Titel: | Sicherung gegen Wassersgefahr auf See. |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 61 |
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Sicherung gegen Wassersgefahr auf
See.
(Schluss des Berichtes S. 36 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Sicherung gegen Wassersgefahr auf See.
Auf elektrischem Wege oder unter Benutzung von Dampf, Wasser, Druckluft ist es immer
möglich, die Thür und den Ort, von dem aus die Schlussvorrichtung gehandhabt werden
kann, räumlich weit aus einander zu legen, ja den letzteren auf dem Schiff beliebig
zu wählen.
Der Ball'sche, von jeder Stelle des Schiffes auf
elektrischem Wege zu beeinflussende Thürverschluss (Fig.
29) setzt eine schleusenartige, mit Hilfe einer Schraubenspindel S nach aufwärts zu öffnende Thür voraus. Die zugehörige
Mutter wird von zwei an der Thür drehbaren Schneckenrädern W gebildet, auf deren Achsen die Excenter E
sitzen. Die Bewegung der letzteren wird durch die in den mit Glycerin o. dgl.
gefüllten Cylindern C befindlichen Kolben gehemmt und
erst freigegeben, wenn bei Stromschluss die Elektromagnete M die Ventile V öffnen, so dass die hemmende
Flüssigkeit von einer Seite der Kolben zur anderen fliessen kann. Es ist
einleuchtend, dass in diesem Falle die Thür durch ihr Eigengewicht niedersinken
kann. Die Stromzuführung erfolgt über am Schott feste Contactstreifen K, längs welchen die Abnehmer A gleiten. In der Schlusstellung gleiten die Abnehmer A von den Contactstreifen K ab, worauf der Strom unterbrochen wird und die Ventile V sich schliessen. Diesen Moment zeigt eine farbige
Klappe am Taster T an. Durch Drehen der Spindel S lässt sich die Thür wieder heben.
Textabbildung Bd. 300, S. 61
Fig. 29.Ball'scher Thürverschluss.
Erwähnenswerth ist auch der Vorschlag von Montgomery-Moore,Brit. Spec., Nr. 3133 v. J. 1894.
nach dessen Angaben um das Schiff ein Rohrsystem gelegt wird, in welchem für
gewöhnlich ein Flüssigkeitsdruck oder ein Vacuum herrscht; das System steht in
Verbindung mit den Schottschlussvorrichtungen. Jeder ein Leck verursachende Stoss
auf den Schiffsrumpf zerbricht die Rohrleitung an der betreffenden Stelle, der Druck
bezieh. das Vacuum wird aufgehoben, was den Schluss aller Thüren zur Folge hat.
Auf dem Dampfer Teutonic der White-Star-Line sind
Fallthüren in Anwendung, welche sich durch ihr Eigengewicht schliessen und vom Raum
oder vom Oberdeck zu handhaben sind. Jede Thür besitzt einen Glycerinbremscylinder
von 114 mm Durchm. licht, dessen Kolben einen 12,7 mm weiten Durchlass für den
Uebertritt des Glycerins beim Fallen des Schiebers aufweist. Ein hohler
Schwimmerkolben wird vom Bilgewasser gehoben und löst die Sperrvorrichtung der Thür
aus, wenn er 305 mm über seine normale Lage gestiegen ist. Der Untergang der Victoria
hatte die Frage nach elektrischen Schlussanlagen in den Vordergrund gerückt.
Nach der Ansicht des Capitäns Bourke von dem Court of
Inquiry hätte mit solcher Ausrüstung der Schluss der Thüren in 1 Minute bewirkt
werden können, während es bei der Katastrophe mit dem gewöhnlichen
Schraubenverschluss erst in 3 Minuten ermöglicht worden war. Auf den neuen
amerikanischen Kriegsschiffen werden eingehende Versuche mit dem elektrischen und
pneumatischen Thürschluss vom Commandothurm aus angestellt. Eine für solche
Verfahren wichtige Einrichtung ist hiermit combinirt; jeder beabsichtigte Schluss
wird nämlich zuvor den unter Deck befindlichen Personen durch Glocke, Pfeife o. dgl.
angezeigt, so dass Aussperrungen oder Verletzungen vermieden werden.
