber die Fortschritte der Photographie und der photographischen
Reproductionsverfahren.
Photographische Objective und Apparate.
Die Fabrikation von photographischen Objectiven hat in den letzten Jahren, wie wir in
unseren Referaten wiederholt zu constatiren Gelegenheit hatten, einen nie geahnten
Aufschwung genommen. Die einzelnen optischen Institute überbieten sich in
sinnreichen Constructionen, welche (abgesehen von den einfachen Landschaftslinsen)
aus Doublets mit zweifach, dreifach oder sogar vierfach verkitteten Hälften
bestehen.
Berthiot in Paris bringt seit 1894 ein Objectiv in den
Handel, das er Eurygraphe extrarapide nennt; grösste
Oeffnung ⅙. So viel aus den ZeichnungenBull. Soc. franç., 1894 S. 251. zu
entnehmen ist, handelt es sich um dieselbe Objectivtype, welche bereits Zeiss einführte.Siehe
Eder, Handb. d. Photogr., 2. Aufl. I. Bd.
S. 145. (Diese Objective dürften die „Anastigmate“,
„Rapidantiplanete“Eder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
346., „Doppelanastigmate“, „Collineare“Siehe unser Refer. in D.
p. J. 1895 295 43. wohl
schwerlich erreichen. Anm. d. Ref.)
Dennis Taylor empfiehlt eine vereinfachte Form von photographischen
TripletobjectivenBrit. Journ. of Photogr., 1894., mit denen er grosse Helligkeit und Schärfe zu
erzielen angibt; an Stelle der Blendencorrection will er die Ebnung des Bildfeldes
nur durch eine Concavlinse erzielen. Die Linsen des
Taylor'schen Triplets („rapide landscape
triplet“) sind theils Silicatcrown-, theils Barytcrownglas (ohne Flintglas);
die wirksame Oeffnung ist f/5,6.
Darlot in Paris bringt eine Einstelloupe von sehr praktischer Form auf den Markt, indem er bei dieser
Loupe am unteren Ende der Fassung einen beweglichen Ring (in der Richtung senkrecht
zur optischen Achse drehbar) anbringt, was von Vortheil ist, wenn man am Bildrande
scharf einstellt, wo die Strahlen sehr schief einfallen, weshalb das Bild nur dann
mit der Loupe hell sichtbar ist, wenn man die optische Achse derselben in die
Richtung der Strahlen bringt.Eder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
351.
Unter dem Namen Photocorrector beschreibt Van der Weyde eine Vorrichtung, welche den Zweck hat,
die Grössenverhältnisse von Theilen eines Gegenstandes im künstlerischen Sinne zu
verändern. Dies wird durch Einschaltung eines linsenartigen Körpers in der Camera
(vor oder nach dem Objective) erreicht.Photogr. Mittheil., Bd. XXI S. 32.
(Englisches Patent.)
Zur Vermeidung von Unscharfen bei Reproductionsaufnahmen
durch Erschütterung sind in Amerika Hängevorrichtungen für die Cameras,
sogen. „Schwingcameras“, in Anwendung gekommen. Bei diesen Vorrichtungen sind
Camera und Objectträger mit einander fest verbunden und das Ganze entweder an
federnden Balken aufgehangen oder auf Wagenfedern angebracht, welche auf einem
fahrbaren Gestelle aufruhen.Photogr. Mittheil., Bd. XXI S. 264 und
274.
Dr. R. Krügener in Bockenheim hat eine neue Reisecameraconstruirt, welche sich durch compendiöse Form und
Stabilität auszeichnet. Die Camera bildet bei dieser Construction das Etuis, dessen
gegenüberliegende Deckel als Gleitfläche für Vorder- und Hintertheil dienen, während
das auf dem Stativ befestigte Mittelstück (Rahmen) alle Theile aufnimmt (Fig. 1) und die Deckel bezieh. Grundbretter nach
beiden Seiten abstützt, so dass selbst bei längerem Auszuge, z.B. 63 cm bei der 13 ×
18 Camera, eine grosse Stabilität erzielt wird.Eder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
107.
Textabbildung Bd. 300, S. 16
Fig. 1.Krügener's Reisecamera.
Textabbildung Bd. 300, S. 16
Fig. 2.Cassetteinlagen für Rasteraufnahmen.
