Titel: | Chenilleschneidmaschinen. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 34 |
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Chenilleschneidmaschinen.
Von H. Glafey,
Ingenieur, Berlin.
Mit Abbildungen.
Chenilleschneidmaschinen.
Die Chenille wird bekanntlich entweder auf der Chenillemaschine oder dem Webstuhl
hergestellt. Im ersteren Fall wird das Product stets als gedrehte Chenille gewonnen,
im zweiten Fall dagegen wird durch Zerschneiden des Gewebes in Streifen parallel zu
den Kettenfäden die offene Chenille hergestellt und aus dieser erforderlichenfalls
durch Drehung erst die gedrehte Chenille gewonnen.
Textabbildung Bd. 300, S. 33
Bindung der Chenille.
Das zur Bildung der gewebten Chenille erforderliche Gewebe besitzt die aus Fig. 1 ersichtliche
Bindung. A sind die Kettenfadensysteme und B die den Flor der Chenille bildenden Schussfäden.
Zwischen je zwei Kettfadensystemen A erfolgt nach den
Linien x-x das Zerschneiden des Gewebes in Streifen
(Fig. 2).
Die nächstliegende und verbreitetste Methode zum Schneiden solcher Streifen ist
diejenige mit der Handschere. Dieselbe ist jedoch sehr mühsam und deshalb für den
Grossbetrieb sehr kostspielig. Man war deshalb bemüht, die Arbeit der Handschere
durch diejenige mechanischer Vorrichtungen zu ersetzen, und hat zu diesem Zweck
zweierlei Maschinen in Vorschlag gebracht; diese sind die Chenilleschlagmaschinen
und Chenilleschneidmaschinen. Der Unterschied beider besteht, wie auch ihre
Benennung klar zum Ausdruck bringt, darin, dass die ersteren die Schussfäden
zwischen den Kettfadensystemen durch Schlagwirkung, die letzteren dagegen durch
Schneidwirkung trennen.
Eine Chenilleschlagmaschine neuer Construction ist in Fig.
3 dargestellt. Dieselbe ist eine Erfindung von O.
Lever und W. S. Grundy, Philadelphia, und besitzt nach dem englischen
Patent Nr. 2718 A. D. 1893 folgende Einrichtung:
Textabbildung Bd. 300, S. 34
Fig. 3.Chenilleschlagmaschine von Lever und Grundy.
Das in Streifen zu zerlegende Gewebe befindet sich auf dem in dem dreieckförmig
gestalteten Rahmen D gelagerten Wickelbaum S und läuft von hier in Pfeilrichtung über die
Spannstange W nach der im Scheitel des genannten
Rahmens gelagerten Walze H, auf welcher es in Streifen
zertheilt wird. Die gewonnenen Gewebe- bezieh. Florstreifen, auch offene Chenille
genannt, laufen über den Spannsteg G im Rahmen D und die Abzugswalze m
nach der Wickel walze N; die letztere wird von der
Walze m durch Umfangsreibung in Umdrehung versetzt und
kann sich ihrem zunehmenden Durchmesser entsprechend in Schlitzlagern des Rahmens
D mit ihren Zapfen verschieben. Die Walze H, auf welcher die Zertheilung des Gewebes erfolgt, ist
auf ihrem Umfang mit ringförmig verlaufenden Aussparungen versehen, deren Abstand
der Breite der herzustellenden Chenille entspricht. Lothrecht über dieser Walze H ist drehbar die Trommel B gelagert, deren Umfang mit reihenweise angeordneten Winkellagern besetzt
ist, die wieder die Schlagscheiben A tragen, welche bei
der durch den Riementrieb IEC veranlassten Drehung der
Trommel B die den Flor bildenden Schussfäden in den
Aussparungen der Walze H treffen und so zertheilen.
Damit das zu theilende Gewebe in richtiger Weise unter die Schlagscheiben gelangt,
die die Florfäden abbindenden Kettfadensysteme also stets auf den ringförmigen
Erhöhungen der Walze H laufen, ist vor derselben an der
Einlaufseite der Maschine eine mit Rillen versehene Führungsschiene F derart angeordnet, dass durch die in dem Arbeitsgut
vorhandene Spannung die Kettfadensysteme in die Rillen des Steges F hineingezogen und so vor einer seitlichen
Verschiebung bewahrt werden.
