Titel: | Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem ersten Viertel 1896. |
Fundstelle: | Band 300, Jahrgang 1896, S. 258 |
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Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem
ersten Viertel 1896.
(Letzter Bericht 1896 Bd. 299 S. 91, 113 und
162.)
Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem ersten Viertel
1896.
A. Die Rübenzuckerfabrikation.
I. Landwirthschaft.
Eine Studie über die Nährstoffe der Zuckerrübe von
W. Schneidewind und H.
Müller.Journal für Landwirthschaft, 1896 Bd. 44 S.
1. Da bekanntlich Pflanzen derselben Species, auf
verschiedenen Bodenarten gewachsen, eine sehr verschiedene Zusammensetzung der
Asche zeigen und derartige Verhältnisse auch mehr oder weniger durch Düngung
hervorgerufen werden, so war es interessant, bei extrem hohen Gaben einzelner
Nährstoffe zu erfahren, ob und in wie weit sich dieselben im Boden sowohl als
auch in der Pflanze beeinflussen. Zugleich sollte festgestellt werden, ob die in
Deutschland betriebene langjährige Züchtung der Rübe auf hohen Zuckergehalt auch
auf die Nährstoffaufnahme einen Einfluss gehabt hat, und welche Mengen von
Nährstoffen unter verschiedenen Verhältnissen durch die neuen zuckerreichen
Sorten dem Boden entzogen werden. Die Versuche, welche mit verschiedenen
Rübentypen angestellt wurden, haben folgendes Resultat ergeben: 1) Der
Aschengehalt der Rübenwurzeln ist durch die Züchtung zurückgegangen, hingegen
aber ist der Aschengehalt der Rübenblätter durch die Züchtung nicht beeinflusst
worden. Ein hoher Aschengehalt der Blätter bedingt durchaus nicht einen solchen
bei den Wurzeln. 2) Der Aschen- und Stickstoffgehalt der Wurzeln steht im
umgekehrten Verhältniss zum Zuckergehalt derselben; in zweiter Linie spielt auch
hierbei die Zusammensetzung der Asche eine Rolle. 3) Durch eine Düngung mit
Kalisalzen wird der. procentische Gehalt der Wurzeln und Blätter und ebenso die
Gesammtaufnahme an Kali wesentlich gesteigert; in derselben Weise erfolgt eine
Steigerung der Natriumaufnahme durch eine Düngung mit Natronsalpeter. Eine
Kainitdüngung steigert die Kaliaufnahme, nicht aber die Natron- und
Magnesiaaufnahme; es liegt daher durch die Kainitdüngung die Gefahr einer
schädlichen Erhöhung der Salze im Allgemeinen nicht vor. 4) Kalkdüngung
steigert die Kalkaufnahme durch die Pflanzen; Kali- und Natronsalze, sowie der
Kainit deprimiren die Kalkaufnahme. 5) Die Phosphorsäureentnahme kann durch die
Kainitdüngung erhöht werden, ohne dass hierdurch ein Nutzen für die
Zuckerproduction eingetreten wäre; eine Depression der Phosphorsäureaufnahme in
Folge der Kainitdüngung ist im Allgemeinen nicht beobachtet worden. 6) Durch die
Kainitdüngung erfolgt eine erhöhte Chloraufnahme, jedoch bleibt das Chlor
vorzugsweise in den Blättern aufgespeichert. Ein Chlorgehalt bis zu einer
gewissen Grenze scheint für die Rübe vortheilhaft zu sein, da in Folge einer
Mehraufnahme von Chlor die Pflanzensäuren deprimirt werden. 7) Eine zu späte
Stickstoffgabe ist in Hinsicht auf die Wurzel nicht zu empfehlen, dagegen ist
möglichst früh ein üppiger Blattwuchs anzustreben. Dies soll jedoch gegen eine
verständige frühe Kopfdüngung, durch welche der Salpeter besser als durch die
Gabe vor der Bestellung ausgenutzt wird, nichts sagen. Der Natronsalpeter wirkt
schneller als der Kalisalpeter. Unter gewissen Umständen bleibt die Rübenwurzel
der jetzigen Züchtungen selbst bei der stärksten Stickstoffdüngung stickstoffarm
und zugleich zuckerreich, da der Stickstoff in diesem Falle vorzugsweise in den
Blättern aufgespeichert ist. Die Stickstoffentnahme durch die Rübe ist eine
ausserordentlich hohe, und es ist auf die rationelle Versorgung der Rüben mit
Stickstoff ganz besonderes Gewicht zu legen. 8) Die gegenseitige Beeinflussung
der einzelnen Nährstoffe spielt im Pflanzenleben eine grosse Rolle; dieselbe ist
unter verschiedenen Verhältnissen auf verschiedenen Bodenarten zu erforschen und
bei allen Düngungsfragen für die Zukunft zu beachten.
Formen und Formenwechsel des Blattes der Zuckerrübe. R.
KneifelOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für
Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1895 XXIV S.
965. hat über die Veränderungen in der Form der Belaubung
eingehendere Beobachtungen angestellt, dabei handelte es sich in erster Linie um
die Beantwortung der Frage, welche Formen die Belaubung der Zuckerrübe zu
verschiedenen Zeiten des ersten Vegetationsjahres annimmt. Ferner -sollten auch
möglichst zahlreiche Rübenproben nach ihrer Blattform für die Polarisation
zusammengestellt werden. Zur Beantwortung der Hauptfrage wurden die Blätter in
verschiedenen Zeitabschnitten in Gyps nachgebildet, wodurch ein genauer
Vergleich möglich war. Es hat sich nun z.B. gezeigt, dass nur eine solche Rübe
als reif betrachtet werden kann, bei der die Blattstränge sehr nahe an einander
gerückt, parallel verlaufend und scharf ausgeprägt sind, ebenso wie sich auch
die Thatsache ergeben hat, dass während den Sommermonaten des ersten
Vegetationsjahres kein Blatt älter als 6 Wochen wird. Aus den Resultaten
sämmtlicher Versuche ergibt sich nun, dass die vorliegenden Beobachtungen über
die Abänderungen in der Blattform als Resultat die in bestimmten Bahnen
erfolgende Veränderung des Blattskelettes lieferten, während die Versuche über
den Zusammenhang zwischen Blattform und Zuckergehalt ein negatives Resultat
ergeben haben.