3) Leckstopfung.
So lange der Schiffsmantel intact ist, droht dem Seemann keine Gefahr. Allein schon
zwei leere Nietlöcher am Boden schaffen einer starken Pumpe ausreichende Arbeit. Das
Aufstossen auf Grund, Einrennen der Bordseiten sind Factoren, mit denen stets
gerechnet werden muss. Kleine Oeffnungen wird man leicht mit Werg, Lappen o. dgl.
stopfen können; für grössere Leckagen muss man jedoch besondere Mittel in Anwendung
bringen, wenn nicht gar der Umfang der Durchbrechungen überhaupt alle stopfenden
Vorkehrungen zu nichte macht. Es ist angedeutet worden, dass schon kleine
Undichtigkeiten, namentlich an den tiefsten Mantelstellen, Reparaturen erheischen.
Das Auffinden solcher kleiner Lecks von im Dock befindlichen Schiffen nimmt meist
viel Zeit in Anspruch. Ein norwegischer Ingenieur hatte zu diesem Zweck die
Anwendung von Rauch empfohlen. Derselbe wird an Deck durch Verbrennen von Stroh oder
Brombeersträuchern erzeugt und durch Ventilatoren und Schläuche in den fest
geschlossenen Schiffsraum geleitet. Zur Auffindung des Lecks eines Schiffes von 500
t sollen mit diesem Verfahren nur 30 bis 40 Minuten nothwendig sein; die Kosten
werden auf 17 Kronen für 1 t angegeben. In Gothenburg soll sich die Einrichtung
praktisch bewährt haben.
Die Wirkung eines Lecks ist nicht allein von seiner Grösse, sondern auch von seiner
Lage in der Höhenrichtung des Schiffes abhängig. Da die einströmende Wassermenge
proportional der Einflussgeschwindigkeit ist und diese mit der Quadratwurzel aus der
Druckhöhe wächst, wird theoretisch durch ein Loch, dessen Centrum 4 m unter Wasser
liegt, in derselben Zeit doppelt so viel Wasser einstürzen, als durch ein gleich
grosses, nur 1 m unter der Wasserlinie sitzendes Leck. Indessen gilt dies nur für
den Anfang der Wasserbewegung und es gleichen sich die Unterschiede wieder aus, wenn
die Zeitdauer des Einlaufens überhaupt berücksichtigt wird. Denn es ist ersichtlich,
dass das tiefer gelegene Loch entsprechend rascher an der Innenseite unter Wasser zu
liegen kommt, als das höher gelegene; während bei dem ersteren die Druckdifferenz
zwischen innen und aussen bald anfängt abzunehmen, bleibt sie bei dem letzteren
länger constant. Auch die Wellenbildung wird man in Rücksicht ziehen müssen, da sie
für die Beurtheilung der Widerstandsfähigkeit der leckstopfenden Mittel von Belang
ist.
Scoresby und StevensonMitth., 1881 S.
501. geben die grösste Höhe atlantischer Wellen zu 43 Fuss an, die
grösste Wellenlänge von Kamm zu Kamm zu 559 Fuss und die Maximalgeschwindigkeit zu
32½ Seemeilen in 1 Stunde. Im Jahre 1842 will Stevenson
beim Skerryvoreleuchtfeuer einen Wellendruck von 6083 Pfund engl. auf 1 Quadratfuss
gemessen haben.
