Titel: | Zur Bleischeidung der Melasse nach Kassner. |
Autor: | C. W. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 46 |
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Zur Bleischeidung der Melasse nach
Kassner.
Erwiderung auf dessen Replik Bd. 300 S. 118 dieses
Journals.
Zur Bleischeidung der Melasse nach Kassner.
Zu den Ausführungen Kassner's habe ich das Folgende zu
bemerken:
Die Filtrirfähigkeit des „Bleidisaccharates“ und folglich auch dessen
Auswaschfähigkeit stehen dem des „Strontiumdisaccharates“, wie aus meinen
vergleichenden Versuchen, welche in gleich rationeller Weise ausgeführt wurden,
hervorgeht, bedeutend nach; Kassner vergisst, dass auch
die Strontianfabriken äusserst rationell arbeiten und dass zudem eine bedeutend
grössere Menge Saccharates bei seinem Verfahren zu waschen ist.
Von der von mir behaupteten leichteren und besseren Ausfällbarkeit des PbO bei
geringen Concentrationen abgesehen, gebe ich auch hier dem Patentinhaber zu
bedenken, dass er auf dieselbe erzeugte Zuckermenge eine dreimal grössere
Schlammenge auf seinen Filtrirvorrichtungen abzusüssen haben wird.
Schon aus diesem Grunde glaube ich folgern zu können, dass Kassner Säfte von 25 oder gar 40° Bx. nicht erreichen
wird, aber auch aus rein technischen Gründen dürfte die Bewegung andere als
höchstens 15° Säfte, mit ihrer so grossen Menge suspendirten Bleicarbonates,
Schwierigkeiten darbieten. Meine Zahlen über die Verluste bei der Bleischeidung
halte ich vollkommen aufrecht.
Wie aus meiner früheren Mittheilung hervorging, sprach ich von einer theilweisen
bezieh. bis zur Hälfte erfolgenden Festlegung des K2SO4 als PbSO4. Wir haben unter Zugrundelegung von 1000 Doppelcentner
Melasseverarbeitung
10 Doppelctr. KCl
=
15 Doppelctr. PbO als Chlorblei
5 „ K2SO4
=
6,4 „ „ „ Kalisulfat
= 21 Doppelcentner Bleioxydverlust.
Ich möchte mir zu bemerken erlauben, dass eine grosse Anzahl von Melassen namentlich
in ihrem Chlorkaligehalt weit über diese Zahl hinausgehen. Kassner schlägt vor, behufs Regeneration des PbSO4 mit Potasche aufzuschliessen.
Resultat: 6,4 Doppelcentner PbO erfordern als PbSO4
mindestens etwa 4 Doppelcentner K2CO3 (da doch jedenfalls das Aequivalent zur Lösung
nothwendig ist) à 28 M. = 112 M.; erhalten werden 5 Doppelcentner K2SO4 à 9 M. = 45
M.
Hierzu kommen die bedeutenden Kosten für die sorgfältige Auswaschung des
Bleischlammes vom anhaftenden K2SO4 bezieh. K2CO3, welche nicht gering zu rechnen sind. Man kommt
selbst nach dem Vorschlage Kassner's zu keinem
günstigen Calcul, ganz abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten, und dies wird
bei Anwendung von Soda nur unwesentlich günstiger.
Ich replicire ferner, dass ich, in voller Uebereinstimmung mit W, durchaus nicht der Ueberzeugung bin, dass eine
Temperatur von 250° C. zur Zerlegung des Bleicarbonates in der von Kassner angegebenen Weise ausreichen wird, um die
Zerlegung des PbCO3 zu einer vollständigen zu
machen, und gebe Kassner zu bedenken, dass bei
Temperaturen von 450° C. das Schmelzen des Chlorbleies beginnt und Verschlackungen
bewirken wird, welche ganz gewiss zu höhern Verlusten an Bleioxyd führen würden.
Ich wiederhole, dass ich die Temperatur von 250° C. als zu Recht bestehend angenommen
habe, um mir ein beiläufiges Calcul des Brennmaterialverbrauches bilden zu können,
und nicht, weil ich damit die Möglichkeit dieser Zersetzungstemperatur zugeben
wollte.
Im Vergleich zu der Arbeit der Strontianfabriken erscheint die Bemerkung Kassner's nicht correct, es trete eine Verbesserung der
Potasche durch umgesetztes Kalisulfat ein. Diese Verbesserung erzielen in derselben
Weise auch die Strontianfabriken, und – ich bin hier abermals im Widerspruch zu Kassner – es ist die Wiedergewinnung des
Strontiumsulfates keine so schwierige Sache, wie Kassner sie auffasst.
Kassner schlägt zur Erzielung leichter Entbleiung durch
H2S alkalische Reaction der Säfte vor; ich
bemerke, dass ich bei meinen Entbleiungsversuchen eine schwache Kalkalkalitat schon
mit Rücksicht auf das „Umschlagen“ der Säfte innegehalten habe (0,004 bis
0,018).
Kassner meint, die Ausfällung des Bleis aus den
Saccharaten wäre eine vollständige, und scheint darum nur einen minimalen Gehalt an
Bleioxyd in den saturirten Säften annehmen zu wollen, aber ich bitte ihn, die
Löslichkeit des Bleichlorids, Sulfats and Carbonats in Zuckerlösungen sich vor Augen
zu halten, auch an das mechanisch mitgerissene Carbonat zu denken, und er wird mir
Recht geben müssen.
Der elektrische Strom kann ja möglicher Weise das Blei in fast quantitativer Weise
abscheiden, obwohl gerade die Elektrolyse des Bleis noch zu lebhaften Erörterungen
in den interessirten Kreisen Veranlassung gibt. Indessen wie ausserordentlich leicht
sind hier Fehler im Betriebe möglich und wie sehr würde auch nur ein einziger
solcher den Fortbestand einer derartigen Fabrik in Frage stellen.Ich empfehle Kassner in betreff der Frage nach der Löslichkeit der
Bleiverbindungen nachstehende Angaben der Litteratur einzusehen:Weisberg, Sucrerie belge, 100 Tb. Zucker, 6 Th.
PbO, 16, 162.Dehn, Z. 18, 192.Pellet, Bulletin de l'association des chimistes,
11, 186.
Worin nun schliesslich die Vortheile dieses Verfahrens mit einem Apparat, welcher den
der Strontianfabriken von vornherein übertreffen würde, welches zudem in seinen
Betriebskosten, schon wegen seiner Neuheit und aus den angeführten Gründen, um
vieles höher zu Buche stehen würde und das wegen der fraglichen (möglicher Weise
erreichbaren) Beschaffenheit seiner Producte unter Umständen sogar gesetzlich
verboten werden könnte, bestehen sollen, vermag ich nicht einzusehen. Hingegen
betrachte ich nach wie vor die Abhandlung Kassner's
über sein Verfahren als einen werthvollen Beitrag zur Chemie des Zuckers.
C. W.