Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 49 |
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Neuerungen in der
Papierfabrikation.
Von Prof. Alfred
Haussner, Brünn.
(Fortsetzung des Berichtes S. 25 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von den ausführlichen Auseinandersetzungen, welche Generaldirector Dr. Karl Kellner in der Papierzeitung, 1894, über sein System gegeben hat und welche in ähnlicher
Form bereits in früheren Berichten grösstentheils berücksichtigt worden sind, sei
nur das Messgefäss für die Menge und Concentration der
Sulfitlauge, wie selbes von Kellner vielfach angewendet
wird, besonders betrachtet. Wir sehen in Fig. 16 und 17 zwei Glaskörper a und b so angeordnet,
dass durch Rohr a1 in
das innere Gefäss a die Flüssigkeit von dem
entsprechend gelegten Vorrathsbehälter a2 eintritt und solcherart an einer Scala d die Höhe des Flüssigkeitsstandes und an einem
Aräometer f die Concentration der Lauge abgelesen
werden kann. Weil nun aber, einer bestimmten Höhe der Flüssigkeitssäule in a entsprechend, durch die Oeffnungen e von unveränderlichem Querschnitt eine bestimmte
Flüssigkeitsmenge in der Zeiteinheit austritt, ist man in der Lage, aus dem
Höhenstande der Lauge in a bezieh. aus der Ablesung an
der Scala d diejenige Menge zu erkennen, welche durch
Gefäss b und weiter durch Rohr b1 abfliesst, z.B. in den Kocher.
Textabbildung Bd. 300, S. 49
Messgefäss von Kellner.
In dem neuen D. R. P. Nr. 76657 wird Dr. Karl Kellner in
Wien ein Verfahren geschützt, um einen gleichzeitig zähen, festen und
verhältnissmässig leicht bleichbaren Sulfitstoff zu erzeugen, wobei nicht verhehlt
werden kann, dass in ähnlicher Weise für den gleichen Zweck bereits in manchen
Fabriken gearbeitet wird. Dr. Kellner urtheilt nun so:
Kocht man rasch unter hohem Druck, so werden fast alle die Zellen erfüllenden Stoffe
entfernt, gelöst, so dass der Stoff leicht bleichbar wird, aber eine geringe
Festigkeit besitzt. Kocht man bei niedrigerem Druck oder langsam, so bleibt der
Stoff fester, aber weil eben das Innere der Zellen nicht in so hohem Maasse wie
früher von den schwer zu bleichenden Stoffen befreit worden ist, so wird eben ein
schwer bleichbarer Stoff erhalten. Um dies zu vermeiden, wird nun ein mechanischer
Process zur Entfernung der erwähnten, hier unerwünschten Begleiter des Zellstoffes
vorgeschlagen. Der Stoff wird nämlich in einem Knotenfang zu breiartiger Consistenz
gebracht und dann einer schlagenden oder drückenden Wirkung ausgesetzt, etwa in
einer Kugelmühle oder principiell ähnlich wirkenden Apparaten. Dadurch wird der
unangenehme Zelleninhalt, der dem Bleichen so sehr widersteht, herausgequetscht,
zugleich aber werden die Zellenwände einander mehr genähert, der Schlauch flach
gedrückt und verklebt, so dass man sich wirklich vorzustellen vermag, dass
solcherart der beabsichtigte Zweck: zähe, feste und gut bleichbare Sulfitfaser zu
erzielen, erreicht wird.
Eine Vervollkommnung seiner Kochverfahren ist Karl
Kellner in Wien im amerikanischen Patent Nr. 542932 geschützt worden.
Danach soll vermieden werden, dass sich beim Anheizen des mit Holz und kalter Lauge
gefüllten Kochers Calciummonosulfit ausscheide, sich an die Wandungen lege (man
vergleiche hierzu das Salomon-Brüngger'sche Verfahren
1892 285 150), auch den Stoff unansehnlich und schwerer
bleichbar mache. Dies soll dadurch vermieden werden, dass eben die Lauge nicht im
eigentlichen Kocher erhitzt wird, sondern in einem gesonderten Gefäss (vgl. z.B.
Fig. 18) und dann schon warm in den Kocher kommt.
Die bei der Erhitzung ausgetriebene Schwefligsäure wird dann neuerlich nutzbar,
durch Kühlung in einer Kühlschlange geeignet gemacht, das bei der Erhitzung der
Sulfitlauge ausgeschiedene Monosulfit wieder zu losen.
Die beiden amerikanischen Patente Nr. 530634 und Nr. 530635 von Henry Blackmann in New York enthalten ein Verfahren,
welches viele Aehnlichkeit mit bereits bekannten besitzt. Das Wesen dabei ist, dass
während der normalen Kochung der Kocherinhalt mehrmals in eine mit dem Kocher
verbundene Vacuumkammer ausgeblasen und gleich darauf wieder in den Kocher
zurückgepumpt wird. Wenn solcherart eine gründliche Mischung, Circulation erstrebt
wird, so findet dies wohl statt; aber wie viel einfacher, billiger und mit viel
weniger Wärmeverlusten vermag man denselben Zweck in vielen anderen, bereits
geschilderten Apparaten zu erreichen. Allerdings wird bei dem Blackmann'schen Vorgange der Stoff weitgehend
zertheilt, so dass er nach Angabe des Erfinders ohne weiteres zu Papier verarbeitet
werden kann. Aber selbst das muss mit Rücksicht auf die unvermeidlichen
Verunreinigungen, Knoten u. dgl., bezweifelt werden; und selbst wenn es so, wie es
der Erfinder wünscht, gehen könnte, so ist doch auch die Aufgabe, die lockeren
Zellstoffbündel zu zertheilen, wohl in glücklicherer Weise schon gelöst.