Am gebräuchlichsten zum Leckstopfen sind die Lecktücher, welche mit Ketten oder Tauen
von aussen über die Oeffnungen gelegt werden. Es sind hierfür nicht allein
wasserdichte, sondern auch sehr zugfeste Fabrikate erforderlich, da sie bei
grösseren und tief liegenden Löchern einen erheblichen Druck auszuhalten haben. Ein
älteres, noch jetzt viel benutztes Tuch ist dasjenige des russischen
Marinelieutenants MakarowMitth. Seew., 1873
S. 542.. Es ist viereckig, mit Tauen umsäumt, besteht aus zwei
Lagen Segelleinwand und einer dünnen, gespickten Matte und wird in Grössen von 15,
12, 10, 8 Quadratfuss mitgeführt; die grösste Nummer wiegt ohne die Schoten
(Befestigungsseile) 480 Pfund. Die Tücher halten lange, wenn sie an Bord gut trocken
gehalten und nach Gebrauch getrocknet werden. Ein Anstrich ist statthaft, jedoch
werden gestrichene Tücher nach einer Campagne gebrauchsuntüchtig, während solche
ohne Anstrich lange elastisch bleiben.
Das Holmer'sche Collisionslecktuch ist aus starker
Leinwand hergestellt, mit einer Einlage von Rippen aus einer harten, elastischen
Holzgattung. Ausser Gebrauch liegt es zusammengerollt an Bord; bei vorhandenem Leck
wird es einfach über Wasser geworfen, wo es von dem eindringenden Wasser über das
Leck aufgerollt wird. Zur Sicherung des Tuches kann dasselbe mittels eines unter dem
Kiel durchgezogenen, an beiden Borden straff gezogenen Seiles fest gemacht werden.
Ein paar Versuche, bei denen in die Seite eines Kutters ein Loch von 1,22 m Höhe und
0,356 m Breite geschnitten worden, ergab sowohl, dass das Einströmen des Wassers in
wenigen Secunden aufgehoben wurde, als auch, dass das Tuch sich unter Wasser sofort
von selbst öffnet und über das Leck legt.
Weniger in Aufnahme gekommen sind feste oder elastische Rahmenwerke mit Scharnieren
und weicher Unterlage (Canevas, Gummi u.a.), welche sich gleichfalls zusammenlegen
lassen und vermöge ihrer eigenen Steifigkeit das Tuch über dem Leck ausgebreitet
halten sollen. Erwähnt mag noch werden, dass zu besonders dicht schliessenden
Auflagen auch aufblähbare Futter vorgeschlagen worden sind, erklärlicher Weise ohne
dass diese Vorschläge Anklang gefunden hätten.
Mit einem ganzen System solcher Decktücher überzieht J.
Cinamon (Barberton) das Schiff (Fig. 30 und
31). Die von ihm angegebene Schutzvorrichtung
erinnert an die Torpedoschutznetze; sie soll ausser Lecks auch Schussöffnungen
schliessen. Um den Schiffskörper ist ein geschmeidiger, in einzelne Streifen A getrennter Panzer gezogen; die Streifen A, welche aus Kettenpanzer, gelenkig mit einander
verbundenen Metallplatten oder Latten bestehen und an der Innenseite mit passendem
biegsamem Stoff, wie Leder o. dgl., gefüttert sind, sind auf Walzen B aufgerollt, in welcher Lage sie von den um das Schiff
geführten, als Stossfänger dienenden Gehäusen F
verdeckt werden. Bei Drehung eines Vorgeleges K wird je
nach Erforderniss der eine oder der andere Panzertheil abgewickelt und dadurch
zum Kiel geführt, dass die Abschlussleiste H mittels in
senkrechten Rinnen E des Schiffsmantels laufender
Seilzüge gezogen wird. Die Rinnen E sind gewöhnlich
durch Leisten G verdeckt.
Die englischen Torpedoboote I. Klasse, welche noch bis zum Jahre 1894 einer
Beschädigung ihres Rumpfes hilflos gegenüber standen, führen pro Boot je zwei
Lecktücher von 1,8 mal 1,2 m und 2,4 mal 1,8 m an Bord.
Textabbildung Bd. 300, S. 62
Fig. 30.Schliessen der Lecke von Cinamon.
