Titel: | Die Schwachstromtechnik auf der Berliner Gewerbeausstellung. |
Autor: | Conr. Hesse |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 61 |
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Die Schwachstromtechnik auf der Berliner
Gewerbeausstellung.
Von Conr. Hesse,
Ingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen.
Die Schwachstromtechnik auf der Berliner
Gewerbeausstellung.
In dem westlichen Flügel des Hauptindustriegebäudes sind ausser dem Maschinenbau die
Ausstellungsobjecte der Elektrotechnik (Gruppe XIV) untergebracht. Die
Starkstromfirmen treten nicht als eigentliche Aussteller auf und dienen deren
Maschinen zum Betriebe der Bahnen und zur Beleuchtung des ausgedehnten
Ausstellungsgeländes. Mithin ist es der Schwachstromtechnik überlassen, als
ausstellende Firmen ihre Erzeugnisse vorzuführen, und haben in dem nördlichen Theile
des Flügels 24 Firmen ihre Plätze erhalten. Einen besonderen Pavillon für ihre
Schwachstromerzeugnisse besitzt die Firma Siemens und
Halske, während von der Firma Stock und Co.
das ebenfalls in einem besonderen Pavillon befindliche und dem Telephonverkehr der
Ausstellung dienende Fernsprechvermittelungsamt erbaut ist. Die
Feuermeldeeinrichtungen für das Ausstellungsgelände rühren von der Firma Mix und Genest her. Die meisten der in grosser Menge
ausgestellten Apparate u.s.w. wiederholen sich bei den einzelnen Firmen in wenig
veränderter Ausführungsform und sind diejenigen, welche nichts wesentlich Neues
aufweisen, von der weiteren Beschreibung ausgeschlossen.
Ia.Vielfachumschalter und Fernschränke für
Fernsprechvermittelungsämter.
Ueber die früheren Ausführungsformen und Schaltungen der Vielfachumschalter wurde an
gleicher Stelle (vgl. D. p. J. 1889 271 407 und 579. 272 335 und
564. 1891 279 18 ff. 1892 283
13 und 223. 284 12. 1893 289
80) berichtet. Seit dieser Zeit sind nicht nur wesentliche Verbesserungen, sondern
namentlich seit Kurzem vielfache Umgestaltungen eingetreten.
Nachdem bis zum Jahre 1893 Deutschland nur Vermittelungsämter amerikanischen
Ursprungs (Western Electric Company in Chicago bezieh.
deren Vertreter Fr. Welles in Berlin) besessen,
übertrug die Reichspostverwaltung die ersten derartigen Centralämter deutschen
Fabriken und zwar der Actiengesellschaft Mix und Genest
und der Firma R. Stock und Co. in Berlin. Beide Firmen
erbauten seitdem eine grosse Anzahl Fernsprechvermittelungsämter und zwar erstere
Firma nach dem Zweischnur-, letztere meist nach dem Einschnur-Einzelleitungssystem.
Die Umschalter selbst wurden in Schrankform mit senkrechter Klinkenfläche
ausgeführt.
Einen derartigen Vielfachumschalter führt die Actiengesellschaft Mix und Genest vor. Der Umschalteschrank (Fig. 1 und 2) enthält
von oben angefangen Raum für 5200 Klinken, d.h. 5000 allgemeine und 200
Localklinken; ferner drei Galvanoskope, je 42 Stöpsel mit einadrigen und zweiadrigen
Schnüren und Laufrollen; 42 Hörumschalter mit Morsecontacten (D. R. P. Nr. 75201),
42 Schlussklappen und 200 Ruf klappen; je drei Anruftasten, Condensatoren,
Inductionsrollen, sowie in bekannter Weise drei in der Höhe einstellbare Mikrophone
und drei mit Schnüren und Stöpseln versehene Kopftelephone.
Textabbildung Bd. 301, S. 61
Fig. 1.Vielfachumschalter von Mix und Genest.
