Titel: | Die Bestimmung der unverseifbaren bezieh. schwer verseifbaren Bestandtheile in Fetten und Oelen. |
Autor: | W. Herbig |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 114 |
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Die Bestimmung der unverseifbaren bezieh. schwer
verseifbaren Bestandtheile in Fetten und Oelen.
Von W.
Herbig.
Die Bestimmung der unverseifbaren bezieh. schwer verseifbaren
Bestandtheile in Fetten und Oelen.
In dem Journal of the Society of Chemical Industry, 1896
S. 13, findet sich eine von J. Lewkowitsch verfasste
Abhandlung: „Beiträge zur Analyse der Fette“, in
welcher die Bestimmung der unverseifbaren Stoffe in Fetten durch Extraction der
Seifenlösungen mit Aether und Petroläther und durch Extraction der trockenen Seife
mit Lösungsmitteln behandelt wird.
Leider ist mir die Originalabhandlung nicht zugängig gewesen, so dass sich das
Nachfolgende nur auf ein ReferatChem.-Zeitung, Rep. 1896 S. 65 und
72. in der Chemiker-Zeitung stützen
kann.
In dieser ZeitschriftD. p. J. 1895 297
135 und 160. habe ich vor einem Jahre denselben Gegenstand
eingehend studirt und auf Grund der analytischen Ergebnisse nachzuweisen vermocht,
dass die Bestimmung der unverseifbaren Antheile im Wollfett nach der von mir
ausgearbeiteten Methode der Extraction getrockneter Kalksalze mit Aceton Resultate
ergibt, welche innerhalb der Fehlergrenzen von 0 bis 0,3 Proc. schwanken, demnach
bei der immerhin mit Schwierigkeiten verbundenen analytischen Behandlung der Fette
und Oele exact genannt werden können.
Der Ausdehnung dieses von mir zunächst für das Wollfett angewendeten Verfahrens auf
alle anderen Fette und Oele steht nichts im Wege, da die im Wollfett enthaltenen
Fettsäuren, ausser vielleicht einer von mir noch zu beschreibenden hochmolekularen
Fettsäure, Bestandtheile auch der meisten anderen Fette sind, wie meine durch
fractionirte Destillation der Wollfettsäureäthylester im Vacuum erhaltenen
Fractionen schon jetzt erkennen lassen.
Da diese Arbeiten, welche die Scheidung der im Wollfett vorhandenen Fettsäuren zum
Ziele haben, noch nicht abgeschlossen sind, ich ausserdem dieses letztere Verfahren
an mehreren von mir durch Extraction von Rohwollen verschiedener Provenienz selbst
hergestellten Wollfetten durchführen will, so kündige ich die Mittheilung der
Ergebnisse erst für später an.
Ich möchte indessen an dieser Stelle bemerken, dass die Trennung der Säuren mit Hilfe
der Ester durch Destillation der letzteren, unter Berücksichtigung der verschiedenen
Lösungsverhältnisse der Ester gegenüber Lösungsmitteln – ferner unter Benutzung der
Lösungsverhältnisse der aus den Esterfractionen dargestellten Kalksalze der Säuren
gegenüber gewissen Lösungsmitteln, die Reindarstellung der Säuren gut gelingt.
Das Princip des von mir zur Bestimmung der unverseifbaren bezieh. schwer verseifbaren
Stoffe im Wollfett angegebenen Verfahrens wird sich zweifellos auch für alle anderen
Fette richtig erweisen. Es scheint, dass Lewkowitsch
von dem Inhalt dieser Arbeit keine Kenntniss gehabt hat, da ich bereits die Fehler
der älteren Methoden zur Bestimmung unverseifbarer Stoffe damals charakterisirt
habe.
