Titel: | Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der Gespinnstfasern während des Jahres 1895. |
Autor: | Otto N. Witt , Arthur Buntrock |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 185 |
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Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der
chemischen Technologie der Gespinnstfasern während des Jahres 1895.
Von Otto N. Witt und
Arthur Buntrock.
(Letzter Bericht 1895 Bd. 295 S. 233.)
Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der
Gespinnstfasern während des Jahres 1895.
Betreffs der combinirten Chlorkalkozonbleiche (vgl. den vorhergehenden Bericht in D. p. J. 1895 295 234) wollen wir noch
nachtragen, dass sich das Verfahren in einer schlesischen Bleicherei für Leinengarn
sehr gut bewährt hat (Oesterreichs Wollen- und
Leinenindustrie, 1895 S. 746). Für ¾-Bleiche genügt an Stelle einer
4tägigen Rasenbleiche 7stündige Ozonisirung, für Vollbleiche wird die Ozonisirung 2-
bis 3mal wiederholt. Das Verfahren soll überall dort zu empfehlen sein, wo die
Grundstücke sehr theuer sind, oder wo eisenhaltiger Boden das Auslegen auf den Rasen
bei Regenwetter verbietet. Hauptsächlich ist es während der Wintermonate mit
Vortheil anwendbar, da die Garne sauber und glatt bleiben. Die unter Zuhilfenahme
von Ozon gebleichte Waare soll der auf dem Rasen gebleichten keineswegs nachstehen,
sie an Festigkeit sogar übertreffen. Uebrigens ist das Weiss der beiden Producte
doch ein etwas verschiedenes, das erstere zeigt ein gelbliches, jedoch sehr klares,
das andere ein bläulichgraues Weiss.
Zum Bleichen der Satins, welche als Kette Grège und als Schuss ungebleichte Baumwolle
enthalten, empfiehlt L. Tabourin die Anwendung einer 40
bis 60° warmen Milch von Bariumsuperoxyd, 10 Proc. auf das Gewicht der Waare (Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1895
S. 351). Auch Wasserstoffsuperoxyd unter Zusatz von kaustischer Soda, Natrium- oder
Ammoniumcarbonat leistet sehr gute Dienste.
Um Wollgarn seidenartigen Glanz und Griff zu geben, wird nach Oesterreichs Wollen- und Leinenindustrie, 1895 S. 634, die gewaschene noch
nasse Wolle 10 bis 30 Minuten in ein kaltes, für schwere Garne eventuell bis 70°
erwärmtes Bad von 5 bis 10 g Schwefelsäure in 1 l Wasser gebracht, abgeschleudert,
20 bis 30 Minuten in einem kalten Bade, das 5 bis 15 g Chlorkalk in 1 l Wasser
enthält, umgezogen, gut gespült, hierauf mit 5 bis 10 g Marseiller- oder Oleïnseife
in 1 l Wasser bei 30 bis 70° 20 bis 30 Minuten schwach gewaschen, mit verdünnter
Schwefelsäure (wie oben) gesäuert, gut gespült und mit sauren Farbstoffen in der
gewünschten Farbe, meist schwarz, gefärbt. Durch die obige Behandlung wird die
Affinität der Wollfaser zu den Farbstoffen nicht unbedeutend erhöht (vgl. Chloren
der Wolle im Druck), gleichzeitig verliert aber die Faser ihre Filzfähigkeit, ein
Umstand, der das Verfahren auf die Herstellung von Strickgarnen und Garnen für die
Tricotagebranche beschränkt. Uebrigens wird derartig in ihrem Aussehen verbesserte
Wolle auch Seidenwolle genannt und von verschiedenen Seiten in den Handel gebracht.
Am besten sollen sich die harten, schon an und für sich glänzenden Mohairgarne für
die Verarbeitung eignen. Das Verfahren soll auch für Wollplüsche zur Imitation von
Seidenplüschen Verwendung finden.
Als Unterscheidungsmerkmale der künstlichen (Chardonnet'schen) und der natürlichen Seide führt E.
Herzog folgende an: Die künstliche Seide zeigt nicht das der echten,
abgekochten Seide eigenthümliche „Craquant“, das krachende Gefühl, den Griff;
die Lösung der künstlichen Seide in Kalilauge ist gelb gefärbt, die der echten
farblos. Die meisten übrigen Lösungsmittel verhalten sich beiden Seiden gegenüber
gleich, nur eine alkalische, glycerinhaltige Kupfersalzlösung aus 10 g Kupfersulfat,
100 g Wasser, 5 g Glycerin und einer zum Wiederauflösen des anfänglich entstehenden
Niederschlages von Kupferhydroxyd nöthigen Menge Kalilauge löst Chardonnet'sche Seide nicht, während echte Seide glatt
gelöst wird. (Färberzeitung, 1894/95 S. 201.)