Das Schrankgestell ist aus Eichenholz verfertigt; die Front desselben aus Nussbaum
(polirt). Den oberen Abschluss bildet ein Abschlussgesims, während an den Seiten
Profilleisten die Fugen der zusammenstossenden Schränke decken. Hierin lehnt sich
der Umschalter an die älteren Ausführungen (Welles) an,
während die Construction des Gestelles und insbesondere die Anordnung und
Ausführung der einzelnen Theile und Apparate abweicht. Wie aus der Fig. 1 zu ersehen, sind die Klinken auf sechs Felder
vertheilt und dementsprechend in sehr übersichtlicher Weise Stöpsel, Hörumschalter
und Klappen, in sechs Abtheile zerlegt, untergebracht. Um die zu einander gehörenden
Stöpsel, Hörumschalter und Schlussklappen schneller ermitteln zu können, liegen
diese je zu einem System vereinigten Apparate in einer (senkrechten) Ebene. Die
Griffe der Stöpsel und Hörumschalter, sowie die Deckel der Schlussklappen sind
abwechselnd roth und schwarz. Hierdurch wird eine gute Uebersicht und Erleichterung
im Betriebe erzielt.
Textabbildung Bd. 301, S. 62
Fig. 2.Vielfachumschalter von Mix und Genest.
Die Klinken sind zu je 20 auf einer Hartgummischiene von 14 mm Höhe montirt und
zwischen je fünf Schienen = 100 Klinken befindet sich in bekannter Weise ein
Streifen aus hellem (Elsen-) Holz von etwa 2,5 mm Stärke. Die Klinkenstreifen,
welche in seitlichen Führungen eingeschoben und angeschraubt werden, können wie bei
den früheren Ausführungen mitsammt dem Kabel nach vorn herausgezogen werden. Da bei
dem System von Mix und Genest (W. Oestereich, D. R. P. Nr. 45143) die Prüfung über die Sprech- und
Rufleitung stattfindet, bestehen die Klinken nur aus dem Klinkenkörper und einer in
Ruhe aufliegenden Feder.
Besonders hervorgehoben zu werden verdient neben den Tischlerarbeiten die
Construction und saubere Ausführung der Stöpsel und Hörumschalter.
Als meines Wissens von Mix und Genest zuerst eingeführt
ist die Unterbringung der Hörumschalter auf besonderen Hörschlüsselbrettern zu
vermerken, welche durch Scharniere auf der Tischplatte des Vielfachumschalters
befestigt sind. Hierdurch wird ermöglicht, dass auch während des Betriebes
nothwendig werdende Reparaturen mit leichter Mühe vorgenommen werden können. Die zu
einem Hörschlüsselbrett bezieh. den sieben Hörumschaltern U führenden Leitungsdrähte (Fig. 3) sind zu
einem Kabel vereinigt, welches bei dem Hochklappen des Brettes mitgeht. Der
Hörschlüssel U besteht aus zwei langen Federn ef, welche mittels eines vor- und rückwärts
verschiebbaren Hebels an Unter- und Obercontacte a bis
d (kurze Federn) gepresst werden. Gleichzeitig
dient der Hebel f1 bei
seitlicher Bewegung als Morse-Taster und momentweise Umschaltung zum Zwecke des
Prüfens. Die Klappen sind ebenfalls zu je sieben auf einer 32 mm hohen
Messingschiene montirt. Jede Klappenschiene besitzt an den Enden zwei T-förmige Ansätze, mittels derer die Schienen, ähnlich
wie die Klinkenstreifen, in entsprechend geschlitzten Trägern geführt werden. Der
die Klappen aufnehmende Raum des Schrankes ist zu einem geschlossenen Kasten (in
Fig. 2 nicht dargestellt) ausgebildet, um ein
Verstauben der Klappen zu verhüten. Damit die Klappenschienen mit den Klappen
vollständig aus dem Schranke herausgenommen und erforderlichenfalls sofort gegen
neue Klappenschienen vertauscht werden können, befinden sich auf der hinteren
Seite des Klappenkastens mit den Kabeldrähten verbundene Stifte, über und unter
welche Stifte zwei mit der einen Wickelung der Klappe in Verbindung stehende Federn
greifen. Die Klappen besitzen über die Schienen und Messingträger die erforderliche
Erdverbindung. Die Rufklappe unterscheidet sich von der Schlussklappe nur durch die
Verbindung der Elektromagnetrollen. Die Elektromagnetrollen der Schlussklappe sind
mit beiden Enden an den Hörumschalter angeschlossen, während die Ruf klappe auf der
einen Seite an Erde liegt.
Textabbildung Bd. 301, S. 62
Fig. 3.Vielfachumschalter von Mix und Genest.