Es sei mir gestattet, an dieser Stelle deshalb nochmals kurz darauf zurückzukommen. 1
bis 2,5 g Wollfett werden im Kölbchen von 150 bis 250 cc Inhalt mit 25 cc
½-normal-alkoholischem Kali 1 Stunde lang in bekannter Weise verseift, der
Ueberschuss an Aetzkali wird mit Säure genau zurückgemessen und die so erhaltene
Seifenlösung mit siedendem neutralisirtem Alkohol in ein Becherglas gespült. Der
Alkohol wird verjagt und die so erhaltene Lösung mit 50 cc Wasser zum Sieden
erhitzt. Bleibt die Lösung trübe, so setzt man vorsichtig aus einer Spritzflasche so
viel Alkohol zu, dass eben eine klare Lösung entsteht. Die Lösung wird genau auf 70
bis 75° C. erhitzt, alsdann mit einer aus der Verseifungszahl zu berechnenden Menge
Chlorcalcium im geringen Ueberschuss in der Weise versetzt, dass man die ungefähr
50° warme Lösung in dünnem Strahl unter lebhaftem Rühren in die Seifenlösung
einfliessen lässt. Man rührt kurze Zeit gut durch und verdünnt dann die Lösung mit
der doppelten Menge Wasser, welchem man einige Cubikcentimeter alkoholische
Lauge zugesetzt hat, und lässt erkalten. Die Kalksalze setzen sich, sobald die
Fällung normal verläuft, in Form eines gelblich weissen, feinkörnigen Niederschlags
schnell ab, so dass die überstehende Flüssigkeit sehr bald klar wird. Die gesammte
Flüssigkeit beträgt etwa 250 cc. Man decantirt auf ein genügend grosses Filter und
wäscht unter Decantation mit sehr verdünntem kaltem Alkohol (1 : 20) so lange nach,
bis der so vollständig wie möglich auf das Filter gebrachte Niederschlag
ausgewaschen ist, mit Silberlösung also im Waschwasser nur noch Opalisirung zu
bemerken ist. Jene Reaction beruht nicht auf Bildung von AgCl in Folge etwa noch
vorhandener Chloride, sondern auf Bildung von Silbersalzen, da das Waschwasser stets
noch geringe Spuren von Kalksalzen in Lösung bringt. Bei Anstellung von gleichzeitig
vier Parallelversuchen ist das Auswaschen in 1,5 Stunden beendigt. Man entfernt
alsdann die Filter vorsichtig vom Trichter und breitet sie auf einer dicken
Unterlage von Fliesspapier aus. Den Niederschlag breitet man mittels eines glatten
Glasspatels in gleichmässiger Weise aus und trocknet im Vacuumexsiccator. Die
Niederschläge sind so innerhalb 48 Stunden vollständig wasserfrei, ohne höhere
Temperatur anwenden zu müssen.
Der Niederschlag wird mit dem Filter zusammengefaltet in eine Papierhülse gebracht,
im Soxhlet eingesetzt und, nachdem die im Becherglas befindlichen Reste mit
siedendem Aceton mittels Trichter quantitativ dazu gebracht worden sind und das
Ganze mit einer Schicht entfetteter Baumwolle überdeckt worden ist, mit chemisch
reinem, wasserfreiem, frisch destillirtem Aceton 6 Stunden lang extrahirt. Das
Aceton läuft schon nach ½stündiger Extraction vollständig farblos ab, so dass
dieselbe vielleicht schon nach kürzerer Zeit als beendet angesehen werden kann. Das
Aceton wird alsdann auf dem Wasserbad abdestillirt und schliesslich nach Entfernung
des Kühlers im siedenden Wasserbad unter öfterem Drehen des Kölbchens das Aceton
fast ganz vertrieben. Unterlasst man diese Vorsicht, so können Fehler entstehen. Die
Extracte halten nämlich die Lösungsmittel mit grosser Hartnäckigkeit zurück; je
höher der Siedepunkt des Lösungsmittels, desto höher muss der Rückstand schliesslich
erwärmt werden. Schon früher habe ich darauf hingewiesen, dass länger andauernde
höhere Temperatur die Natur der Fette zu verändern vermag, dass man also jene
Processe verhindern muss. Ferner aber vermag im Extract zurückbleibendes Aceton
schliesslich diesem saure Reaction zu ertheilen, so dass alsdann falsche Schlüsse
über die Zusammensetzung desselben gezogen werden könnten.
Das im Kölbchen auf diese Weise vom Aceton befreite Fett wird mit reinem,
wasserfreiem, frisch destillirtem Aether, dessen Verhalten gegenüber alkoholischem
Kali mit Phenolphtaleïn zu prüfen ist, in eine gewogene Platinschale gespült, der
Aether verdunstet, 1 Stunde lang bei 105° im Luftbad unter Umschwenken der
geschmolzenen Fettmasse getrocknet und, nachdem der Extract im Exsiccator erkaltet
ist, gewogen. Der Extract darf ebenso wie das Wollfett nicht an der Luft stehen
bleiben, da er Wasser anzieht. Bei sorgfältiger Ausführung des ganzen Processes muss
der Extract vollständig neutrale Reaction haben.
