Titel: | Rettungswesen auf See. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 73 |
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Rettungswesen auf See.
(Fortsetzung des Berichtes S. 49 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Rettungswesen auf See.
4) Befördern der Verbindungsleine.
Es gibt genug Fälle, in denen es erforderlich wird, die Verbindung – sei es von
Schiff zu Schiff auf hoher See, sei es von Schiff zu Land am Ufer – mittels einer
Leine herzustellen, um das Rettungswerk zu vollführen. Ein der hilfsbedürftigen
Mannschaft zugeworfenes Seil kann von dieser am Mast o. dgl. befestigt werden; es
dient entweder zum Heranholen von Rettungsbooten oder als Seilbahn zum Herüberseilen
der zu rettenden Personen. Um eine Leine auf weite Entfernung über ein Schiff zu
werfen, befestigt man ihre Enden an Geschossen, welche mittels einer Rakete, eines
Gewehres oder eines Geschützes abgesandt werden.
Raketen und Gewehre dienen
praktisch nur für verhältnissmässig kleinere Entfernungen und leichte Seile. In
allen Fällen ist es wichtig, dass die Apparate rasch gehandhabt werden können; sie
müssen deshalb entweder an Bord leicht zugänglich aufgestellt oder doch bequem an
die benöthigte Stelle zu schaffen sein. Das letztere gilt namentlich auch für die
Rettungsstationen, denen ja zum Theil nur Raketenapparate zur Verfügung stehen.
Textabbildung Bd. 301, S. 73
Fig. 93.Rakete für Verbindungsleine.; a Kork; b Länge des Stockes 6'; c
Altes Metall; d Konische Aushöhlung; e Zündsatz.
Zu Anfang des Jahres 1880 wurde vom Arsenal zu Woolwich die in Fig. 93 im Schnitt dargestellte schwimmfähige
RaketeEngineer, 1880. hergestellt, im
Wesentlichen eine abgeänderte und mit Korkumhüllung versehene Boxer-Rakete, welche
im Stande ist, eine 1 bis 1½ Zoll starke Leine aus Leder auf eine Entfernung von 100
Yards zu tragen, dabei sich und die Leine schwimmend zu erhalten. Die cylindrische
Büchse aus Atlasmetall von 2,12 Zoll Durchmesser und 13,25 Zoll Länge ist mit nur
einer Oeffnung versehen, so dass die Rakete im Fluge keine Drehung um ihre Achse
vollführt. An einer Seite ist der 6 Fuss lange Stock und an diesen die Leine
befestigt. Die Metallbüchse e ist mit Kork a bekleidet, auch ist ein Kopf aus Kork vorgesehen. Der
aus 2½ Th. Kohle, 8½ Th. Salpeter und 2 Th. Schwefel bestehende Raketensatz wird auf
hydraulischem Wege in die Hülse eingepresst und dann auf ⅔ seiner Länge d konisch ausgebohrt. Das Abfeuern der Rakete geschieht
von einer passenden Unterlage aus mittels Zünders o. dgl. Indessen soll der noch
1890 gebräuchlich gewesene englische Raketenapparat den Transport in oft sehr
nachtheiliger Weise erschwert haben. Der Capitän d'Arcy-Irvine hatte deshalb als Ersatz eine auf einem Karren montirte, von
einem Pferde rasch fortzuschaffende pneumatische Kanone construirt, mittels deren er
bei 140,78 bis 211,16 at Luftdruck die Leine auf 366 m Entfernung werfen konnte. Die
Ueberlegenheit seines Apparates über den älteren hat d'Arcy-Irvine 1890 in St. Leonards vor maassgebenden Kreisen zeigen
können.
