Titel: | Wandlungen an Gasglühlichtbrennern. |
Autor: | Wilh. Gentsch |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 133 |
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Wandlungen an Gasglühlichtbrennern.
Mit Abbildungen.
Wandlungen an Gasglühlichtbrennern.
Der Gasglühlichttaumel zieht immer weitere Kreise. Die Sehnsucht nach dem goldenen
Kalbe ist gewachsen, und wo früher der sorgfältig erwägende und prüfende Fachmann
den Boden vermuthet hatte, auf dem er allein zu säen im Stande wäre, steht jetzt
neben ihm auch der Laie in allen Varianten, ohne welchen ja der Wirrwarr nicht gross
genug geworden sein würde. So ist es auch gekommen, dass unsere Zeit mit einer
Unmasse von Brennern beglückt worden ist, denen man einerseits ihr graues Alter
ansieht, und welche sich andererseits als zwecklose Constructionen oder solche von später erst
entdecktem Zweck darstellen. Wie es bezüglich der Glühkörper der Fall, ist auch der
Streit um die Brenner ein grosser. Wer einen solchen besitzt, hütet sein Eigenthum
ängstlich; ein anderer sucht dasselbe möglichst gross erscheinen zu lassen, auch
wenn es bei Erwerb den angeblichen Umfang nicht hat haben können.
Zu Hunderten sind die Brennerausführungen zu zählen, welche in wenigen Jahrzehnten
dem Gasglühlicht erstanden sind; sie eingehend zu behandeln, will ich mir für
gelegenere Zeit aufsparen. Es sei hier nur auf einige interessante Wandlungen
aufmerksam gemacht.
Textabbildung Bd. 300, S. 133
Brennerformen.
So lange man in der Glühlichtindustrie nur feste Glühkörper verwandte, sei es aus
Platin, Magnesia u.a., setzte man dieselbe auf die Köpfe der Brenner auf oder hing
sie an dieselben an, je nachdem die Flammen nach oben oder nach unten schlugen,
derart, dass die Köpfe den Glühkörpern zur Centrirung dienten. Popp beispielsweise benutzte ausser der Kopffassung
einen mittleren Tragestift. Als Auer seinen Strumpf in
die Praxis einführte, wurde nur an die Aufhängung des letzteren an einem Ringe
gedacht; der Körper wurde frei über die Flamme gehalten, wohl weil man es bei dem
Fahnehjelm-Licht so gewohnt war, andererseits aber auch, da der Auer-Körper anfangs
zu Versuchen nicht anregte. Indessen sah sich Pintsch
veranlasst, den Bunsen-Brenner selbst für den allgemeineren Gebrauch zur Beleuchtung
brauchbarer zu machen. Es musste das Rauschen der Flamme beseitigt werden. Der
ursprüngliche Brenner mit dem Kopf C (Fig. 1) lieferte die
Flamme f mit dem grünen Kern K; der Leuchtkörper L hing darüber. Den Kern
K sah Pintsch als den
Ruhestörer an, in ihm vermuthete er Explosionserscheinungen. Um ihn zu beseitigen,
setzte Pintsch einen festen (konoidischen) Körper a ein, „der den inneren Theil des Kernes der Flamme
ganz oder zum Theil ausfüllte.“D. R.
P. Nr. 43991. Der Kern K und das
Geräusch verschwanden; es bildete sich ein ringförmiger grüner Kern. Warum sollte
sich aber der letztere hinsichtlich des Geräusches anders verhalten, als der
erstere? Die Ursache dieser Wandlung muss jedenfalls in etwas anderem gesucht
werden. Der Einsatz a wurde nach unten durch den Kopf
C bis zur erweiterten Mündung A des Brennerrohres B
geführt und hier auf einem Steg befestigt. Nun ist es aber bekannt, dass jedes
Hinderniss, welches dem Gas-Luftstrom entgegengesetzt wird, zur Durchmischung
desselben beiträgt in mehr oder minder vollkommener Weise. Im vorliegenden Falle
wirbeln die Gastheile hinter den Stegen durch einander, während der Ringraum
zwischen a und C
vergrösserte Reibung bei vermehrter Geschwindigkeit des Gemisches, also eine
nochmalige Durchwirbelung begünstigt. Die Flamme eines Bunsen-Brenners mit langem
Mischrohr oder mit geeigneter Mischeinrichtung rauscht nicht. Nimmt man, wie hier
erforderlich, ein kurzes Rohr, so gelangt ungleichförmiges Gemisch zur
Verbrennung, indem explodirbare Theile mit solchen von zu wenig bezieh. zu viel
Luftgehalt abwechseln. Es wurde also bei dem Pintsch'schen Patent wahrscheinlich gerade durch den Einsatz im Kopf C der Zweck erreicht, welchen man mit dem in den
Flammenkern gerichteten Konus verfolgte.