Für kleinere Löcher sind eine ganze Anzahl Vorrichtungen construirt worden, welche,
schirmartig zusammengelegt, entweder von innen durch die zu schliessende Oeffnung
nach aussen geführt werden oder umgekehrt mit dem Stiel von aussen nach innen
eindringen. In beiden Fällen legt sich im geeigneten Augenblick das schirm artig
zusammengefaltete Deckmittel über das Leck. Von den vielen, nur in unwesentlichen
Einzelheiten von einander abweichenden Ausführungen sei die des Amerikaners W. Winchester angeführt (Fig. 32 und 33). An der Stange c sind Rippen a angelenkt
und diese mit dem schliessenden Stoff b, Gummi o. dgl.,
überzogen; von Federn gespreizt gehaltene Stäbe d
halten auch den Schirm a b etwas geöffnet. Um ein Leck
L zu stopfen, wird der Apparat in der aus Fig. 32 ersichtlichen
Weise mittels zweier Seile herabgelassen. In gleicher Höhe mit dem Leck angelangt,
wird durch das einstürzende Wasser der Schwimmer e
eingezogen und ihm folgt selbständig der ganze Leckstopfer. Die Stäbe d werden beim Durchgleiten durch das Loch
zusammengelegt, nach Passiren desselben jedoch von den Federn wieder gespreizt. Man
zieht dann die Mutter g an, so dass sich die Stäbe d gegen die Innenwand des Schiffes stemmen und die Lage
der Vorrichtung sichern. Damit der Schirm selbst nicht nach innen gedrückt wird, ist
über die Scharniere eine Deckplatte f gelegt, welche
grösser ist, als das zu schliessende Leck. Bei gleichartigen Stopfern, welche von
innen gehandhabt werden, liegt der Schirm a b ganz am
Stiel c an, so dass er durch das Leck gesteckt und erst
dann von Hand gespannt werden kann.
Textabbildung Bd. 300, S. 62
Fig. 31.Schliessen der Lecke von Cinamon.
Obgleich zur Zeit hauptsächlich nur für Kriegsschiffe von Interesse, möge hier
auch auf die selbstdichtenden Mittel kurz eingegangen
werden. Um durch den Panzer durchschlagende Geschosse am tieferen Eindringen zu
hindern, besitzen die Kriegsschiffe einen etwas unter und eine gewisse, vom
Wellenschlag nicht erreichbare Höhe über der Wasserlinie reichenden Gürtel hinter
dem Panzer, der in Folge seiner Nachgiebigkeit die Geschosse aufzufangen im Stande
ist; ob Kohle, Kork, Werg u.a., am geeignetsten hierzu sei, mag an dieser Stelle
unerörtert bleiben. Der französische Admiral Pallu de la
Barriere ist 1885 zuerst der Frage näher getreten, selbsthätige Leckstopfer
zum gleichen Zweck zu verwenden. Es konnte sich hierfür nur um ein sehr elastisches
oder ein in Berührung mit Wasser aufquellendes Mittel handeln, oder ein solches,
welches beide Eigenschaften verband. De la Barriere
hatte die Cellulose als das passende Material bezeichnet. Im Jahre 1885 in Toulon
mit Cellulose aus der Cocosfaser, und zwar zu 14 Thln. gepulvert und zu 1 Thl.
faserig, angestellte Versuche sollen auch die Feuersicherheit dieses Materials
dargethan haben. Doch scheint der jüngste japanisch-chinesische Krieg begründete
Zweifel an die letztere Eigenschaft hervorgerufen zu haben. Die gleichfalls
gebräuchliche Cacaonusscellulose besteht aus 83 Proc. reiner Cellulose, 10 Proc.
organischen Beimischungen und 7 Proc. Asche. In der letzteren sind etwa 30 Proc.