Nach dem Deutschen Wollengewerbe ist Milchsäure das
beste Reductionsmittel beim Beizen der Wolle mit Kaliumbichromat; weniger gut ist
der Weinstein, aber dieser immer noch besser als Oxalsäure. Die letztere soll für
dunkle Färbungen mit Alizarin überhaupt nicht geeignet sein. Auch E. Hoffmann fand (Färberzeitung, 1895/96 S. 65), dass Milchsäure für die meisten
Alizarinfarbstoffe als Hilfsbeize beim Chromsud entschieden vortheilhafter sei als
Weinstein und besonders als Oxalsäure. Alizarinroth, Alizarinblau, Alizarincyanine,
Anthracenblau, Anthracenbraun liefern auf mit Kaliumbichromat und Milchsäure
gebeizter Wolle dunklere Färbungen als auf solcher Wolle, die mit Kaliumbichromat
und Weinstein oder besonders Oxalsäure gebeizt wurde; so wurde beim Färben mit
Alizarinblau SRW und WX unter Anwendung von Milchsäure mit 14 Proc. Farbstoff die
gleiche Tiefe erreicht, wie mit 15 Proc. Farbstoff unter Anwendung von Weinstein und
16,5 Proc. Farbstoff unter Anwendung von Oxalsäure. Die auf Milchsäuresud erhaltenen
Färbungen zeigen übrigens eine etwas röthlichere Färbung gegenüber den auf
Weinsteinsud erhaltenen, worauf der Unterschied in der Tiefe zurückzuführen ist. Da
Milchsäure die Stumpfesten und röthesten Töne liefert, eignet sie sich am besten für
dunkle Töne.
Ueber die Darstellung und Anwendung der Carminfarben, jener in Wasser löslichen, aus
Abkochungen von Blauholz, Rothholz und Gelbholz durch Vermischen mit Metallsalzen,
wie Chromsalz, Eisensalz, Kupfersulfat, Zinnsoda, Zinnsalz, erhältlichen Lacke,
welche als solche in den Handel gebracht werden und ungeheizte Baumwolle im
neutralen Bade schon bei 60° schwach Substantiv und Wolle im mit wenig Oxalsäure
angesäuerten Bade anfärben, hat V. H. Soxhlet kurze
Angaben gemacht. (Chem.-Zeitung, 1895 S. 2295.)
Im Anschluss an seine früheren, auch in unserem vorhergehenden Berichte (vgl. D. p. J. 1895 295 237)
erwähnten Untersuchungen über das Färben der Halbwolle mit Substantiven Farbstoffen
in einem Bade kommt G. Mecklenburg (Färberzeitung, 1894/95 S. 197) zu dem Resultate, dass
man, um genau nach Muster zu färben, am sichersten ein Gemisch von solchen
Farbstoffen anwendet, von denen die einen im kochenden neutralen Bade nur die Wolle
und die andern nur die Baumwolle anfärben.
Gleichwie die Farbwerke vorm. Meister, Lucius und
Brüning zum Zwecke des besseren Durchfärbens Sulfosäuren von
Alizarinfarbstoffen zuerst im sauren Bade auf Wolle färben und dann nachträglich mit
Metalibeizen zur Bildung des Lackes behandeln (vgl. diesen Bericht in D. p. J. 1895 295 238),
haben sie dieses Verfahren auch für solche Alizarinfarbstoffe als geeignet befunden,
welche statt des Sulfosäurerestes andere saure Substituenten, wie NO2, Cl oder Br, enthalten, z.B. α-Nitroalizarin, β-Nitroalizarin (Na-Salz = Alizarinorange N Pulver), β-Chlor-, β-Brom- und Dichloralizarin, ferner α- und β-Nitroanthrapurpurin, α-
und β-Nitroflavopurpurin (Na-Salz = Alizarinorange G
Pulver), Dibromanthrapurpurin, Dichlor- und Dibromanthrachryson. Auch derart
zusammengesetzte Farbstoffe färben Wolle im sauren Bade direct an und lassen sich
dann auf der Faser in die echten Metallacke überführen. (D. R. P. Nr. 78928.)
Fr. Zillessen und Sohn wurde vor einigen Jahren ein
Patent zürn Färben von Seide, Wolle oder Baumwolle in verschiedenen Farben ertheilt,
darin bestehend, dass die genannten Fasern vor dem Verweben mit Metalloxyden gebeizt und dann mit nicht
gebeizter Seide, Wolle oder Baumwolle verwebt wurden; natürlich färbte sich dann
beim späteren Einbringen in Farbstoffbäder die gebeizte und die ungeheizte Faser
verschieden. Nach L. Schreiner eignet sich das
Verfahren zur Herstellung von Futter-, Rock- und Kleiderstoffen, Tüchern, Piqués,
Tricots u.s.w., besonders hat sich in seiner Färberei die Fabrikation zweifarbiger
Baumwollartikel bewährt, da sie schöne Resultate liefert und sich im Preise billig
stellt (Färberzeitung, 1894/95 S. 229). Die Baumwolle
wird in der Flocke oder im Vorgespinnst gebeizt und dann mit ungeheizter Waare zu
Melangen verarbeitet, die hauptsächlich für Tricots, Strümpfe u.s.w. Verwendung
finden. Meist aber wird nach dem genannten Autor fertiges, auf dem Mommer'schen Apparate in Cops gebeiztes Garn
verarbeitet. Nur Eisenbeize findet Verwendung, da diese sowohl die billigste als
auch die reactionsreichste Metallbeize ist. Kleine bunte Effecte können ausserdem
durch Einweben einzelner echtfarbig vorgefärbter Fäden erzielt werden. Die Cops
werden also mit einer Lösung von holzessigsaurem Eisen (8° Bé.) kalt imprägnirt,