Für Rasteraufnahmen verwendet man in Amerika verstellbare
Cassetteneinlagen, welche für verschiedene Platten- und Rasterformate
geeignet sind, sowie man die Distanz zwischen empfindlicher Platte und Raster
variiren kann. Die Scovil und Adam's Company in New
York bringt sie (seit 1894) in den Handel. Wie Fig. 2
zeigt, ist einerseits ein verschiebbarer Holzrahmen angebracht, während andererseits
mit Schrauben und Klammern das Festklemmen erfolgt (sogen. „Photo Engravers,
Adjustable Screen Plerk-Holder“). (Aehnliche vortreffliche Cassetten macht
der Camerafabrikant Wanaus in Wien in vorzüglicher
Ausführung. Anm. d. Ref.)
Momentapparate tauchen alljährlich eine grosse Anzahl am
Markte auf, um nach kurzem Dasein wiederum zu verschwinden und anderen
Constructionen Platz zu machen. Ein sehr kleiner derartiger Apparat ist der Photoret, welcher die Grösse einer Taschenuhr hat und
Films für sechs Aufnahmen enthält; derselbe kann vielleicht unter Umständen als
wirkliche „Detectivcamera“ Dienste leisten.
Textabbildung Bd. 300, S. 16
Brandauer's photographischer Serienapparat.
Richard Brandauer in Stuttgart liess unter Nr. 74792 vom
27. April 1893 in Deutschland einen photographischen
Serienapparat mit nur einem Objective patentiren. Die lichtempfindlichen
Platten g sind zwischen den auf dem Umfange einer
Scheibe C angeordneten Ständern l angeordnet. Bei der Drehung der Scheibe C
wird das an der Camerawand verschiebbar gelagerte und durch eine Feder f (Fig. 3) beeinflusste
Objectiv von Vorsprüngen a der Scheibe C mitgenommen und vor einer Belichtungsöffnung D vorbeigeführt. Nach dem Vorbeiführen wird das
Objectiv freigegeben, nachdem vorher eine durch einen Mitnehmer k (Fig. 4) bewegte
Verschlusscheibe s ausgelöst wurde, und die
Objectivöffnung verdeckt.Photogr. Chronik, 1894 3.
Beilage.
Photometrie.
Zu wissenschaftlichen photometrischen Untersuchungen benutzt man heute allgemein die
Hefner-Alteneck'sche Amylacetatlampe; in Deutschland rechnet man nach Vorschlag der
physikalisch-technischen Reichsanstalt eine englische Kerze = 1,14
Hefner-Lampe.Journ. f. Gasbel., 1894.
Abney spricht sich desgleichen zu Gunsten der
Amylacetatlampe aus.Phot. News, 1894 S. 499.
M. Abel construirte ein chemisches Actinometer, „Le Perpetuel“. Dasselbe beruht auf der
Eigenschaft des Chlorsilbers, sich in Berührung mit Chlorwasser in einer
verschlossenen Röhre am Lichte zu färben und im Dunklen wieder zu entfärben. Das
kleine Instrument besteht aus einer Röhre, welche Chlorsilber enthält; daneben ist
in dem Kästchen ein Streif mit Normalfärbung angebracht. Man exponirt das
Chlorsilber dem Lichte und beobachtet nun die Zeit, welche erforderlich ist, dass
das Chlorsilber die Vergleichsfarbe annimmt. – Das angelaufene Chlorsilber
regenerirt sich von selbst in kürzester Zeit wieder.Le Moniteur de la
Photogr., 1894 S. 105.
Textabbildung Bd. 300, S. 16
Fig. 5.Sensitometer von Scheiner.
Ein für photochemische Zwecke höchst brauchbares Sensitometer construirte Prof. Scheiner.Zuerst beschrieben in der Zeitschrift für Instrumentenkünde, Juni
1894. Dieser Apparat, welchen er Universalsensitometer nennt, beruht auf dem Principe der rotirenden
Scheiben mit Ausschnitten. Wird eine mit einem Ausschnitte versehene Scheibe in
Rotation versetzt, so wird das hindurchgehende Licht nach Maassgabe der Grösse des
Ausschnittes geschwächt. Dr. Scheiner vertheilt das
Licht derart, dass einer gegebenen Strecke auf jeder Stelle des Radius das gleiche
Intensitätsverhältniss entspricht. Es nimmt die Helligkeit in 20 Feldern des
Apparates um 1,27 zu, so dass sich folgende Intensitätsscala ergibt:
Nr.
Intensität
Nr.
Intensität
Nr.
Intensität
Nr.