Kalium- und Natriumsalze, Spuren von Mangan, ein gutes Theil Tannin und einige
Bleisalze enthalten. Diese Bestandtheile schützen die Masse vor Verderbniss und dem
Angriff von Insecten. Der einzige Feind der Cellulose ist der Rost, der unter
Einwirkung des Wassers auf das Eisen sich bildet. Diese Oxydation ist deshalb in den
mit Cellulose gefüllten Kammern, den sogen. Cofferdams, durch geeigneten Anstrich zu
verhindern. Es ist einleuchtend, dass das Einbauen der leckstopfenden Mittel im
Verhältniss zu deren Gewicht auch ein gut Theil des Deplacements beansprucht. Man
wird aus diesem Grunde sich den specifisch leichtesten Stoff aussuchen. Das
englische Kriegsschiff Inflexible trägt in seinen
Cofferdams 143 t Kork und Werg, wovon 68 t auf Kork von der Dichtigkeit 0,24 und 75
t auf Werg von der Dichtigkeit 1,00 entfallen. Eine Füllung von Cellulose, welche
die Dichtigkeit 0,12 besitzt, würde in dem Falle nur 43 t wiegen.
Textabbildung Bd. 300, S. 63
Schliessen der Lecke von Winchester.
Die leckstopfende Eigenschaft der Cellulose, welche bei Berührung mit Wasser
aufquillt, ist durch verschiedene Versuche nachgewiesen worden. Dr. Lawson, Curator des Nilgirigartens, benutzte 1889 ein
Wasserreservoir, dessen eine Seite von einer 457 qmm grossen und nur 19 mm dicken
Scheibe aus gepresstem Cocosnusscellulosepulver gebildet wurde. Drei Geschosse von
je 12,7 mm Durchmesser drangen durch die Schicht, ohne dass ein Tropfen Wasser
aus den Schusslöchern austrat, da sich letztere sofort schlössen. Ein Geschoss von
25,4 mm Durchmesser hatte nur einen augenblicklichen Wasseraustritt zur Folge; die
gebildete Oeffnung war schon nach 1 Minute fest geschlossen.
Das norwegische Kanonenboot VikingNorsk Tidskrift for
Sövaesen, 1891. hat 1891 längs der Wasserlinie eine
Cofferdamconstruction erhalten, welche aus einer Anzahl etwa 1 m breiter und 2,4 m
langer, mit Cellulose gefüllter Zellen besteht und bis zu dem über der Wasserlinie
liegenden Deck, achter aber 0,15 m über dasselbe reicht. Die vorangegangenen, an
einem Modell, welches einem Stück des Cofferdams thunlichst entsprach, vorgenommenen
Versuche hatten erwiesen, dass die Cellulose geeignet sei, das Eindringen von
Seewasser durch drei von 15-cm-Geschossen herrührende, durch eine Zelle gehende
Schusslöcher in einer praktisch ausreichenden Weise zu verhindern. Auch das
Ausspülen der Cellulosefasern durch die See findet nicht statt. Andererseits wurde
aber die Möglichkeit festgestellt, dass explodirende Geschosse die Cellulose in
Brand stecken können.
Mehr den thatsächlich in Betracht kommenden Verhältnissen gemäss ist man in Dänemark
verfahren. Hier wurde der (1891) neue Kreuzer Hekla,
welcher, aus Stahl gebaut, mit zahlreichen wasserdichten Schotten und einem 0,91 m
dicken Cellulosegürtel in der Wasserlinie versehen ist, aus 30 bis 35 m Entfernung
so aus einer 12,7-cm-Kanone beschossen, dass ein Geschoss quer durch das Schiff
durchschlug. Die Hekla fuhr darauf 3 Stunden lang mit
16 Knoten im Sund herum, wobei die See hoch über die geschlossenen Löcher ging. In
dieser Zeit stieg das Wasser in dem abgeschlossenen, von dem Geschoss
durchstrichenen Abtheil nur etwa 60 cm hoch.
In Betracht gezogen ist auch das nach der Erfinderin Wood benannte Woodite worden; es ist leichter als Kork und absorbirt kein
Wasser. Nach Feststellung (von Seiten Sir Nathaniels)
schliesst es während 24 Stunden 96 Proc. des Wassers aus, welches in eine Zelle
eindringen könnte; es soll auch nicht schwinden, durch Granaten nicht entzündlich
sein und, zwischen Wind und Wasser gehängt, das Schiff unversinkbar machen,
allerdings aber nicht leckstopfend sein. Nach neuesten BerichtenEng.,
1896. werden zwei Arten Woodite hergestellt, nämlich ausser der
erwähnten korkähnlichen Masse noch ein elastischer, hauptsächlich aus Kautschuk
bestehender Stoff zur Hinterlegung von dünnem Stahl, beispielsweise von
Torpedobootswänden, in welcher Form Woodite die Löcher thatsächlich schliessen
soll.