In ausführlicher Weise und unter Zugrundelegung der physiologischen Vorgänge
behandelt H. BriemIbid. S. 973.
das Rübenblatt als stoff- und zuckerbildendes
Organ. Das Rübenblatt erzeugt nicht bloss den Zucker, sondern seine
Aufgabe ist auch, Eiweisstoffe, Pflanzenfette, organische Säuren und Glykoside zu
produciren. Eine weitere hochwichtige Aufgabe besteht in der Regelung der
Wasseraufnahme, der Verdunstung, kurz der Transpiration und dadurch auch
theilweise der Ernährung der ganzen Rübenpflanze. Die Arbeit von Stoclasa (D. p. J.
1896 299 91) lässt übrigens auch vermuthen, dass die
Oxalsäure in der gesunden Rübe, speciell aber im Blatt, eine bisher noch nicht
genug gewürdigte Rolle spielt, und es scheinen die Kalkoxalatausscheidungen
geradezu ein Charakteristicum normaler, gesunder Lebensvorgänge zu bilden.
In einer Studie über Anatomisch-Physiologisches von der
wachsenden Zuckerrübe bespricht H.
BriemOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für
Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1896 XXV S. 1.
das Wachsthum der Zuckerrübenwurzel mit besonderer Berücksichtigung des Längen-
und Dickenwachsthums unter den verschiedensten Verhältnissen. Bezüglich der
Einzelheiten muss auf die Originalabhandlung verwiesen werden.
In Fortsetzung einer früheren Arbeit hat A.
HerzfeldZeitschrift des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs, 1895 XXXXV S.
969. weitere Versuche über die Art
der Verluste an stickstoffhaltiger Substanz in den Schnitzelmiethen
angestellt, wobei als Miethen weithalsige Literflaschen dienten. Die Versuche
haben nun ergeben, dass in den Schnitzelmiethen, sofern der Inhalt nicht etwa
direct verfault ist, kein wesentlicher Verlust durch Entweichen von Stickstoff
in freier Form oder in Form von Ammoniak stattfindet. Dagegen wird ein
erheblicher Theil des Eiweisses verflüssigt und geht in der Praxis dadurch
verloren.
MaerkerMittheilungen der deutschen
Landwirthschaftsgesellschaft, 1896 Stück 1.
empfiehlt das Waschen eingesäuerter Rübenblätter,
nachdem durch dasselbe 1) die vollständige Entfernung des Sandes gelingt, 2) die
Verluste nur wenig mehr als 25 Proc. der organischen Substanz betragen, und 3)
ein grosser Theil der für die Ernährung lästigen Stoffe, namentlich die
übelriechende Buttersäure, aus den gesäuerten Rübenblättern entfernt wird. Auch
das Waschen von Gemischen angesäuerter Diffusionsrückstände mit Blättern ist als
eine wohl brauchbare Maassnahme zu bezeichnen, um aus den angesäuerten
Rübenblättern unangenehme und schädliche Stoffe zu entfernen.
H. RudolphBlätter für Zuckerrübenbau, 1896
III S. 87. hat bei der Verfütterung
von Melasse an Zugochsen die Erfahrung gemacht, dass 1 k
Trockenschnitzel durch 1 k Melasse und 2,5 k Stroh nicht zu ersetzen ist,
wodurch leider ein neuer Beweis erbracht ist, dass Melasse sich mindestens nicht
überall zu Futterzwecken eignet, und dass ihr Nährwerth sich nicht annähernd mit
den theoretischen Annahmen deckt. Rudolph kann
daher in Zukunft die, in Folge des in Aussicht stehenden deutschen
Zuckersteuergesetzes mit seiner Contingentirung, fehlenden Stroh- und
Rübenschnitzel nicht mehr durch Melasse ersetzen und rathet daher jedem
Landwirth, grosse Parallelversuche in seinem Viehstand selbst zu machen, bevor
er sich zur Verfütterung von Melasse in irgend welcher Form für seinen ganzen
Viehstand entscheidet.
Bericht über die Versuche zur Bekämpfung der Nematoden
mittels Gaswassers von A. Stift.Oesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und
Landwirthschaft, 1895 XXIV S. 988. Es war
ursprünglich geplant, das Willot'sche
Verfahren, welches auf der Anwendung des Gaswassers beruht und nach welchem man
in Frankreich günstige Erfolge erzielt haben will, einer Durchprüfung zu
unterziehen. Nachdem aber Willot bestrebt war, sein
Verfahren in ein mysteriöses Dunkel zu hüllen, so mussten die geplanten Versuche
im Grossen aufgegeben werden und es wurde nur der Einfluss und die Wirkung des
Gaswassers allein auf die Nematoden studirt. Die Versuche haben nun ergeben,
dass das Gaswasser, in irgend welcher Weise und Form es auch angewendet wurde,
ohne Einfluss auf die Lebensthätigkeit der Nematoden geblieben ist, dagegen aber
eine unheilvolle Wirkung auf die Pflanzen, wie auch auf die Vegetationskraft des
Bodens ausgeübt hat.
Nach den Beobachtungen von A. StiftOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und
Landwirthschaft S. 999. sind die Enchytraeiden auf einem nematodenhaltigen Boden in bedeutender
Anzahl aufgetreten, so dass diese Thiere, wie auch Vaňha seinerzeit hervorgehoben hat, als gefährliche Rübenfeinde
anzusprechen sind.
Ueber den Rüsselkäfer (Cleonus punctiventris Germar.), über
dessen Lebensweise noch in neuester Zeit wenig bekannt war, macht E. HibschIbid. 1896 XXV S. 11. Mittheilungen, die sich mit der
Entwickelung, der Lebensweise und der Bekämpfung dieses gefährlichen
Rübenfeindes beschäftigen.
Bezüglich der Vernichtung der Nematoden durch die
Kühn'sche Fangpflanzenanbaumethode äussert sich
A. PosteltWiener landwirthschaftliche
Zeitung, 1896 Bd. 46 S. 66. dahin, dass diese
Methode wohl ein geistreich erdachtes und theoretisch vollkommen wirksames
Mittel ist, um mit Nematoden inficirte Felder gründlich zu säubern, dass aber
dieselbe unter ungünstigen Verhältnissen in der Praxis vollkommen versagen kann.
Postelt findet es namentlich in Rücksicht auf
unsere ungünstigen klimatischen Verhältnisse gewagt, fünf Fangpflanzensaaten in
einem Jahre machen zu wollen und auf jeden Ertrag des Feldes in diesem Jahr zu
verzichten, nachdem der Fangpflanzenbau, als Zwischencultur auf mehrere Jahre
vertheilt, mehr wirthschaftliche Berechtigung hat.