Intensität
1
1,00
6
3,36
11
11,3
16
37,9
2
1,27
7
4,28
12
14,4
17
48,3
3
1,62
8
5,45
18
18,3
18
61,6
4
2,07
9
6,95
14
23,4
19
78,5
5
2,64
10
8,86
15
29,8
20
100,0
Als Lichtquelle benutzt Scheiner eine Benzinlampe B (Fig. 5) bei
constanter Flammenhöhe, welche an dem Drahtringe d abgelesen wird; jedoch wird nur ein kleiner Theil der Flamme durch den 1
mm breiten, wagerechten Spalt s freigelassen. Die
Flamme befindet sich in einem rothen Cylinder z, der
vorn eine Oeffnung zum ungehinderten Durchlassen des Lichtes besitzt. Der Cylinder
ist stets beizubehalten. Die Versuche werden in der Dunkelkammer gemacht.
Der Haupttheil des eigentlichen Sensitometers (Fig. 5)
besteht nun in der rotirenden Scheibe S mit Ausschnitt
a; sie wird durch ein kleines Kurbelrad K mit Schnurlauf durch Handbetrieb in schnelle Rotation
versetzt. Hinter der Scheibe ist die Cassette C
angebracht, welche folgende Einrichtung besitzt: Auf der vorderen Seite, dicht
hinter dem Cassettenschieber r, ist eine Metallplatte
eingesetzt, welche auf die Länge des Scheibenausschnittes 20 äquidistante,
rechteckige Oeffnungen o enthält. Unmittelbar hinter
dieser durchbrochenen Scheibe folgt eine dünne Platte aus Gelatine, auf welche ein
alle Rechtecke durchquerender undurchsichtiger Strich gezogen ist und sodann die
Zahlen von 1 bis 20 zur Numerirung der Rechtecke eingetragen sind. Direct auf die
Gelatine wird die photographische Platte (Format 3 × 9) mit der empfindlichen
Schicht aufgelegt.
Wird nun der Apparat in Thätigkeit gesetzt, so erhält das Rechteck am Umfange der
Scheibe nur den hundertsten Theil des Lichtes, welches auf das am anderen Ende der
Cassette gelegene Rechteck fällt. Für die dazwischen liegenden Rechtecke ist das
Licht in dem Verhältnisse von 1,27 von Rechteck zu Rechteck vertheilt. Die Distanz
der Flamme von der empfindlichen Platte beträgt Im; sie ist gegeben durch eine
Kette, welche Lampe und Sensitometer verbindet. Diese Distanz, sowie die Dimensionen
von Spalt und Ausschnitt sind so gewählt, dass für Platten mittlerer Empfindlichkeit
bei einer Expositionszeit von 1 Minute noch bei den mittleren Rechtecken eine Spur
von Lichtwirkung stattfindet; für sehr unempfindliche Bromsilberplatten erfahren die
ersten drei bis vier Rechtecke noch eine Lichtwirkung, während bei den bisherigen
empfindlichsten das letzte Rechteck noch nicht erreicht wird. Das Kurbelrad wird in
der Secunde ein- bis zweimal herumgedreht; es vollführt dann die Scheibe in der
Minute 400 bis 800 Rotationen.
Der Apparat eignet sich zur Lösung folgender Fragen:
1) Bestimmung der absoluten Plattenempfindlichkeit. Man liest die letzte sichtbare
Sensitometernummer ab oder vergleicht die mittelstarken Töne.
2) Bestimmung des Einflusses wenig verschiedener Expositionszeiten auf die Dichte des
Silberniederschlages.
3) Einfluss verschiedener Entwickelungsarten auf die Kraft der Bilder.
4) Chemische Intensitäten der verschiedenen Lichtquellen.
Hierzu sei bemerkt, dass nach Eder's Vorschlag (Phot. Corresp., 1894) die Gelatinefolie weggelassen
wird, weil diese ein absorbirendes Mittel ist. Ferner erscheint es zweckmässig,
jedem Instrumente die Reductionszahl der abgeblendeten Benzinlampe auf Hefner-Alteneck's Normal-Amylacetatlampe
beizugeben.
H. Hinterberger in Wien ermittelte diese Relation und
fand, dass die Scheiner'sche Benzinlampe mit
Schlitzblende (Distanz der Kettenlänge) 1/45 der chemischen Wirksamkeit der
Amylacetatlampe (Distanz 1 m) für Bromsilbergelatineplatten zukomme.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1895, S. 396.