Die nordamerikanische Marine hat sich von den beiden Füllmitteln Cellulose und
Woodite für das erstere ausgesprochen. Da die Cellulose jedoch durch die
Feuchtigkeit sehr leicht deteriorirt, wird es in passenden Vorrathsräumen an Bord
aufbewahrt und erst in Fällen der Gefahr in die Cofferdams gefüllt. Am besten zu
Leckstopfzwecken geeignet hat man eine gleichmässige Mischung von amorpher und
faseriger Cellulose von 0,12 Dichtigkeit befunden. Das Einstopfen in die Cofferdams
muss so erfolgen, dass das Füllmaterial nicht zerbröckelt.
In neuester Zeit hat M. Marsden in Philadelphia das
Maiskolbenmark als Füllmittel für die Cofferdams präparirt.Army and Navy
Journal, 1895. Vergleichende Versuche mit der üblichen
Cocosfaser sollen ergeben haben, dass das Marsden'sche
Präparat selbst solche Schusslöcher dicht schliesst, welche, in der
Cocosfaserfüllung erzeugt, das Wasser in Mengen von 1 Gallone in der Minute
durchtreten lassen.
Das Verhältniss der Gewichte des präparirten Maismarkes und der Cellulose der
Cacoafibern ist 6,5 : 7,7; ersteres soll überdies durch explodirende Geschosse nicht
in Brand gebracht werden können. In der nordamerikanischen Kriegsmarine vorgenommene
Versuche haben anscheinend zur Einführung der Maismarkfüllung geführt. Es werden in
die Cofferdams Kammern K (Fig.
34) eingebaut und diese mit dem Mark ausgefüllt.Eng.,
1896.
Textabbildung Bd. 300, S. 64
Fig. 34.Marsden's Maiskolbenmark als Füllmittel.
Wenngleich sich zur Zeit nur die Kriegsschiffe der selbstschliessenden Gürtel
bedienen, so bilden die hierzu verwandten Stoffe doch auch für weitere Kreise
Interesse. Der Selbstschluss wird ja nur dann erfolgen können, wenn die Lecks
gewisse, verhältnissmässig kleine Abmessungen nicht übersteigen; die innere
Consistenz der Hinterfütterung muss erhalten bleiben, soll nicht der Wasserdruck die
Aufquellarbeit überwinden. Collisionslecks, die ja für Handelsschiffe vorzugsweise
in Betracht kommen, haben zumeist erheblich weitgehendere Dimensionen; es spielen
hier aber die Wasser verdrängenden Eigenschaften der Cellulose, des Marks, der
Schilfrohrarten u.a. insofern eine Rolle, als durch Einbringen der Körper in von
Wasser bedrohte Räume eine Verdrängung des letzteren und deshalb eine Entlastung des
Schiffes erfolgt. Unter Umständen kann auf diese Weise die Möglichkeit einer
Krängung, die Gefahr des Umschlagens nach einer Seite behoben werden.
4) Lenzen.
Zu den selbstverständlichen Ausrüstungsobjecten der Schiffe gehören die Vorrichtungen
zum Entfernen des eingedrungenen Wassers, zum Lenzen. Es finden hierfür sowohl
Handpumpen als auch Dampfpumpen und Ejectoren Verwendung. Die auf Deck stehenden
Apparate saugen mittels der Pumpenstiefel vom Boden des Schiffes; ein in geeigneter,
den einzelnen Bedürfnissen bezieh. Raumverhältnissen angepasster Weise an tiefster
Stelle verlegtes Rohrsystem, die Drainageleitung, verbindet die einzelnen
wasserdichten Räume so mit einander, dass je nach Erfordern iss für das Lenzen eines
besonders gefährdeten Raumes eine genügende Anzahl Pumpen angeschlossen werden
können.