In dieser Weise wurden die folgenden drei Wollfette behandelt und nachstehende
Resultate erhalten. Sämmtliche Extracte wurden verascht, um die vollständige
Abwesenheit mineralischer Bestandtheile festzustellen.
NamendesFettes
Angewen-detes Fettin Gramm
GefundenerExtractin Gramm
Asche desExtractesin Gramm
GefundenerExtractin Procent
GrössteDifferenzin Procent
Fett aus
süd-amerikanischerWolle
2,11562,29302,14002,43182,1110
1,02611,10941,03591,17881,0200
0,00020,00000,00000,00010,0001
48,5048,3848,4048,4748,31
48,5048,31––––– 0,19
Fett aus
Neu-seeland-Wolle
2,21452,49282,33192,37001,9183
1,02831,15101,07701,09760,8899
0,00010,00000,00000,00010,0000
46,4446,1746,1846,3146,38
46,4446,17––––– 0,27
Fett
ausrussischerWolle
2,15262,57671,87172,33402,0451
0,79810,95830,69600,87040,7521
0,00020,00010,00020,00000,0000
37,0737,1937,1837,2937,26
37,2937,07––––– 0,22
Die bei diesen Verfahren möglichen Fehlerquellen habe ich dort sehr eingehend
besprochen und nachgewiesen, dass bei Beachtung der gegebenen Vorschriften sehr gute
Uebereinstimmung der Ergebnisse zu erzielen ist.
Leider war es mir bis jetzt nicht möglich, mit Hilfe dieser Methode die in anderen
Fetten und Oelen enthaltenen unverseifbaren Stoffe zu bestimmen und besonders
eingehend zu prüfen, ob das Verfahren auch zur Bestimmung von Neutralfett in Seifen
zu verwenden sein wird, da ich durch andere Arbeiten, die das Gebiet der Verseifung
unter Druck behandeln, längere Zeit davon abgehalten worden bin. Ich werde aber bei
der Wichtigkeit, die die Bestimmung des Neutral fettes in Seifen bezieh. der
unverseifbaren Stoffe in Fetten für die Fettanalyse besitzt, es nicht versäumen,
nach den bis jetzt von günstigem Erfolge begleiteten Vorversuchen die
Verwerthbarkeit dieses „Acetonverfahrens“
namentlich für Seifen, ferner aber auch für Thrane zu
untersuchen.
Was nun die Bestimmung der schwer verseifbaren Stoffe im
Wollfett und in Wachsarten anlangt, so ist die von mir zuerst verwendete
quantitative Verseifung unter DruckD. p. J. 1894 292 42
und 66. geeignet, die Anwesenheit solcher Stoffe in höchst
einfacher Weise festzustellen. Ich habe daselbst und späterD. p. J. 1895 297 135 und 160. die Bedingungen
festgestellt, unter denen übereinstimmende Werthe erhalten werden können, und in der
späteren Mittheilung an zwei Wollfetten nachgewiesen, dass der Procentgehalt an un-
bezieh. schwer verseif baren Fettkörpern, berechnet aus der zum Verseifen
verbrauchten Kalimenge, genügend übereinstimmt mit dem direct durch Wägung der
Extracte gefundenen Procentgehalt, welche man durch Extraction mit Aceton nach der
gewöhnlichen Verseifung bezieh. nach der Druckverseifung gewinnt.
Die Zahlen schwanken bei Annahme des Körpers vom Molekulargewicht 392 innerhalb der
Grenzen von 0,8 Proc., was bei der nicht ganz einfach auszuführenden, bei einiger
Uebung und Geschicklichkeit aber doch von annehmbaren Ergebnissen begleiteten
Druckverseifung als genügend bezeichnet werden muss.
Inzwischen habe ich, wenigstens für ein Wollfett, diejenige Gruppe der Fettsäuren
isolirt, welche in Form ihrer Ester die Differenz der Kalimenge, die sich nach
der Verseifung am Rückflusskühler und nach der Verseifung unter Druck ergibt, zu
ihrer Verseifung verbrauchen.