Verfahren, denen anscheinend keine besondere Wichtigkeit zukommt, weil sie zum guten
Theile an bereits abgethane, ältere sich anlehnen, wären etwa folgende: Im D. R. P.
Nr. 73924 an A. T. Denison und H. L. Palmer in Portland, Maine, wird vorgeschlagen, die Kochung mit Hilfe
eines Nitrats, z.B. Salpeter, auszuführen. Bei 12 bis 13 at Druck soll es dabei möglich
sein, binnen 1 Stunde Fichtenspäne in Zellstoff umzuwandeln. – Für die Verarbeitung
von Stroh will Demetrio Giaj-Tenna in Verona nach D. R.
P. Nr. 73466 eine Lösung von kaustischer Soda, Kalk, schwefelsaurer Thonerde und –
gewöhnliche Thonerde verwenden; der dadurch erhaltbare Stoff soll zäh, fest und
leicht bleichbar sein. Brauchte man dazu wirklich Thonerde gesondert oder soll
dadurch nur um jeden Preis eine von dem Gewöhnlichen abweichende Lösung gebildet
werden, um zu einem patentirten Verfahren zu gelangen? – Abwechselnd saure und
alkalische Flüssigkeiten will Eugen Rudel in Dresden
nach D. R. P. Nr. 77598 anwenden. Es wird da offenbar auf die Erscheinung gebaut,
dass gewisse Incrustationstheile leichter in Säuren, gewisse andere in Alkalien
löslich sind (vgl. z.B. Kellner's elektrische
Zellstoffgewinnung 1894 292 123). Rudel will Stroh vorerst in einer schwachen Säure einweichen, z.B. auf
1000 l Wasser ½ l Salzsäure und ⅔ l Salpetersäure. Durch letztere ist offenbar auf
das alte Payen'sche Verfahren, welches wieder
aufgegeben worden ist, zurückgegriffen. Beim Rudel'schen Process soll allerdings die Wahl der Säure vollständig frei
stehen. Das so eingeweichte und bereits von einem Theil der incrustirenden Substanz
während des Einweichens befreite Stroh wird dann kurze Zeit gedämpft bei einer
Temperatur bis 125° und hierauf mit Lösungen von Alkalien versetzt. Dadurch soll der
letzte Rest der dem Zellstoffe fremden Bestandtheile gelöst und in verhältnissmässig
kurzer Zeit und bei schwachem Drucke schöner Strohzellstoff erzeugt werden.
Auch eine oxydirende Wirkung durch Säuren bei der Herstellung von Zellstoff will der
ungemein thätige Dr. Karl Kellner nach seinem D. R. P.
Nr. 76578 eintreten lassen, und zwar sollen ausdrücklich gasförmige Chemikalien mit
den Pflanzenstoffen in Berührung kommen. Kellner führt
an: Stickstoffoxyd, salpetrige Säure, Untersalpetersäure, chlorige Säure. Trocken
oder vorher gedämpft, sollen die Pflanzentheile jenen Dämpfen ausgesetzt werden.
Hierauf folgt nochmaliges Dämpfen und darauf Auslaugen mit Alkalien, ähnlich wie bei
Rudel, nur wird hier noch empfohlen, einen
Kollergang oder ein Stampfwerk zu benutzen, um erwarten zu können, dass alle
Pflanzentheile von der angewendeten Lösung gründlich durchdrungen und in die
Einzelfasern getrennt werden.
Uebrigens empfiehlt nach The World's Paper Trade Review
auch der bekannte englische Chemiker C. F. Cross die
Verwendung von Salpetersäure, um aus Holzspänen Zellstoff einerseits und aus der
gewonnenen Ablauge mit Hilfe von Alkalien Oxal- und Essigsäure zu gewinnen (vgl.
hierzu das Verfahren von Lifschütz 1892 285 231).
Was ganz im Allgemeinen die Verarbeitung von Schälspänen, Sägemehl u. dgl. zu
Zellstoff anbelangt, so ist man auch dieser Aufgabe letzter Zeit viel näher getreten
und werden die genannten Holztheilchen schon hier und da mit Vortheil auf natürlich
minderwerthigen Zellstoff verkocht. Diese Späne werden in den Kocher eingetragen und
fortwährend festgestampft; damit dies auch bei den längeren, sperrigeren Schälspänen
möglich ist, werden dieselben etwa in Häckselschneidmaschinen oder eigenen
Schälspanschneidmaschinen, wie solche zum Beispiel von der Maschinenfabrik vorm. Goetjes und Schulze in Bautzen geliefert werden, in
etwa 4 bis 6 cm lange Stücke getheilt. Der Kocher wird dadurch möglichst stark
angefüllt, die Kochung selbst principiell gleich mit jener bei der Verarbeitung
gewöhnlichen Holzes ausgeführt.
Textabbildung Bd. 300, S. 50
Fig. 18.Kocher von Forbes.
Ein Kocher, welcher wohl in erster Linie für die
Darstellung von Natronzellstoff benutzt werden soll und der eine ganz praktische
Einrichtung zeigt, ist jener von Walter T. Forbes in
Atlanta nach amerikanischem Patent Nr. 510168. Der Kocher A ist fest und wagerecht verlegt (Fig. 18).