Um jederzeit ein rasches Ausrücken der Maschine zu ermöglichen, sitzt der Rahmen D einerseits drehbar auf den Zapfen m der Walze M und wird
andererseits durch den Handhebel E mit Stellvorrichtung
T getragen. Nimmt der Handhebel B die aus der Zeichnung ersichtliche Stellung ein, so
arbeitet die Maschine; wird der bezeichnete Hebel in die Horizontale umgelegt, so
dreht sich der Rahmen D mit der Wickelwalze S nach unten und es kommt hierdurch die Walze H mit dem über dasselbe laufenden Gewebe in eine
solche Lage, dass die Schlagmesser A das letztere nicht
mehr treffen.
Die Bewegung der Wickelwalze N seitens der Abzugswalze
M erfolgt von der Haupttriebwelle I aus mittels Kegel- und Schneckenradgetriebes, wie die
Zeichnung erkennen lässt.
Die Chenilleschneidmaschinen sind mit zwei Systemen scherenartig zusammenarbeitender
Kreismesser ausgestattet, zwischen denen das zu zertheilende Gewebe hindurchgeführt
wird.
Eine der Ausführungsformen einer Chenilleschneidmaschine, wie sie von der
wohlbekannten Firma G. Stein in Berlin in Vorschlag
gebracht worden sind und ausgeführt werden, hat nach der Patentschrift Nr. 7708
folgende Einrichtung:
Zwischen den Seitenwandungen des Gestells sind in Spitzen lothrecht über einander
zwei Wellen gelagert, deren jede eine Zahl, gewöhnlich zwölf, Kreismesser trägt. Die
Messer sind auf ihren Wellen verschiebbar und können durch zwischengelegte Ringe in
beliebige Entfernung zu einander gebracht werden; eine auf dem Ende jeder Welle
vorgesehene Mutter dient zum Feststellen der Messer, welche an ihrer Arbeitsfläche
hohl geschliffen sind. Um die Messer ferner genau einstellen zu können, kann jede
Achse durch die Körnerschrauben axial verschoben und ausserdem können die letzteren
lothrecht in den Gestellwandungen verstellt werden. Hinter den Schneidmessern
befinden sich zwei mit Gummi überzogene Walzen zum Abziehen der geschnittenen
Chenille. Von diesen Walzen, welche ebenso wie die Messerwellen ihren Antrieb von
einer Kurbel aus durch Rädergetriebe empfangen, kann die obere mittels Gewichts-
oder Federzuges beliebig fest gegen die untere gepresst werden. Um eine sichere
Einführung des Chenillegewebes in die Schneidmesser zu erzielen, wird dasselbe den
letzteren in einer Bahn zugeführt, deren eine Seitenwandung der Stoffbahnbreite
entsprechend eingestellt werden kann.
Textabbildung Bd. 300, S. 34
Fig. 4.Chenilleschneidmaschine von Stein.
Die Handhabung der Maschine ist die folgende: Nachdem durch Lösen einer
Körnerschraube die obere Messerwelle herausgenommen ist, wird das zu schneidende
Gewebe in die
Führung gelegt und durch eine Druckplatte beschwert. Dann werden die
Kettfadensysteme des Gewebes zwischen den Messern hindurch in die Abzugswalzen
geführt, die Messerwelle wird wieder eingelegt und die Maschine in Gang gesetzt.
Die neueren Chenilleschneidmaschinen der vorstehend erläuterten Art besitzen an
Stelle der einfachen Führung vor und hinter den Messern eine mit Führungsnuthen
versehene Tischplatte. Die im Gewebe zwischen Einführstelle und Abzugswalze
vorhandene Spannung veranlasst die Kettfadensysteme in diese Führungsnuthen
einzutreten und hierdurch erhalten die Kettfäden und demgemäss auch die Florfäden
eine genaue Führung zwischen den Messern. Dieser Umstand ist für die Chenilleschlag-
als auch -schneidmaschinen von der grössten Bedeutung, da hierdurch allein eine
gleichmässige Chenille gewonnen werden kann.