Bei dem von mir verwendeten Wollfett aus südamerikanischer Wolle besteht diese
Differenz aus 0,0539 g KOH. Daraus ergibt sich nach der von mir dort angegebenen
Berechnung ein Procentgehalt von 9,56 Proc. Cerotinsäurecholesterinester oder 5,18
Proc. Cerotinsäure, wenn wir das Molekulargewicht dieser Fettsäure zu Grunde
legen.
Die von mir erhaltene Menge der isolirten Säure beträgt ungefähr 5 Proc. des
angewendeten Wollfettes mit Molekulargewicht 390. Bis jetzt habe ich noch nicht
festzustellen vermocht, ob eine einheitliche Säure vorliegt, oder ob mehrere Säuren
nachzuweisen sein werden. – Indessen liegt das Molekulargewicht jenem von mir
angenommenen Werthe von 392 so nahe, dass die dort aufgestellte Rechnung wenigstens
bis jetzt für dieses eine von mir untersuchte Wollfett Gültigkeit beanspruchen
kann.
Da das weitere Studium des Wollfettes durch das umfangreiche Untersuchungsgebiet,
welches sich mir in der Folge eröffnet hat, jedenfalls noch geraume Zeit meine
Thätigkeit in Anspruch nehmen wird, ich aber inzwischen durch Versuche über die
quantitative Verseifung unter Druck, die ich am chinesischen Wachs angestellt habe,
zur Ueberzeugung gekommen bin, dass dieses Verfahren für die Bestimmung der schwer
verseifbaren Körper (trotz der entgegenstehenden, auf entschieden fehlerhaft ausgeführten Bestimmungen fussenden Behauptungen
von Lifschütz, die v.
Cochenhausen bereits [loc. cit.] in das rechte Licht gesetzt hat, so dass
in Folge dessen weitere Replicationen unterbleiben können) von Wichtigkeit werden
kann, so habe ich es unternommen, diese Verseifung quantitativ an Fettkörpern
vorzunehmen, die im Wollfett, wie schon SchulzeJournal für praktische
Chemie, 1869 S. 189. ermittelt zu haben scheint, sehr
wahrscheinlich vorkommen, deren Darstellung aber bis jetzt synthetisch noch nicht
ausgeführt worden ist.
Ich habe mir aus absolut reiner Palmitinsäure, Molekulargewicht 257 (theoretisch 256)
und Schmelzpunkt 61,5°, aus chinesischem Wachs dargestellter Cerotinsäure vom
Molekulargewicht 410, Schmelzpunkt 79°, ferner aus Cholesterin, Schmelzpunkt 146°,
von Kahlbaum bezogen, Palmitinsäurecholesterinester und Cerotinsäurecholesterinester
synthetisch in grösserer Menge dargestellt, ferner aus chinesischem Wachs in der
nachher zu beschreibenden Weise Cerotinsäurecerylester isolirt; die erhaltenen
Producte wurden sämmtlich analysirt, ihre physikalischen Eigenschaften und
Constanten und das Molekulargewicht bestimmt. Die erhaltenen Zahlen haben ergeben,
dass diese drei Körper thatsächlich vorliegen.
HenriquesZeitschrift für angewandte Chemie, 1896 S.