Die Klappe kann von vorn durch eine mit Schraubenzieher verstellbare Regulirschraube
auf das feinste eingestellt werden, welches um so zweckmässiger ist, als die
Theilnehmerstellen verschieden weit vom Amt entfernt sind und die Empfindlichkeit
der Klappen eine sehr verschiedene sein muss. Der aufsichthabende Beamte wird daher
mit leichtester Mühe das sofortige Nachstellen einer zu leicht oder zu schwer
ansprechenden Klappe selbst bewirken können. Zum Abheben des Ankers von den beiden
Polen des Elektromagneten dient eine Spiralfeder, welche den schräg liegenden Anker
nach oben zieht. Diese Feder, welche zur lothrechten Lage ihre geringste Spannung
besitzt, erfährt ihre Einstellung durch eine mit oben genannter Regulirschraube
verbundene Schraubenspindel, deren oberer Aufhängepunkt wagerecht verschoben wird,
so dass die Feder eine schräge Richtung erhält und sich verlängern muss. Damit diese
Feder nicht die ganze Abreisskraft zu leisten braucht, ist vorn auf dem Arretirhaken
der Fallklappe ein keilförmiger Höcker angebracht, auf welchen die obere Kante des
in der Fallscheibe befindlichen Hakenloches beim Hochklappen der letzteren
aufschlägt; hierdurch wird der Arretirhebel niedergedrückt und der Anker von den
Polen abgerissen. Unter dem Klappenrahmen befinden sich neun Klinken mit ebenso
vielen Stöpseln ohne
Leitungsschnüre. Die an diesen frei herunterhängenden Stöpseln befindlichen Schnüre
(Fig. 1) dienen nur zur Befestigung der Stöpsel.
Die Klinken sind so vertheilt, dass drei von diesen sich zwischen dem ersten und
zweiten, drei zwischen dem zweiten und dritten, und drei in der Mitte des mittleren
Arbeitsplatzes befinden, und haben diese Klinken und Stöpsel den Zweck, durch Ziehen
oder Stecken die Arbeitsplätze zu trennen oder zu verbinden. Wenn die drei Stöpsel
links und rechts gezogen, die mittleren dagegen gesteckt sind (vgl. Fig. 1), so ist der Umschalteschrank in drei
Arbeitsplätze zerlegt. Sind die mittleren gezogen und die äusseren Stöpselgruppen
gesteckt, so wird der Schrank von zwei Fernsprechgehilfinnen bedient, und endlich,
wenn alle drei Klinkengruppen mit Stöpseln versehen werden, ist der
Vielfachumschalter zu einem einzigen Arbeitsplatz geschaltet. Von diesen Klinken und
Stöpseln sind sieben einfache und zwei doppelte, d.h. zwei Klinken besitzen, ausser
dem Klinkenkörper, zwei Contactfedern, von denen die zweite zum Ein- und Ausschalten
der Prüfungsgalvanoskope dient, während der Klinkenkörper und die in Ruhe
aufliegenden Federn aller neun Klinken zum Trennen und Verbinden der
gemeinschaftlichen Arbeitsplatzleitungen geschaltet sind. Dementsprechend haben
sieben Stöpsel einen einfachen massiven Metallhals, während der cylindrische Hals
des Doppelstöpsels durch ein Isolationsstück in zwei leitende Theile zerlegt
ist.
Der gleiche Zweck könnte erreicht werden, wenn an Stelle der Trennklinken kleine
Umschalter nach Art der vorbeschriebenen Hörumschalter verwendet werden.
Ausser diesen Trennungsklinken sind in gleicher Höhe in der Mitte jedes
Arbeitsplatzes noch drei Telephonklinken angeordnet. Wie dieser Name schon sagt,
werden durch diese Klinken die mit Schnüren und Stöpseln versehenen Kopftelephone
mit dem Vielfachumschalter verbunden. Die Kopftelephone weichen bezüglich ihrer
Construction, Einrichtung und Verwendung nicht wesentlich von den bekannten
Kopftelephonen ab.
Das Gleiche kann von den Mikrophonen, Mikrophonständern und den drei Morse-Tastern
gesagt werden.