geschleudert, getrocknet, ohne Druck gedämpft und dann entweder zu Ketten geschoren
oder direct als Schuss eingeschlagen. Die fertige nicht entschlichtete Rohwaare wird
in einem sodaalkalischen Bade aus beizenfärbenden und Substantiven Farbstoffen
zweifarbig nach Muster gefärbt. Es soll das ausserordentlich leicht sein. Blauholz,
Rothholz, Gelbholz, Sandel, Sumach, Quebracho und andere dienen zum Färben der
gebeizten Faser; zur Erzeugung von Blau wird, nachdem der Farbton der ungebeizten
Faser erreicht ist, Berlinerblau auf der Eisenbeize entwickelt. Für gelbe und
modefarbige Effecte soll die im alkalischen Bade rein hervortretende Eisenoxydfarbe
der gebeizten Baumwolle schon kräftig genug sein, um ziemlich grosse Quantitäten
complementärer substantiver Farben vertragen zu können, ohne gedeckt zu werden. Das
sodaalkalische Farbbad nimmt gleichzeitig die Schlichte aus der Waare, und nach
erfolgter Musterung wird gespült, getrocknet, gesengt, gedämpft, calandert und
gepresst. Einfarbigen gleichwerthigen Artikeln gegenüber zeichnet sich derart
gefärbte Waare durch sehr schönen Lüster und seidenartigen Griff aus. Die Mehrkosten
sollen etwa 25 Pf. für 1 k fertiger Waare betragen. Zum
Schluss zieht Schreiner einen Vergleich zwischen der
Fabrikation zweifarbiger Artikel aus vorgefärbten Garnen und der oben besprochenen
Fabrikation; er kommt zu dem Resultate, dass zu Gunsten der ersteren nur die
Möglichkeit der Erzielung greller Effecte und Gegensätze spreche, dass aber die
Kosten höhere seien, denn das geschilderte Verfahren gestatte das billige Beizen der
Hälfte des Rohmaterials in Cops und das Färben im Stück. Dazu komme noch der
Vortheil für den Weber, dass er auf einer Kette fortarbeiten könne, dass der
Webelohn geringer sei und dass die Rohwaare beliebig lange lagern könne, um erst
nach Eingang der Ordres in den gewünschten zwei Farben ausgefärbt zu werden.
Zur Verbesserung von Stücken, welche in der Walke ausgelaufene Alizarinfarben
enthalten, empfiehlt F. Geissler die Anwendung von
Natriumhydrosulfit (Färberzeitung, 1894/95 S. 145).
Wenn Alizarinroth in Teig, Anthracenbraun, ebenso verschiedene Azofarbstoffe
mitverwebte weisse Wolle rosa angefärbt haben, lässt sich das Weiss durch eine
Passage des Stückes durch Natriumhydrosulfitlösung vollständig rein wieder
herstellen. Geissler sucht diese übrigens sehr
interessante und werthvolle Beobachtung durch die Annahme zu erklären, dass die
Farbstoffe bei der Behandlung mit der Natriumhydrosulfitlösung zu farblosen
Verbindungen reducirt würden.
Als ein Ereigniss von hervorragendem Interesse für die Wollfärberei muss das Vorgehen
des preussischen Kriegsministeriums betreffs des Färbens der Militärtuche bezeichnet
werden. Bisher durften zum Färben der Militärtuche nur die Naturfarbstoffe Indigo,
Blauholz und Gelbholz verwendet werden. Diese Farbstoffe müssen von dem Auslande
gekauft werden; grosse Summen Geldes gehen so dem Nationalvermögen verloren. Es ist
das um so mehr zu bedauern, als unsere deutschen Farbenfabriken schon seit Längerem
eine Reihe von künstlichen Farbstoffen erzeugen, die den oben genannten
Naturproducten, besonders aber dem Blauholz und Gelbholz ebenbürtig, wenn nicht
überlegen sind. Es wurden daher genaue Trageversuche in der Armee mit solchen Tuchen
angestellt, die mit künstlichen Producten, wie gewissen Alizarin- und anderen echten
Farbstoffen, gefärbt waren. Und es zeigte sich hier, dass eine Anzahl von
künstlichen Farbstoffen durchaus im Stande ist, Blauholz und Gelbholz und für
gewisse Nuancen auch Indigo zu ersetzen.
Auf Grund dieser Ergebnisse wurden neben diesen Naturfarbstoffen laut Verfügung des
Kriegsministeriums vom 14. November 1894 an die Corps-Intendanturen folgende echte
Theerfarbstoffe für das Färben der Uniformtuche freigegeben:
Blau. Alizarinblau (Badische Anilin-
und Sodafabrik, Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co., Farbwerke vorm. Meister,
Lucius und Brüning);
Alizarincyanin und Brillantalizarincyanin (Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co.);
Säurealizarinblau (Farbwerke vorm. Meister,
Lucius und Brüning);
Anthracenblau, Alizarinindigoblau (Badische
Anilin- und Sodafabrik);
Brillantalizarinblau (Farbenfabriken vorm.
Fr. Bayer und Co.).
Schwarz. Alizarinschwarz (Badische
Anilin- und Sodafabrik);
Alizarincyaninschwarz (Farbenfabriken vorm.
Fr. Bayer und Co.);
Alizarinschwarz (Farbwerke vorm. Meister,
Lucius und Brüning);
Diamantschwarz (Farbenfabriken vorm. Fr.
Bayer und Co.).