Weitere interessante Mittheilungen zur Bedeutung der
Nematodenfrage macht J. VaňhaBlätter für
Zuckerrübenbau, 1896 III S. 89., indem er auf einen eigenartigen gerichtlichen
Process aufmerksam macht, der zwischen einem Pächter einer Herrschaft und dem
Eigenthümer, in Folge der Verseuchung der betreffenden Böden mit Nematoden,
entstanden ist und der unstreitig weitgehende Folgen nach sich ziehen wird. –
Die von dem Pächter gepachteten Grundstücke zeichneten sich durch vorzügliche
Fruchtbarkeit aus und wurden von ihm in der rationellsten Weise bewirthschaftet;
trotzdem trat aber bei den Rüben eine Missernte ein und auch die Gerste und
andere Früchte entsprachen nicht den Hoffnungen, zu denen die berühmte
Fruchtbarkeit der Hanna berechtigte. Der Pächter verlangte daraufhin von dem
Eigenthümer die Nichtigmachung des Pachtvertrages und einen Schadenersatz für
die Missernte, ein Verlangen, mit dem der Eigenthümer nicht einverstanden war.
Die Folge davon ist der Process, der als ein Unicum bezeichnet werden muss. Auf
Verlangen des Gerichts hat Vaňha sämmtliche
verseuchte Böden makro- und mikroskopisch untersucht und gefunden, dass
nicht die gewöhnlichen und bereits bekannten Rübennematoden der Gattung
Heterodera, sondern die bisher unbekannten Nematoden der Familie Tylenchus die
hauptsächlichsten und verbreitetsten Schädiger der verseuchten Grundstücke
darstellen. Ausser diesen wurden auch Dorylaimusnematoden, Enchytraeiden und
Heterodera gefunden. Daraus ist die Bedeutung dieser unsichtbaren Schädiger der
wichtigsten Culturpflanzen in der landwirthschaftlichen Praxis zu ersehen, und
fordert Vaňha auf, dass man diese Schädiger durch
Errichtung pathologischer Versuchsstationen bekämpfen soll.In Deutschland besteht schon seit einigen
Jahren die Versuchsstation für Nematodenvertilgung und Pflanzenschutz zu
Halle a. S. des Ref.
In einer eingehenden Abhandlung beschäftigt sich FrankZeitschrift des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs, 1895 XXXXV S.
972. mit Mittheilungen über die Herz-
und Trockenfäule der Zuckerrübe aus dem Jahre 1895, welche das Wesen
dieser, namentlich für die östlichen Provinzen Deutschlands sehr gefährlich
gewordenen Krankheit klarlegen. An dieser Stelle kann selbstverständlich auf
diese Arbeit nicht näher eingegangen werden, immerhin sind aber bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes für jeden rübenbautreibenden Landwirth einige Worte
am Platz. Frank hat gefunden, dass die in
lebhaftester Zellbildungsthätigkeit begriffenen Zellgewebe (Meristeme) der
Rübenpflanze die für die Erkrankung empfänglichsten Theile sind, und betrifft
dies diejenigen Gewebe, welche im Herz der Pflanze und an den Punkten der
Wachsthumsmaxima des Rübenkörpers liegen. Die Ursache der Erkrankung liegt nicht
in der Trockenheit allein, ebenso auch nicht an anderen anorganischen
Einflüssen, sondern die Rübenpflanze erkrankt nur dann, wenn die Grösse ihrer
Verdunstungsfläche in einem Missverhältnisse zur Wasseraufnahme steht. Nicht das
rapide Verschmachten der grossen Blätter ist das Gefährliche, nachdem dadurch
die Pflanze schnell ihre Hauptverdunster verliert, gefährlich ist vielmehr der
Zustand, wo die grossen Blätter zwischen Frischbleiben und Verdunsten sich lange
hinquälen, wo sie also als Verdunster noch weiter arbeiten und dadurch jenes
Missverhältniss zwischen Wasseraufnahme und Verdunstungsverlust in den Pflanzen
erzeugen. Die Pflanzen sind daher vor der Herz- und Trockenfäule zu retten, wenn
die Ungleichheit zwischen Verdunstung und Aufsaugung in der Periode des
stärksten Wachsthums herabgestimmt wird. Dieses kann einestheils durch
Witterungs- und Bodenverhältnisse von selbst geschehen, andererseits liegt es
aber auch in unserer Macht, vielleicht durch geeignetes Köpfen der Rübe oder
durch blosses Abschneiden der Blätter unter Schonung des Herzens. Eine weitere
Ausbreitung der Krankheit ist nur durch Pilze möglich und namentlich durch Phoma
Betae; leider sind pilzwidrige Desinfectionsmittel noch nicht bekannt. Zur
Bekämpfung der Krankheit empfiehlt Frank weiters
noch späte Bestellungszeit, geringere Setz weite, Vermeiden solcher Düngungen,
welche ein rasches Treiben der Pflanzen bedingen, und Züchtung
widerstandsfähiger Rübensorten.
II. Chemie und analytische
Untersuchungsmethoden.
Der Werth der Rohsaftuntersuchung aus gewurstelten und
gepressten Rübenschnitzeln. Ein AnonymusScheibler's Neue
Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1896 Bd. 35 S.
64 zeigt an praktischen Beispielen, dass die alte
Rohsaftuntersuchung, trotz ihrer bekannten Mängel, doch gewisse Vortheile bei
der Anwendung im Fabrikbetrieb besitzt, und dass sie im Vergleich mit der
Alkoholpolarisation einen Schluss auf manche Vorkommnisse in der Fabrik zu
ziehen gestattet, die aus der Alkoholpolarisation allein gar nicht erklärt
werden können, Es ist z.B. die Beobachtung bemerkenswerth, dass in den Jahren,
wo die Differenz zwischen Alkohol- und Saftpolarisation eine grosse ist, die
Säfte die Neigung zeigen, in der Alkalität zurückzugehen, so dass man schon aus
der besagten Differenz sich ein Bild machen kann, wie man zu arbeiten hat.
Aehnliche lehrreiche Differenzen ergeben sich auch in anderen Fällen, so dass
dann doch die Saftpolarisation zu Einigem nutz sein kann.