Der eine Deckel a ist leicht zu öffnen und zu
schliessen, indem derselbe bei e Scharniere zum Drehen
und bei f Schrauben in Schlitzen, wie solche für
Hadernkocher schon häufig angewendet worden sind, zum Befestigen besitzt. Durch die
Oeffnung des Kochers A, welche der Deckel a verschliesst, können die zu kochenden Pflanzentheile
eingebracht werden. Die Kochlauge vermag durch Rohr D
nach Eröffnung des Ventiles D1 zuzuströmen und gelangt vorerst in einen Erhitzer B, dessen Ausgestaltung principiell natürlich
vollständig gleichgültig ist, hier aber in ähnlicher Weise wie bei
Wasserröhrenkesseln u. dgl. ausgeführt ist. Die Heizung erfolgt durch frischen
Dampf, welcher, die Laugenrohre von aussen umspülend, durch B1 in den Erhitzer gelassen werden kann.
Die dann bereits erhitzte Lauge gelangt durch das Rohr E und tritt durch die zahlreichen Oeffnungen in der Mantelfläche des
Rohres E in den Kocher in Form eines Sprühregens, wenn
das Kochergut nicht zu dicht eingetragen wird. Ist genug Lauge zugeflossen, so
schliesst man das Ventil D1 und leitet eine Circulation der Lauge mit Hilfe der angelassenen
Centrifugalpumpe C ein. Diese saugt nämlich die Lauge
vom Boden des Kochers durch das Rohr F nach C1, drückt sie durch Rohr C2 in den Erhitzer, aus diesem wieder in
das Rohr E und dann in den Kocher zurück. Hat man sich
durch Entnahme von Proben überzeugt, dass genug lange gekocht worden ist, so lässt
man die Lauge ab, um sie in geeigneter Weise weiter zu verwenden, einerseits durch
Rohr F nach Eröffnen des Ventiles F1 und Schliessen von
C3, andererseits
durch die Rohre B2 und
B3 nach Eröffnen
des Ventiles B4, so
dass also Kocher und Erhitzer von der Lauge befreit werden. Schliesst man dann B4 und lässt durch Rohr
D Wasser zu, ohne dass die Pumpe C arbeitet, so durchströmt das Wasser den Erhitzer und
Kocher, fliesst dann durch F ab und wäscht die
Apparate, sowie das Kochgut aus. Ist das auch geschehen, so kann letzteres aus dem
Kocher genommen und weiter verarbeitet werden. An Armaturen sehen wir auch noch
Manometer einerseits im Erhitzer, andererseits in dem Aufsatze A1 auf dem Kocher A angebracht. Der Aufsatz A1 ist nach der Patentschrift zu
dem Zwecke vorhanden, um durch das Condensationswasser, das sich in A1 bildet, auch den
oberen Theil des Kessels A immer feucht zu
erhalten.
Textabbildung Bd. 300, S. 51
Fig. 19.Kocher von Flodquist.
Eine interessante Lösung der Aufgabe, den Kocher von aussen direct mittels heisser
Luft oder anderer heisser Gase, z.B. russfreier Feuerungsgase, zu heizen, finden wir
im amerikanischen Patent Nr. 525540 von Karl Waldemar
Flodquist in Stockholm. Neben den bekannten Vortheilen, wie Vermeiden der
Laugenverdünnung durch unmittelbar in den Kocher geführten Heizdampf, will Flodquist insbesondere gegenüber den
Dampfmantelheizungen eine weitaus geringere Blechstärke in dem auch hier
nothwendigen Mantel, sowie die leichtere Nietung in demselben erreichen. Hierzu
tritt dann noch, dass die Heizgase mit merklich höherer Temperatur, es sind etwa
300° C. in Aussicht genommen, den Kocher umspülen, wodurch die Wärme, wegen der
grösseren Temperaturdifferenz, rascher in den Kocherinhalt übergehen kann.
Allerdings muss dann insbesondere durch sorgfältige Wartung dem bedrohlichen und
unter den vorliegenden Verhältnissen leichter möglichen Anwachsen der Temperatur und
damit der Spannung im Kocher vorgebeugt werden. Die Lösung der geschilderten Aufgabe
sehen wir in Fig. 19 für einen wagerecht liegenden
Drehkocher skizzirt. Der Kocher A ruht in hohlen Zapfen
B und kann durch den Wurmradtrieb DD1 langsam gedreht
werden. Durch Winkeleisen C1 mit der Kocherwand verbunden ist der äussere, doppelwandig so
hergestellte Mantel E, dass der Hohlraum C mit geeigneten, schlechten Wärmeleitern, wie
Schlackenwolle u. dgl., gefüllt ist. Weil nun der grösste Theil des Mantels sich mit
dem Kocher dreht, so muss vorgesorgt werden dafür, dass die heissen Gase unbeschadet
der Drehung ein- und abgeführt werden können. Hier ist dies folgendermaassen gelöst:
Links haben wir den Theil E2 des Mantels gesondert und bei y anpassend
an den Theil E gemacht, so dass also der Kocher sammt
dem grössten Theil des Mantels gedreht werden kann, während der Theil E2 mit dem
Rohrkrümmling H, durch welchen die heissen Gase
zutreten, ruht. Die Gase können also jederzeit ungehindert von der Drehung
eintreten, umspülen den Kocher und ziehen rechts durch Oeffnungen o in der Mantel wand in einen Kasten N1 ab, der sich an den
Mantel anschliesst, jedoch mit diesem nicht verbunden ist, also auch die Drehung
nicht mitmacht. Aus N1
ziehen dann die bereits abgekühlten Gase durch Rohr H1 etwa in die Esse. Ein Rohr L, welches durch den einen hohlen Zapfen ins
Kocherinnere reicht, kann ein Manometer angeschlossen erhalten, um den inneren
Dampfdruck jederzeit zu controliren.