Der an den Enden einer Schränkreihe bezieh. links von dem in Fig. 1 vorgeführten Vielfachumschalter befindliche Ansatzschrank und
Kabelkasten ist durch die älteren Vielfachumschalter bekannt und bietet an sich
nichts Neues. Der Schrank ist, wie oben kurz erwähnt, in sechs Felder getheilt, und
bei Zerlegung in drei Arbeitsplätze werden jeder Fernsprechgehilfin zwei Felder
Klinken mit den zugehörigen Betriebsapparaten, zugewiesen. Da jeder
Vielfachumschalter ausser den allgemeinen Klinken 200 Localklinken bezieh.
Theilnehmeranschlüsse besitzt, fallen auf die beiden äusseren Felder je 67, auf die
mittleren beiden Felder bezieh. den zweiten Arbeitsplatz 66 Klinken. Die
Klinkenstreifen mit den Localklinken befinden sich unter den allgemeinen Klinken und
schliessen sich diesen direct an. Die 200 Localklinken sind auf zwölf
Hartgummischienen derart vertheilt, dass acht derselben 17 Klinken und vier Schienen
16 Klinken besitzen. Im Uebrigen sind die Localklinken ebenso construirt und die
Schienen ebenso befestigt, wie die allgemeinen Klinken und Schienen.
Bei dem System von Mix und Genest geschah bis vor Kurzem
das Prüfen auf Besetztsein nur mittels des Galvanoskops. In Städten mit
elektrischen Bahnen erwies sich jedoch diese Art der Prüfung als undurchführbar und
änderte genannte Firma die Schaltung neuerdings dahin ab, dass an Stelle des
Galvanoskops in sonst bekannter Weise das Telephon tritt. Aus dem gleichen Grunde
wurde bei einem neu erbauten Amte in Hamburg eine besondere Prüfungsleitung
verwendet. Hierdurch erhielten die Klinken ausser dem Körper zwei Federn, über
welche die Sprechleitung geführt ist. Die genannte Morse-Taste am Hörschlüssel fiel
sodann fort und beide Stöpsel bekamen einfache Leitungsschnüre.
In Bezug auf die eigenartige Construction des Galvanoskops ist zu bemerken, dass die
Aluminiumzeiger gegen Filzpuffer schlagen und hierdurch sehr schnell zur Ruhe
gelangen. Durch einen Richtmagneten wird die Magnetnadel so eingestellt, dass der
Zeiger in Ruhe an einem der Filzpuffer anliegt.
Die Fassung des Glasdeckels ist auf einer abgeschrägten Unterlage befestigt, so dass
durch die nach oben geneigte Lage des Deckels und der Scala ein Schwingen des
Zeigers besser beobachtet werden kann. Das sehr empfindliche Galvanoskop ist
unterhalb der Klinken in den Schrank eingesetzt und ähnlich wie die Klappenschienen
durch Stifte und Federn an die Leitung angeschlossen.
Die zu den Klinken abgezweigten und im Untergestell zurückgeführten Kabel ruhen auf
oberen und unteren Kabelträgern. Zu diesem Zwecke werden (in Fig. 2 nicht dargestellt) mit Bohrungen versehene
Gasrohre im Inneren des Schrankes verankert und in die Löcher bei der Montage etwa 6
mm starke und 200 mm lange Stifte gesteckt.
Weicht die sonstige Construction des Schrankgestelles auch von den älteren
Vielfachumschaltern ab, so bietet sie keine wesentlich neuen Merkmale und dürfte aus
den Fig. 1 und 2 zur
Genüge zu ersehen sein.
Während meiner früheren Thätigkeit bei genannter Firma hatte ich Gelegenheit, diese
ihre ersten Vielfachumschalter und nachbeschriebenen Fernschränke entstehen zu
sehen, und sowohl bei der Construction, als auch Erbauung der
Fernsprechvermittelungsämter mitzuwirken. Gegenwärtig beschäftigt sich die Actiengesellschaft Mix und Genest, wie sie mir
mittheilt, auch mit der Fabrikation von Vielfachumschaltern in Tischform, bei deren
Construction die früher gewonnenen reichlichen Erfahrungen Berücksichtigung
finden.
Das Zweischnursystem von Mix und Genest setze ich als im
Allgemeinen bekannt voraus und gehe daher nur kurz auf dieses ein (vgl. auch die Elektrotechnische Zeitschrift, 1894 S. 166 bis
168).
Das im J. 1893 nach dem D. R. P. Nr. 45143 (W.