Ueber die gleichzeitige Bestimmung der mineralischen und
organischen Acidität von Rübensäften. Es ist bekannt, dass die
Regelmässigkeit der alkoholischen Gährung von dem zwischen den mineralischen und
den organischen Aciditäten bestehenden Verhältniss in hohem Grade beeinflusst
wird. D. SiderskyJournal des
fabricants de sucre, 1896 Bd. 37 Nr. 3. verweist nun
darauf, dass, wegen Mangel einer brauchbaren Methode, die getrennte Bestimmung
der beiden Aciditäten weitaus nicht so einfach ist, als die gewöhnliche
Bestimmung des Gesammtsäuregehaltes. Brauchbar erscheint aber zur Erreichung
dieses Zweckes eine wässerige Lösung von Congoroth 4 R, welche 1 g der Substanz
im Liter enthält und mit welcher Filtrirpapier getränkt wird. Ein Tropfen einer
verdünnten Mineralsäure erzeugt auf dem Papier einen dunkelbraunen Fleck,
während organische Säuren ohne Einfluss sind. Wenn nun eine bestimmte Menge des
Rübensaftes tropfenweise mit einer alkalischen Flüssigkeit versetzt wird, so
verlieren die Flecke immer mehr an Intensität, je mehr die freie Säure
abgestumpft wird, und das schliessliche Ausbleiben der Reaction ist ein Zeichen,
dass in der Flüssigkeit nur mehr organische Säuren vorhanden sind. Eine noch
viel empfindlichere Reaction hat Sidersky in dem
Rübenfarbstoff kennen gelernt. Der Rübenfarbstoff oxydirt sich an der Luft sehr
rasch und bedingt dadurch die schwarze Farbe des Diffusionssaftes. Der Zusatz
von Schwefelsäure verhindert die Oxydation dieses Farbstoffes, weshalb auch der
saure Brennereisaft klar und hell erscheint. Durch tropfenweisen Zusatz von
titrirter Kalilauge zu einer abgemessenen Menge des Brennereisaftes entsteht an
der Einfallstelle eine Dunkelfärbung, die, so lange der Saft noch freie
Schwefelsäure enthält, wieder beim Umrühren verschwindet. Sobald aber die
Schwefelsäure gebunden ist, entsteht ein bleibender Farbenwechsel, wobei sich
etwas Farbstoff ausscheidet. Setzt man weiter Kalilauge zu, so färbt und trübt
sich der Saft immer mehr, und beim Neutralitätspunkt erscheint er schwarz und
erzeugt auf Lackmuspapier die bekannte Reaction. Die erste Reaction zeigt die
freie Mineralsäure und die zweite die Gesammtsäure an; die Differenz bedeutet
die organische Acidität.
Ueber das Verhalten des basisch essigsauren Bleioxyds zu
Zuckerlösungen liegen eingehende Untersuchungen von H. SvobodaZeitschrift des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs, 1896 XXXXVI S.
107. vor, auf welche hier, trotz der Wichtigkeit des
Gegenstandes, nur in aller Kürze eingegangen werden kann. Bleiessig zersetzt
Zuckerlösungen vermöge seiner basischen Eigenschaften, und zwar Maltose,
Galaktose, Lävulose, Dextrose und Milchzucker, während Raffinose und Rohrzucker
unzersetzt bleiben. Raffinose wird aus wässerigen Lösungen durch Bleiessig,
welcher über das gewöhnliche Maass an Bleioxyd angereichert ist, gefällt.
Bleiessigzusatz ändert das Drehungsvermögen wässeriger Zuckerlösungen, indem
entweder Verminderung oder Erhöhung eintritt. Mit Essigsäure schwach
angesäuerter Bleiessig ruft in Zuckerlösungen ebenfalls eine geringe Aenderung
des Drehungsvermögens hervor, und tritt bei Rohrzucker, Dextrose und Lävulose
eine geringe Zunahme, bei den anderen Zuckerarten eine Verminderung des
Drehungsvermögens ein. Mit Essigsäure schwach angesäuerter Bleiessig oder
Bleizuckerlösung, welche freie Essigsäure enthält, trübt Milchzucker- und
Galaktoselösungen, jedoch ohne eine wahrnehmbare Polarisationsabnahme. Die durch
Bleiessig hervorgerufene Aenderung des Drehungsvermögens von Zuckerlösungen ist
auf die Bildung löslicher Bleisaccharate zurückzuführen, welche ein anderes
Drehungsvermögen besitzen als die Zucker selbst. Dreifach verdünnter Bleiessig
mit Sem gleichen Volumen 3procentigem Ammoniak versetzt, gibt ein Gemisch,
welches Zucker aus wässerigen Lösungen fällt. Bleiessig mit so viel Baryt-,
Strontian- oder Kalkhydrat versetzt, als zur Zersetzung des in Lösung
befindlichen neutralen, essigsauren Bleioxyds erforderlich ist, liefert ein
Filtrat, welches aus wässerigen Zuckerlösungen schwer lösliche Bleisaccharate
fällt. Magnesiumoxyd hat diese Wirkung nicht, aber man erhält einen sehr
wirksamen, zuckerfällenden Magnesiableiessig, wenn man 20 g krystallisirte
essigsaure Magnesia, gelöst zu 100 cc, mit 20 g Bleiglätte, oder wenn man eine
schwach alkalische Lösung von 75 g gebrannter Magnesia mit 185 g
Essigsäureanhydrid, aufgefüllt zu 1 l, mit 300 g Bleiglätte digerirt. Die
zuckerfällende Kraft der mit Baryt, Strontian, Kalk und Magnesia erhaltenen
Bleiessige ist dem Gehalt an basischem Bleioxyd proportional und letzterer ist
um so höher, je schwächer die an Essigsäure gebundene Base ist, am geringsten
bei Baryt, am grössten bei Magnesiableiessig. Mit Magnesiableiessig (9 g
Bleioxyd in 100 cc) lassen sich aus 20 Proc. Zuckerlösungen, je nach der
Zuckerart, 75 bis nahe an 100 Proc. Zucker als schwer lösliches Saccharat
ausfällen. Hiervon kann man zur Isolirung und Identificirung der verschiedenen
Zuckerarten mit Vortheil Gebrauch machen. Während die aus mit Bleiessig
versetzten Zuckerlösungen durch Alkohol gefällten, in Wasser leicht löslichen
Saccharate einen Gehalt von 13,6 bis 16,5 Proc. Essigsäureanhydrid aufweisen,
enthalten die mittels ammoniakalischem oder mittels Baryt-, Strontian-, Kalk-
oder Magnesiableiessig gefällten, in Wasser schwer löslichen Verbindungen nur
3,3 bis 4,7 Proc. dieses Bestandtheiles. Die Löslichkeit der Essigsäure
enthaltenden Bleisaccharate hängt ab von dem Verhältnisse, in welchem
(basisches) Bleioxyd zu neutralem essigsaurem Bleioxyd in der Verbindung
enthalten ist; ein grösserer Gehalt an letzterem bedingt die Leichtlöslichkeit.