Gewiss hat die eben geschilderte Construction Mängel, aber doch scheint es, dass
der Kern der Sache ein guter ist. So ist es ja gar nicht ausgeschlossen, dass man
den Mantel E ganz ruhen lässt und dadurch auch die
Anschlüsse mit E2 und
N1 vermeidet, wenn
man zum Beispiel die Mannlöcher, wie N, nicht durch den
Mantel ragen lässt, sondern nur im Inneren anbringt, dafür aber im Mantel geeigneten
Ortes Oeffnungen, die gewöhnlich mit Deckeln geschlossen sind, vorsieht, um den
Kocher bequem zu füllen und zu entleeren. Oder aber man verzichtet überhaupt auf die
Drehung, die ja doch nur den Zweck hat, den Kocherinhalt während des ganzen
Processes gründlich zu mischen, und ersetzt die Drehung durch eine Circulation der
Kocherflüssigkeit mittels einer Pumpe.
Nach dem amerikanischen Patent Nr. 514197 an E. Meurer
in Palmer Falls soll bei Sulfitstoffkochern gründlicher Schutz gegen die Einwirkung der schwefligen Säure durch einen Anstrich von
Bleiglätte und Glycerin erzielt werden. Der Erfinder empfiehlt, 100 Th. ganz
getrocknete Bleiglätte mit 12 Th. Glycerin anzureiben und damit etwa 3 mm dick
anzustreichen, wobei schnell gearbeitet werden muss, weil die Masse ungemein rasch
zu einem fest haftenden und sehr harten Ueberzug erstarrt. Um diesen gegen zufällige
Beschädigungen zu schützen, kann man noch im Innern eine schützende Mauer geben,
wobei als Mörtel die früher erwähnte Masse mit etwas mehr Glycerin, um einen
plastischeren Mörtel zu gewinnen, verwendet wird.
Eine andere Auskleidung für Sulfitstoffkocher gibt E.
Meurer im amerikanischen Patente Nr. 514374 an. Er greift dabei auf Blei,
wie es wieder vielfach geschieht, als eigentliche Schutzschicht zurück. In Fig. 20 sehen wir einen Kocher gezeichnet, der eben
ausgemauert werden soll. Die Bleibleche B, an der
Kocherwand B lose liegend, werden zu einem
zusammenhängenden Ganzen verschmolzen, dann durch ein Gerüst aus Stäben EF gegen die Kocherwände gedrückt und hierauf durch
eine Ausmauerung C aus säurefesten Steinen gegen das
Zusammenknicken geschützt. Der Erfinder erwartet, und anscheinend mit Recht, dass
die Bleiverkleidung deshalb Dauer verspricht, weil sie nicht fest, durch Nieten o.
dgl., mit der Kocherwand verbunden ist, deshalb also auch die verschieden grossen
Ausdehnungscoëfficienten von Blei und Eisen keine schädlichen Veränderungen
veranlassen können.
Textabbildung Bd. 300, S. 51
Fig. 20.Auskleidung für Sulfitstoffkocher von Meurer.
Etwas anders geht Henry W. Stebbins in West-Carrollton
nach dem amerikanischen Patent Nr. 528339 vor. Er wendet eine Bleischutzschicht,
jedoch mit der Kocher wand fest verbunden, an, will aber die schädlichen Einflüsse
der verschieden grossen Ausdehnungscoëfficienten von Blei und Eisen dadurch
vermeiden, dass er die höhere Temperatur des Kocherinneren thunlichst von dem Blei
zurückhält. Wir bemerken in Fig. 21 den aus Blechen
a zusammengenieteten Kocher. Auf die Bleche kommt
im Innern zuerst eine Schicht aus Portlandcement und dann auf diese die Bleibleche
c. Diese werden durch Bleinieten d, die mit den Bleiblechen verschmolzen werden, mit der
Kocherwand verbunden. Es folgt dann eine Lage e, aus
schlechten Wärmeleitern bestehend, wie z.B. Cement mit Asbest, welchen Russ,
Bariumsulfat, Wasserglas (vgl. die Wenzel'sche Auskleidung
1892 285 150) und endlich, wie oben bei Meurer, Bleiglätte beigemengt werden. Stebbins gibt als passendste Mischung an: 10 Th.
Bariumsulfat, 8 Th. Bleiglätte, 2 Th. Russ und eine Lösung von Natronwasserglas von
12° Bé. Diese Schicht, aus schlechten Wärmeleitern gebildet, dürfte wohl als das
Wesentliche der Stebbins'schen Auskleidung zu
betrachten sein. Denn das Weitere, die Schicht f aus
hartgebrannten Ziegeln und der Ueberzug f1 (ganz im Innern) aus Portlandcement, Sand, Russ,
Bariumsulfat, Bleiglätte mit Wasserglas kommt ja in ähnlicher Ausführung auch
anderwärts vor.
Dagegen wird von M. Carré gemäss seinem französischen
Patent Nr. 231550 nur eine Mischung von gepulvertem Asbest mit syrupdicker
Natronwasserglaslösung empfohlen. Auf wesentlich dieselbe Schutzmasse bezieht sich
die Erfindung von R. Preston und T. Thornley in Bury. Glasirte Steingutkacheln, mit dem
Teig zusammengekittet, sollen auch den stärksten Säuren gut widerstehen.