Gelb. Alizaringelb und Beizengelb (Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning);
Diamantgelb und Chromgelb (Farbenfabriken
vorm. Fr. Bayer und Co.);
Carbazolgelb, Galloflavin, Beizengelb (Badische Anilin- und Sodafabrik).
Orange. Alizarinorange (Badische
Anilin- und Sodafabrik, Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co., Farbwerke vorm.
Meister, Lucius und Brüning).
Roth. Alizarinroth in Teig und Pulver (Badische Anilin- und Sodafabrik, Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co.,
Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning);
Anthracenroth (Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und
Co.).
Braun. Anthracenbraun (Badische Anilin-
und Sodafabrik, Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co.);
Alizarinbraun (Farbw. v. Meister, Lucius u.
Brüning).
Grün. Coeruleïn (Badische Anilin- und
Sodafabrik, Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co., Farbwerke vorm. Meister,
Lucius und Brüning);
Alizaringrün (Badische Anilin- und
Sodafabrik);
Alizaringrün (Farbwerke vorm. Meister,
Lucius und Brüning);
Alizaringrün (Farbenfabriken vorm. Fr.
Bayer u. Co.).
Die Intendanturen sind angewiesen, zur Controle die mit den oben angeführten
künstlichen Farbstoffen gefärbten Militärtuche den in der nachfolgenden Tabelle
enthaltenen Prüfungen zu unterwerfen und die Tuche abzunehmen, wenn sie den darin
geforderten Ansprüchen genügen.
Tabelle zur Untersuchung von echttheerfarbigen Militärtuchen.
Textabbildung Bd. 300, S. 188
Tuchsorten; a) Probe mit verdünnter
kalter Salzsäure. Es wird ein Tuchabschnitt 2 Minuten in verdünnte Salzsäure (1
Gewichtstheil reine Salzsäure, wie sie in den Apotheken Deutschlands geführt
wird, zu 3 Gewichtstheilen, Wasser) gehalten, bis derselbe ganz durchnässt ist,
und dann sogleich in kaltem Wasser gespült; b) Probe mit verdünnter kochender
Salzsäure. Es wird ein Tuchabschnitt 1 Minute mit verdünnter Salzsäure (wie
nebendstehend) gekocht; c) Probe mit concentrirter Salzsäure. Es wird ein
Tuchabschnitt mit concentrirter Salzsäure betupft und nach 5 Minuten langem
Liegen zwischen Filtrirpapier abgepresst; d) Essigsäureprobe. Es wird ein
Tuchabschnitt 2 Minuten mit 15procentig. Essigsäure gekocht, die Lösung
abgekühlt, mit Aether geschüttelt, mit 2 bis 3 Tropfen Zinnsalz-Salzsäure
(gleiche Theile Zinnsalz, concentrirte Salzsäure und Wasser) versetzt;
Dunkelblaues Rocktuch I und II. Russischblaues Tuch. Dunkelblauer Molton. Graues
Manteltuch; Die Farbe des Tuches darf nur wenig röther werden. Die Säure darf
sich nicht merklich roth färben. (Blauholz färbt die Säure roth.); Die Tuche
liefern je nach den angewandten Farbstoffen eine röthliche bis blauviolette
Lösung, aus welcher Natronlauge von 20° Bé. nach kurzem Stehen einen rothblauen
bis blaugrünen Niederschlag ausfällt. Die Nuance des mit Salzsäure abgekochten
Tuches ist unwesentlich; Schwarzes Tuch; Die Farbe des Tuches darf sich nicht
merklich verändern. Die Säure darf sich nicht merklich färben. (Blauholz färbt
die Säure roth.); Man erhält eine nur schwach röthliche Lösung, die nach Zusatz
von Natronlauge (20 Proc.) eine grünlichblaue Farbe annimmt, oder fast farblos
wird. Das abgekochte und gut ausgewaschene Tuchmuster zeigt beim Erwärmen mit
Natronlauge gleichfalls eine blaue bis grünlichblaue Lösung; Der Ton des Schwarz
darf sich verändern, aber nicht in Roth; das Filtrirpapier darf nicht roth
werden. (Rothe Färbung zeigt Blauholz an.); Dunkelblau melirtes Tuch; Desgl.;
Die Lösung färbt sich roth bis violett. Beim Uebersättigen der Lösung mit
Natronlauge von 20° Bé. entsteht eine blaue bis grünlichblaue Färbung und nach
einiger Zeit ein rothblauer bis blaugrüner Niederschlag. Die beim Abkochen mit
verdünnter Salzsäure erhaltenen ausgewaschenen Tuchmuster liefern beim Erwärmen
mit Natronlauge eine blaue bezieh. grünlichblaue Lösung; Der Ton des Schwarz
darf sich verändern, aber nicht in Roth. (Rothe Färbung zeigt Blauholz an.);
Grünes Tuch; Die Farbe des Tuches darf sich nicht merklich verändern. (Blauholz
färbt die Säure roth.); Die Lösung färbt sich braunroth bis blauroth. Beim
Uebersättigen mit Natronlauge von 20° Bé. geht die Farbe in Grün über, während
nach kurzer Zeit ein grüner bis blauer Niederschlag entsteht. (Bei Anwendung von
Gelbholz mit Indigo entsteht kein grüner bis blauer Niederschlag.); Die obere
Aetherschicht nimmt eine gelbrothe bis blaurothe Farbe an, darf aber keine grüne
Fluorescenz zeigen (Gelbholz). Die untere wässerige Schicht bleibt fast farblos;
Braunes Tuch; Die Farbe wird hellbraun; Man erhält eine gelbbraune Lösung, in
der Natronlauge von 20° Bé. eine grünschwarze Fällung hervorbringt. Beim
Ansäuern mit Essigsäure und Filtriren hinterbleibt ein brauner Rückstand, der
mit Salzsäure gelbbraun und mit Natronlauge von 20° Bé. dunkelviolett wird; Die
obere Aetherschicht ist gelb gefärbt, darf aber keine grüne Fluorescenz zeigen;
die untere wässerige Schicht ist farblos; Bemerkungen: Die Reactionen dürfen nur
in Glas- oder Porzellangefässen vorgenommen werden, Metallgefässe sind zu
vermeiden. Käufliche Salzsäure zeigt 16° Bé., die mit 3 Th. Wasser verdünnte
5,5° Bé. – Natronlauge von 20° Bé. erhält man durch Auflösen von 150 g
Aetznatron in 1 l Wasser. Essigsäure, 15procentig, 3° Bé.