Eine sehr handliche Vorrichtung, welche den Zweck hat, jederzeit ermitteln zu können,
von welcher Seite her ein beliebiges Object zu jeder Tages- und Jahreszeit
beleuchtet wird, um die zur photographischen Aufnahme günstigste Tageszeit in
Erfahrung zu bringen, ist von Prof. A. Steinhauser in
Wien construirt worden. Derselbe nennt das kleine Instrument Actinosemantor.
Textabbildung Bd. 300, S. 17
Fig. 6.Steinhauser's Actinosemantor.
Es besteht, wie Fig. 6 zeigt, aus einer Blechdose mit
abhebbarem Deckel, welche in der Mitte einen zur Orientirung dienenden Compass,
weiter fünf über einander liegende Cartonscheibchen 1, 2, 3,
4 und 5 enthält. Fig. 7 stellt die Dose
sammt Compass von oben gesehen dar, wenn Scheibchen 5
zu oberst liegt. Auf dem Scheibchen sind radiale, an ihren Endpunkten mit 12, 1, 2, 3 u.s.w., nach der anderen Seite hin mit 11, 10, 9 u.s.w. bezifferte Linien verzeichnet, welche,
sofern das Scheibchen orientirt ist, den Schatten darstellen, den ein im
Scheibchenmittelpunkt zu denkender Verticalstab auf die wagerechte Scheibchenfläche,
bezüglich zu den Stunden 12, 1, 2, 3 u.s.w., sowie 11, 10, 9 u.s.w. Uhr werfen würde. Die Scheibe ist
richtig gestellt (orientirt), wenn der kleine links und nächst der 12
Uhr-Schattenlinie befindliche Pfeil (Declinationsstrich) die Verlängerung der
Magnetnadelachse bildet und die Pfeilspitze nach Norden weist.
Da sich die Richtung der Schattenlinien für die einzelnen Tagesstunden im Laufe des
Jahres (wegen steter Aenderung der Sonnendeclination) von Tag zu Tag ändert, so sind
fünf solche Schattenscheibchen vorhanden, von welchen jedes, streng genommen, nur
ein oder zwei (am Scheibchen angegebene) Tage im Jahre vollkommen richtig ist, aber
doch ohne Bedenken eine mehr oder weniger lange Reihe von Tagen benutzt werden
kann.
Textabbildung Bd. 300, S. 17
Fig. 7.Steinhauser's Actinosemantor.
Aus den gleichfalls auf den einzelnen Scheibchen angegebenen Zeiträumen, innerhalb
welcher sie zu gebrauchen sind, ergibt sich, dass im Laufe des Jahres auf einander
folgend zur Verwendung kommen: Scheibchen Nr. 1, dann
2,3,4,5, hierauf wieder 4,
3, 2, 1. Das jeweilig im Gebrauch stehende liegt zu oberst, der Wechsel
erfolgt nach Abnahme des Dosendeckels.
Aus den Schattenlinien ist es nun selbstverständlich leicht, den Schluss zu ziehen,
einerseits bezüglich der Richtung, in welcher die umliegenden Objecte zu den
verschiedenen Tagesstunden und Jahreszeiten vom Licht getroffen werden, andererseits
bezüglich der Himmelsrichtung, in welcher der Beobachter jeweilig die Sonne bei
bedecktem Himmel oder bei Vorhandensein sie verdeckender Körper zu suchen hätte.
An dem Instrumente ist ferner noch eine kleine Vorrichtung angebracht, welche es
gestattet, durch Anvisiren den Höhenwinkel von Objecten, welche Schatten werfen
(Berge, Häuser u.s.w.), zu ermitteln, und sind Tabellen beigegeben, mittels deren
dieser Factor ins Bereich der Berechnung gezogen werden kann.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1895, S. 398.
Photochemie und Spectralanalyse.
Abney stellte Versuche bezüglich der Abweichungen von
der Regel: die Stärke der photographischen Wirkung ist gleich dem Producte von
Belichtung und Lichtintensität, an. Der genannte Autor fand, dass, während bei hoch
empfindlichen Platten die obige Regel fast zutrifft, die Abweichungen von derselben
um so grösser werden, je geringer die Empfindlichkeit der Platten wird. Abney constatirte ferner, dass bei intermittirender
Belichtung die chemische Wirkung auf photographische Platten eine geringere ist als
bei einer gleich langen, nicht unterbrochenen Belichtung.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1895, S. 123, 129 und 174.
Ueber die photographischen Eigenschaften der Verbindungen des
Molybdäns, Wolframs und des Chroms schrieb NiewenglowskyEder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
29., über jene der Vanadiumsalze LumièreDesgl. S.