Das Einsetzen des Körpers a hatte natürlich eine
Ausbauchung der Flamme nach h zur Folge, so dass
letztere um den Glühkörper L schlug. Um die Flamme
wieder schlanker zu gestalten, wurde als Gegenmittel für den Einsatz die Kappe d mit nach innen gerichtetem Flansch aufgesetzt,
„derart, dass die aus dem zwischen a und d gebildeten ringförmigen Raum aufsteigende, aus
Gas- und Luftgemisch sich bildende Flamme genügend
eingeschnürt wird.“ Nach alledem lässt sich nur eine Flamme g als beabsichtigt annehmen. Diese Kappe d, welche wohlgemerkt die Flamme in einiger Höhe über
ihrem Fusse zu fassen bestimmt war, wurde bis in den Glühkörper L hineingeschoben; sie übernahm die Centrirung des
letzteren. Man war hier wieder auf die als bekannt geschilderte Festlegung
zurückgekommen; nur bediente man sich für den alten Zweck eines neuen Mittels –
einer über die Brennermündung ragenden Kappe. Dass man die in der Nähe der Flamme
liegenden Theile aus schlecht leitendem, unverbrennbarem Material herstellte, war
nach den auch für Glühlichtzwecke vorhanden gewesenen Vorgängen (Lewis) selbstverständlich.
Wesentlich verändert wird die Sachlage, wenn unter den Flansch der Kappe d ein Sicherheitssieb s
(Fig. 2) gelegt
wird, welches uns ja bei alten Glühlichtbrennern sehr oft begegnet und auch bei dem
heute im Handel befindlichen Auer-Brenner angeordnet ist. Eine Kappe, welche in der
gedachten Wechselwirkung mit dem Einsatzkonus stehen würde, ist hier nicht
vorhanden; an ihre Stelle ist eine solche getreten, welche den Flammenfuss in
derselben Weise bemisst, wie es der Brennerkopf C thun
würde. Lediglich der Konus a erinnert an den
vertriebenen Flammenkern; ersterer wurde sinngemäss über den Flammenfuss erstreckt,
wie wir es auch bei den früheren amerikanischen Constructionen Bell's (von der Auer-Gesellschaft) antreffen. Bell begnügte
sich übrigens mit der Kappe nicht; er ordnete noch einen Korb oder Ring um den
Glühkörperrand an. Auf eine ganz ähnliche Ausführung ist später auch Pintsch gekommen.Schweizerisches Patent Nr. 6936.
Unter Nr. 83636 ist Carl Seel (Berlin) ein Patent
ertheilt worden (Fig. 3). Hier finden wir einen nach
unten gerichteten Konus k als Flammentheiler, welcher
die Flamme nach aussen werfen soll. Direct darunter, im Kopf angeordnet, ist ein
Flügelrad F, welches auf einer Spitze s sich drehen
soll. Die Flügel sind, so gestellt, dass das aufsteigende Gas- und Luftgemisch die
Drehung zu bewirken bestrebt ist, wodurch Seel nicht
allein eine Mischung, sondern auch eine Rotation der Gas- und Lufttheile und dadurch
eine gleich massige Flamme zu erreichen gedenkt. Die Behauptungen sind gewagt. Wenn
eine Drehung des Rades wirklich stattfindet – lange wird es nicht der Fall sein –,
so wird dieselbe dem Bestreben der Gastheile zuzuschreiben sein, den Widerstand der
Flügel zu beseitigen, also ungehindert durchzustreichen. Was also durch das ruhende
Rad vielleicht erreicht wird, wird durch das sich drehende Rad vereitelt – es müsste
denn die Drehung rascher vor sich gehen, als es die aufstrebenden Gase bewirken
können. Denn nur die Störung des Gleichgewichtes der letzteren gibt Gewähr für eine
Mischung. Noch weniger kann aber der Gedanke an eine Rotation des Gemisches Platz
greifen, weil ja gerade der Tendenz des Gemisches, senkrecht weiter zu streichen,
diejenige der Rotation für das Rad entspringt.
Textabbildung Bd. 300, S. 134
Fig. 3.Brenner von Seel.
Auf wesentlich anderen, logischen Grundsätzen ist ein neuerdings aufgetauchter
Gasglühlichtbrenner (Fig. 4) aufgebaut.Komet, Fabrik
patentirter Mischapparate für häusliche und gewerbliche Zwecke, Berlin W.
41. Hier wird meines Erachtens nach von der allein richtigen
Ansicht ausgegangen, dass ein Gas- und Luftgemisch von durchweg gleichmässiger
Beschaffenheit eine Flamme von höchster Leistung und ruhigem, geräuschlosem Arbeiten
erzeugen muss. Wenn zum Theil bekannte Mittel verwandt worden sind, so gibt doch
ihre Einreihung unter neue Organe eine geschlossene Kette, durch welche die erwähnte
Wirkung erzielt wird. Die Einrichtung ist folgendermaassen getroffen:
Textabbildung Bd. 300, S. 134
Fig. 4.Gasglühlichtbrenner Komet.