M. Kitschelt hat in einer ausführlichen Veröffentlichung
(Färberzeitung, 1894/95 S. 277) die näheren
Umstände, welche zu der Zulassung der echten Theerfarbstoffe zum Färben der
Uniformtuche führten, klargelegt; wir verweisen auf diese Arbeit. Gleichzeitig tritt
Kitschelt einer dem Kriegsministerium
unterbreiteten, keineswegs unparteiischen Eingabe der Indigoimporteure, -händler und
-agenten entgegen, welche fürchteten, der Indigo könne über kurz oder lang für die Militärtuche
verboten werden, und welche daher bitten, von einem Verbote des Indigo abzusehen.
(Färberzeitung, 1894/95 S. 317.)
Vorläufig kann der Indigo für einige Töne, besonders auch seiner Lichtechtheit selbst
in hellen Nuancen wegen, noch nicht entbehrt werden; an ein Verbot ist daher auch
noch nicht zu denken. Sobald es aber den Farbenfabriken gelungen sein wird,
befriedigende Ersatzproducte zu liefern, ist es nur natürlich, dass ungeachtet der
Petitionen der Indigointeressenten die besseren Producte an Stelle des Indigo zum
Färben der Militärtuche verwendet werden.
Es ist übrigens interessant, zu vergleichen, wie der Indigo, der als Concurrent des
einheimischen Waids in der Mitte des 16. Jahrhunderts auftrat, sich ungeachtet der
Hindernisse, die ihm von den damals sehr mächtigen und einflussreichen Waidhändlern
und -bauern in den Weg gelegt wurden, allerdings erst nach einem ein Jahrhundert
lang währenden Kampfe eingebürgert und das einheimische Product verdrängt hat, und
wie in heutigen Tagen der Indigo nun wieder von der hochentwickelten einheimischen
Industrie bezieh. deren Erzeugnissen langsam – aber, wie wir hoffen, sicher –
verdrängt wird.
Neuerdings bevorzugt auch eine Reihe von Eisenbahn-, Post- und anderen Verwaltungen
innerhalb und ausserhalb Deutschlands die Anwendung der echten Theerfarbstoffe.
Werden weisse Haare oder Federn mit einer wässerigen oder alkoholischen Lösung von
p-Phenylendiamin durchtränkt und dann der langsamen Oxydation durch die Luft
überlassen oder in einem zweiten Bade mit Oxydationsmitteln behandelt, so nehmen
sie, wie H. Erdmann fand, je nach der Wahl des
Oxydationsmittels und der Concentration der Lösungen eine vom hellsten Blond bis zum
tiefsten Blauschwarz variirende Farbe an (D. R. P. Nr. 47349 und Zusätze Nr. 51073
und Nr. 80814). Als Oxydationsmittel eignen sich besonders Eisenchlorid,
übermangansaure Salze, Chlor und unterchlorigsaure Salze, doppelt chromsaures Kali
und Wasserstoffsuperoxyd. Die so erzielten Färbungen färben nicht ab und lassen sich
durch Wasser nicht abwaschen. An Stelle des p-Phenylendiamins kann man auch andere
ähnliche Basen, wie Dimethyl-p-phenylendiamin (Fl.-P. 41°), Toluylen-p-diamin
(Fl.-P. 65°), sowie Naphtylendiamine zur Imprägnirung der Haare verwenden. So färbt
beispielsweise α1- α3-Naphtylendiamin
(Fl.-P. 188 bis 190°) bei nachfolgender Entwickelung mit sehr verdünnter
Eisenchloridlösung Haare und Federn tief dunkel, fast schwarz. Da die zur Verwendung
kommenden Substanzen unschädlich sind, so werden sie an Stelle der als
Haarfärbemittel im Handel befindlichen gesundheitsschädlichen Metallsalzlösungen
oder kupferhaltigen Pyrogallussäurelösungen zum Färben von Kopf- und Barthaar des
Menschen empfohlen. Statt der oben aufgeführten Amidoderivate können aber auch die
zugehörigen Oxyverbindungen, wie p-Amidophenol, s-Triamidophenol, α1-α3-Dioxynaphtalin,
ebenfalls am besten in alkalischer Lösung Verwendung finden. Obwohl die so erzielten
Färbungen an Echtheit den mit Hilfe der Amidoderivate erzeugten nachstehen, ist
diese Abänderung unter Umständen doch von Vortheil, denn einerseits eignen sich zum
Färben von Kopf- und Barthaaren die Oxyverbindungen ihrer geringen physiologischen
Wirkung wegen besser als die Ami do Verbindungen und andererseits lassen sich mit
ihnen auch ganz dunkle Nuancen durch blosse Oxydation an der Luft erzeugen. Als
Oxydationsmittel kann auch das Chinon benutzt werden. Mit einer wässerigen oder
alkoholischen Chinonlösung können auf mit den oben genannten Diaminen oder
Amidophenolen imprägnirten Haaren u.s.w. braune bis schwarze Färbungen entwickelt
werden. Die Fähigkeit des p-Amidophenols, sich auf der Faser durch Oxydation zu
färben, theilen nach Erdmann auch die alkylirten Basen
von der Zusammensetzung
\mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{OH}\ \ \ \
}\atop{\mbox{NR}_1\mbox{R}_2}}\right
nämlich die Mono- und Dialkylderivate des p-Amidophenols und
seiner Homologen. Ferner wird durch den Eintritt einer weiteren Amidogruppe in das
Molekül des p-Amidophenols nicht die Färbekraft, sondern nur die Nuance verändert.