65., doch dürften diese Salze wohl
kaum für praktische Zwecke Verwendung finden (Anna. d. Ref.).
Thorpe, Hummel und PerkinChem. Centralbl., 1894 S. 906.
stellten Versuche über die Einwirkung von Licht auf gefärbte
Zeuge an, bei welchen auch der Einfluss der Beizen in Betracht gezogen
wurde.
J. JollyBrit. Journ. of Photogr., 1894 S.
953. in Dublin studirte den Einfluss der
Temperatur auf die Empfindlichkeit der Trockenplatten.
Temperaturschwankungen von 0 bis 30° C. haben, wie Eder
nachwies, keinen Einfluss auf die Empfindlichkeit von Bromsilbergelatineplatten,
dagegen wird die Empfindlichkeit dieser Platten bedeutend geringer, wenn die
Temperatur auf – 80° C. sinkt. Jolly kühlte die
Rückseite einer Platte mittels fester Kohlensäure und Schnee zur Hälfte ab und
erwärmte die andere Hälfte während der Belichtung. Die kalte Hälfte ergab bei der
Entwickelung nur geringe Lichtwirkung, die warme dagegen entwickelte sich kräftig. –
Noch stärker ist die Differenz bei orthochromatischen Platten. Die orthochromatische
Wirkung ist, wie Jolly mittels Spectrum aufnahmen
constatirte, bei stark gekühlten Platten eine sehr geringe, so dass solche Aufnahmen
fast jenen auf gewöhnlichen Platten entsprechen.
Sehr interessante Versuche, betreffend die Wirkung von Farbensensibilisatoren in
Bromsilbercollodionemulsionen, stellte Dr. G.
EberhardEder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
250. an.
Neue Sensibilisatoren für
Bromsilbergelatinetrockenplatten beschrieben Eder und Valenta.Photogr. Corresp.,
1894.
Von den untersuchten blaustichigen Rose bengale-Sorten erwies sich das
Tetrajodtetrachlorfluoresceïn als das am günstigsten wirkende Präparat. Die
sensibilisirende Wirkung dieses Körpers erhebt sich zu einem Maximum im
Grüngelb vor der Fraunhofer'schen Linie D und lässt eine deutlich sensibilisirende Wirkung bei
D ¼ C erkennen.
Es wurden einige Rhodamine untersucht, unter denen Rhodamin 3 B der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh.
sich als ein guter Sensibilisator erwies. Der genannte Farbstoff ist
Tetraäthylrhodaminäthylester. Das Maximum der Sensibilisirung, welche durch Baden
der Bromsilbergelatineplatten in verdünnten Lösungen dieses Körpers erreicht wird,
liegt bei E ¾ D und
erstreckt sich die sensibilisirende Wirkung bis D ½ C. Noch günstiger gestaltet sich die Wirkung bei
Tetrachlortetraäthylrhodaminchlorhydrat und beim
Tetrachlortetraäthylrhodaminäthyläther. Die sensibilisirende Wirkung dieser
Farbstoffe reicht bis D ⅓ C bezieh. D ⅔ C.
Ferner wurde ein von der Badischen Anilin- und
Sodafabrik in Ludwigshafen hergestelltes Präparat: Nitrilorhodamin,
untersucht, dessen sensibilisirende Wirkung bis ins Orangeroth D ½ C reicht.
Bei diesen Farbstoffen ist die relative Blauempfindlichkeit grösser als bei
Erythrosin oder Rose bengale.
Als gute Sensibilisatoren für den grünen Spectralbezirk wurden Acridingelb und
Acridinorange befunden. Das erstere verhält sich günstiger. Der untersuchte
Farbstoff war Diamidodimethylacridinchlorhydrat von A.
Leonhardt in Mühlheim (Hessen); es wurde ein geschlossenes Spectrum von D ½ E bis gegen das
Violett erhalten; deshalb dürfte sich dieser Farbstoff vortheilhaft als
Sensibilisator bei Spectralarbeiten und zu Zwecken von Aufnahmen für den
Dreifarbendruck erweisen.
Eder und Valenta
veröffentlichten eine Reihe von Spectraluntersuchungen,
welche von den Genannten mit Hilfe der Photographie durchgeführt worden waren.Druckschriften der
kaiserl. Akad. d. Wiss. in Wien, 1894 und 1895.