Für Hand- sowohl wie für Dampfbetrieb am geeignetsten haben sich die mit mehreren
Kolben arbeitenden Downton- und Stone-Pumpen eingeführt. Bei Bemessung und
Vertheilung der Lenzapparate hat man auf grösstmögliche Leistung derselben Bedacht
zu nehmen; freilich ist diese in den besten Fällen eine bescheidene, da die
verfügbaren Kräfte und Platzverhältnisse eine knappe Grenze ziehen. Durch ein 1
qm grosses Loch am Schiffsmantel in 5 m Tiefe stürzen in der Stunde 40000 t Wasser
ein, eine Menge, zu deren Bewältigung das Zehnfache der totalen Pumpenkraft der
meisten Panzerschiffe erforderlich sein würde. Die grösste Handpumpe nimmt man zu 25
t stündlicher Leistung an; sie würde gerade hinreichend sein, um das durch zwei bis
drei leere Nietlöcher am Boden eindringende Wasser zu beseitigen. Im Allgemeinen
nimmt man an für
Deplacement
Indic. HP.
Gesammte Pumpen-leistung in Tonnenin 1
Stunde
Panzer I. Klasse, ungetakelt
10800
8000
3500
Panzer I. Klasse, getakelt
9000
8000
2500
Handels-(Ocean-) Dampfer
9600
6500
1200
Der englische Panzer Inflexible, der ja vielfach als
Versuchsobject gedient hat, vermag von 8000 indic. 200 für die Pumpen zum
Befördern von 4500 t in der Stunde abzugeben, was immer noch als sehr wenig zu
bezeichnen ist.
Auf hölzernen Schiffen waren früher zwei hölzerne Lenzpumpen aufgestellt, denen noch
meist eine kupferne Stevenpumpe beigegeben wurde. Dampfer erhielten später für jede
wasserdichte Abtheilung eine gusseiserne Handpumpe. Ausgenommen hiervon blieben die
Vor- und Hinterräume, welche durch Ablasshähne mit den benachbarten Räumen verbunden
werden konnten. Diese Einrichtung ist jetzt noch die übliche. Die Pumpem selbst, die
für Dampfbetrieb eingerichtet werden, sind allerdings wesentlich vervollkommnet; die
152 mm im Durchmesser haltenden Pumpenstiefel werden aus Metall hergestellt, während
Ventile und Kolben aus Holz und Leder gearbeitet werden, was sich für die
Schiffszwecke bisher am geeignetsten erwiesen hat. Die früher in Gusseisen
ausgeführten Rohrleitungen in die Bilge sind beispielsweise auf den Schiffen des
Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actiengesellschaft
durch Bleirohre mit Saugkammern aus verzinktem Eisenblech ersetzt worden. Die
aussenbords mündenden Druckrohre werden mit Messingkappen verschlossen, ebenso die
auf Deck mündenden Pumpen, in deren Nähe die zugehörigen Kolben, Stange, Hebel, Bock
verstaut werden. Auch die Duplex-Dampfpumpe hat neuerdings Eingang gefunden; sie ist
beispielsweise auf dem Dampfer Kaiser Wilhelm II im
Maschinenraum aufgestellt. An Stelle der Downton-Pumpe treten zur Zeit die angeblich
leistungsfähigeren Stone's-Navy-Pumpen.
Textabbildung Bd. 300, S. 64
Fig. 35.Stone-Pumpe.
Die Stone-Pumpe (vgl. 1876 220 Taf. 2 Fig. 10 und 11)
enthält vier Kolben: zwei doppelt wirkende und zwei einfach wirkende, von denen je
ein einfach und ein doppelt wirkender an einer Kolbenstange befestigt sind; diese
sind an um 180° zu einander versetzte Kurbeln angelenkt, so dass die Bewegungen der
Stangen stets gegen oder von einander vor sich gehen. Die Zapfen der doppelt gekröpften
Antriebswelle spielen in einem Rahmen.
Dass man die Pumpe auch selbsthätig wirksam zu machen versucht hat, ist bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes und der immerhin vorhandenen Möglichkeit natürlich.