Aus Zuckerlösungen, welche Salze enthalten, die zur Bildung schwer löslicher
Bleiverbindungen führen, wird durch Bleiessig Zucker gefällt. Im Allgemeinen
wirken in dieser Richtung am stärksten schwefelsaure Salze, fast gleich
Chloride, daran reihen sich absteigend citronensaure, weinsaure und schliesslich
phosphorsaure Salze. Die verschiedenen Zuckerarten verhalten sich dabei
verschieden; im Allgemeinen sind die Zuckerverluste bei Rohrzucker am
geringsten, bei Raffinose am grössten. Die Erklärung für die Bildung unlöslicher
Bleisaccharate in Zuckerlösungen, die schwefelsaure Salze, Chloride u.s.w.
enthalten, dürfte im Folgenden zu suchen sein: Basisch essigsaures Bleioxyd
bildet mit Zuckern aller Art Saccharate, welche in Wasser schwer, aber in einer
Lösung von Bleizucker leicht löslich sind; Bleiessig fällt wegen seines Gehaltes
an neutralem essigsaurem Bleioxyd Zucker nicht, wohl aber dann, wenn das
Lösungsmittel für die schwer löslichen Bleisaccharate entfernt oder in seiner
Menge verringert wird. Dies tritt ein, wenn die in der Zuckerlösung enthaltenen
Salze sich mit dem neutralen essigsauren Bleioxyd des Bleiessigs zu unlöslichem
Bleisalz und essigsaurem Alkali u.s.w. umsetzen.
Die österreichischen Nahrungsmittelchemiker und Mikroskopiker haben seinerzeit
beschlossen, einen „Codex alimentarius Austriacus“ auszuarbeiten, welcher
nicht nur dem gerichtlichen Sachverständigen, sondern auch dem Richter bei der
Feststellung allenfallsiger Fälschungen als Maassstab dienen soll. F. StrohmerOesterreichisch-ungarische Zeitschrift
für Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1895 XXIV S.
999. hat nun einen Entwurf für die „Zuckerarten im Codex alimentarius Anstriacus“
ausgearbeitet, welcher zur Begutachtung der Fachmänner dienen, und welcher
seinerzeit einer allgemeinen Versammlung österreichischer Nahrungsmittelchemiker
und Mikroskopiker zur endgültigen Beschlussfassung vorgelegt werden soll. Dieser
Entwurf beschäftigt sich mit der Definition, Gewinnung und Charakterisirung,
Verwendung, Verfälschung und Bewerthung der Roh- und Consumzucker, Candiszucker,
Speise- und Invertzuckersyrupe, Stärkezucker und Milchzucker.
Als Beilage zu diesem Entwurf haben F. Strohmer und
A. StiftIbid. S. 1009. die chemische
Zusammensetzung österreichisch-ungarischer Consumzuckersorten
mitgetheilt. Es wurden sämmtliche Consumzuckersorten, die in Oesterreich-Ungarn
in den Verkehr kommen und dem directen Genüsse dienen, der Analyse unterworfen
und als Mittel sämmtlicher Analysen folgende Zahlen gefunden: Zuckergehalt 99,73
Proc., Wasser 0,06 Proc., Sulfatasche 0,05 Proc., organischer Nichtzucker 0,15,
Carbonatasche 0,04 Proc.
Notiz zur gewichtsanalytischen Bestimmung der
Zuckerarten, Um die Anwendung des Asbests zur Filtration des bei der
gewichtsanalytischen Bestimmung der Zuckerarten mit Fehling'scher Lösung erhaltenen Kupferoxyduls zu umgehen, empfiehlt
W. KalmanIbid. 1896 XXV S. 43. die schon vielfach in
Vergessenheit gerathene Methode von F. Mohr. Zur
Ausführung dieser Methode ist eine Ferrisulfatlösung von bestimmter
Concentration und eine Kaliumpermanganatlösung nöthig, deren Titer auf Kupfer
gerechnet wird. Das nach irgend welcher Methode ausgeschiedene Kupferoxydul wird
über ausgeglühten Asbest filtrirt, mit heissem Wasser gewaschen und sammt den
Asbestpfropfen in dasselbe Gefäss zurückgebracht, in welchem die Fällung
erfolgte. Durch die in dasselbe Gefäss gebrachte bestimmte Menge der
Ferrisulfatlösung erfolgt sofort die Lösung des Kupferoxyduls, worauf das
gebildete Eisenoxydul mit Chamäleonlösung bis zum deutlichen Farbenumschlag
titrirt wird.
Die ganze Methode dauert nicht mehr als ¾ Stunden und liefert sehr günstige
Resultate.
Ueber eine veränderte Form des Polarisationsapparates für
chemische Zwecke. Auf Veranlassung von H.
LandoldBerichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1896 XXVIII S. 3102. hat die Firma Schmidt und Haensch in Berlin einen Apparat
angefertigt, der folgende Vereinfachungen besitzt: 1) Die Bewegung des
Analysators geschieht nicht mehr durch eine Mikrometerschraube, sondern mittels
eines einfachen Hebels, und 2) die Länge des Apparates wird auf die Einschaltung
activer Schichten von höchstens 2 dem Dicke verkürzt. Der neue Apparat besteht
aus einer starken eisernen Schiene, an welcher einerseits der mittels eines
Hebels drehbare Analysator nebst Theilkreis und Ableseloupe angebracht ist,
während das andere Ende den Analysator trägt, dessen bewegliches Prisma sich
behufs Aenderung des Winkels zwischen den beiden Polarisationsebenen durch einen
Hebel verstellen lässt. Die ganze Vorrichtung kann an einem mit starker Stange
versehenen Bunsen'schen Stativ verschoben und
festgeklemmt werden. Zum Einlegen von Polarisationsröhren in den Apparat dient
eine Rinne, welche auf zwei prismatischen Trägern ruht, die an dem Stativ in
geeigneter Weise angebracht sind und beliebig hoch und nieder geschraubt werden
können. Statt der Polarisationsröhren kann auch ein prismatischer Kasten aus
Messingblech eingeschaltet werden, durch welchen eine Polarisationsröhre geht,
und welcher, da er mit beliebigen Flüssigkeiten gefüllt werden kann, dazu dient,
das Drehungsvermögen der Lösung bei beliebig hohen Temperaturen untersuchen zu
können.