Die in Fig. 4 derselben Firma veranschaulichte
Chenilleschneidmaschine ist für die Teppichfabrikation bestimmt und demgemäss mit
einer Heisspresse ausgestattet, welche den Zweck hat, die hinter den Messern
ablaufende Chenille in eine U-Form überzuführen, bei welcher sich also die Polfäden
berühren. Die Heisspresse besitzt zu diesem Zweck eine mit Nuthen versehene heizbare
Walze, welche den Kettfaden Systemen gleichzeitig als Führung dient. Das zu
schneidende Gewebe wird auf einen am unteren Theile des Gestelles gelagerten Baum
glatt aufgebracht, passirt einen mit Nuthen versehenen Tisch, welcher den Kettfäden
eine ganz genaue Führung gibt, tritt dann zwischen die oben gelagerten Messerpaare
a, geht über einen Dampf- und Bürstapparat nach dem
Brenn- oder Presscylinder b, um endlich von der vorn
gelagerten Abzugwalze c abgeführt zu werden. Die
Maschine kann von allen Seiten leicht bedient werden, bedarf aber, einmal
eingerückt, keinerlei Wartung, da alle Theile automatisch wirken. Sämmtliche
Arbeitswalzen, sowie die Nuthenwalzen sind durch Zahnräder mit einander verbunden,
wodurch ein absolut genauer Abzug stattfindet. Die Ueberlaufwalzen sind leicht aus
Eisen hergestellt, da die Holzwalzen durch die Wasserdämpfe sehr leiden und unrund
werden könnten.
Textabbildung Bd. 300, S. 35
Fig. 5.Chenilleschneidmaschine von Lever und Grundy.
Friedrich Anton Meinhold in Glauchau hat die Stein'sche Chenilleschneidmaschine mit einer
Spulvorrichtung in Verbindung gebracht, deren Spulenzahl derjenigen Zahl von
Chenillestreifen entspricht, welche die Schneidmesser liefern. Um die letzteren
ferner für verschiedene Chenillebreiten einstellen zu können, hat Meinhold vorgeschlagen, die Untermesser mittels
Stehbolzen und zwischen die Messer gelegte Ringe auf einer auf der Messerwelle
sitzenden Scheibe zu befestigen, die Obermesser dagegen durch zwischen dieselben
gelegte linsenförmige Federn und zu beiden Seiten der Messerreihe angeordnete
Stellschrauben der Entfernung der Untermesser entsprechend einzustellen.
Textabbildung Bd. 300, S. 35
Fig. 6.Chenilleschneidmaschine von Lever und Grundy.
Eine Chenilleschneidmaschine, bei welcher das Gewebestück dadurch in gerade
gleichmässig breite, die Chenille bildende Streifen geschnitten werden soll, dass
letztere mit den Kettfäden nicht nur in Führungen, wie
bei den Maschinen von Lever und Grundy, sowie Stein, sondern auch noch zwischen Führungen hindurch geleitet werden, welche in der Mitte zwischen
nur einem mit einer feststehenden Schneidplatte zusammenarbeitenden System von
Messern stehen und die Streifen während des Fortganges des Gewebes stets in gleichem
Abstand halten, veranschaulichen die Fig. 5 bis 8.
Die Maschine ist eine Erfindung von Howard Lees in
Slackcote Delph bei Oldham (Lancaster, Grossbritannien) und besitzt nach dem
schweizerischen Patent Nr. 9078 folgende Einrichtung:
Im Gestell a ist der mit Randscheiben versehene,
entweder zur Maschine gehörige oder vom Webstuhl herübergenommene Waarenbaum b gelagert, auf welchen das Chenillegewebe AB aufgewickelt ist. Der Baum b kann im ersteren Fall mit einem Handrad c
versehen sein, mittels dessen er gedreht und das Gewebe aufgewickelt werden kann.
Das letztere wird dabei über die Spannstäbe geführt, deren oberer behufs Streckung
des Stoffes in die Breite von der Mitte aus mit einem rechten und linken Gewinde
versehen ist. Der Baum b ist mit einem mittels Schraube
und Mutter regulirbaren Bremsband e versehen, welches
eine zweckmässige Spannung des Gewebes ermöglicht. Das von b ablaufende Gewebe geht über die Führungsstäbe g,
h und i, von denen der letztere behufs
sicherer Führung des Gewebes in einer der Kettfadenentfernung entsprechenden
Theilung genuthet ist, nach der Führungsplatte G und
dann zu den Messern C, die es in Streifen schneiden.
Die letzteren werden durch die Walzen kk1, von denen die obere mittels einer Feder l und geeigneter Regulirorgane gegen die untere
gepresst wird (Fig. 5 und 6), abgezogen.
Die besondere Gestaltung der Führungsorgane und Schneidvorrichtung ergibt sich aus
den Fig. 6, 7 und 8. Vor den Messern C ist die Platte G mit
Schlitzen oder Aussparungen G1 versehen, in welchen die rotirenden Messer laufen. Unmittelbar vor
denselben sind Führer D derart befestigt, dass die
Kettfadensysteme des Chenillegewebes stets in gleicher Lage gegen die Messer geführt
und gehalten werden. Besagte Führer können aus Draht, wie Fig. 8, oder durch
Vorsprünge D1 aus der
Platte G3 (Fig. 7 und 9), oder endlich durch
einfache Stifte gebildet werden. Bei veränderter Kettfaden- bezieh. Scheibentheilung
muss auch die Theilung der Führungen eine andere werden. Dies wird am einfachsten
durch Auswechseln der Platte G erreicht, anderenfalls
lassen sich auch verstellbare Führungen anbringen.