Sie untersuchten die Absorptionsspectren farbloser und gefärbter Gläser, mit
Berücksichtigung des Ultravioletts. Das Spectrum des Kaliums, Natriums und Cadmiums
bei verschiedenen Temperaturen und „die verschiedenen Spectren des
Quecksilbers“. Es wurden die Absorptionsspectren der neuen Jenenser
Glassorten mittels des Quarzspectrographen photographirt. Ferner wurden die Spectren
von farbigen Glasflüssen bekannter Zusammensetzung untersucht, wobei es sich zeigte,
dass diese Spectren der Kundt'schen Regel gehorchen.
Von den oben genannten Elementen wurden Flammen-, Funken- und Bogenspectren
untersucht. Die Mascart'schen, sowie Kayser und Runge'schen
Numerirungen der Cadmiumlinien wurden rectificirt. Eder
und Valenta entdeckten ferner ein neues Bandenspectrum
des Quecksilbers; das Linienspectrum dieses Elementes wurde sichergestellt. Da das
Molekül des Quecksilberdampfes nur aus einem Atome besteht, so ergibt sich aus den
obigen Beobachtungen die Unhaltbarkeit der Lockyer'schen Theorie der Bandenspectren, welche derselbe dem Molekül
zuschreibt, und Wüllner's Theorie wird hiermit
hinfällig.
Anwendung der Photographie zu wissenschaftlichen
Zwecken.
Die photographische Aufzeichnung der Deformationen des
Eisenbahngleises beim Passiren eines Zuges wurde von Baudirector Ast der „Kaiser Ferdinand-Nordbahn“ in Wien und
von Ingenieur Boschan in sehr gelungener Weise
durchgeführt.
Es handelte sich um die Feststellung der Verticalbewegung zweier Schienenenden
an einer Stossverbindung während des Passirens eines Zuges.
Die Aufnahmen erfolgten auf einer Platte, welche sich hinter einem schmalen Spalt
fortbewegte, so dass also die Vorgänge in einer und derselben Verticalebene
ununterbrochen aufgezeichnet wurden. Als Marken dienten Keile, die mit dem Rücken in
die Schienenköpfe eingeschraubt und an den Schneiden versilbert waren. Die
Beleuchtung dieser Marken geschah mit Hilfe eines Spiegels. Um den Apparat möglichst
vor den Erschütterungen zu schützen, unter denen beim Vorübersausen des Zuges das
Erdreich in weitem Umkreise zu leiden hat, wurde die Camera auf einem Pfeiler
angebracht, der frei in einem 9 m tiefen Schachte aufgeführt und ausserdem durch
dicke Filzplatten isolirt war.Wiener photogr. Blätter, 1894. –
Gelegentlich der 66. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien (1894)
war eine ausgezeichnete derartige photographische Aufnahme, Darstellung der
Deformationen des Eisenbahngleises unter dem Einflüsse der dynamischen Beanspruchung
durch einen darüberfahrenden Zug, ausgestellt, wozu Regierungsrath Ast bemerkte: Die vorliegenden Bilder betreffen
Beobachtungen am Schienenstoss. – Der obere Linienzug gibt die Verticalbewegungen
jenes Schienenendes, welches in der Fahrtrichtung als erstes liegt; der darunter
befindliche Linienzug die Verticalbewegungen des anderen (aufnehmenden)
Schienenendes, während die beiden untersten Linien die Einsenkung eines neben der
Schiene in den Untergrund eingetriebenen Pflockes darstellen. – Die Doppellinie hat
den Zweck, einen Maasstab für die Einsenkungen zu geben, indem die beiden Schneiden
dieser Marke zwischen den äussersten Rändern genau 5 mm messen. Es ergibt sich eine
2½ fache Vergrösserung der Einsenkungen.
In Fig. 8 ist dieser Apparat abgebildet; es ist eine
Camera im Plattenmaasse von 30 × 40 cm mit einem Balgauszug von 2,5 m Länge und mit
einem Zeiss-Anastigmat, Serie II Nr. 11, versehen.Anmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1895, S. 441.
Textabbildung Bd. 300, S. 19
Fig. 8.Aufzeichnung der Deformationen des Eisenbahngleises von
Boschan.