221. hat Essigsäurecholesterinester und Cerotinsäureäthylester
auf ihr Verhalten gegenüber der von ihm aufgestellten sogen. „kalten
Verseifung“ geprüft. Das Ergebniss war zu erwarten, dass bei den Estern der
niederen Fettsäuren und den Estern niederer Alkohole, selbst wenn im letzteren Falle
hochmolekulare Fettsäuren in Bindung sind, die Verseifung quantitativ verlaufen
muss. Anders verhalten sich die von mir dargestellten Ester. Die Ergebnisse sind
besonders deshalb von Wichtigkeit, weil die Verseifung an Estern vorgenommen worden
ist, deren Fettsäuren im Molekulargewicht weit von einander abstehen. Die Erwartung, dass gegenüber
alkoholischem Kali von verschiedener Concentration diese Ester sich sehr verschieden
verhalten werden, hat sich bestätigt, und ich werde sehr bald in der Lage sein, die
Versuchsergebnisse veröffentlichen zu können. Meine Untersuchungen erstreckten sich
namentlich darauf, die Verseifung am Rückflusskühler, die Verseifung unter Druck mit
½- und doppelt-normaler Lauge, die Verseifung nach Kossel-Obermüller und die kalte Verseifung nach Henriques, die ja, wie HenriquesZeitschrift für
angewandte Chemie, 1896 S. 221. selbst gefunden, und wie
v. CochenhausenD. p. J. 1896 299
233 und 256. vordem nachgewiesen hat, an schwer verseif baren
Körpern keine übereinstimmenden Zahlen ergibt, zu studiren. Ferner aber habe ich die
nach den verschiedenen Verfahren verseiften Körper, unter Weiter Verfolgung des
Aceton Verfahrens, auf die etwa vorhandenen unverseifbaren Stoffe untersucht. Die
Extracte lassen deutlich erkennen, ob die Verseifung vollendet ist oder nicht, in
Uebereinstimmung mit den betreffenden Verseifungszahlen, ob Zersetzungen auftreten
oder nicht – endlich ob diese Zersetzungen so geringfügig sind, dass die Bestimmung der Verseifungszahl unter Druck, und zu diesem
Zwecke wurden diese Bestimmungen unternommen, als quantitative Reaction rieben
die übrigen quantitativen Reactionen der Fettanalyse, wie sie Benedict anführt,
gereiht werden kann. Die Bestimmung der Verseifungszahl unter Druck wird im
Vergleich zur Verseifungszahl am Rückflusskühler stets erkennen lassen, ob schwer
verseif bare Fettkörper vorhanden sind oder nicht: denn findet keine Erhöhung der
Verseifungszahl am Rückflusskühler bei der Druckverseifung statt, so fehlen schwer
verseif bare Körper, im anderen Falle müssen solche vorhanden sein. Naturgemäss wird
die Sicherheit dieses Schlusses hinfällig, wenn nur sehr geringe Mengen solcher
schwer verseif baren Stoffe vorhanden sind, da, wie ich schon früher angedeutet
habe, Schwankungen in den erhaltenen Verseifungszahlen um 2 bis 3 Einheiten
auftreten können, die also kaum erkennen lassen, ob die Differenz den
Versuchsfehlern oder der Anwesenheit schwer verseifbarer Körper zur Last gelegt
werden soll. Brauchbar wird aber dieses Verfahren in Sonderheit zur Untersuchung von
Wollfetten und Wachsarten bezieh. der daraus dargestellten Producte Lanolin und
Adeps lanae, weil daselbst schwer verseifbare Körper in genügender Menge vorhanden
sind; dass diese Stoffe in den verschiedenen Wollfetten in sehr verschiedener Menge
auftreten, habe ich bereits früherD. p. J. 1895 297
135 und 160. nachgewiesen.
In Verbindung damit gestattet die gleichzeitige Bestimmung der unverseifbaren Stoffe
nach dem Acetonverfahren eine wirksame Controle, wie die Untersuchung von Lanolinum
anhydricum, Adeps lanae u.s.w. durch v.
CochenhausenD. p. J. 1896 299
233 und 256. bereits bewiesen hat. Die Darstellung der oben
erwähnten Ester (ich habe sie durch Einleiten völlig getrockneter Salzsäure in die
Schmelze der betreffenden Fettsäure und des Alkohols bei bestimmt einzuhaltender
Temperatur dargestellt); ihre Reinigung u.s.w. soll später in einer besonderen
Arbeit behandelt werden. Diese Esterification geht gegenüber dem von BerthelotLiebig's Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd.
112 S. 357. zur Darstellung des Stearinsäurecholesterinesters
verwendeten Verfahren (Erhitzen der Componenten im Rohre 8 bis 10 Stunden lang
auf 200°) sehr glatt vor sich. Man erhält eine Ausbeute an reinem Ester von ungefähr
50 Proc. Daneben findet theilweise Harzbildung statt, und es ist nicht unmöglich,
dass die Salzsäure, wie concentrirte Schwefelsäure, das Cholesterin in
Kohlenwasserstoffe überzuführen vermagLiebig's Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd.
66 S. 5, Bd. 69 S. 347., welche den Namen Cholesterilene erhalten
haben. Von diesen kennt man bis jetzt sieben verschiedene, deren Schmelzpunkt bis
auf drei, die bei 67° und 80° schmelzen, sämmtlich über 120 bis 255° liegen.