Textabbildung Bd. 301, S. 73
Fig. 94.Rettungstau mit Hosenboje.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bedient sich ausschliesslich
der im königl. Feuerwerkslaboratorium zu Spandau angefertigten Rettungsraketen,
welche man für die besten in der Leistung hält. Die 8-cm-Rakete trägt die
Raketenschiessleine bis 400 m, die 5-cm-Kakete bis 300 m weit. Die Schiessleinen
sind 500 m lang und aus 21 Garn, 9 mm dick, gefertigt; das Material liefert langer
schlesischer Schleisshanf, welcher, fein gerieben, mit 4 Proc. Vaseline hedefrei
gehechelt wird. Das Rettungstau selbst, welches an der Schiessleine zum Schiff
gezogen und dann zwischen diesem und einem hohen Punkt am Ufer, etwa einem
besonderen Stativ, ausgespannt wird, ist 300 m lang, hat 30 mm Durchmesser und
besteht aus 130 Garn (geknoteter Manillahanf mit 12 Proc. Vaseline verhechelt). An
dem Rettungstau hängt die Hosenboje, welche mit Hilfe des Jölltaus (700 m lang, 13
mm Durchmesser) zwischen Schiff und Ufer bewegt wird. Die Befestigung des
Rettungstaues A mit der Hosenboje B und des Jölltaues C am
Mast zeigt Fig. 94. Unentbehrlich sind auch die
Ankerraketen geworden, welche an der konischen Vorderbeschwerung einen vierarmigen
Anker tragen. Man schiesst die Raketen über die Brandung, zieht an der daran
befestigten Leine und hilft so der Rudermannschaft, über die Brandung zu kommen. Bei
Strandungsfallen
thut jetzt der Bohlken'sche Bohranker gute Dienste,
indem man mit ihm einen sicheren Befestigungspunkt für das Rettungstau schaffen
kann. Zu diesem Zweck war früher ein mehrere hundert Pfund schwerer Anker
erforderlich, der überdies noch mit Pfählen vor dem Ausweichen im Dünensande bewahrt
werden musste. Der Bohlken'sche Anker wiegt nur 25 k;
er wird eingebohrt und an seine Kette wird die Talje zum Steif holen (Anziehen) des
Taues eingehakt.
Textabbildung Bd. 301, S. 74
Fig. 95.Raketenapparat.
Einen Raketenwerfapparat der Deutschen Gesellschaft zeigt Fig. 95. Auf zwei kleinen vierräderigen Wagen wird das zugehörige
Inventar gleichmässig nach Gewicht vertheilt. Der erste Wagen enthält:
Das Rettungstau von etwa
200 k
Jölltau
95 k
3 Bäume zum Erhöhen des Rettungs- taues
35 k
Bohranker
25 k
Raketenstativ
20 k
Der zweite:
3 Leinenkasten mit Leinen
175 k
2 Kasten à 3 Stück 8-cm-Rettungs- raketen
125 k
6 Raketenstäbe
20 k
Hosenboje
10 k
Talje und div. Tauwerk
32 k
Die Rakete nebst Ständer- und einem Leinenkasten, sowie die
drei Bäume und der Anker sind leicht vom Wagen abnehmbar.
Als Ersatz der Rakete ist auch das Gewehr anzutreffen. Ein solches ist u.a. von Cordes (1872) angefertigt worden. Ein solches
Handgewehr kann mit einem 2pfündigen Bolzen und 2¼ g Pulver eine Logleine 140
Schritt weit schleudern. Die Cordes'sche Kanone soll
dagegen durch Bolzen und Ankergeschosse von 20 Pfund bei ¼ und ⅓ Pfund Pulverladung
starke Leinen auf 600 Schritt werfen.
Schon 1792 hatte der Artillerielieutenant Cell dem
englischen Gewerbeverein vorgeschlagen, die Verbindung vom Schiff zum Strand mit
Hilfe eines Mörsers herzustellen, an dessen Kugel ein Seil befestigt war. Dieser
Vorschlag blieb jedoch ebenso unbeachtet, wie der von Trengrouse„Shipwrecked
persons“, Report of a committee of Eider Brethern of the
Trinity-House, and lettres, relating Mr. Trengrouse's inventum. House of Commons., 7. June 1825.
1818 gemachte, 1825 dem Parlament unterbreitete, zum gleichen Zwecke Raketen zu
benutzen. Die mit der Leine verbundene Rakete wurde ähnlich einem Bajonet auf ein
Gewehr gesteckt und durch einen Schuss entzündet. Auf diese Weise hatte man eine
8lothige Rakete 180 Yards, eine 1pfündige unter 50° Elevation 212 Yards
geschleudert, mit einer Mackarelleine, wohingegen die Leine bei Gelegenheit eines
450 Yards weiten Schusses mit 2pfündiger Rakete wegen eines Knotens schon bei 150
Yards riss. Eine Rakete von 4 Loth konnte aus freier Hand 112 Yards weit mit
leichter Leine (mackarel snood) geworfen werden.