Textabbildung Bd. 300, S. 52
Fig. 21.Auskleidung für Sulfitkocher von Stebbins.
Dass Cement allein als recht verlässliches Schutzmittel gegen den Angriff der
Schwefligsäure mancherorts betrachtet wird, ersehen wir auch aus dem amerikanischen
Patent Nr. 513892 an C. Curtis und N. M. Jones. Für die beim Ausblasen des Kochers gewiss
stark angegriffenen Auslassstutzen der Kocher wird nämlich folgende Construction
empfohlen. Der eiserne Auslasstutzen wird absichtlich merklich weiter hergestellt
und in diesen nun ein, etwa durch Pressen hergestelltes Cementrohr eingeführt,
dessen äusserer Durchmesser natürlich kleiner als der innere Durchmesser der
eisernen Hülle sein muss. Der Zwischenraum wird dann, um das Cementrohr fest zu
lagern, mit Cementmörtel vergossen.
Als Heizrohre, insbesondere bei der indirecten Heizung
mittels Heizschlangen, die sich im Kocher befinden, werden meistens Hartbleirohre
gebraucht. Obwohl Hartblei unter den unedlen Metallen am besten noch der
Schwefligsäure widersteht und deshalb gerade für die Sulfitkocher besonders geeignet
ist, so darf man sich doch die Nachtheile, welche dieses Material, bei Heizröhren
verwendet, verursacht, nicht verhehlen. Das Material ist sehr unelastisch, weich,
also leicht verletzbar; die Röhren müssen auch ziemlich dickwandig gemacht werden,
leiten deshalb nicht so leicht die Wärme des Dampfes in die Kocherflüssigkeit über
u. dgl. Ein anderes Material, Kupfer, wird zweifellos bedeutend mehr von der
Schwefligsäure angegriffen. Dafür ist es aber mechanisch weitaus widerstandsfähiger,
kann also viel dünner, somit besser wärmeabgebend gemacht werden. Ueberdies hat es
sich gezeigt, dass sich die Kupferrohre, im Innern der Kocher als Heizrohre
verwendet, bald mit einer Schicht von schwarzem Kupferoxyd überziehen, welches
die Einwirkung der Schwefligsäure auf das Kupfer wesentlich vermindert. Deshalb
werden in neuester Zeit nicht selten Kupferrohre für den erwähnten Zweck gebraucht.
Auch ist ein Vorschlag aufgetaucht, auf elektrolytischem Wege die Kupferrohre mit
einer sehr widerstandsfähigen Schicht von Cyankupfer zu überziehen. Meines Wissens
ist jedoch dieser Vorschlag noch nicht auf seine Brauchbarkeit in der Grossindustrie
erprobt worden.
Textabbildung Bd. 300, S. 52
Fig. 22.Entleeren der Kocher von Wedege.
Das Entleeren der Kocher geschieht entweder dadurch,
dass vorerst die Gase, Dämpfe u. dgl., welche zu Ende des Kochens noch vorhanden
sind, abgelassen werden und der Stoff herausgeschaufelt wird, oder aber es wird der
Stoff durch den Dampfdruck „ausgeblasen“. Bei der Sulfitzellstoffdarstellung
ist dann bei gewöhnlicher Anordnung ein Verlust an Schwefligsäuregas nicht zu
umgehen. Die Ausführung von N. P. Wedege in Drontheim
(nach D. R. P. Nr. 78966) will nun beim Ausblasen diesen Uebelstand umgehen. Wir
bemerken (Fig. 22) den unteren Mannlochdeckel b mit einer Oeffnung versehen, die während des Kochens
durch eine Platte a mit Bügel b1 und Schraube b2 geschlossen ist. Durch Stangen a2 ist mit der Platte
a eine Siebplatte c
verbunden, die sich während des Kochens an die Kocherauskleidung legt und solcherart
einen Raum e unten frei lässt, in welchen ungehindert,
etwa durch f, Heizdampf eintreten kann. Soli der Kocher
entleert werden, so ist vorerst durch die Oeffnung m1 beim oberen Mannloche das Schwefligsäuregas
abzulassen in einen Behälter, wo es für neue Lauge nutzbar gemacht wird, wie eine
bezügliche Anordnung auch in diesem Berichte (vgl. Fig.
14) gegeben ist. Dann macht man unten den Bügel b1 los und setzt dafür ein Rohrstück an,
welches den abzublasenden Stoff in einen geeigneten Stoffkasten leitet. Durch
Oeffnung m2 lässt man
dann Dampf in den Kessel, so dass er wieder unter Druck kommt, und hebt dann mit
Hilfe der Stangen a3h1h2 und der Schraube h1 am oberen
Mannlochdeckel die
untere Verschlussplatte a in die Höhe, so dass der
Stoff nun ausgeblasen wird. Es folgt also gar kein Ausspülen mit kaltem Wasser, und
zwar vermeidet das Wedege absichtlich, um bedeutendere
Temperaturschwankungen von dem Kocherinneren, von den empfindlichen Verkleidungen u.
dgl. fernzuhalten und um auch nicht die in ihrer Masse enthaltene Wärmemenge für die
folgende Kochung zu verlieren. Ausgewaschen wird der Stoff erst in dem vorerwähnten
Stoffbehälter. Soll der Kocher neu beschickt werden, so löst man oben die Schraube
k1 und lässt, etwa
mit Hilfe eines Flaschenzuges, der mit der Oese h3 verbunden wird, die Spindel h1 mit allem
Daranhängenden so weit herab, bis sich ein Querkeil auf die Traverse h5 auflegt, öffnet dann
den oberen Fig. 23. Mannlochdeckel i, füllt Holz ein, schliesst i, zieht h2
sammt Anhang auf, schraubt k1 fest, so dass der Kessel für eine neue Kochung bereit ist. Verhehlt mag
aber nicht werden, dass das Anheben der unteren Platte a unter Dampfdruck nicht gar so leicht ist, ebenso wie das Hochheben in
den Stoff, welcher ja, dem Dampfdrucke nachgebend, austreten will.