Bei den Versuchen, die günstigste Art der Esterification der beiden Säuren
auszuprobiren, bin ich durch Einwirkung von Chlorzink auf das Gemisch der
Componenten zu einem Körper gekommen, der in Alkohol fast unlöslich, bei 69°
schmilzt und, wie sein Verhalten zeigt, jedenfalls als Kohlenwasserstoff
anzusprechen ist.
Die Untersuchung des auf diese Weise, Erhitzen mit sehr feinvertheiltem Chlorzink,
aus Cholesterin zu gewinnenden Körpers wird fortgesetzt.
Die mit Salzsäure esterificirte Masse zeigt tiefschwarze Färbung; die Reindarstellung
der Ester, von denen der Palmitinsäurecholesterinester bei 77,5°, der
Cerotinsäureester bei 81° schmilzt, wird später beschrieben werden.
Während nun der Palmitinsäureester in heissem Alkohol ziemlich, wenn auch schwer
löslich ist, ist der Cerotinsäureester, wie ich festgestellt habe, in heissem
Alkohol sehr wenig löslich und fällt schon bei massigem Erkalten vollständig aus.
Diese Unlöslichkeit in Alkohol habe ich benutzt, um aus Wollfett mir solche schwer
verseif bare Ester zu isoliren. Kocht man Wollfett wiederholt mit Alkohol aus, so
bleibt eine unlösliche Masse zurück, die jedenfalls aus solchen Estern besteht. Die
Untersuchung dieser Ester, die mit den reinen selbst hergestellten Estern verglichen
werden sollen, ist in Angriff genommen worden.
In dieser von mir vorgezeigten Weise wird sich meiner Meinung nach am besten der
Werth der Verseifung unter Druck feststellen lassen, und ich werde auf Grund dieser
Untersuchungen die Notwendigkeit der Aufstellung der Druckverseifungszahl als
quantitative Reaction befürworten können.
Die von anderer SeitePharmaceut. Zeitung, 1895 S. 343 und
694. gegen das Verfahren ins Feld geführten Einwürfe sind zum Theil
schon in der Arbeit von Cochenhausen (loc. cit.) auf
das richtige Maass zurückgeführt worden, nachdem ich nachgewiesen hatte, dass reine
Oelsäure und reines Cholesterin beim Behandeln mit doppelt-normaler alkoholischer
Lauge unter Druck eine so geringe Titerveränderung der Lauge nach der Behandlung
ergeben haben, dass an diesen Körpern Zersetzungen, die doch in Folge der
Anwesenheit doppelter Kohlenstoffbindungen möglich werden konnten, bei der
angegebenen Temperatur von 110° nicht zu erkennen gewesen sind bezieh. in Folge
ihrer Geringfügigkeit mit Fug und Recht vernachlässigt werden konnten. Die von mir
an jener Stelle gegebenen Werthe, nach denen 1000 Th. Cholesterin im Durchschnitt 7
Th. KOH verbrauchen, während die Säurezahl der Oelsäure, unter Druck behandelt,
dieselbe geblieben ist wie vor der Behandlung, haben mir deutlich den Beweis
gebracht, dass die Lifschütz'schen Angaben, nach denen
auf 1000 Th. Cholesterin 100 Th. KOH verbraucht werden sollen, für die
experimentelle Behandlung solcher Fragen keinen wirkungsvollen und erfolgreichen
Beitrag liefern können. Wenn schon, wie ich oben erwähnte, bei den Druckverseifungen
Differenzen zwischen den einzelnen Controlversuchen von zwei oder drei Einheiten der
Verseifungszahlen, bei der viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit erfordernden Ausführung
dieser Bestimmungen, für statthaft angesehen werden und als Versuchsfehler
bezeichnet werden können, so müssen derartige Unterschiede, wie sie in meinen
Versuchen und denjenigen von Lifschütz zu Tage treten,
zu Schlussfolgerungen Veranlassung bieten, die weitere Entgegnungen für mich
unnöthig machen.
Ich habe aber auch bei Untersuchung des chinesischen Wachses für die Bearbeitung der
Druckverseifung Anhaltspunkte gefunden, die meine bis jetzt erworbenen Erfahrungen
wesentlich erweitern helfen, und ich möchte die Ergebnisse einer allerdings nur
vorläufigen Untersuchung dieses Körpers hiermit niederlegen.