Unabhängig hiervon scheint der Capitän ManbyVerhdlg. d. V.
Gew., 1826 Bd. 5 S. 110. sein Geschütz nach gleichen Gesichtspunkten entworfen und angewandt zu haben;
nur genoss er den Vorzug, dass seine Erfindung ausweislich der Documente des
englischen Parlaments von 1810 bis 1823 schon damals ergiebige Dienste geleistet
hatte. Um der oft versagenden Vereinigung der Kugel mit einem Tau zu umgehen,
ersetzte er letzteres durch einen starken, aus rohen Häuten dicht geflochtenen
Riemen, mit dem er 1808 die Mannschaft einer Brigg auf 150 Yards Entfernung vom Ufer
gerettet hatte. Ende 1823 waren 45 Rettungsstationen mit Manby's Apparaten versehen und der 1824 in England unter dem Protectorate
von His Majesty gegründete Verein zur Rettung Schiffbrüchiger sorgte für weitere
Ausbreitung. Manby empfahl einen eisernen, auf seinem
Gestell angegossenen Mörser von 2½ Centner Gesammtgewicht, welcher eine 24pfündige
Kugel mit 1½zölligem Tau 250 Yards weit, oder eine Tiefseeleine (deep sea line) 320
Yards gegen den stärksten Wind werfen und mittels Trage fortgeschafft werden könnte.
Es musste die Kugel stets über das Schiff weggeschossen werden und man bediente sich
entweder glatter oder mit Haken und Widerhaken versehener Geschosse; die letzteren
waren da am Platze, wo die Schiffsmannschaft nicht beistehen konnte, man vielmehr
vom Land aus die Zugleine im Takelwerk festzumachen gezwungen war.
Die am Schiff, am besten im Top befestigte Leine ermöglichte es dann direct oder mit
Hilfe eines vom Schiff oder vom Land nachgezogenen Taues das Herantauen eines
Rettungsbootes zu bewerkstelligen, oder, wenn dies nicht möglich bezieh. kein Boot
vorhanden, die Herstellung einer Seilbahn zwischen Schiff und Land zu erzielen, auf
welcher die Schiffbrüchigen mittels eines Seiles ohne Ende einzeln oder zu mehreren,
allenfalls mit Kork ausgefütterten Hängematten u. dgl. an Land geschafft wurden.
Der Kniebocksblock a (Fig. 96 und 97) ist ein altes
Beförderungsmittel; an ihm hängt eine „Länge“
b, welche einen Mann gut zu tragen vermag. Das Tragseil
wird von der Seite in den Block eingelegt, worauf ein. Mann sich in die Schlinge
setzt (Fig. 97). Die
Leute am Ufer ziehen ihn dann herüber. Man hat auf diese Weise Mannschaften auf eine
Entfernung von 220 m von der Küste und auch von Wracks auf Felsen geseilt. Anstatt der
Schlingen könnten auch geeignete Hangematten, eventuell mit Korkschutz, oder
ähnliche Rettungsmittel eingehakt werden.
Steht der Mannschaft an Bord nur eine Leine zur
Verfügung, so macht sie ein Zeichen, dass die Besatzung des Schiffes genug davon an
Bord ziehen solle, um eine dauernde Verbindung unterhalten zu können. Mit dieser
Leine wurde ein Trumm unter den Achseln und über die Schultern des zu Rettenden
gelegt und dieser vom Land durch die Brandung gezogen, nachdem von Bord das Signal
„Fertig“ gegeben und der Mann über Bord gesprungen war.
Textabbildung Bd. 301, S. 75
Kniebocksblock.
Zur Verständigung zwischen Schiff und Land war natürlich eine Zeichensprache
erforderlich, welche in den vom erwähnten Verein zur Rettung Schiffbrüchiger
herausgegebenen Directions in Folgendem bestand:
Signale von der Küste.
Bedeutung
Bei Tage
Bei Nacht
1) Seid ihr fertig? Seht euch nach dem Tau um; wir
wollen ein Boot aus- setzen!