Textabbildung Bd. 300, S. 53
Fig. 23.Vorrichtung zum Zurückhalten der Fasern von Jones und
Craft.
Textabbildung Bd. 300, S. 53
Fig. 24.Ablaugen des Stoffes von Seiler und Emig.
Um zu verhindern, dass beim Ausblasen von den entweichenden Gasen und Dämpfen zu
viele Fasern fortgerissen werden und verloren gehen, schlagen Nathaniel M. Jones und Mark A.
Craft im amerikanischen Patent Nr. 540916 vor, die abströmenden Gase gegen
geeignet angebrachte Hindernisse stossen zu lassen. In Fig.
23 bedeutet b die Oeffnung, durch welche der
Kocherinhalt in den Stoffkasten A eintritt. Während das
Fasermaterial sich grösstentheils am Boden von A
absetzen wird, treten die Dämpfe weiter nach aufwärts, werden dabei aber von
Spritzwasser aus den Oeffnungen d getroffen und
theilweise condensirt. Die übrigen Dämpfe treten jedoch durch e in die Kammer B und
werden wieder von Spritzwasser aus d1 getroffen. Was nun noch nicht niedergeschlagen
worden ist, muss sich stark biegen, um durch die Oeffnung i in der Wand c1 in die Abtheilung C zu gelangen, wo wieder
Spritzwasser aus d2
wirkt. Das dadurch Verflüssigte, sowie die zurückgehaltenen Fasern fliessen durch
die Bodenöffnung k in die Stoffkammer A zurück. Die noch gasförmig gebliebenen Theilchen
treten unten durch die Wand c2, werden nochmals von Wasser aus g
getroffen, welches an der geneigten Wand D
herabrieselt, sowie von Wasser aus der Brause d3, worauf sie vollständig, wie es die
Patentschrift angibt, von Fasern befreit durch Rohr E
abziehen.
Der aus dem Kocher gekommene Stoff muss thunlichst gut von
der Ablauge befreit werden, bevor er weiter verarbeitet wird. Dies
geschieht sehr häufig durch Spülen mit Wasser. Dann aber, wenn die Ablauge
eingedampft wird oder eine anderweitige Veränderung erfährt, ist es oft zu
empfehlen, die Ablauge thunlichst concentrirt, also auch unverdünnt durch das
Spülwasser, zu halten. Eine dahin zielende Anordnung von George Seiler und Franklin Emig in Spring
Force finden wir im amerikanischen Patent Nr. 514780. Der Zellstoff gelangt aus dem
Kocher in den Trichter B (Fig.
24). Wird nun der Schieber A aufgezogen, so
fällt der Stoff auf das endlose Siebtuch C, welches
sich nach der Pfeilrichtung bewegt und den Stoff zwischen die Press walzen D bringt, die ihn gründlich ausquetschen und die
Ablauge unverdünnt in die Abtheilung F fliessen lassen.
Erst nachdem die beiden Presswalzenpaare passirt sind, wird der Stoff durch Wasser
aus E gewaschen bezieh. so verdünnt, dass er aus der
Abtheilung G, in welche er durch das Sieb C gebracht wird, durch eine Pumpe an den Ort seiner
Weiterverarbeitung geschafft werden kann.
Textabbildung Bd. 300, S. 53
Fig. 25.Abscheidung der Säuren von Dürr und Co.