Das chinesische Wachs, welches direct aus China – in Europa ist es im Handel schwer
zu erhalten – bezogen worden war, zeigte die schon von Anderen beobachteten
Eigenschaften. Es kommt in grossen runden Broten in den Handel und zeigt ein dem
Walrath ähnliches, aber kleinkrystallinisches Gefüge und besitzt einen an Talg
erinnernden schwachen Geruch. Es ist hart, spröde, lässt sich pulvern und zeigt nur
geringes Klebevermögen, wenn man es zwischen den Fingern reibt. Es schmilzt bei 81°
C., nach dem Handelsbericht von Gehe und Co. bei 82 bis
83°, nach Brodie bei 83°. Ausser der im J. 1848
erschienenen Arbeit von BrodieBrodie, Annalen der
Chemie und Pharmacie, Bd. 67 S. 199. und einigen
Andeutungen, die im American Drugg., 1892 Bd. 21 S. 97,
und in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1895 S.
765, zu finden sind, welch letztere aber über die Natur des chinesischen Wachses
keinen Aufschluss geben, habe ich in der Litteratur weitere Angaben nicht finden
können.
Die Ergebnisse der Untersuchungen von Brodie lassen sich
dahin zusammenfassen, dass im chinesischen Wachs Cerotinsäurecerylester
hauptsächlich vorhanden ist, denn Brodie hat sich nur
darauf beschränkt, den Ester zu spalten und Säure und Alkohol zu
charakterisiren.
Eingehender ist das chinesische Wachs von Brodie nicht
studirt worden und es wird das genaue Studium dieses Körpers, wie aus dem
Nachfolgenden zu ersehen ist, die Anwesenheit noch anderer Stoffe festzustellen
haben.
Das in meinen Händen befindliche Wachs schmilzt bei 81°. In heissem Chloroform und
Tetrachlorkohlenstoff leicht löslich, scheidet es sich beim Erkalten als blendend
weisse, in äusserst kleinen nadelförmigen Blättchen krystallisirende Masse aus. In
Alkohol, kaltem und heissem, ist es fast kaum löslich, schwer löslich in kaltem,
etwas leichter in heissem Aether und Petroläther. – In heissem Aceton löst es sich
ebenfalls nur in geringer Menge. Freie Säuren sind nicht vorhanden. Durch Extraction
mit Aceton gelingt es, einen in geschmolzenem Zustande intensiv nach Talg riechenden
Körper von gelblicher Farbe abzuscheiden, der bei 58° schmolz, dessen Schmelzpunkt
nach Entfernung des mitgelösten chinesischen Wachses aber bedeutend niedriger
ausfallen wird. Die Anwesenheit dieses Körpers ist auch die Ursache der im
Nachfolgenden zu erwähnenden Abweichungen. Wenn das chinesische Wachs reiner
Cerotinsäurecerylester wäre, so würde seine Verseifungszahl, unter der Annahme
vollständiger Verseifung, 71 sein müssen. Das vorliegende chinesische Wachs zeigt
aber, wie v. CochenhausenD. p. J. 1896 299 233. bereits festgestellt hat, die
Verseifungszahl 78,7, 77,91 und 77,66, während Benedict
63 anführt. Da diese Verseifungszahl schon viel höher liegt als die berechnete, so
ist der Schluss auf Anwesenheit noch anderer verseifbarer Substanzen im chinesischen
Wachs naheliegend. Nun ergibt aber die Verseifung unter Druck mit doppelt-normaler
Lauge die Verseifungszahl bei zwei Versuchen:
AngewandtesWachs
AngewandtesKOH
VerbrachtesKOH
Verseifungszahl
1,0511
3,3792
0,12763
121,4
1,6099
3,3792
0,19198
119,2
Die Bestimmung des im chinesischen Wachs enthaltenen durch die Druckverseifung
abgespaltenen Alkohols durch Acetonextraction der dargestellten trockenen Kalksalze
ergab für diese beiden Proben:
Angewandtes Wachs
Gefundener Extract
In Procent
1,0511
0,56654
53,90
1,6099
0,8635
53,67
Bei Annahme des reinen Cerotinsäurecerylesters müsste nach der Theorie an Alkohol
erhalten werden 50,26 Proc. Diese Zahlen erweisen die Existenz anderer Körper, und
zwar würde zum Verseifen dieser Stoffe für 1 g derselben 120 mg KOH weniger 71 mg
KOH, nämlich 49 mg KOH verbraucht werden müssen. Es zeigte sich nun, dass bei der
Extraction von chinesischem Wachs mit Aceton jene niedrig schmelzende Substanz in
der Menge von 6 bis 8 Proc. erhalten werden konnte, die noch genauer untersucht
werden soll, da die Anwesenheit dieses Körpers sowohl die Erhöhung der
Verseifungszahl als das von der Theorie abweichende erhöhte Gewicht an
unverseifbarer Substanz verursacht zu haben scheint. Es ist mir gelungen, sowohl die
Anwesenheit einer zweiten Säure als. auch die eines zweiten Alkohols als sicher
voraus sehen zu lassen. 200 g chinesisches Wachs wurden in bekannter Weise in einem
mit Rührwerk versehenen Autoklaven mit doppelt-normaler Lauge verseift und die aus
dem Verseifungsgemisch dargestellten Kalksalze in bekannter Weise mit Aceton
extrahirt. Der Acetonextract zeigte schwachgelbliche Farbe und schmolz bei 76,5° C.