Der Signalmannhält in der rech-ten Hand
einenStock mit einergrossenschwarzen Kugelsenkrecht
Dasselbe miteinem
Zünd-licht
2) Mache das Tau fest; binde ein Seil u.s.w. daran, damit
wir es für das Boot an Land ziehen können. Oder, sollen
wir euch ein starkes Tau senden, das an einem festen
Theil des Wracks befestigt werden soll, das Boot
abzuholen?
Wie oben, miteiner weissenKugel
Ausstreckenbeider Arme undHalten einerLaterne in jederHand
3) Halt von euch, um ein starkes Tau, Hänge- matte
u.s.w. zu er- halten!
Der Signalmannstreckt beide Armeaus, in jeder Handeinen Stock
mitschwarzer Kugelhaltend
Ausstrecken derrechten Hand, ander zwei
Laternenunter
einanderhängen
4) Holt Leine genug an Bord, um eine fort- dauernde
Verbindung zu unterhalten; räumet das Wrack!
Wie oben, mitweissen Kugeln
Wie bei 3, mitdrei Laternen
Antwortsignale vom Schiffe.
Bedeutung
Bei Tage
Bei Nacht
1) Ja oder fertig
Der Signalmannhebt einen Armdreimal wagerechtin die Höhe,
allen-falls den Hut inder Hand haltend
Ein Licht (Zünd-licht)
2) Nein oder nicht fertig
Wie oben, drei-mal auf undnieder
Zwei Lichter übereinander (andereLichter
sind zuentfernen)
Für das Gelingen des Seilwurfes ist die Haltbarkeit des Seiles von Wesen und hierfür
wieder neben der Natur des Seiles dessen Auflagerung vor dem Geschütz. Manby legte es in einer der heute gebräuchlichen
ähnlichen Weise in einen Korb, der leicht zur Stelle geschafft werden konnte.
Aus einem dem Jahre 1827 entstammenden Berichte der königl. Regierung zu Danzig an
den damaligen Minister des Innern, v. Schuckmann, ist
zu entnehmen, dass die von Manby geübte Verbindung der
Leine mit der Kugel mittels Streifen ungegerbten Leders gegenüber sich der von dem
Artilleriecapitän Roth angegebenen Befestigung mittels
Darmsaiten als unvortheilhaft erwiesen hatte. Die Lederbänder zogen sich bei jedem
Schuss 6 bis 8 Zoll aus, ohne dass sie sich wieder zusammenzogen; beim dritten oder
vierten Schuss zerrissen sie bereits. Die Darmsaiten behielten jedoch ihre
Elasticität; ein Zerreissen derselben erfolgte nur bei Anwendung zu starker
Pulverladung. Ausserdem wurde die Annahme bestätigt, dass der alte 7pfündige
preussische Mortier grössere und sicherere Schussweiten ergab als der Manby'sche Mortier. Es wurde deshalb ersterer mit dem
übrigen Apparat auf einem von 5 bis 6 Mann leicht fortzuschaffenden Karren montirt
und in Neufahrwasser untergebracht.
Textabbildung Bd. 301, S. 75
Fig. 98.Hunt's Rettungsapparat.
Mitte März 1879 liess das englische Kriegscollegium in Shoeburyness mit dem vom
Amerikaner E. S. Hunt erfundenen Rettungsapparat
Versuche vornehmen.Eng., 1879. Man benutzte zwei kleine
nicht gezogene Metallkanonen von 24 Zoll Länge, 56 bezieh. 69 Pfund Gewicht und 3½
bezieh. 4½ Unzen Pulverladung. Das wurfbereite 12½ Pfund schwere Projectil war eine
weissblecherne Röhre von 3¼ Zoll Durchmesser, welche nach vorn durch eine 6pfündige
bleierne Kugel abgeschlossen und hinten mit vier festen Flügeln versehen war. Das
Geschoss nahm die zu einer compacten Rolle von 17½ Zoll Länge gerollte Leine auf,
welche man mit einer zweiten, langseit des Geschützes aufgeschossenen Leine verband,
so dass beide Enden nachgeben konnten. Die Länge der Leine betrug 200 bis 400 Yards,
die Zerreissfestigkeit 200 bis 400 Pfund. Das Einsetzen des Geschosses erfolgte in
umgekehrter Lage (Fig. 98); die Bleikugel und die
Flügel besorgten die Wendung nach Abschuss. Bei schwachem Gegenwind und der
insbesondere für die Haltbarkeit der Leine als günstigst angenommenen
Elevation von 22 ½° wurden
Schussweiten von
389
448
507
Yards erreicht
mit Seitenabweichungen „
4⅖
9
8
„
bei Elevation von 30° wurden
Schussweiten von
478
489
386
„ „
mit Seitenabweichungen „
2
6
6
„
Textabbildung Bd. 301, S. 75
Fig. 99.Leinenwurfkanone.