Oestereich) für den praktischen Gebrauch entworfene Schaltungsschema erfuhr
u.a. in Bezug auf die Trennung der Arbeitsplätze einige Vervollkommnungen und in
demselben Jahre eine Erweiterung durch das D. R. P. Nr. 75201. Die durch dieses
Patent geschützten Anordnungen betreffen den oben beschriebenen Hörumschalter und
seine Verbindungen.
In dem Schaltungsschema der Fig. 3 ist diejenige
Stellung der Stöpsel und Hörumschalter angegeben, in welcher die Prüfung der Leitung
stattfindet. Der doppeladerige Prüfungsstöpsel S1 ist an die zu verbindende Leitungsklinke derart
angehalten, dass die Spitze k des Stöpsels den Körper
der Klinke berührt. Die Leitungen l1bezieh. l2 führen von der Theilnehmerstelle über die
Klinkenkörper und die in Ruhe aufliegenden Federn und Klappen K zur Erde E. Die letzte
Klinke ist stets die Localklinke. Der einfache Stöpsel S2 eines Paares wird bei der Verbindung in
die Localklinke und der zweite doppeladerige Stöpsel S1 in die zu verbindende allgemeine Klinke
eingeführt. Beim Prüfen der Leitung und Anhalten der Spitze k des Stöpsels S1 an die Klinke wird, wie oben beschrieben, der Hebel f1 des Hörumschalters
U als Morse-Taster seitlich gedrückt und der
Ausschlag des Galvanoskops (oder Knacken des Telephons) beobachtet. Nach
hergestellter Verbindung (beide Stöpsel S1S2 in den Klinken) wird der Hebel des Hörumschalters
U nach vorn gezogen und die schon genannten langen
Federn ef von den Untercontacten ac auf die Obercontacte db
gestellt, wodurch die Schlussklappe SK eingeschaltet
ist. In dem Schaltungsschema (Fig. 3) bedeutet im
weiteren: M das Mikrophon, I die Inductionsrolle mit p = primärer und
s = secundärer Wickelung, MB die Mikrophonbatterie, T das Telephon, G einen Condensator von 0,3 bis 0,4 mf., B ist die Anrufbatterie, G
das Galvanoskop und CB das Amtscontrolelement mit
vorgeschaltetem Widerstand E von 150 Ohm.
––––––––––
Seit Jahresfrist machte sich nun der Wunsch und das Bedürfniss geltend, die
Fernsprechabonnenten nach Möglichkeit in einem Amte zu vereinigen und daher die
Vermittelungsämter für eine Theilnehmerzahl von etwa 10000 einzurichten; diese Zahl
würde somit einer Verdoppelung der bisher installirten Klinkenzahl gleichkommen
(vgl. die Elektrotechnische Zeitschrift, 1895 Heft 14
S. 216 u. ff.).
Auf dem bisherigen Wege würde ein derartig vergrössertes Amt etwa die dreifachen
Kosten betragen haben, wie zwei Aemter zu je 5000 Anschlüssen zusammen, da die
installirte Klinkenzahl eines Amtes von 10000 Anschlüssen und 800
Verbindungsleitungen \frac{10000}{200}=50 Schränke, (10000 + 800)
× 50 = 540000 Klinken, die von zwei Aemtern zu je 5000 und 150 Verbindungsleitungen
zusammen dagegen nur \frac{5000}{200}=25 Schränke (5000 + 150) ×
25 = 77250 × 2 (dem zweiten Amt von 5000 Anschlüssen) = 154500 betragen würde. Um
die Kosten nicht sehr zu erhöhen, musste danach gestrebt werden, an einem Schranke
ohne Erschwerung des Betriebes mehr Theilnehmer zu bedienen. Dies ist bei
Vielfachumschaltern in Schrankform nicht durchführbar und schritt man daher zur
Erbauung von Vielfachumschaltern in Tischform, von denen jeder Umschalter von beiden
Seiten bedient wird, 400 Theilnehmeranschlüsse und sechs Arbeitsplätze erhält. Auf
diese Weise beträgt die gesammte Klinkenzahl eines Amtes von 10000 Anschlüssen mit Tischumschaltern
\frac{10000}{400}=(10000+800)\,\times\,25=162000 Klinken.