Aus 200 g wurden so 98 g rohe Alkohole erhalten. Um festzustellen, ob ungesättigte
Verbindungen vorhanden waren, wurde an zwei Proben die Jodabsorption bestimmt:
AngewandterAlkohol
AngewandtesJod
AbsorbirtesJod
Jodzahl
0,4035
0,71258
0,00602
1,48
0,2271
0,71258
0,00409
1,80
Die Hauptmasse dieses Alkoholgemisches besteht demnach aus gesättigten Verbindungen.
Aus Chloroform einmal umkrystallisirt, wurde eine schön weisse, seidenglänzende
Krystallmasse erhalten, die bei 79° schmolz und bei wiederholter Krystallisation
denselben Schmelzpunkt behielt. Benedict gibt für
Cerylalkohol den Schmelzpunkt 79° an.
Die Jodabsorption dieses Körpers ist gleich Null. Die Chloroformmutterlauge
hinterliess beim Abdestilliren des Lösungsmittels eine gelbbraune Masse, die bei 69°
schmolz, noch beträchtliche Mengen von Cerylalkohol enthielt und jene ungesättigten
Verbindungen, die vorher constatirt worden waren, enthalten musste. Auch hier ist
die nähere Untersuchung im Gange.
Die aus den Kalksalzen erhaltene rohe Säure zeigte gelbbraune Farbe, schmolz bei 76°
C. und ergab in drei Controlversuchen das Molekulargewicht 412, 412, 413. Aus Aceton
umkrystallisirt, wurde die Säure in mikroskopisch kleinen Nadeln oder
lanzettförmigen Blättchen erhalten, die auch nach wiederholtem Umkrystallisiren
constant bei 78° schmolz. Die Acetonmutterlauge hinterliess eine gelbe Masse, die
bei 60° schmolz und das Molekulargewicht 329 besass – also, da jedenfalls
Cerotinsäure beigemengt war, die Existenz einer niedrig molekularen Säure sicher
voraussehen lässt. Diese Säure lässt sich leicht in Gestalt des Kalisalzes, welches
in Alkohol leichter löslich ist als die Kalisalze der höheren Fettsäure, von der
letzteren trennen. Endlich aber scheint mir die Anwesenheit einer zweiten
hochmolekularen Säure in Aussicht zu stehen, da ich bei fractionirter
Acetonkrystallisation eine Säure erhielt, die das Molekulargewicht 430 aufwies, was
einer Säure von der Formel C29H58O2 = 438
nahekommt.
Die Anwesenheit dieser noch nicht näher untersuchten Körper ist zweifellos die
Ursache jener Abweichungen, da bei Anwesenheit eines niederen Fettsäureesters der
Procentgehalt an unverseifbarer Substanz nothwendig höher ausfallen muss, als wenn
reiner Cerotinester vorgelegen hätte. Die Untersuchung dieser im chinesischen Wachs
enthaltenen Körper wird fortgesetzt.
Chemnitz, Laboratorium der Technischen Staatslehranstalten, Juni
1896.