Titel: | Ueber Reinigung oxydirter antiker Kupfermünzen. |
Autor: | F.Rathgen. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 45 |
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Ueber Reinigung oxydirter antiker
Kupfermünzen.
Von Dr. F.Rathgen.
Ueber Reinigung oxydirter antiker Kupfermünzen.
Bei vielen Conservirungsarbeiten wird neben der Conservirung durch die gleichzeitig
vorgenommene Reinigung dem Arbeitenden oft ein besonderer Lohn dadurch, dass sich
Inschriften und Zeichnungen zeigen, welche vorher nicht sichtbar waren. So ist es
mir in manchen Fällen bei ägyptischen Bronzen gelungen, silberne und goldene
Einlagen, insbesondere der Augen bei Statuetten, blosszulegen, die vordem
gleichmässig mit der ganzen Oberfläche der Bronze durch den mit Sand vermengten
Ueberzug von Kupferverbindungen bedeckt waren. Eine Aufgabe, bei der es von
vornherein nicht auf eine Conservirung, sondern auf eine Reinigung ankam, wurde dem
Laboratorium von den königl. Museen durch die Reinigung eines grossen Münzfundes
gestellt. Durch Erdarbeiten bei der Kirche St. Maria im Kapitol in Köln wurden
ungefähr 40- bis 50000 römischer Kupfermünzen gefunden, die mit wenigen Ausnahmen
wegen ihres grünen malachitartigen oder ihres blauen kupferlasurartigen Ueberzuges
nicht entziffert werden konnten. Nach mancherlei Versuchen, Anwendung von Ammoniak,
von verschiedenen Säuren, kalt und warm, von Säuren mit eisernen Nägeln, vom
elektrischen Strom in saurer und in cyankaliumhaltiger Lösung gelang es mir, ein
Verfahren ausfindig zu machen, das mit grosser Bequemlichkeit raschen Fortgang der
Arbeit vereinigte.
Ausgehend von dem von Axel Krafting in dem 1892er Aarsberetning frei foreningen til norske
fortidsmindesmerkers bevaring veröffentlichten Verfahren der Reduction von
Eisenalterthümern, werden die Münzen mittels metallischen Zinks und verdünnter
Natronlauge reducirt und zwar in folgender Weise:
Dünnes Zinkblech mit metallisch glänzender Oberfläche, das auf einem mehrfach
zusammengelegten Friestuch liegt, wird mittels einer gewöhnliche Ahle so
durchlöchert, dass ungefähr 50 bis 60 Löcher von ungefähr 2 bis 5 mm Durchmesser auf
1 qdm kommen. Ein in solcher Weise durchlochtes Zinkblech wird auf eine Reihe von
Glasringen (oder Krystallisationsschalen) von ungefähr 20 mm Höhe gelegt, welche
sich auf dem Boden eines grösseren Glaskastens befinden und zwar so, dass die durch
das Durchlochen entstandenen scharfen Lochränder nach oben gerichtet sind. Dann
werden die Münzen (welche etwa 20 mm Durchmesser hatten) so auf das Zinkblech
gelegt, dass sich 7 bis 8 Stück derselben auf 1 qdm befinden. Darüber ein zweites
durchlochtes Zinkblech, darauf wieder Münzen u.s.w., im Ganzen 6 bis 8
Doppelschichten.
Zu oberst ein Zinkblech, dessen Lochränder nach unten gerichtet sind, hierüber
einige früher benutzte Zinkbleche und das Ganze mittels Glasringen oder umgekehrten
Glasschalen mit Gewichten oder Steinen beschwert, damit die scharfen Spitzen der
Lochränder in möglichst innige Berührung mit den Münzen kommen. Nun mit einer
4procentigen Natronlauge übergossen, beginnt sich bald eine Gasentwickelung zu
zeigen, und nach 15 bis 18 Stunden sind sicher alle Münzen vollkommen reducirt. Sie
bedürfen dann eines guten Auslaugens, dass ich in der Weise vornahm, dass ich die
zuerst einige Male kalt abgespülten Münzen in Mengen von ungefähr 1000 Stück mit
drei- bis viermal am Tage stattfindender Erneuerung in einem grösseren
Zinkblechgefäss mit doppeltem Boden, von denen der obere möglichst weitmaschig
durchlocht ist, mit heissem Wasser stehen liess. Nach 4 Tagen mit einem Tuche
oberflächlich vom anhaftenden Wasser befreit, werden die Münzen dann auf einer
warmen Ofenplatte oder im Trockenschrank bei etwa 100° völlig getrocknet. Nach dem
Trocknen und dem Bürsten mit einer Borstenbürste vor einem Staubventilator, welcher
wegen des lose auf den Münzen liegenden Metallstaubes unbedingt erforderlich, zeigen
sie dann ein helles bis dunkles Braun, ähnlich wie es im Gebrauch befindliche
Kupfermünzen zu besitzen pflegen. Ein Verfahren, das Trocknen durch Einlegen der
noch nassen Münzen einfach dadurch zu bewirken, dass dieselben in auf 120 bis 130°
erhitztes Paraffin gethan werden, wodurch zugleich das Ansehen selbst der hellsten
ein dunkleres wird, wurde vom hiesigen Münzcabinet für nicht tauglich befunden, weil
paraffinirte Münzen sich nicht zu Siegellackabdrücken eignen.