III. Zuckerfabrikation.
Zur Gallertausscheidung in Rübensäften. F.
GlaserCentralblatt für Bakteriologie und
Parasitenkunde, 1896 II. Abth. Bd. I Nr. 25. hat
eine Bakterienart in Reinculturen erhalten, deren Wirkung auf Rübensäfte,
äusserlich betrachtet, zwar vollkommen mit derjenigen von Leuconostoc
übereinstimmt, im Uebrigen aber einige ganz wesentliche Unterschiede gegen diesen Spaltpilz aufweist. Auf Rübensaft
wächst dieser Pilz mit grosser Schnelligkeit und hemmen höhere Temperaturen sein
Wachsthum nicht, nachdem er selbst beim Erhitzen auf 100° C. seine
Lebensfähigkeit nicht einbüsst. Auf neutraler 10procentiger Melasse ist keine
Entwickelung zu beobachten und liegt darin ein Hauptunterschied gegenüber dem
Leuconostoc mesenteroides, der auf Melasse gerade ein ausserordentlich schnelles
Wachsthum zeigt. Phosphorsäure, Eisenoxyd und Magnesia sind zur Entwickelung des
Spaltpilzes nothwendig. Mit der Gallertbildung geht eine Zersetzung der
Saccharose vor sich und es bildet sich Alkohol in beträchtlicher Menge, während
hingegen Milchsäure – das Gährungsproduct des Leuconostoc – nicht auftritt. Der
vergohrene Saft reducirt stark Fehling'sche Lösung
und die Gallerte zeigt im Wesentlichen dieselben Eigenschaften wie das
Rübengummi. Aus allem ergibt sich, dass man es hier mit einem dem sogen.
„Froschlaichpilz“ in seinen äusseren Wirkungen ähnlichen, in Bezug
auf einzelne Wachsthums- und Gährungserscheinungen aber wesentlich verschiedenen
Spaltpilz zu thun hat. Glaser schlägt für diesen
Spaltpilz den Namen „Bacterium gelatinosum betae“ vor.
Die verschiedenen Arten des Rübeneinkaufs im
Diagramme und zwar 1) Einkauf der Rübe zu einem festen Preis ohne
Rücksicht auf deren Zuckergehalt und den Zuckerpreis, 2) Bezahlung der Rübe nach
dem Zuckerpreis ohne Berücksichtigung des Zuckergehalts, und 3) Bezahlung der
Rübe nach dem Zuckerpreis, sowie auch nach dem Zuckergehalt, werden von J. CuřinOesterreichisch-ungarische Zeitschrift
für Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1896 XXV S.
15. unter Zugrundelegung eines Diagrammes einer Besprechung
unterzogen. Ueber die beiden ersten Arten ist wenig hervorzuheben, da dieselben
am meisten gebräuchlich sind. Die dritte Art hat weniger Verbreitung gefunden,
doch wird sie von verschiedenen Seiten, seitdem man den Zuckergehalt durch
Digestion leicht und ziemlich schnell ermitteln kann, empfohlen. Auf Grund der
Daten einer willkürlich angenommenen Zuckerfabrik beweist Cuřin, dass diese Zuckerfabrik auf manche von den
Landwirthen gestellte Bedingungen nicht eingehen kann, wenn sie sich nicht einer
grossen Gefahr aussetzen will. Zu ähnlichen Resultaten wird man aber auch
kommen, wenn man wirkliche, für eine bestimmte Fabrik geltende Daten in Rechnung
nimmt.
HuchoDeutsche landwirthschaftliche Presse, 1895
XXII S. 899. hat Untersuchungen über
Berechnung der Schmutzprocente von Zuckerrüben angestellt, wobei
verschiedene Arten von Probenahmen einer Prüfung unterzogen wurden. Die
Resultate wurden mit demjenigen verglichen, welches durch normales Reinigen
sämmtlicher auf dem Wagen befindlichen Rüben erhalten wurde. Wenn nun während
des Abladens aus der Mitte des Wagens von einer Seite eine Probe entnommen
wurde, so kommt das erhaltene Resultat der Wirklichkeit am nächsten, während bei
den anderen Probenahmen nur etwa drei Viertel des Schmutzgehaltes gefunden
wurden. Aus allem ergibt sich, dass die bisherigen Feststellungsmethoden der
Schmutzprocente zu niedrige Resultate ergeben, und wurde in Fabriken, wo man
dies erkannt hat, dieser Fehler dadurch auszugleichen gesucht, dass man die
Reinigung der Rüben schärfer vorgenommen hat.
Diffusionsversuche. Die Thatsache, dass in den
meisten Zuckerfabriken der Zuckergehalt des Dünnsaftes mehr oder weniger
geringer als der des von der Diffusion kommenden Rohsaftes ist, brachte W. GrundmannCentralblatt für die Zuckerindustrie
der Welt, 1896 IV S. 449. auf den Gedanken, die
Schnitzel, ehe sie mit Batteriesaft eingemaischt werden, einer Vordiffusion mit
Dünnsaft zu unterwerfen. Es ist ohne weiteres klar, dass die Menge Zucker,
welche auf diese Weise vorher aus den Schnitzeln gewonnen wird, später nicht
mehr mit dem Diffusionssaft ausgelaugt zu werden braucht; was einer Ersparniss
an Kohlen gleichkommt. Da Grundmann der Frage nur
auf Grund von Laboratoriumsversuchen näher getreten ist, so lassen sich aus den
Resultaten keinerlei Schlussfolgerungen ziehen, immerhin könnte man aber im
Grossbetrieb in folgender Weise arbeiten: Sobald der Diffuseur vollgeschnitzelt
ist, wird von unten durch eine besondere Leitung Dünnsaft von 80° C.
eingemaischt, wobei das Einschnitzeln und Einmaischen mit Dünnsaft in der Zeit
zu geschehen hat, in welcher der vorhergehende Diffuseur zur Scheidung
abgedrückt wird. Nachdem dies geschehen, wird ganz wie früher der frische
Diffuseur von unten mit Batteriesaft eingemaischt, der so den darin befindlichen
Dünnsaft in ein besonderes Messgefäss verdrängt. Wenn der in den Diffuseur
gemaischte Dünnsaft jenen verlassen hat, wird durch Einstellen von Ventilen der
nun kommende eigentliche Diffusionssaft durch ein anderes Messgefäss zur ersten
Scheidung gebracht und dient gereinigt zum Einmaischen des nun folgenden
frischen Diffuseurs. Der von der Vordiffusion herrührende Dünnsaft im ersten
Messgefäss geht zur zweiten Scheidung, kann daselbst mit geringen Mengen Kalk
geschieden und dann auf 0,03 Proc. Alkalinität aussaturirt werden, um dann der
weiteren Verarbeitung zuzugehen.