Einen interessanten Vorschlag, die schweflige Säure aus der Kochlauge nach beendeter
Kochung auf rein mechanischem Wege grösstentheils abzuscheiden und wieder nutzbar zu
machen, gibt die Firma Friedrich Dürr und Go. in
Breslau nach D. R. P. Nr. 71942. In Fig. 25 bedeutet
A den Kocher, in welchem die Kochung eben beendet
wird. Um den erwähnten Zweck zu erreichen, wird vorerst, wie es auch bei anderen
Systemen geschieht, diejenige Menge der schwefligen Säure abgeblasen, welche vermöge
der im Kocher noch vorhandenen Spannung entweichen kann, durch Eröffnen des Theiles
V1 im dreifachen
Ringventile V1V2V3. Ein Sieb S, welches die Ventile vom Kocherinhalte scheidet,
verhindert, dass Stoff durch die Ventilöffnungen beim Abblasen gerissen wird, es
bleibt der Stoff im Kocher zurück. Damit nun eben die Geschwindigkeit beim Abblasen
nicht zu gross und in Folge dessen durch mitgerissenen Stoff das Sieb S allzu stark verlegt werde, soll bei der Eröffnung,
wie es die Patentschrift andeutet, nicht bloss überhaupt vorsichtig und langsam mit
der Eröffnung der Ventile vorgegangen werden, sondern es wird eben anfänglich nur
der kleinste Querschnitt, Ventil V1, aufgemacht, um
dadurch den Dampf zu drosseln, Widerstände einzuschalten und dadurch die
Geschwindigkeit der Dämpfe im Kocher gegen den Auspuff hin zu vermindern. Die durch
den eigenen Ueberdruck durch V1 entfliehenden Gase ziehen durch den Dreiwegehahn
H in das Rohr L und
aus diesem in die
Kühlschlange s, in der durch die äussere Wasserkühlung,
nach dem Gegenstromprincip, die Dämpfe sich verflüssigen, dann abgelassen und
nutzbar gemacht werden können. Wenn solcherart der Ueberdruck verschwunden ist, wird
der Hahn H umgestellt und durch Anlassen der Pumpe P ein Vacuum erzeugt. Dies bewirkt, dass neuerlich
schweflige Säure aus der Kochlauge frei wird und gegen die Pumpe P abzieht. Damit nun, wo eine zu rasche Gasbewegung
nicht mehr zu befürchten ist, die entwickelten Gase möglichst wenig Widerstand
erfahren, werden auch noch die Ventile V2 und V3 eröffnet und dadurch ein grosser Querschnitt
freigegeben. Die Gase passiren dann Hahn H, das
Saugventil im Rohre M, treten in die Pumpe, dann aus
derselben durch das Druckventil im Rohre N und durch
den Stutzen B wieder in das Rohr L zur Kühlschlange s. Der
ganze Process der Entsäuerung wird noch dadurch begünstigt, dass die Lauge sehr warm
ist und bei hoher Temperatur bekanntlich weitaus weniger Schwefligsäure gelöst
bleibt, als bei niedriger, wie sie etwa nach dem Auskühlen der Kochablauge eintreten
würde.
Weil nun an den ziemlich dicht im Kocher liegenden Zellstoffasern viele Gasbläschen
adhäriren, wird von Carpenter und Schulze in Berlin
nach D. R. P. Nr. 78306 empfohlen, diese Gasbläschen zu zwingen, auch aus dem Kocher
und durch die Vacuumpumpe zu gehen. Es soll dies (Fig.
26) durch ein Rührgebläse veranlasst werden. In Fig. 26 ist ein liegender, rotirender Kocher angewendet gedacht, doch
unterliegt es keinem Anstände, sinngemäss Aehnliches bei stehenden Kochern zu
benutzen. Bei e soll, centrisch zu dem einen
Drehzapfen, warme Druckluft mittels eines Rohres a in
den Kocher eingeführt werden, so dass dieselbe beim Austritt durch die angedeuteten
Oeffnungen in den Kocher den Inhalt desselben in Wallung bringt und dadurch
veranlasst, dass die Gasblasen von den Zellstoffasern sich lösen und mit der Luft
des Rührgebläses durch Oeffnungen in einem zweiten Rohre b in der Nähe des Kocherscheitels und weiter durch den zweiten Drehzapfen
abziehen. Damit die Oeffnungen in b nicht etwa durch
Zellstoff bündel verlegt werden, ist ein Schutzdach c
vorgesehen. So gute Wirkung die geplante Verwendung des Rührgebläses haben kann, so
fragt es sich doch, ob die Erreichung des Zweckes durch die herbeizuschaffende Luft
nicht sehr vertheuert wird und ob nicht Dampf, in ähnlicher Weise benutzt, gut genug
den Zweck ebenfalls erfüllen kann.
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Fig. 26.Rührgebläse von Carpenter und Schulze.
In eigenthümlicher Weise wollen Alexander Kumpfmiller
und E. Schultgen das Entsäuren der Ablaugen
durchführen. Ist in Fig. 27
A der Ablaugebottich, so soll daraus die Ablauge zu
oberst in den mit einem Gitterwerk aus Steinen gefüllten Thurm B einfliessen, während zu unterst in denselben
Thurm Kiesröstgase aus D und E einströmen. Weil nun die letzteren immer etwas Schwefelsäure enthalten,
welche bei der Sulfitlaugenbildung keineswegs willkommen ist, wollen Kumpfmiller und Schultgen
dieselben während des Aufsteigens der Röstgase im Thurme entfernen, und zwar
dadurch, dass die Schwefelsäure an Stelle der schwefligen Säure in der Ablauge
tritt, Gyps schon in B gebildet, Schwefligsäure aus der
Ablauge frei gemacht wird und die Röstgase, von der Schwefelsäure befreit, vereinigt
mit der schwefligen Säure, welche aus der Ablauge entbunden worden ist, gegen C und dann weiterhin zu den Laugenapparaten abziehen.
Die Ablauge wird durch G nach dem Vacuumapparate H gesaugt, veranlasst durch den am Schlusse
eingeschalteten Strahlapparat N. Durch das erzeugte
Vacuum kann ein weiterer Theil der schwefligen Säure aus der Ablauge entstehen,
welcher in L bezieh. L1 durch eingespritzte Kalkmilch oder Wasser nutzbar
gemacht bezieh. niedergeschlagen wird. Die Sonderung der dabei erzeugten Producte
geschieht derart, dass die Ablauge aus H mittels Rohr
K in die Cisterne I,
der Inhalt von L in die Cisterne II und jener aus L1 in die Cisterne III
abläuft.
Textabbildung Bd. 300, S. 54
Fig. 27.Entsäuren der Ablaugen von Kumpfmiller und Schultgen.
Die Verwendung der Ablaugen verursacht insbesondere den
Sulfitzellstoffabriken immer grössere Sorge. Denn immer seltener werden die Fälle,
wo es überhaupt angeht, die Lauge einfach versickern oder in Wasserläufe abzulassen.