Praktisch brauchbare Resultate liefern das Methyl-p-amidophenol (Fl.-P. 83°)
Textabbildung Bd. 300, S. 189
dessen schwefelsaures Salz im Handel als „Metol“
bezeichnet wird, und das Diamidophenol
Textabbildung Bd. 300, S. 189
dessen schwefelsaures Salz als „Amidol“ bekannt ist;
beide Verbindungen werden in alkalischer Lösung den Haaren imprägnirt und durch den
Sauerstoff der Luft zu braunen bezieh. rothbraunen Farben oxydirt. Die Actiengesellschaft für Anilinfabrikation bringt als
solche Haarfärbemittel unter der Bezeichnung Ursol P und D die beiden Basen
p-Phenylendiamin und p-Amidophenol, und unter der Bezeichnung Ursol C das Chinon als
Oxydationsmittel für P und D in den Handel. Dieselben finden besonders zum Färben
von Pelzwaaren Verwendung.
Um ein gleichmässiges Vergrünen der mit Indigoweiss imprägnirten Faser zu befördern,
haben E. Michaelis und C.
Henning vor einiger Zeit vorgeschlagen, Ammoniak der Sauerstoff haltigen
Vergrünungsflüssigkeit zuzusetzen; hierdurch soll das Vergrünen des Indigos
verlangsamt werden (D. R. P. Nr. 58124). Neuerdings empfehlen Michaelis und Henning den
Zusatz von Säuren, besonders Essigsäure, oder angesäuerten essigsauren Alkalisalzen;
durch diese soll zwar die Vergrünung sehr beschleunigt werden, es wird aber auch
behauptet, dass die Vergrünung sehr gleichmässig erfolgt. (D. R. P. Nr. 78794.)
Ein unvergrünlich es Anilinschwarz will die Compagnie
française de Produits chimiques auf Baumwolle in der Weise erhalten, dass
sie dem Anilin essigsaure Salze, wie Aluminiumacetat, zusetzt. Die Baumwolle wird
also in einer Lösung von Natriumchlorat, Kupfervitriol, Anilinsalz und
Aluminiumacetat einige Minuten durchtränkt, ausgerungen, an der Luft getrocknet und
3 bis 4 Stunden in
der Heissluftkammer bei 40° verhängt; zum Schluss wird in bekannter Weise mit
Kaliumbichromat oxydirt, gewaschen und getrocknet.
Wir kommen nunmehr zu der Erzeugung der unlöslichen Azofarbstoffe auf der Faser; es
sind hier besonders Paranitranilinroth und Dianisidinblau, über die im verflossenen
Jahre in reichlichem Maasse gearbeitet wurde.
Mit Untersuchungen über die beste Vorschrift zur Bereitung der Diazolösung des
p-Nitranilins für die Erzeugung des Paranitranilinroths beschäftigte sich V. Werner (Färberzeitung,
1894/95 S. 294). Er fand, dass p-Nitranilin zweckmässig zuerst mit möglichst heissem
Wasser und dann mit der nöthigen Menge Salzsäure (nicht umgekehrt) angerührt wird.