Ueber die Probenahme der frischen Schnitzel und des
Diffusionssaftes zur Bestimmung der Verluste bei der Diffusionsarbeit.
Die Wahrscheinlichkeit, dass richtige Probenahmen ausführbar sind, kann nach H. Claassen'sZeitschrift des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs, 1896 XXXXVI S.
98. Ansicht beinahe bis zur Gewissheit erwiesen werden, wenn
der Nachweis gelingt, 1) dass die Rüben bezieh. der Diffusionssaft nicht zu
verschieden im Zuckergehalt sind, da die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der
Proben wächst, wenn das Material recht gleichmässig und gut gemischt ist, und 2)
dass durch vergleichende Probenahmen, die auf verschiedenartige Weise ausgeführt
werden, gleiche Ergebnisse erhalten werden. Thatsächlich weichen in Folge der
guten Durchmischung der Rüben von der Ernte an bis zu dem Moment, wo sie in die
Schneidemaschine fallen, und in Folge der guten Vermischung der Schnitzel die in
gewissen Zeitabschnitten genommenen Durchschnittsproben nur sehr wenig im
Zuckergehalt von einander ab. Zum Beweis führt Claassen aus beliebig gewählten Wochen der letzten beiden Campagnen
die Procentsätze an, um welche die Einzeluntersuchungen der Woche von dem Wochen
durchschnitt abweichen. 1894 bis 1895 waren ungefähr 40 Proc., 1895 bis 1896
sogar annähernd 60 Proc. der Einzelanalysen innerhalb der Fehlergrenzen (0 bis ±
0,2 Proc.) der Untersuchung der Durchschnittszahlen gleich und 75 bis 80 Proc.
bezieh. etwa 90 Proc. wichen nur zwischen den Grenzen 0 bis 0,5 Proc. nach oben
oder unten von der Durchschnittszahl ab. Claassen
bringt durch verschiedene Probenahmen (Probe der Rüben von der Wage, der
frischen Schnitzel von den Fülltransporteuren in verschiedenen Zeiten, der
frischen Schnitzel, entnommen von einem Quertransporteur, der die Schnitzel von
den Maschinen nach den Fülltransporteuren brachte) den ziemlich sicheren Beweis
dafür, dass der Zuckergehalt der vorsichtig genommenen Einzelproben dem Gehalt
der Rüben oder Schnitzel, aus denen sie entnommen sind, entspricht Die
Differenzen liegen zumeist innerhalb 0,2 Proc., nur bei einem einzigen Versuch
betrug die Differenz 0,5 Proc. Ebenso gelingt es auch bei der Probenahme des
Diffusionssaftes nach zwei verschiedenen Methoden übereinstimmende Resultate (90
Proc. stimmen bis auf 0,1 Proc., grösste Differenz 0,30 Proc.) zu erhalten. Aus
den Versuchen ist der Schluss zu ziehen, dass es bei Aufwendung von einiger
Sorgfalt sehr wohl möglich ist, Durchschnittsproben der frischen Schnitzel oder
Rüben, ebenso wie des Diffusionssaftes zu nehmen, aus welchen der Zuckergehalt
der verarbeiteten Rüben bezieh. des gewonnenen Saftes genügend genau bestimmt
werden kann, um sich über das Vorhandensein unbestimmbarer Verluste bei der
Diffusionsarbeit Klarheit zu verschaffen.
Die Frage der elektrischen Saftreinigung hat
bis jetzt, seit ihrem Wiedererstehen vor 3 Jahren, keine besonderen Fortschritte
gemacht. Wie weit das Verfahren von Schollmeyer in
Deutschland Verbreitung gefunden hat, ist nicht bekannt, nachdem keine weiteren
Mittheilungen vorliegen. Eine neue Methode der elektrischen Saftreinigung liegt
indess von Jauraux, Gallois und DupontGazeta Zukrownicza, 1895 S. 16, durch Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen,
1896 XX S. 252. vor und soll nach derselben auf rasche Art
und Weise wie immer gewonnener Rüben- oder Zuckerrohrsaft bis zu dem Grade
gereinigt werden, dass der gesammte in demselben enthaltene Zucker in Form von
weissem Krystallzucker oder Raffinade (!) gewonnen werden kann. Die Methode
beruht auf Beifügung von Kalk oder Baryt zum Safte bis zur schwach alkalischen
Reaction, Erwärmen auf 85 bis 90° C., Filtriren und Elektrolysiren des
filtrirten Saftes in zwei Serien von Kästen. Der Kasten A steht höher, damit der Saft aus demselben in Kasten B fliessen kann. Kasten A ist mit Hilfe zweier Scheidewände aus porösem Porzellan in drei
Abtheilungen getheilt, wovon die mittlere den mittels Kalk oder Baryt
gereinigten Saft und die beiden äusseren Wasser enthalten. In den Saft ist die
Kathode aus Mangan- oder Aluminiumoxyd gesenkt, im Wasser befinden sich Anoden
aus Kohle, Eisen oder einem anderen in Alkalien nicht löslichen Material. Durch
den elektrischen Strom entwickeln sich auf der Kathode Säuren, die sich mit dem
Mangan- oder Aluminiumoxyd verbinden, während die Alkalien durch die
Diaphragmawände in das Wasser dringen. Hierauf fliesst der Saft in den Kasten
B, wo die gänzliche Reinigung mittels
Bleielektrode stattfindet. Nach Beendigung der Elektrolyse wird der Saft
abgelassen und von dem aus organischen Verbindungen und Bleisalzen bestehenden
Niederschlag durch Filtration befreit. Sollte der Saft dann noch Spuren von
Bleisalzen enthalten, so kann man dieselben durch verdünnte Phosphorsäure,
welche man bis zur schwach sauren Reaction zusetzt, entfernen. Die überschüssige
Phosphorsäure wird durch Kalk entfernt, hierauf der Saft verdampft und wie
gewöhnlich weiter verarbeitet.