Textabbildung Bd. 300, S. 36
Chenilleschneidmaschine von Lever und Grundy.
Die die Scheiben C tragende Achse trägt am einen Ende
ein Zahnrad m (Fig. 6
und 7), welches in ein
auf der Antrieb welle o befestigtes Zahnrad n eingreift. Auf der Welle o ist die mit Mitnehmerstift versehene Riemenscheibe p angeordnet und durch den Einrückhebel s verschiebbar. Je nachdem man nun den Mitnehmer in
Verbindung mit der auf der Welle o befestigten Scheibe
r bringt oder aus derselben entfernt, findet die
Kuppelung oder Entkuppelung der Welle o mit der
Riemenscheibe p statt, d.h. es wird die Maschine ein-
oder ausgerückt. Durch das Handrad t auf der Welle o kann die Maschine mittels Hand in Bewegung gesetzt
werden. Der Antrieb der Abzugswalzen kk1 erfolgt mittels des ebenfalls auf o sitzenden Zahntriebes u,
welcher in das auf der Welle der Walze k1 befestigte Zahnrad v
eingreift. Die Walzen kk1 stehen durch Räder mit einander in Eingriff und ziehen die
Chenillestreifen mit der erforderlichen Geschwindigkeit ab. Letztere werden auf die
Wickel walze x aufgewickelt, welche einen deren
wachsendem Durchmesser entsprechenden Antrieb empfängt.
William Talbot, Toronto, Canada, hat in der
amerikanischen Patentbeschreibung Nr. 538217 eine Chenilleschneidmaschine in
Vorschlag gebracht, bei welcher zur Führung des Chenillegewebes an die umlaufenden
Messer keine mit rillenförmigen Aussparungen versehene Walze, sondern eine Schiene
verwendet wird, über die das Gewebe läuft, und die, ohne dass die Maschine
stillgesetzt zu werden braucht, mit dem Gewebe aus dem Bereich der Messer gebracht
bezieh. denselben genähert werden kann.
Die Einrichtung der Maschine ergibt sich aus den Fig. 9 und 10 und ist die
folgende:
Auf der Messerwelle a sind in Achsenrichtung frei
verschiebbar die Messer b mittels Feder und Nuth
angeordnet und werden in ihrer der Breite der herzustellenden Chenillestreifen
entsprechenden Lage durch einen Kamm c (Fig. 9) gehalten. In der
Zuführrichtung des in die Maschine einlaufenden Chenillegewebes ist vor der
Messerwelle ein Bett e angeordnet und auf diesem sitzt
wagerecht verschiebbar die Schiene d. Diese Schiene d, über welche die Chenille von dem bremsbaren
Waarenbaum k nach der Wickelwalze l läuft, besitzt erstens zahnartige Ausschnitte n, in welchen die Scheibenmesser b laufen, und zweitens an der vorderen Kante der durch
diese Einschnitte gebildeten Zähne m die Einkerbungen
o. In diese legen sich beim Lauf des Gewebes die
Kettfäden p (Fig. 10) und werden
dadurch in einer solchen Lage gehalten, dass die in den Einschnitten n laufenden Messer b sie
nicht treffen und ausserdem die zwischen zwei Kettfadensystemen liegenden Florfäden
genau und gleichmässig in der Mitte zertheilen. Soll die Maschine nicht arbeiten, so
wird mittels des Handhebels ghf die Schiene di auf dem Bett e so
verschoben, dass sie sich mit dem Gewebe von den Messern entfernt. Beim Einrücken
der Maschine erfolgt das Umgekehrte, d.h. der Schlitten d wird gegen die Messer so weit vorgeschoben, bis die letzteren in die
Ausschnitte n eintreten und im Verein mit deren Kanten
die Florfäden theilen.
Textabbildung Bd. 300, S. 36
Talbot's Chenilleschneidmaschine.
Die freie Beweglichkeit der Messer auf der Welle a in
deren Achsenrichtung gestattet jederzeit eine leichte Aenderung des Abstandes
derselben bei Einsetzung verschieden gezahnter Schienen d. Ferner können die Messer auch etwaiger Durchbiegung der Welle a folgen.