Bei diesen drei Zahlen sind die in den besonderen Verbindungsschränken befindlichen
Klinken und die Localklinken nicht zugerechnet. Die benöthigte Klinkenzahl würde
sich dann erhöhen auf
1) 540000 + 182800 = 722800,
2) 154500 + 40900 = 195400,
3) 162000 + 96400 = 258400 Klinken.
Vielfachumschalter in Tischform an sich sind bekannt und von Dr. V. Wietlisbach (vgl. Technik
des Fernsprechwesens, S. 220 ff. und Fig. 101) im J. 1886 beschrieben.
Ein Fernsprechvermittelungsamt mit Vielfachumschaltern in Tischform ist von der Firma
R. Stock und Co. in Berlin auf der Berliner
Gewerbeausstellung, wie eingangs gesagt, erbaut.
Dasselbe wird um so mehr Interesse erregen, als das Amtsich im Betriebe befindet und
die Besichtigung dankenswerther Weise von der Reichspostverwaltung Jedermann
gestattet ist.
Das für eine Klinkenaufnahmefähigkeit von 10800 Leitungen berechnete Vermittelungsamt
besteht – anstatt aus 25 Haupt- und 8 Verbindungsumschaltern – nur aus 2
Vielfachumschaltern. An den Enden befinden sich je ein Ansatztisch A (Fig. 5) und Kabelkasten
P. Letzterer ist in praktischer Weise als
Schreibpult eingerichtet und die Schreibplatte mit grünem Tuch bezogen.
Die Schaltung ist nach dem Zweischnursystem durchgeführt, da dieses grössere
Sicherheit bietet.
Die Klinkenfläche K (Fig. 4 und 5) hat eine Breite von
67,5 cm bei 200 cm Länge. Auf jeder Schiene sind 20 Klinken k montirt; die obere Seite der Klinkenschienen ist dachartig gestaltet und
mit eingepressten Nummern versehen, welche von beiden Seiten des Umschalters bequem
abgelesen werden können. Auf jeder Seite des Umschaltertisches, etwa 5 cm niedriger
als die Klinkenfläche, befinden sich auf einem Absatz a
zwei Reihen einfacher Stöpsel. Jeder Arbeitsplatz hat 15 Stöpselpaare erhalten. Jede
Längsseite eines Umschalters besitzt drei Arbeitsplätze, so dass die 400
Localklinken bezieh. Anschlüsse von sechs Fernsprechgehilfinnen bedient werden. Die
Arbeitsbelastung ist mithin die gleiche wie seither bei den Vielfachschränken. Die
Stöpsel s s1 haben
rothe Griffe und ist rechts neben jedem Arbeitsplatz bezieh. jeder Stöpselgruppe ein
besonderer Controlstöpsel mit schwarzem Griff untergebracht. Durch diesen
Controlstöpsel und einen grösseren Zwischenraum nach je 15 Stöpselpaaren werden die
einzelnen Arbeitsplätze sichtbar begrenzt.
Textabbildung Bd. 301, S. 64
Vielfachumschalter von Stock und Co.
Zwischen den beiden Stöpselreihen befinden sich, in zwei Reihen vertheilt, die
Localklinken. Bei dem Betrieb wird die vordere Stöpselreihe s für die Localklinken, die hintere s1 für die allgemeinen Klinken und zum Prüfen
verwendet. Vor den Stöpseln sind Messingschienen angebracht, welche die Nummer des
Stöpselpaares (1 bis 15) und Bezeichnung des Controlstöpsels C trägt. In der senkrechten Wand, zwischen den Absätzen a und b, sind die Anruf-
und Schlussklappen untergebracht. Auf jeder Längsseite befinden sich entsprechend
der Localklinkenzahl 200 Anruf- und den 3 × 15 Stöpselpaaren gemäss 45
Schlussklappen. Der Absatz b enthält 48 Hörumschalter
U. Somit kommt auf jedes Stöpselpaar und jeden Controlstöpsel
ein Hörumschalter. Die Umschalter sind, wie bei dem Vielfachumschalter von Mix und Genest bereits angegeben, auf hochzuklappenden
Hörschlüsselbrettern montirt. Die Umschalter sind ebenfalls so angeordnet, dass sie
mit den zubehörigen Stöpseln in einer Flucht liegen.