Das Mischrohr besteht aus einem cylindrischen Theil a
und dem sich daran schliessenden konisch erweiterten Fortsatz b. Wir wissen seit mehr als 10 Jahren, dass man die
Mischrohre vom Bunsen-Brenner nach der Mündung zu erweitert, um der durch die
fortschreitende Erwärmung des Gemisches bedingten Vergrösserung des Volumens
desselben Rechnung zu tragen. Nur so ist es denkbar, dass die in jedem Moment in den
Mischrohranfang eintretende Gasmenge und eingesogene Luftmenge auch wirklich bis zum
Brennerkopf gelangen, und dass nicht die am Rohr sich reibenden Luftschichten
zurückgehalten werden. Das konische Brennerrohr hat aber auch eine Schattenseite und
diese ist in der verminderten Mischfähigkeit zu erblicken. Die zurückweichenden
Wandungen begünstigen das Bestreben der Gastheile, parallel neben einander hoch zu
steigen, andererseits fällt aber der Procentsatz vom Querschnitt der
durchstreichenden Gemischsäule, bis zu welchem die Reibung am Metall Wirbel bildend
auf die Gas- und Lufttheile wirkt. Bei sehr kurzen Wegen, wie hier der Fall, spielt
überdies die Diffusion eine untergeordnete Rolle. Nach diesen Erwägungen ist es
zweifellos wichtig, die beeinträchtigte Mischung zu unterstützen. Zu diesem Zwecke
sind in origineller Weise zwei Spiralenpaare gh
eingesetzt, von denen das innere linksdrehend, das äussere dagegen rechtsdrehend ist
(oder umgekehrt). Der innere gasreiche Strom erhält also eine Linksdrehung, die
äussere luftreiche Schicht eine Rechtsdrehung. Dass hierdurch das Problem einer
innigen Mischung auf einfache und praktische Weise gelöst ist, liegt auf der Hand.
Vom praktischen Standpunkte aus ist mit Rücksicht auf die neuerdings so vielfach
aufgetauchten Mischeinrichtungen zu betonen, dass die in Rede stehende Vorkehrung
durch den Gebrauch nicht leidet, nicht die Ansammlung von Schmutz im Brenner
begünstigt, im Uebrigen aber leicht zu reinigen (durchzublasen) ist – Eigenschaften,
welche leider meist ausser Acht gelassen werden. Die Konicität von b ist so bemessen, dass ein gleichzeitig zur Aufnahme
des Glühkörperträgers bestimmter Kegel f, welcher am
Quersteg e hängt, unbeschadet des Zweckes des Konus b hat eingesetzt werden können.
An das Brennerrohr b schliesst sich der cylindrische
kurze Kopf c, welcher innen vollständig frei gehalten
ist; sein Querschnitt ist gegenüber demjenigen des freien Durchganges zwischen bf ein wesentlich vergrösserter. Dadurch wird bewirkt,
dass die in c eintretenden Gas- und Lufttheile in ihrer
Aufwärtsbewegung momentan verzögert werden; sie können, mit anderen Worten, ihre
verschiedenartigen Rotationsbewegungen, welche ihnen durch die Spiralen gh ertheilt worden, mehr in wagerechter Richtung
fortsetzen. Es ist auch dies zur Vollendung des Processes erforderlich. Denn bei
Beurtheilung der Ungleichförmigkeit eines Gemisches wird man naturgemäss die
Zusammensetzung der Horizontalquerschnitte der senkrecht aufsteigenden Säule zu
berücksichtigen haben, und wenn man den einzelnen Gas- und Lufttheilen gestattet
bezieh. sie zwingt, sich in wagerechter Richtung gegen einander zu verschieben, so
wird der Gleichförmigkeitsgrad des Gemisches erhöht. Den Abschluss bilden bekannte
Elemente: das Sieb s und die Abschlussplatte d; ersteres kann mit geeigneten Isolirmitteln i unterlegt sein. Es bedarf hier weder des sich in die Flamme erstreckenden KonusD. R. P. Nr. 43991., noch des nach
unten gerichteten Flammentheilers.D. R. P. Nr. 83636. Es erübrigt
sich demgemäss auch die Kappe mit dem Flansch als Gegenmittel für die Flammen
ausbauchende Wirkung des Konus. Wie wir es mit Bezug auf die alten Glühkörper
finden, dient hier der glatte Kopf direct zur Centrirung; innen ist derselbe glatt
(vgl. hierzu Kopf C in Fig. 1).
Der Brenner liefert in der That eine grosse, voluminöse Flamme, welche gleichmässig
und ruhig brennt. Ein Geräusch ist selbst dann nicht wahrzunehmen, wenn man durch
geeignete Gas- und Luftregulirung ein Explosionsgemisch zum Verbrennen bringt. Eine
weitere Steigerung
der Leistungsfähigkeit der Bunsen-Flamme ohne mechanische Hilfsmittel erscheint
nicht möglich.
Wilh. Gentsch.