In ungemein vielen Fällen dagegen wird die Vernichtung der Ablaugen bezieh. die
gänzliche Unschädlichmachung derselben unbedingt gefordert, einerseits mit Rücksicht
auf das allgemeine Wohl, andererseits mit Rücksicht auf andere Industrien, denen von
den Ablaugen geschadet wird. Mit dem Entsäuren allein, wie es oben geschildert
worden ist, erscheint die Aufgabe noch nicht ganz gelöst. Es bleiben doch noch
schwefligsaure Salze und vor allem eine ganze Reihe organischer Verbindungen, welche
aus den sogen. Incrusten hervorgegangen sind. Verhältnissmässig am einfachsten ist
der Vorgang, die Ablaugen einzudampfen, wie es für die Wiedergewinnung des Natrons
in der Natronzellstoffindustrie bereits geschieht. Begreiflich ist es aber, dass man
sich so viel wie irgend möglich dagegen sträubt, in der Sulfitstoffindustrie diese
Belastung aufzunehmen, einerseits weil damit wegen des merklichen Kohlenverbrauches
für das Verdampfen so bedeutender Wassermengen eben ein guter Theil des
Reingewinnes, bei manchen nicht ganz günstig gelegenen Fabriken der ganze Reingewinn
in Frage gestellt erscheint, so dass thatsächlich schon aus diesem Grunde manche
Zellstofffabriken den Betrieb eingestellt haben, – andererseits weil der denkende
Fabrikant sich wirklich scheut, das Viele, was an organischen nutzbaren Stoffen in den Ablaugen enthalten ist, so
ohne weiteres durch Calciniren zu vernichten. Die Fülle der dabei in Frage kommenden
Producte fordert ja förmlich heraus, einen Weg ausfindig zu machen, bei dem die
Industrie ihre Rechnung findet und doch die Belästigung durch die Ablaugen vermieden
werde. Schon in den früheren Berichten (vgl. 1894 292 124
ff.) sind Versuche in dieser Richtung beschrieben worden und auch jetzt sind einige
Vorschläge zu verzeichnen; doch mag gleich bemerkt werden, dass bis jetzt noch kein
Verfahren wirklich so weit vervollkommnet zu sein scheint, dass der Erfolg desselben
allseits befriedigen könnte.
Die Verwendung der Sulfitablauge als Heilmittel bei
Tuberculose und anderen Krankheiten scheint wohl vieles für sich zu haben (vgl. Papierzeitung, 1894 S. 395, 1639 und 2779), sind doch
schon viele, überraschende, ärztlicherseits constatirte Heilerfolge zu verzeichnen
und auch eine Heilanstalt in Hallein-Burgfried nach System Dr. Hartmann auf das „Lignosulfit“, wie dieser aus
den Ablaugen gewonnene Körper genannt wird, gegründet worden. Doch selbst
angenommen, dass diese Behandlungsweise weitere Verbreitung gewänne, so wäre doch
die absolute Menge, welche für diese Zwecke verbraucht wird, eigentlich sehr gering.
Es bleibt also nur Eindampfen oder anderweitige Verwerthung.
Beim Eindampfen pflegt die Lauge gern zu schäumen, und
wenn man Apparate, wie sie sich, in der Zuckerfabrikation etwa, bewährt haben,
verwenden will, ist das Absetzen von Krusten unangenehm u. dgl. Das will Johann Novák in Brünn nach D. R. P. Nr. 74030 dadurch
vermeiden, dass er die stark sauer reagirenden Ablaugen mit einem Ueberschuss von
Kalk nicht bloss neutralisirt, sondern alkalisch macht, allenfalls noch mit
Kohlensäure, aus einer Kesselfeuerung oder einem Kalkofen stammend, versieht, und
den dadurch gebildeten Schlamm abpresst. Hierauf soll das Eindampfen ohne Anstand
etwa in Vacuumapparaten vorgenommen werden können.
Wenn man Lauge aus Natronzellstoffabriken eindampft, so macht sich besonders
anfänglich ein sehr unangenehmer Geruch bemerkbar, oft auf einen weiten Umkreis. Um
dem abzuhelfen, hat Dr. Müller in Alt-Damm die
Einrichtung getroffen, die zuerst entstehenden Dämpfe für sich aufzufangen, zu
condensiren, wodurch man eine äusserst widerlich riechende Flüssigkeit erhält, und
erst dann, wenn die Dämpfe geruchlos geworden sind, wie gewöhnlich abzudampfen.
Wohlauf älteren Verfahren, durch Combination aus diesen gebildet, ist das Verfahren
von Dr. V. B. Drewsen und Ingenieur L. J. Dorenfeldt in Drontheim. Es bezieht sich dieses
durch das österreichische Privilegium vom 25. März 1894 geschützte Verfahren auf
eine Combination des Sulfit- und Natronverfahrens, indem der Sulfitlauge ein Salz
zugesetzt wird, dessen neutrales Sulfit auch im Wasser löslich ist, z.B.
Natriumsulfat. Es soll nach der Erfinder Angaben die Cellulose schöner, leichter
bleichbar ausfallen und auch die Wiedergewinnung des Natrons aus den Ablaugen
ungemein billig auszuführen sein. Doch ist Zurückhaltung wohl geboten, weil die
Erfinder Näheres darüber, wie das praktisch gemacht werden soll, nicht angeben.
(Schluss folgt.)