Eine solche Einrichtung zeigt Fig. 35; bei dieser
wird die Stampfbewegung des Schiffes bezieh. das Steigen und Fallen des Wassers zum
Antrieb der Pumpe benutzt. Es ist A die Lenzpumpe,
deren Saugrohr B in die Bilge reicht. Der
Pumpenschwengel C ist an der Kolbenstange E der einfach wirkenden Arbeitspumpe D angelenkt, deren Rohr bis unter den Schiffsboden
reicht. Befindet sich der Kolben G in seiner tiefsten
Stellung, etwa wie gezeichnet, und steigt das Wasser im Rohr F in Folge eines Wellenberges o. dgl., so wird der Kolben hochgedrückt.
Damit er jedoch nicht zu hoch getrieben werden kann, ist im Pumpenstiefel in
Deckhöhe ein abschliessbarer Auslauf H angeordnet,
durch welchen eine Entlastung erfolgt, wenn der Kolben D über ihn hinausgegangen ist. Aehnlich bewirkt das Rohr I eine Entlastung, wenn der Kolben G beim Niedergang unter
den Rohransatz gelangt ist. Die für gewöhnlich abgeschlossene Leitung H soll eventuell Wasser an Deck führen. Eine praktische
Bedeutung hat die ganze Einrichtung nicht erlangt.
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Fig. 36.Ascheejector von See.
Der Amerikaner Horace See hat einen von ihm erdachten,
mit Druckwasser betriebenen Ascheejector auch zum Wasserentfernen benutzt. In Fig. 36 ist A der mittels
Deckel B dicht abschliessbare Ascheeinwurf, aus dem die
Asche in das über Bord geführte Rohr C fällt; das von
einer Pumpe gelieferte Druckwasser tritt aus Rohr D und
Ventil E durch Düse F in
das Rohr C, indem es die Aschetheile durch C über Bord treibt. Zum Entfernen des Wassers wird der
Aschekasten A mittels Rohr G mit der Druckleitung D verbunden. Die Pumpe
saugt dann aus dem Bilgeraum und drückt das Wasser durch DGAC nach aussen; das Ventil E wird in diesem
Fall geschlossen, das Ventil H dagegen geöffnet. Es
wird auf diese Weise eine zweite, zum Lenzen nöthige Pumpe entbehrlich.
Textabbildung Bd. 300, S. 65
Fig. 37.Ejector von Haydn.
Ein selbsthätig wirkender Ejector ist u.a. von G.
HaydnAmerikanisches Patent
Nr. 322374. (Fig. 37) in der Weise
ausgeführt worden, dass das Saugrohr a das Wasser in
den Ejectorsaugkopf b ansaugt, ein Schwimmer c dagegen je nach seiner höchsten oder tiefsten
Stellung selbsthätig ein Ventil d öffnet oder
schliesst.
Von absonderlichen Einrichtungen zum Lenzen sei hier eine angeführt, bei welcher
die saugende Wirkung des relativ gegen das Schiff bewegten Wassers nutzbar zu machen
versucht worden ist. In dem Boden des Schiffes (Fig.
38) ist eine Oeffnung vorgesehen, welche für gewöhnlich durch eine Platte
a abgeschlossen ist. Die Platte sitzt an einem nach
vorn geschlossenen Halbkonus b, in den ein die Oeffnung
abdichtender Konus c passt. Zum Entfernen des
Bilgewassers werden die Theile bc mittels eines
Getriebes d von einander bewegt. Da das in Richtung I fahrende Schiff eine Wasserbewegung II erzeugt, so wird offenbar eine Saugwirkung auf den
Durchlass ausgeübt. Ebenso einleuchtend ist es aber nicht, dass die Factoren
Relativbewegung des Aussenwassers und dessen Druck in ein solches Verhältniss zu
einander treten, dass thatsächlich ein Absaugen des Bilgewassers stattfindet.
Textabbildung Bd. 300, S. 65
Fig. 38.Einrichtung zum Lenzen.