Bei der Construction handelte es sich hauptsächlich darum, die photographische Platte
an einer Spaltvorrichtung mittels eines regulirbaren Uhrwerkes vorbeigleiten zu
lassen. Die Breite des Spaltes beträgt 2 mm. Die Geschwindigkeit der
Plattenverschiebung ist aus dem am unteren Rande ersichtlichen Secundenmaasstab zu
entnehmen, indem sich dieser Theil des Schlitzes durch eine elektromagnetische
Contactvorrichtung von Secunde zu Secunde abwechselnd schliesst und öffnet. – Zur
vibrationsfreien Aufstellung des photographischen Apparates wurden die
tragenden Piloten in einen 3 m tiefen Brunnen geschlagen. (Von den vorzüglich
gelungenen, von Regierungsrath Ast und Ingenieur Boschan hergestellten Situationscurven befinden sich
einige in den Sammlungen der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und
Reproductionsverfahren in Wien.)
Vernon Boys beschäftigte sich mit ähnlichen Versuchen,
wie selbe seiner Zeit von Prof. Mach in Prag mit
grossem Erfolge angestellt wurden, um fliegende Geschosse zu
photographiren und die dabei auftretenden Erscheinungen zu studiren. Boys verwendet zur Beleuchtung einen sehr kurz
andauernden, äusserst intensiven elektrischen Funken, welchen er mit Hilfe einer
kräftigen Influenzmaschine unter Verwendung eigenartiger Condensatoren erhielt und
der mit Sicherheit genau in dem Augenblicke überspringt, in dem das Geschoss die
Drähte passirt und verbindet. Die Anordnung zeigt Fig.
9.
Textabbildung Bd. 300, S. 19
Fig. 9.Messung von Geschossgeschwindigkeiten.
Der grosse Condensator a ist eine auf beiden Seiten mit
Platinblech belegte Glasplatte, b ist eine kleine
Leydener Flasche, c die Nebenschliessung, ein in
Salzlösung getränkter Faden. Das Geschoss d fliegt in
der Nähe der photographischen Platte e vorüber. Mach wandte eine grosse Sammellinse und eine besondere
photographische Camera zur Herstellung seiner Bilder an. Beides fehlt hier und kommt
das Bild lediglich dadurch zu Stande, dass, während der Funke überspringt, sich das
Schattenbild der Kugel von der hell erleuchteten Fläche e scharf abhebt. Die ganze Vorrichtung ist in einem Kasten lichtdicht
verschlossen angebracht. Das Gewehr ist ausserhalb desselben befindlich. Die ganze
Vorrichtung ist sehr einfach. Die damit von Boys
erzielten Resultate sind überraschend gute.Eder's Jahrb. f. Photogr. f. 1895, S.
443.
A. Londe beschreibt im Bull.
Soc. franç., [2] Bd. 9 S. 572, einen neuen Aufnahmeapparat für medicinische Zwecke, mittels welchem man eine Serie
von Momentbildern (Chronophotographie) herstellen kann; er besteht aus zwölf Cameras
mit elektrisch auszulösenden Momentverschlussen. In der Originalabhandlung sind die
Instrumente im Detail beschrieben.
Die Photographie im Krankenhause. Die Salpêtrière, das
grosse Krankenhaus in Paris, ist durch eine freigebige Geldbewilligung des
Municipalrathes in den Besitz eines photochronographischen Apparates gelangt, der
den Zweck hat, schnellere oder langsamere Bewegungen der Patienten in ihre Elemente
zu zerlegen. Es ist zu diesem Apparate ein Freilichtatelier gebaut, um mit möglichst
grossen Lichtmengen arbeiten zu können.
Der Apparat ist sehr ingeniös construirt. Er besteht in einer 24 × 30 Camera mit
zwölf ganz gleichen Darlot'schen Objectiven von 10,5 cm
Brennweite. Die Camera ist dementsprechend in zwölf Kämmerchen eingetheilt. Die
Cassette enthält eine Platte 24 × 30, worauf zwölf Bilder 7 × 7 entstehen. An jedem
Objective ist ein Momentverschluss, der durch einen dazu gehörigen Elektromagneten
ausgelöst wird. Jeder Momentverschluss ist durch eine Kurbel auf fünf
verschiedene Schnelligkeiten einzustellen. Auch die Gesammtzeitdauer der zwölf auf
einander folgenden Expositionen ist durch einen elektrischen Metronom genau
regulirbar. Durch den Druck auf eine Birne werden die zwölf Momentverschlüsse in
gleichen Intervallen nach einander durch den elektrischen Strom ausgelöst. Je
nachdem man den Metronom einstellt, erhält man Serienaufnahmen von Bewegungen, die
zwischen Bruchtheilen einer Secunde und mehreren Minuten variiren können.Bullet. de la Soc.
franç. de Photogr., 1893 S. 572; Photogr.