Dass der chemische Vorgang bei diesem Verfahren darin besteht, dass das Kupfer der
Münze mit dem Zink in der alkalischen Lösung ein galvanisches Element bildet, so
dass der bei dem Kupfer entstehende Wasserstoff die auf der Münze lagernden
Kupferverbindungen zu metallischem Kupfer reducirt und dadurch lockert, während das
gleichzeitig entstehende Zinkoxyd in der Natronlauge aufgelöst wird, ist ohne
Weiteres klar. In der Praxis wird zwar nur ein Theil des Zinkoxydes aufgelöst. Das
übrige bedeckt das Zinkblech als ein weisser Schlamm.Nach dem Abspülen kann man das Zinkblech,
welches bei dem Reductionsprocess oft mit einer dünnen Schicht metallischen
Kupfers bedeckt wird, noch aufs Neue verwenden, indem man es vorher durch
eine verdünnte Schwefelsäure (1 : 2) zieht, abwäscht, mit einer
Stahldrahtbürste bearbeitet und nochmals abwäscht. Eine 4- bis
5procentige Natronlauge hat sich als die geeignetste erwiesen, wie denn überhaupt
die oben angegebene Anordnung die günstigste ist. Sowie z.B. das Zinkblech direct
auf den Boden des Glaskastens gelegt wird, oder wenn sich die Münzen zu dicht auf
dem Blech oder in einem Gefäss mehr als 6 bis 8 Doppelschichten befinden, so geht
der Reductionsprocess oft nicht zu Ende und man ist dann gezwungen, die nassen
Münzen noch einmal mit frischem Zink und neuer Lauge in Berührung zu bringen. So
bedarf es auch wohl kaum der Erwähnung, dass bei grösseren Münzen die Zwischenräume
entsprechend grösser zu nehmen sind.
Die 40- bis 50000 Münzen, welche von mir so behandelt worden, waren ursprünglich
verzinnt, das Zinn aber nur an wenigen Stellen noch erhalten. Gleich nach der
Reduction abgewaschen, zeigen sich die verzinnten Stellen deutlich; bei dem
weiteren Abwaschen, bei dem Trocknen und Bürsten bleiben die kleinen Zinkflächen
nicht mehr sichtbar, da sie sich durch das feine Kupferpulver dunkler färben. In
seltenen Fällen zeigt sich nach dem Trocknen und Bürsten Blei auf der Oberfläche der
Münze; es ist dann leicht mechanisch zu entfernen.
Ein anderes Verfahren, solche Münzen zu reinigen und leserlich zu machen, welches
zwar nicht so gute Erfolge ergibt wie das obige, aber den Vortheil hat, dass es
leichter von jedem Sammlungsbesitzer selber auszuführen ist. will ich hier noch
mittheilen, weil es nur wenig bekannt ist. Da ich die in den Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments
historiques de Luxembourg, Bd. X, erschienene Originalabhandlung nicht
erhalten konnte, so berichte ich nach einer mir persönlich gewordenen Mittheilung
von Dr. Kisa in Köln, nach welcher auch ich das
Verfahren mehrfach ausgeführt habe.
Mittels Zange werden die Kupfermünzen einzeln in geschmolzenes Blei getaucht, bis das
nach einem Augenblick entstehende Prasseln aufgehört hat, was 3 bis 10 Secunden
dauert. – Wegen des Umherspritzens von flüssigen Bleitheilchen thut man gut, die
Hand mit einem Glacehandschuh zu bedecken. – Hierauf wird die Münze in kaltes Wasser
geworfen, dann geputzt und über Nacht in heisser Milch stehen gelassen. Der Process
ist eventuell mit der erkalteten Münze zu wiederholen. Die Münze erhält durch dieses
Verfahren einen olivfarbenen Ton, der vielen Alterthumsforschern lieber ist, als der
dunkelbraune; doch gebe ich dem anderen Verfahren den Vorzug, weil der Erfolg in
Bezug auf die Klarheit der Schrift und Zeichnung bei weitem grösser ist. Bei einer
nach dem Bleiverfahren gereinigten Münze, welche durch fest haftendes Kupferoxyd
unleserlich geblieben ist, erzielt die etwa nachfolgende Behandlung nach der oben
angegebenen Methode selten noch eine Besserung, dagegen hätte die Reduction mit Zink
direct angewendet wohl auch bei diesen Münzen Erfolg gehabt. Wenigstens ist dieser
Schluss nach dem äusserst kleinen Procentsatz von unleserlich gebliebenen Münzen bei
Anwendung des elektrischen Verfahrens meiner Meinung nach gerechtfertigt.