Zu wenig Salzsäure bedingt, hierbei eine leichte Zersetzlichkeit der Diazolösung, zu
viel Salzsäure nuancirt das Paranitranilinroth nach Gelb hin und macht ausserdem die
Anwendung einer grösseren Menge Natriumacetat nothwendig. Es muss ferner darauf
geachtet werden, dass das p-Nitranilin vollständig in Lösung geht, da Nitrit auf die
ungelösten Theile nicht einwirkt. Nach erfolgter Lösung wird schnell abgekühlt,
damit sich das salzsaure p-Nitranilin möglichst fein abscheidet, und mit der
erforderlichen Menge Nitrit auf einmal versetzt; man erhält dann eine klare
Diazolösung. Zu wenig Nitrit bedingt eine unvollständige Diazotirung und nach
einigen Minuten entsteht in diesem Falle ein dicker braungelber, nicht in Lösung
gehender Niederschlag, zu viel Nitrit bewirkt eine frühzeitige Zersetzung der
Diazolösung. Es ist aber erfahrungsgemäss am vortheilhaftesten, einen kleinen
Ueberschuss der theoretisch erforderlichen Menge Nitrit anzuwenden. Eine in der
richtigen Weise hergestellte salzsaure Diazolösung fängt selbst bei 23° erst nach 1
Stunde 15 Minuten an, sich zu zersetzen, in der Kälte soll sie wochenlang haltbar
sein. Nach Zusatz des essigsauren Natriums ist die Lösung bekanntlich viel mehr der
Zersetzung anheimgegeben, und zwar beginnt diese um so schneller, je concentrirter
die essigsaure Lösung ist. Werner gibt auf Grund dieser
Betrachtungen folgende Vorschrift für die Bereitung der Diazolösung des
p-Nitranilins: 5 k 520 g p-Nitranilin werden mit 16 l kochend heissem Wasser und 11
l reiner Salzsäure von 22° Bé. gelöst, dann 40 l kaltes Wasser und 40 k Eis
zugegeben und nach dem Erkalten auf 0° durch schnelle Zugabe von 2 k 888 g
Natriumnitrit, gelöst in 20 l kaltem Wasser, unter Rühren diazotirt. Nach 15 Minuten
langem Stehen wird die klare Lösung mit kaltem Wasser auf 160 l gestellt. Zum
Gebrauche werden je 20 l dieser Stammlösung mit 60 l kaltem Wasser verdünnt und mit
2 k 500 g essigsaurem Natrium, gelöst in 20 l kaltem Wasser, versetzt. An Stelle
eines Theiles des essigsauren Natriums kann übrigens zum Abstumpfen der Salzsäure
auch Soda verwendet werden, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass auch nach der
Zugabe der Soda die Diazolösung noch deutlich sauer reagirt; die letzten Antheile
der Salzsäure werden dann durch essigsaures Natrium unschädlich gemacht. Bezüglich
der p-Nitranilinnitritpaste, „Paranitranilin N“, der Höchster Farbwerke (enthaltend 25 Proc. p-Nitranilin und etwas mehr als
die berechnete Menge Natriumnitrit) und der Nitrosaminpaste der Badischen Anilin- und Sodafabrik (enthaltend 17¾ Proc.
p-Nitranilin in der Form des Nitrosaminsalzes) bemerkt Werner, dass diese Producte zur Herstellung der Diazolösung keine
Nachtheile, aber auch keine Vor theile bieten.
Ein bläuliches Paranitranilinroth, das den beim
Türkischroth beliebten Blaustich zeigt, wird nach Angabe der Höchster Farbwerke dadurch erhalten, dass man der Naphtolnatriumlösung,
die zur Präparation der Baumwolle dient, geringe Mengen des Natronsalzes der β1- β4-Naphtolsulfosäure
(F-Säure des D. R. P. Nr. 42112) zusetzt. Schon mit 5 Proc. vom Gewicht des
angewandten β-Naphtols erhält man eine ausgesprochen
blaustichige Rothnuance, die in der Seifenechtheit dem gewöhnlichen Roth nicht
nachstehen soll. Es wird beispielsweise die Waare mit 28,5 g β-Naphtol, 50 cc Natronlauge von 22° Bé., 120 g Türkischrothöl
(80procentig) und etwa 2,7 g β-naphtolsulfosaurem
Natron (β1β4) von 90 Proc.
Reingehalt, das Ganze verdünnt auf 1 l, geklotzt und in bekannter Weise mit der
Lösung des diazotirten p-Nitranilins gefärbt oder bedruckt (D. R. P. Anmeld. F.
7746; versagt). Wahrscheinlich ist das von den Höchster
Farbwerken in den Handel gebrachte „β-Naphtol R“ ein mit 2,7-naphtolsulfosaurem Natron vermischtes β-Naphtol.
Da das Paranitranilinroth für sich leicht von der Faser absublimirt, setzt man der
für die Grundirung erforderlichen β-Naphtollösung nach
dem Vorgange der Höchster Farbwerke ricinusölsaures
Natron oder besser das durch Sulfirung des Ricinusöles erhaltene sogen.
Türkischrothöl als Natronverbindung hinzu. Das Verfahren eignet sich vorzüglich zur
Hervorbringung von Paranitranilinroth auf solchem Material, das gleichmässig
gefärbt, dagegen weniger gut für Roth, das mit Zinnsalz, Kalium- oder Natriumsulfit
weiss reservirt werden soll. Es hat sich hier gezeigt, dass, sobald Oel auf der
Faser vorhanden ist, ein weniger gutes Weiss erhalten wird. Die genannten Farbwerke
haben nun gefunden, dass es auch angängig ist, die Fettsäureverbindungen in der
Naphtolgrundirung durch andere organische Körper, die sonst zur Bereitung von
Verdickungen verwendet werden, wie beispielsweise Traganthgummi oder Gelatine, zu
ersetzen und dass das so erzielte Roth – obwohl nicht ganz so blaustichig, wie das
unter Zuhilfenahme von Türkischrothöl erhaltene – durch Zinnsalz oder Sulfite rein
weiss reservirt werden kann (D. R. P. Nr. 83098). Nach diesem Verfahren wird das
Gewebe mit 30 g β-Naphtol, 56 cc Natronlauge von 22°
Bé. und 200 g Traganthwasser, 60 (60 g in 1 l) oder ebenso viel Gelatinelösung, 60,
grundirt, mit einer Weissreserve aus 120 g Zinnsalz, 120 g Leiogomme 1/1 und 30 g
Weinsäure bedruckt, schwach getrocknet und nach dem Abkühlen der Gewebe mit einer
diazotirten p-Nitranilinlösung entwickelt.