Eine praktische Construction einer Leinenwurfkanone hat neuerdings GarwoodEng., 1896 S. 483. ausgeführt. In
Fig. 99 ist eine Ausführung gezeigt, bei welcher
das Geschütz auf Deck nach allen Richtungen drehbar montirt ist. Die Kanone kann ein
Ankergeschoss von 35 Pfand, oder ein solches entsenden, an dem vorn ein gewöhnlicher
Bootsanker und ein Manilaseil von ¾ Zoll Umfang angehängt ist. Das Geschoss ist hohl
und wird über die Geschützmündung gestreift. Man füllt die Bohrung der letzteren zum Theil mit
einer entsprechenden Menge Pulver, welche mit einem Pfropfen abgedeckt wird, so dass
noch etwa 8 Zoll der Bohrung frei bleiben. Das Projectil wird innen eingeschmiert
und dann aufgesetzt. Das Abfeuern erfolgt in der bekannten Weise mittels Lunte o.
dgl. Das Seil liegt dabei so unter der Mündung, dass es nicht verbrannt werden kann.
Das Geschoss lässt sich im Fluge mit dem Auge verfolgen. Gelegentlich günstig
ausgefallener Versuche hat sich ergeben bei einer
Pulverladung
von
3
Unzen
eine
Schussweite
von
90
Yards
„
„
6
„
„
„
„
175
„
„
„
8
„
„
„
„
250
„
Alt sind jene Mittel zur Herstellung der Verbindung, bei denen man sich des Windes
bezieh. der Wasserströmung bedient. Bei einer Strandung am Ufer hat man es ja
zumeist mit Strömungen zu thun, welche gegen das Land gerichtet sind. Es sind
deshalb zum Ueberführen der Seile Drachen in Vorschlag gekommen, so bereits 1824 vom
englischen Capitän Dansey, welcher von der Society for Encouragements of Arts, Manufacturers and
Commerce eine goldene Medaille erhalten hat. Auch Luftballons sind zu
gleichem Zwecke in Betracht gezogen worden. Man muss jedoch den Umstand nicht aus
dem Auge verlieren, dass der von der Luft getragene Drache und Ballon vom Schiff aus
nicht willkürlich herabgelassen werden kann. Um dennoch eine sofortige Gelegenheit
zum Fassen des übergeführten Seiles den Leuten am Strand zu geben, muss man von dem
Drachen u.s.w. ein auf der Erde schleifendes Ende herabhängen lassen. Wirft man
einen Schwimmkörper vom Schiff aus ins Meer, so wird dieser von der Wasserströmung
aus Ufer geworfen. Zu diesem primitiven und nicht gerade zuverlässigen Mittel ist
schon gegriffen worden, um Leinen an Land zu schaffen.
Dr. Newell in Newark, N. J., benutzt einen 3 bis 4 Fuss
langen, hohlen Konus aus galvanisirtem Eisenblech von 2 Fuss Basisdurchmesser. Etwa
6 Zoll über der Basis ist der Konus mit einer Platte abgeschlossen, an die axial
eine mehrere Fuss lange Eisenstange angesetzt ist. Eine noch so geringe See soll den
Konus sammt angehängter Leine fortspülen, was am 4. Juli 1878 in New Jersey mit
einer mehrere hundert Fuss langen Leine als geschehen angegeben wird. Newell will bei stark gebrochener See sogar eine
Geschwindigkeit von 500 Fuss in der Minute herausgefunden haben.
(Schluss folgt.)