Rechts neben den 15 bezieh. 16 Hörumschaltern befinden sich für jeden Arbeitsplatz
vier kleine Druckknöpfe zu zweien hinter einander angeordnet. Die hinteren Taster
dienen zum Schliessen der Anrufbatterie bei Benutzung der hinteren Stöpsel s1, und die vorderen
Anruftaster senden den Strom über die vorderen Stöpsel. Durch die linken Ruftaster
wird eine kleine Batterie und durch die rechten Taster eine stärkere Anrufbatterie
eingeschaltet.
Der Fussboden unter dem Vielfachumschalter ist zu einem etwa 1 m tiefen Kanal bezieh.
Gang v ausgebildet, so dass man bei etwaigen
Reparaturen oder sonstigen Arbeiten bequem zu den Kabeln gelangen kann.
Sollte die Herstellung eines solchen Ganges aus baulichen Gründen nicht möglich sein,
so werden die Vielfachumschalter selbst durch ein Podium entsprechend erhöht.
In dem Inneren des Tischumschalters sind die Kabel r auf
pendelnden Rechen untergebracht. Diese bestehen aus Röhren, welche mit hakenförmigen
Zähnen versehen sind, in denen die Kabel ruhen. Die Röhren sind derart aufgehängt,
dass sie mitsammt den Kabeln zur Seite geschoben werden können.
Die in den Schrank hineinragenden Stöpselschnüre mit den Gewichten g besitzen eine solche Länge, dass z.B. mit dem
äussersten Stöpsel des ersten Arbeitsplatzes die letzte Klinke des dritten
Arbeitsplatzes erreicht werden kann, welcher Fall eintreten würde, wenn bei
schwachem Verkehr drei Arbeitsplätze nur von einer Beamtin bedient werden.
Einrichtungen zum Zusammenschalten der Arbeitsplätze (vgl. bei den Umschaltern von
Mix und Genest) besitzen diese Vielfachumschalter
von Stock und Co. nicht.
Entsprechend den drei Arbeitsplätzen befinden sich auf jeder Seite eines Umschalters
drei Mikrophone M, welche an einem Gestell G, in der Höhe verstellbar, aufgehängt sind. Die
verstellbare Anordnung der Mikrophone mit den Gewichten g1 bietet an sich nichts Neues. Ebenso ist
die Unterbringung der Mikrophonleitungen in dem Rohre des Gestelles bezieh.
Mikrophonständers G bekannt.
Die Klinken- und Klappenschienen sind, wie bei den Umschalterschränken, herausziehbar
angeordnet.
Die Construction des Umschaltertisches selbst lehnt sich im Allgemeinen an die
senkrechten Umschalterschränke an.
Als von Bekanntem wesentlich abweichend und von der Firma E.
Stock und Co. zuerst eingeführt, kann die oben angegebene dachförmige
Gestaltung der Klinkenschienen und die Anordnung und Aufhängung der Kabelträger
bezeichnet werden, durch welch letztere im Vereine mit dem Gang v viele noch herrschende Vorurtheile gegen die
wagerechten Vielfachumschalter beseitigt sein dürften.
Nach Herausnehmen der seitlichen Thüren t wird
hinreichendes Tageslicht in den Gang v gelangen können.
An den durch den Klappenrahmen bezieh. die Klappen beschatteten Stellen, d. i. an
den Löthstellen der Klinken, wird ein Arbeiten von dem Gang aus nicht erforderlich
sein, da in diesem Falle, wie bereits gesagt, die Klinkenschienen mit den Kabeln
nach oben herausgezogen werden. Die wesentlichsten Arbeiten, welche in dem Gange
bezieh. Kanal selbst vorzunehmen sind, erstrecken sich meines Erachtens nach
auf das Aufsuchen eines Kabeldrahtes, welcher etwa beim Herausziehen eines
Klinkenstreifens abgebrochen ist und sich im Inneren des Umschalters festgeklemmt
hat, sowie auf das Freilegen einer am Kabel umgebundenen Reserveader oder, was
jedoch selten erforderlich wird, auf das Einlegen eines neuen Kabels. Die zwei
ersten Aemter mit wagerechten Vielfachumschaltern sind in diesem Jahre bereits dem
Betriebe übergeben worden (Hamburg Amt VI und Berlin Amt IV) und sollen sich bis
jetzt gut bewährt haben.
(Fortsetzung folgt.)