Die Thatsache, dass diazotirtes p-Nitranilin in salzsaurer Lösung verhältnissmässig
sehr beständig ist, hat den Farbwerken vorm. Meister, Lucius
und Brüning den Gedanken nahe gelegt, reines salzsaures p-Nitrodiazobenzol
in fester Form abzuscheiden und dieses Product, welches also von dem Consumenten
nicht mehr diazotirt zu werden braucht, zur Erzeugung von Paranitranilinroth zu
empfehlen. Die Abscheidung des salzsauren p-Nitrodiazobenzols geschieht in der
Weise, dass die beim Diazotiren des p-Nitranilins erhaltene Diazolösung in Gegenwart
eines grösseren Ueberschusses an Mineralsäuren oder sauren Salzen bei niederen
Temperaturen eingedampft wird (D. R. P. Nr. 85387). Die Diazoverbindung wird von der
genannten Firma unter dem Namen „Azophorroth PN“ in den Handel gebracht und
enthält zur Erhöhung der Haltbarkeit schwefelsaure Thonerde. Sie muss trocken
und vor Licht geschützt aufbewahrt werden. Zum Entwickeln der mit β-Naphtol grundirten Baumwolle werden 56 g Azophorroth
PN mit 375 cc Wasser angeteigt, ½ Stunde stehen gelassen, filtrirt (es soll nur bis
1 Proc. Rückstand bleiben), mit 25 cc Natronlauge von 22° Bé. und 600 cc Wasser
versetzt. Auch zur Erzeugung von Aetzroth auf mittel- und dunkelblauem Indigogrund
kann das neue Product nach dem Verfahren der Chromätzung verwendet werden.
A. Feer gelang es, durch Vermischen der Lösungen von
diazotirten Basen mit Salzen von Sulfo- oder Carbonsäuren der aromatischen
Kohlenwasserstoffe, besonders mit α-Naphtalinsulfosäure
längere Zeit beständige, also für den Handel brauchbare Verbindungen zu erhalten,
welche noch vollständig den Charakter von Diazoverbindungen zeigen, sich mithin mit
β-Naphtol kuppeln lassen (Französisches Patent Nr.
240404; vgl. auch D. R. P. Nr. 81039 von P. Becker).
Das aus diazotirtem p-Nitranilin mit α-Naphtalinsulfosäure erhaltene Product wird von den Fabriques des Produits chimiques de Thann et de Mulhouse unter dem Namen
„Paranitrodiazobenzolroth“ in den Handel gebracht. Zur Erzeugung von
Paranitranilinroth auf Baumwolle wird das Gewebe mit β-Naphtolnatrium präparirt und in einer Lösung des neuen Productes
Paranitrodiazobenzolroth unter Zusatz von essigsaurem Natrium entwickelt.
Um ein Braunwerden der mit β-Naphtol präparirten Gewebe
beim längeren Liegen zu verhüten, setzen Lauber und Caberti der alkalischen β-Naphtollösung eine Lösung von Antimonoxyd in Alkali, der an Stelle eines
grösseren Ueberschusses von Alkali zum Lösen des Antimonoxydes Glycerin beigemischt
wird, zu (vgl. unseren Bericht in D. p. J. 1895 295 258). Das Verfahren, welches übrigens patentirt wurde
(D. R. P. Nr. 79802) ist neuerdings in den Besitz der Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co. übergegangen. C. Kurz will denselben Effect durch Zugabe von
Antimondoppelsalzen zu der β-Naphtollösung erzielen. Er
präparirt beispielsweise die Baumwolle mit einer Lösung, zu deren Darstellung 40 g
β-Naphtol in 80 cc Natronlauge von 38° Bé. und 1 l
Wasser gelöst und mit 10 g Fluorantimonammoniumsulfat in 50 cc Wasser vermischt
werden (Bulletin de la Société industr. de Rouen, 1895
S. 406). Das Verfahren leidet daran, dass ein Ueberschuss von Natronlauge zum
Wiederauflösen des sich anfangs ausscheidenden Antimonhydroxyds nothwendig ist. Die
Lauber und Caberti'sche Präparation zeigt diesen Uebelstand nicht, da die übrigens schon
seit längerem bekannte lösende Eigenschaft des Glycerins für Metalloxyde, wie Eisen-
und Chromoxyd, in diesem Falle für Antimonoxyd nutzbar gemacht wird, ein Ueberschuss
an Natronlauge mithin unnöthig ist.
Um zu verhüten, dass bei der Entwickelung mit diazotirtem p-Nitranilin das nicht fest
mit der Faser verbundene β-Naphtol an einzelnen Stellen
des Gewebes durch die von dem grössten Theil der Diazoverbindung befreite
Entwickelungsflüssigkeit ausgewaschen wird, bevor noch die Kuppelung auf und in der
Faser stattgefunden hat, schlugen die Farbwerke vorm.
Meister, Lucius und Brüning in einer D. R. P.-Anmeldung (F. 7193) vor, die
Diazolösung im Vacuum auf die grundirte und gut getrocknete Waare einwirken zu
lassen. Diese originelle Anmeldung wurde später von den Farbwerken selbst zurückgezogen.
(Fortsetzung folgt.)