Dieses Verfahren würde allerdings eine vollständige Umwälzung auf dem Gebiete der
Saftreinigung bedeuten, nachdem dasselbe eine derartige Reinigung verspricht,
dass die gegenwärtig nothwendigen Manipulationen vollständig unnöthig wären.
Ueber dieses Verfahren liegt bis jetzt nur eine einzige Mittheilung aus der
Praxis vor, welche aber noch kein Urtheil gewinnen lässt. Die Société anonyme Raffinerie SayNeue Zeitschrift
für Rübenzuckerindustrie, 1895 XXXVI S. 19., welche nach diesem oder einem ähnlichen Verfahren
arbeitet, scheint insofern auf Schwierigkeiten gestossen zu sein, als sich die
Bleianoden mit unlöslichen Niederschlägen bedeckten, welche den glatten Verlauf
der Elektrolyse beeinträchtigten. Ein grosser Theil dieser Niederschläge bestand
übrigens aus Bleioxyd. Augenscheinlich waren die organischen Säuren zu schwach,
dasselbe zu binden. Es wurde daher den Säften ein wenig (etwa 1/10 bis ⅙ des
Aschengewichtes) Kochsalz zugesetzt. Ausserdem wird vorgeschlagen, der Anode die
Form eines Wellbleches zu geben und dieses auf- und abwärts zu bewegen. Beides,
die wirksameren Anionen des zugesetzten Salzes und die Bewegung der
Anoden sollen letztere rein und entsprechend wirksam erhalten.
Ueber den praktischen Werth dieses Verfahrens, dessen Versprechungen nicht recht
glaubwürdig erscheinen, sind noch weitere Mittheilungen aus dem Betrieb
abzuwarten. Bedenklich bleibt aber hier, dass der Saft doch noch Bleisalze
enthalten kann, und nimmt dieser Umstand sehr gegen dieses Verfahren ein. Es ist
immer zu bedenken, dass es sich um die, wenn auch zufällige Einführung eines
Giftstoffes in die Fabrikation eines täglich verwendeten Nahrungsmittels
handelt, und brauchen wir diesbezüglich nur auf unsere seinerzeitigen
Mittheilungen in dieser Zeitschrift (D. p. J. 1896
299 117) hinzuweisen.
Das zeitweilig schlechte Laufen der Schlammpressen
ist eine Erscheinung, welche im Betrieb manchmal auftritt und verschiedene
unliebsame Verzögerungen desselben verursacht. Die Ursachen können verschiedener
Natur sein und war man vielfach der Meinung, dass namentlich das Cholesterin,
welches dem Rübenmaterial entstammt, Schuld an der schmierigen Beschaffenheit
des Schlammes trage. Vorstehende Frage hat man auch in der Sitzung des
Braunschweig-Hannoverschen Zweigvereins besprochen und bieten die Ausführungen
manche beachtenswerthe Punkte für die Praxis. BrünigZeitschrift des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs, 1896 XXXXVI S.
71. ist der Ansicht, dass die Ursache der schweren Filtration
in einer zu starken Erwärmung, einer Ueberhitzung in der Diffusion liege. Zur
näheren Analyse wurde eine Probe des Schlammes an Herzfeld gesendet, welcher verhältnissmässig bedeutende Eisenmengen
constatirte. Herzfeld bemerkte in dem Gutachten,
dass bei Gegenwart von Eisen zunächst mit dem vorhandenen Pectin die mehr
gallertartige flockige Pectineisenverbindung und nicht das körnige Kalksalz des
Pectins entsteht, und bringt ihn dies auf die Vermuthung, dass die Ursache der
Schwerfiltrirbarkeit einerseits darin lag, dass die heisse Arbeit viel Pectin in
den Saft brachte und andererseits in Folge der Beschaffenheit des Kalksteins das
nöthige Eisen im Schlamm vorhanden war, um die Eisenverbindung des Pectins in
solcher Menge zu bilden, dass der Schlamm dadurch eine schlechte Beschaffenheit
annahm. Brünig erwärmte hierauf nur auf 60° R. bei
der Diffusion und hatte fortwährend gut laufende Pressen.
Herzfeld bemerkt in der Debatte, dass das schwere
Laufen speciell der Dicksaftpressen fast immer auf das Vorhandensein von zu viel
Fett zurückzuführen ist. In der laufenden Campagne ist jedoch ein Fall der
Schwerfiltrirbarkeit des Schlammes vorgekommen, welcher beweist, dass man auf
dem Gebiete der Zuckerfabrikation nichts verallgemeinern darf. Es gilt als
Regel, den ersten Schlamm gut auszusüssen, es war dies auch geschehen und
trotzdem liefen die Pressen schlecht. Der Schlamm war gegen Phenolphtaleïn
sauer, gegen Lackmus alkalisch und enthielt sehr viel freie Thonerde, welche
ursprünglich als Aluminat vorhanden gewesen, durch die Kohlensäure bei Zerlegung
des Aluminates aber frei gemacht worden war und nun zufolge ihrer gallertartigen
Beschaffenheit den Schlamm am Absetzen hinderte und die Filtration durch Tücher
unmöglich machte. Durch Zusatz nur einer kleinen Menge Kalk wurde der Schlamm
sofort verändert, setzte sich leicht ab und filtrirte normal, weil dadurch das
Aluminat zurückgehalten wurde. Bei thonreichen Materialien ist es also
nöthig, die Saturation nicht so weit, als sonst richtig ist, zu treiben.
Degener hebt zu dieser Frage hervor, dass Wollfett,
welches auch verwendet wird, zum grössten Theil aus
Cholesterin-Isocholesterinverbindungen von Fettsäuren besteht und der Hauptsache
nach unverseifbar zu sein scheint. Es ist also sehr auf die Verseifbarkeit der
offerirten Fette zu achten und in der Saturation nur die Anwendung solcher zu
empfehlen, denn Kalkseifen beeinträchtigen die Filtration nicht. Wollfett im
üblichen Sinne emulsirt sich zwar leicht, verseift sich aber nur zum geringen
Theil und wird daher zweifellos verschmierend wirken.
(Fortsetzung folgt.)