Wochenbl., 1894 S. 24.
Ueber die Photographie im Dienste der Justiz schrieb Bertillon in Paris ein Buch, welches vor Kurzem in
deutscher Sprache erschienen ist.Encyklopädie der Photographie, W. Knapp, Halle
a. S. 1895. Der Verfasser beschreibt das bewährte System der
Identificirung mittels anthropometrisch-photographischer Methoden, wie dasselbe seit
Jahren im Identificationsbureau der Polizeipräfectur in Paris zur Durchführung
gelangt. Dieses System wird gegenwärtig auch in Hamburg zur Wiedererkennung von
Personen eingeführt und liefert vorzügliche Resultate.Siehe auch die Abhandlung von Dr. Gross in Graz über diesen Gegenstand (Deutsche Photographenzeitung, 1894 S.
258).
Mikrophotographie.
J. W. GiffordJourn. Roy. Mikr. Soc., 1894 S. 164.
bespricht in einer Abhandlung „An Inexpensive Screen for Monochromatic Light“
die verschiedenen Methoden, um monochromatisches Licht zu erhalten, und gibt
derjenigen der Anwendung von geeigneten Lichtfiltern den Vorzug. Gifford empfiehlt als Lichtfilter, welches nur
grünblaues Licht durchlässt: Lösungen von „Malachitgrün“, welche etwas
Pikrinsäure enthalten. Diese Filter lassen ausser einem für gewöhnliche Platten
unwirksamen Streif im Roth A bis B nur Licht von dem Spectralbezirke zwischen der Fraunhofer'schen Linie E
und F durch.
Man kann das Benzaldehydgrün nach Bedarf in Alkohol, Wasser oder Glycerin auflösen
und in dünnen planparallelen Glaswannen in den Strahlengang einschalten.
H. G. PiffardAmer. Journ. Med. Sci., Bd. 106.
beschreibt in einem kleinen Aufsatze die Fortschritte in der Herstellung von
Mikroskopobjectiven. Er empfiehlt, sich solcher Objective zu bedienen, welche für
D adjustirt sind, und dazu Platten zu verwenden,
welche für die Spectralregion um D sensibilisirt
wurden, wobei natürlich die Beleuchtung des fraglichen Objectes mit eben solchem
Lichte (gelben Strahlenfiltern) geschehen muss. (Für schwer aufzulösende Objecte ist
diese Methode nicht zu empfehlen.)
Die Mailander Firma F. Koristka bringt zwei neue
mikrophotographische Apparate und ein neues Objectiv, welches dieselbe als
„Semiapochromat“ bezeichnet, in den Handel. Das Objectiv ist eine
homogene Immersion (1/15 Zoll).
Um eine gewisse Tiefenperspective und Plastik, wie wir sie beim Betrachten von
Schnittobjecten unter Auf- und Abbewegen der Mikrometerschraube am Tubus erzielen,
mit Hilfe der Mikrophotographie zu erhalten, empfiehlt C.
BordenStereoscopic Photomicrographie, Amer. Micr.
Journ., XIV S. 329. ein Verfahren, welches darin
besteht, zwei über einander liegende, aber nicht an einander stossende Schichten zu
photographiren und die beiden Bilder durch gleichzeitige Betrachtung im
Stereoskop zu einem einzigen zu vereinigen.
Einen sehr brauchbaren Apparat für mikrophotographische Zwecke, wenn es sich um
massige Vergrösserungen handelt, hat H. Hinterberger in
Wien construirt. Derselbe besteht aus einer sogen. Präparirloupe, welche ein
Objectiv von kurzer Brennweite (etwa ein Hartnak'sches
von f = 20 mm) trägt. Ueber diesem Mikroskope ist, auf
vier Metallsäulen verstellbar befestigt, die Balgcamera senkrecht angebracht.
Insbesondere für von oben zu beleuchtende Objecte (kleine Samen u.s.w.) und massige
Vergrösserungen (bis 30malig) ist der compendiöse Apparat sehr zu empfehlen.
Ein Werk von Dr. Neuhauss, welches in der Encyklopädie der Photographie (W. Knapp, Halle a. S.)
als achter Band 1895 erschienen ist: Die Mikrophotographie
und die Projection, behandelt dieses Thema in klarer und fasslicher Weise
und ist als kurze Anleitung zur Herstellung von Mikrophotographien und
Projectionsbildern bestens zu empfehlen.
(Schluss folgt.)